Die deutsche Landesgruppe der Allgemeinen Freimaurer-Liga von 1927 bis 1933: Unterschied zwischen den Versionen

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Basel statt. Sie wurde übrigens als 2. Tagung angesehen, hingegen
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für die Arbeit der Liga festgelegt und die Statuten entsprechend geändert. Jetzt konnten auch Landesgruppen der Liga gebildet werden.
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aus dem FzaS, die hauptsächlich der Großloge zur Sonne zugute kam.
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Hannover, die Unterstützerliste des Gründungsaufrufs der AFL möglicherweise noch als FzaS-Mitglied unterschrieben, trat dann aber zu
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ehemaligen FzaS-Brn. in Hannover gebildet wurde.
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eine Manifestation veranstaltet werden. Außerdem wurde noch zu einer
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Arbeit im 18. Grade des A.A.S.R. eingeladen.ll) Tatsächlich waren
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dann Brüder aus 13 Ländern und 17 Großlogen versammelt. Damit wird
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einerseits deutlich, daß der Scheidungsprozeß zwischen AFL und
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Manifestationen noch nicht beendet war, andererseits, daß die seit 1925
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beteiligten Brüder dem A. A. S. R. verbunden waren. Insbesondere die
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äi.-oöp, Uhlmann und Lennhoff hatten in ihren Ländern führende Positionen in den jeweiligen Obersten Räten inne. Damit gewann die AFL
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eine inoffizielle Vermittlerposition, die überdies persönlichen Kontakte zur
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ärtÄlrung von Graden des Schottischen Ritus an deutsche Brüder und
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schließlich zur Gründung des Obersten Rates des Alten und Angenommenen schottischen Ritus für Deutschland am 10. Februar 1930 führte.
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== H.O. Föhrenbach und die deutsche Landesgruppe 1927 ==
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Mit den Entscheidungen vom Oktober 1927 war die Grundlage für die
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Bildung einer deutschen Landesgruppe gegeben. Ihr Kern hatte sich
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aber schon vorher um die Brüder der Unterstützerliste zum Gründungsäutrut geoiroet. Es handelt sich dabei um folgende deutsche Brüder:
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*H. O. Föhrenbach, Freiburg
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*Leo Müffelmann, Berlin
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*Ernst Klein, FrankfurVMain
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*Fritz Rackhorst, LenneP
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*Kurt Kautfmann, Berlin
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*C. Th. Steinecke, Heidelberg
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*Theilhaber, München
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*Carl Vogler, Regensburg
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*Alois Hubauer, Landshut i. B'
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*Dr.Weigt, Hannover
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*J. M. Flamm, Halle
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*Carl Landsberger, Breslau
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*Hans Quint, Falkenstein
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*Hans Pototzky, Breslau.l 2)
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Der an der Ppitze stehende Br. Föhrenbach von der Großloge zur
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Sonne wurde dafür von seinem Großmeister öffentlich getadelt. Er
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scheint zunächst ein Kristallisationspunkt der entstehenden Landes-
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gruppegewesenzusein,wurde er doch-fälschlich-1928 als ihr
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Vorsitzender genannt. la)
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Auf der Baseler Oktobersitzung der AFL im Jahre 1927 wurde aber
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[[Leo Müffelmann]] zum Vorsitzenden gewählt, während Föhrenbach als
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Sprecher der deutschen Brüder bezeichnet wurde. An dieser Sitzung
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nahm auch Br. Dr. Bing von der symbolischen Großloge von Ungarn teil.
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Er sprach bei der Festarbeit über Symbolik. Weitere Redner waren die
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Brr. Klein und Müffelmann'
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Am 15. Februar 1928 nahm Br.Wolff aus Bielefeld an einer Zusammenkunft der AFL in St. Moritz als Redner teil. Er muß folglich auch als
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Mitglied angesehen werden.l s)

Version vom 14. Februar 2017, 20:14 Uhr


Die deutsche Landesgruppe der Allgemeinen Freimaurer-Liga von 1927 bis 1933

Thomas Richert

Einleitung

Nach der menschlichen und politischen Katastrophe des Ersten Weltkrieges verstärkte sich unter den europäischen Freimaurern das Bewußtsein von der Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit und der Kriegsverhütung. Bei den Neutralen wie auch bei den Sieger- mächten entwickelte sich dieses Bewußtsein jedoch schneller als im Deutschen Reich, wo man die Ungerechtigkeit des Versailler Vertrages bitter empfand, so daß die Wertung der internationalen Kontakte des Einzelnen von der persönlichen auf die politische Ebene verlagert wurde. Nur allzu leicht gelangte man so in den Geruch nationaler Unzu- verlässigkeit.

Noch komplizierter wurde das an sich schon verwickelte Problem durch die Frage der Regularität des Freimaurerbundes "Zur aufgehenden Sonne" (FzaS). Wo immer Brüder dieses Bundes erschienen, blieben otfizielle Vertreter der deutschen Freimaurer fern. Es waren aber gerade die Brüder des FzaS, die sich besonders in der Frage des Pazifismus engagierten.

Die regulären Großlogen trafen sich seit 1921 auf den Kongressen der Association Magonnique lnternationale (AMl), soweit sie dort Mitglieder waren. Einzelnen Freimaurer regulärer Logen hingegen bot sich schon seit 1905 die Möglichkeit zu internationalen Begegnungen in der Esperanto-Vereinigung, deren Wirksamkeit aber durch den eigentlichen Vereinszweck eher behindert als gefördert wurde. So setzte Br. Uhlmann, Basel, 1913 auf dem Welt-Esperanto-Kongreß eine Um- organisation durch, Die Wandlung wurde durch einen Namenswechsel von "Esperanto Framasona" zu "Universala Framasona Ligo" dokumentiert.l)

Eine dritte Ebene der Begegnung stellten internationale freimaurerische Friedensmanifestationen dar, die von einzelnen Freimaurern ohne größeren organisatorischen Rückhalt veranstaltet wurden, und bei denen die Frage der Regularität von den Teilnehmern nicht besonders beachtet wurde. Die Veranstalter dieser Manifestationen waren zum Teil zugleich Mitglieder der UFL, was dazu führte, daß die UFL als verantwortlich angesehen wurde. Spielte nun jemand das Regularitätsproblem hoch, geriet die UFL damit selbst in Gefahr.

Langfristig bewirkte das eine Trennung der UFL von den Manifestationen, die zunehmend zu Veranstaltungen des FzaS mit ausländischen Brüdern wurden. Gleichzeitig führte es zu einer Verschärfung der Trennung von Regulären und lrregulären, was schließlich das Auseinanderbrechen des FzaS zur Folge hatte.


Die Übergangsphase 1925 -1926

Das Nebeneinander verschiedener internationaler Gruppen wurde 1925 deutlich. Für den 1. bis 8. August rief die UFL zum Esperanto- Kongreß nach Genf (Br. Uhlmann und Br. C. Barthel), während die lnternationale Freimaurer-Liga zur 7. lnternationalen Freimaurerischen Manifestation in Basel am29.- 31. August einlud (Brr. Bernardin, Dop, Uhlmann, Bangel, Lennhoff, Daubenfeld).2)

Der Schwerpunkt der freimaurerischen Berichterstattung lag bei der Baseler Manifestation, nicht beim Esperanto-Kongreß. Auf dieser Friedensdemonstration - in Anlehnung an den Locarno-Vertrag auch das freimaurerische Locarno genannt - begegneten sich fast alle Handlungsträger der hier zu erörternden Ereignisse bis 1933.

Br. Ernst Klein, Frankfurt am Main, schrieb Zeitungskommentare; Reden hielten unter anderem die Brr. Kraft, Dresden, und Leo Müffelmann, Berlin. Anwesend waren auch die Brr. Bluntschli, Rackhorst, Föhren- bach, Rittersbacher und Pototzky. Den FzaS vertraten die Redner Br. Hauck und Br. Schoettke.

Die Bedeutung dieses Treffens lag sicher in den erstmals breiter gestreuten Auslandskontakten deutscher Brüder, blieb aber auf die Ebene persönlicher Begegnungen beschränkt. Die einladende Gruppie- rung mit der Bezeichnung lnternationale Freimaurer-Liga trat jedenfalls später nicht mehr in Erscheinung. Stattdessen kam es innerhalb der UFL zu einem Umdenken. ln Gesprächen, die anläßlich eines Treffens in Wien im Sommer 1926 stattfandena), beschloß das lnternationale Komitee eine Anderung der Liga-Struktut die auf die Hintanstellung des Esperanto als Vereinszweck hinauslief, ohne es indessen völlig aufzu- geben. Die ldee dazu stammte von Br. Lennhoff unter Mitwirkung von Br. V. Hammerschlag. Mit ihnen berieten die Brr. Uhlmann, Dop, Bernar- din, Klein, Barthel und Daubenfeld.

Das Ergebnis der Beratungen war, in Wien eine zentrale Dokumentationsstelle einzurichten, die Br. E. Lennhoff leiten sollte, und die Gesamtorganisation in erweitertem Rahmen neu aufzubauen. Wieder gab es eine Umbenennung, diesmal in 'Allgemeine Freimaurer-Liga". Die Beschlüsse bedurften jedoch noch eines Jahres der Reifung, bis sie im Sommer 1927 zu Aktivitäten führten.

Das herausragende internationale freimaurerische Ereignis des Jahres 1926 war die freimaurerische Manifestation in Belgrad. Das Auftreten von Br. Müffelmann, damals Meister vom Stuhl der Berliner Loge "Bluntschli" (Großloge zur Sonne), führte zu ersten scharfen Reaktionen einiger deutscher Großlogen. Sie legten Wert auf die Feststellung, daß er bei seinem demonstrativen Bruderkuß mit dem französischen Br. Groussier nicht die deutsche Freimaurereivertreten, sondern nur als Einzelner gehandelt habe.

ln Belgrad nahmen übrigens auch ungarische Brüder mit Genehmigung des ungarischen Außenministers teil, obwohl die Symbolische Großloge von Ungarn seit '1920 verboten war und auch blieb.


Die Allgemeine Freimaurer-Liga entsteht

lm August 1927 erschien in der "Leuchte" ein Aufruf zur Schaffung der Allgemeinen Freimaurer-Liga durch den Beitritt möglichst vieler Brüder. Unterzeichnet war er von den Brn. Uhlmann, Basel, als Vorsitzendem, v. Sury, Basel, als l.Vizepräsidenten, Rothenberger. Basel, als 1. Sekretär und Lennhoff, Wien, als dem Leiter der internationalen Geschäftsstelle.

Die erste Tagung der neuen AFL fand am 1. und 2. Oktober 1927 in Basel statt. Sie wurde übrigens als 2. Tagung angesehen, hingegen das Wiener Treffen von 1926 als 1. Kongreß. Nun wurden die Richtlinien für die Arbeit der Liga festgelegt und die Statuten entsprechend geändert. Jetzt konnten auch Landesgruppen der Liga gebildet werden. lm Oktober konnte sich Br. Lennhoff wohl endgültig in der Frage der Regularitätsanforderung an Liga-Mitglieder durchsetzen.

Es hatte nämlich vorher Diskussionen mit Br. Bernardin gegeben, der mit dem FzaS zusammengehen wollte.s) Wahrscheinlich im Zusammenhang mit dieser Diskussion erfolgte seit April 1927 eine erste große Austrittswelle aus dem FzaS, die hauptsächlich der Großloge zur Sonne zugute kam.

So hat auch der ehemalige Großmeister des FzaS, Br. Weigt aus Hannover, die Unterstützerliste des Gründungsaufrufs der AFL möglicherweise noch als FzaS-Mitglied unterschrieben, trat dann aber zu einer Loge der Großloge zur Sonne über, die im September 1927 aus ehemaligen FzaS-Brn. in Hannover gebildet wurde.

Interessanterweise sollte gleichzeitig mit der AFL-Tagung in Basel eine Manifestation veranstaltet werden. Außerdem wurde noch zu einer Arbeit im 18. Grade des A.A.S.R. eingeladen.ll) Tatsächlich waren dann Brüder aus 13 Ländern und 17 Großlogen versammelt. Damit wird einerseits deutlich, daß der Scheidungsprozeß zwischen AFL und Manifestationen noch nicht beendet war, andererseits, daß die seit 1925 beteiligten Brüder dem A. A. S. R. verbunden waren. Insbesondere die äi.-oöp, Uhlmann und Lennhoff hatten in ihren Ländern führende Positionen in den jeweiligen Obersten Räten inne. Damit gewann die AFL eine inoffizielle Vermittlerposition, die überdies persönlichen Kontakte zur ärtÄlrung von Graden des Schottischen Ritus an deutsche Brüder und schließlich zur Gründung des Obersten Rates des Alten und Angenommenen schottischen Ritus für Deutschland am 10. Februar 1930 führte.


H.O. Föhrenbach und die deutsche Landesgruppe 1927

Mit den Entscheidungen vom Oktober 1927 war die Grundlage für die Bildung einer deutschen Landesgruppe gegeben. Ihr Kern hatte sich aber schon vorher um die Brüder der Unterstützerliste zum Gründungsäutrut geoiroet. Es handelt sich dabei um folgende deutsche Brüder:

  • H. O. Föhrenbach, Freiburg
  • Leo Müffelmann, Berlin
  • Ernst Klein, FrankfurVMain
  • Fritz Rackhorst, LenneP
  • Kurt Kautfmann, Berlin
  • C. Th. Steinecke, Heidelberg
  • Theilhaber, München
  • Carl Vogler, Regensburg
  • Alois Hubauer, Landshut i. B'
  • Dr.Weigt, Hannover
  • J. M. Flamm, Halle
  • Carl Landsberger, Breslau
  • Hans Quint, Falkenstein
  • Hans Pototzky, Breslau.l 2)

Der an der Ppitze stehende Br. Föhrenbach von der Großloge zur Sonne wurde dafür von seinem Großmeister öffentlich getadelt. Er scheint zunächst ein Kristallisationspunkt der entstehenden Landes- gruppegewesenzusein,wurde er doch-fälschlich-1928 als ihr Vorsitzender genannt. la)

Auf der Baseler Oktobersitzung der AFL im Jahre 1927 wurde aber Leo Müffelmann zum Vorsitzenden gewählt, während Föhrenbach als Sprecher der deutschen Brüder bezeichnet wurde. An dieser Sitzung nahm auch Br. Dr. Bing von der symbolischen Großloge von Ungarn teil. Er sprach bei der Festarbeit über Symbolik. Weitere Redner waren die Brr. Klein und Müffelmann' Am 15. Februar 1928 nahm Br.Wolff aus Bielefeld an einer Zusammenkunft der AFL in St. Moritz als Redner teil. Er muß folglich auch als Mitglied angesehen werden.l s)