England - FM-Report 2017/2 Bindungen: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Freimaurer-Wiki
K
Zeile 9: Zeile 9:
 
Dazu Details bei [[Traktat: England - FM-Report 2017/1 Einleitung]]  
 
Dazu Details bei [[Traktat: England - FM-Report 2017/1 Einleitung]]  
  
===Teil 2/5: Bindungen===
+
===Teil 2/5: Bindungen===  
'''Links zu den anderen Teilen: Siehe unten'''  
+
''(Links zu den anderen Teilen: Siehe unten)''  
  
 
Bindungen sind ein Grundbedürfnis. …
 
Bindungen sind ein Grundbedürfnis. …
Zeile 50: Zeile 50:
 
Auch der Spaß und das Vergnügen wurden von manchen Interviewten erwähnt, besonders im Zusammenhang mit dem Ritual. Während dieses den Außenstehenden als etwas ziemlich Ernstes vorkommen wird, sehen es die Freimaurer differenzierter: „Wenn wir kein Vergnügen dabei hätten, keinen Spaß, dann würden wir es nicht tun.“ Dieser Aspekt wurde auch vom Großsekretär besonders betont: „Freude und Spaß sind sehr wichtig. Wir wollen nicht, dass Mitglieder hereinkommen und sich zu ernst nehmen oder die Freimaurerei zu ernst nehmen.“ Das mag Nichtmitglieder Überraschen. Immerhin ist das eine Organisation, die bis ins achtzehnte Jahrhundert zurückreicht und von Traditionen, Insignien und rituellen Gebräuchen sowie starken moralischen Regeln bestimmt wird. Allerdings: Es gab auch andere Stimmen. Manche Freimaurer nehmen ihre Vereinigung sehr ernst.
 
Auch der Spaß und das Vergnügen wurden von manchen Interviewten erwähnt, besonders im Zusammenhang mit dem Ritual. Während dieses den Außenstehenden als etwas ziemlich Ernstes vorkommen wird, sehen es die Freimaurer differenzierter: „Wenn wir kein Vergnügen dabei hätten, keinen Spaß, dann würden wir es nicht tun.“ Dieser Aspekt wurde auch vom Großsekretär besonders betont: „Freude und Spaß sind sehr wichtig. Wir wollen nicht, dass Mitglieder hereinkommen und sich zu ernst nehmen oder die Freimaurerei zu ernst nehmen.“ Das mag Nichtmitglieder Überraschen. Immerhin ist das eine Organisation, die bis ins achtzehnte Jahrhundert zurückreicht und von Traditionen, Insignien und rituellen Gebräuchen sowie starken moralischen Regeln bestimmt wird. Allerdings: Es gab auch andere Stimmen. Manche Freimaurer nehmen ihre Vereinigung sehr ernst.
  
Die weiteren Kapitel: <br />
+
 
 +
'''Die weiteren Kapitel:'''
 +
 
 
[[Traktat: England - FM-Report 2017/1 Einleitung]] <br />
 
[[Traktat: England - FM-Report 2017/1 Einleitung]] <br />
 
[[Traktat: England - FM-Report 2017/3 Geben]] <br />
 
[[Traktat: England - FM-Report 2017/3 Geben]] <br />

Version vom 1. Juli 2012, 08:33 Uhr

Header800.jpg

Report: 'Die Zukunft der Freimaurerei'

Auftraggeber: Vereinigte Großloge von England (UGLE)
Originaltitel: 'The Future of Freemasonry'
Durchführung: Sozialforschungsinstitut SIRC, Oxford: http://www.sirc.org/
Gekürzte Übertragung aus dem Englischen von Rudi Rabe:
Dazu Details bei Traktat: England - FM-Report 2017/1 Einleitung

Teil 2/5: Bindungen

(Links zu den anderen Teilen: Siehe unten)

Bindungen sind ein Grundbedürfnis. …

Für die Freimaurerei sind starke Bindungen und anhaltende Freundschaften eine der Hauptattraktionen, die alle Freimaurer anführen. Allerdings ist das eine rein männliche Angelegenheit: ausgedrückt im Konzept der Brüderlichkeit. (Fußnote im Bericht: Oder eine rein weibliche Angelegenheit bei Frauenlogen). Das mag anachronistisch erscheinen. Aber: Männergruppen haben ihre Wurzeln in einer frühen Periode der menschlichen Entwicklung, in der Jungsteinzeit vor vierzig- bis hunderttausend Jahren, die Zeit der Jäger- und Sammlerkulturen. Das hat unsere Gehirne und unsere Verhaltensmuster beeinflusst. Diese Zeit vor den Ackerbaugesellschaften wird oft als ‚Verhaltensmoderne‘ bezeichnet, weil in ihr Verhaltensmuster entwickelt wurden, die den heutigen überraschend ähnlich sind. …

Die Rolle der Frauen als Sammlerinnen wilder Früchte und der Männer als Jäger von tierischem Protein führte zu den unterschiedlichen Geschlechterrollen, die bis heute unser Leben beeinflussen. …

Diese alte Erbschaft der Männergruppen lebt bis heute in verschiedenen Formen weiter. Das heißt nicht, dass Frauenverbindungen weniger ausgeprägt waren und sind: Männerbünde werden von Frauenbünden aller Art gespiegelt … auch in Frauenlogen mit denselben Traditionen und Ritualen bis hin zur Ansprache als ‚brother‘. Außerdem: Auch wenn die UGLE-Logen nur Männer aufnehmen, sind die Frauen keineswegs von allen Kontakten ausgeschlossen.

Irgendwo hingehören: Die Sicht der Öffentlichkeit

Diesbezüglich gab es in den Fokusgruppen kaum Überraschungen. … Es gab eine große Übereinstimmung, dass es wichtig sei, irgendwo hinzugehören. Bei manchen konzentrierte sich das auf die Familie, aber bei der Mehrheit reichte der Wunsch darüber hinaus. … Bis hin zu Seelenfreundschaften: Diese sind so sicher, dass kein täglicher Kontakt notwendig ist. Sie gründen auf gemeinsamen Erfahrungen, Werten und Lebensumständen. Manche beschrieben solche Treffen wie ein Heimkommen. …

Wie erwartet gab es einen klaren Unterschied zwischen den aktiven ‚Beitretern‘ und den ‚Nichtbeitretern‘, also jenen, die bei Vereinigungen aufgenommen werden wollten und jenen, die sich lieber in den informellen Netzwerken ihrer Freunde, Familien und Nachbarn bewegten. …

Das sind alles bekannte Neigungen. Neue Fragen tauchten allerdings auf, als wir die Diskussion in Richtung ‚Single-Sex-Gruppen‘ lenkten. Bei manchen Männern gab es starke Widerstände, an die Attraktion von ‚Nur-Männer-Gruppen‘ zu glauben oder es zuzugeben. „Da geht’s um Prahlereien und Draufgängertum“, meinte einer, und das sei nicht das, was er brauche. Andere meinten, Männergruppen seien überholt. Es war deutlich zu spüren, dass in der Gruppendiskussion ‚politische Korrektheit‘ wirkte, und dass sich Männer vielleicht fürchteten, als ‚Chauvi‘ (= so was ähnliches wie Macho; R.R.) eingestuft zu werden, wenn sie sagten, gern in der Gesellschaft von Männern zu sein. Wenn diese ‚Korrektheit‘ jedoch hinterfragt wurde, kamen ehrlichere Gefühle zum Vorschein: „Ich glaube, ich suche Männergruppen nicht bewusst, aber es ist einfach so.“ Andere erzählten von ihren Männerfreundschaften in Sportvereinen. …

Viel weniger Widerstand gab es unter den Frauen, den Wert von ‚Nur-Frauen-Gruppen‘ zu bestätigen.

Gruppenzugehörigkeit: Die Sicht der Freimaurer

In den Fokusgruppen mit den Nichtmitgliedern wurde der Wunsch dazuzugehören zwar geäußert, aber es gab große Unterschiede, wie das am besten erreicht werden könnte. Unter den Freimaurern gab es viel weniger Zweifel.

Laut Großsekretär Nigel Brown ist die Freimaurerei primär eine soziale Vereinigung. „Die meisten kommen dazu, weil sie davon ausgehen, dass sie das Zusammensein mit jenen, die sie hier treffen, mögen werden.“ Das bestätigten in den Interviews auch viele andere Freimaurer. Sie wurden von diesem weiten Freundschaftsnetzwerk angezogen und von dem starken Dazugehörigkeitsgefühl, das sie von den Logen erwarteten. Auch das Ritual, das die Freimaurerei von den meisten anderen Gemeinschaften unterscheidet, wurde von vielen als Gemeinschaftsverstärker angesehen. …

Andere unterstrichen das große Vertrauen, das die Zugehörigkeit entstehen lasse. Manche meinten, dass sich dieser Vertrauensaufbau in die Gesellschaft hinaus fortsetze. … Und diese persönliche Veränderung erhöhe auch das Vertrauen und den Mut, vor anderen Menschengruppen aufzutreten und ohne Ängstlichkeit zu sprechen. … Ein Freimaurer berichtete, wie sich nach seinem Beitritt seine Toleranz gegenüber anderen erhöhte. …

Die einzelnen Freimaurer haben für ihre Logenbesuche sehr unterschiedliche Zeitbudgets: manche nur drei- bis sechsmal im Jahr, andere – vor allem Logenbeamte – investieren viel mehr Zeit. Diese Flexibilität schätzen viele Freimaurer sehr, weil sie auf ganz verschiedene Lebenslagen eingeht. …

In den Interviews sprachen wir auch das Thema ‚Männerbund‘ an. Ist das für die Mitglieder etwas Besonderes? Die meisten empfanden, es sei wichtig für Männer, einen kleinen Teil ihrer Zeit exklusiv mit anderen Männern zu verbringen. Zusammen mit dem gemeinsamen Ritual vertieft das die Bindung. Das hält sie aber anscheinend nicht von Gesellschaften mit Frauen ab: in den Familien, am Arbeitsplatz oder sonst wo. In allen besuchten Logen gab es immer wieder Treffen auch mit den Partnerinnen und weiblichen Familienmitgliedern. … Die regelmäßigen Tage der offenen Tür vieler Logen sind für beide Geschlechter offen.

Das Gefühl der Zusammengehörigkeit hängt auch damit zusammen, dass in den Logen die traditionellen Unterschiede im sozialen Status und im Vermögen keine Rolle spielt. Die Freimaurer verstehen die Logen als große sziale ‚Ausgleicher‘ (‚levellers‘). Einer sagte, wenn sie alle in dunklen Anzügen mit weißen Schurzen und Handschuhen dastehen, könne man nicht mehr sagen, wer was sei. Diese Beobachtung ist interessant und einer der wichtigsten Gründe, warum die Mitglieder angehalten sind, ihre ‚Tagesverfassung‘ und ihre politischen Ansichten an der Türe abzugeben, bevor sie die Loge betreten. In einer Loge und überhaupt in der Freimaurerei darf weder über Politik diskutiert noch geschäftliches ‚networking‘ betrieben werden. …

Die Beitrittsgründe sind so unterschiedlich wie die Freimaurer selbst. Für manche ist es der Umstand, dass jemand aus der Familie Mitglied ist oder war. Für andere war es die Begegnung mit einem Freimaurer, der vom Nutzen der Mitgliedschaft erzählte. Doch für die meisten war der entscheidende Grund das Freundschaftsnetzwerk, in das sie aufgenommen wurden. Die Freimaurer betreiben kein aktives Rekrutieren, auch wenn sie Gelegenheiten, ihre Organisation gegenüber Außenstehenden gut darzustellen, gerne ergreifen. …

Für die meisten Freimaurer ist also die soziale Natur ihrer Vereinigung entscheidend. Während manche die karitative Seite des Freimaurerseins betonen, andere die Anziehung durch das Ritual, ist die wichtigste Attraktion die Atmosphäre der Gemeinschaft, welche die üblichen Klassenunterschiede vergessen lässt.

Auch der Spaß und das Vergnügen wurden von manchen Interviewten erwähnt, besonders im Zusammenhang mit dem Ritual. Während dieses den Außenstehenden als etwas ziemlich Ernstes vorkommen wird, sehen es die Freimaurer differenzierter: „Wenn wir kein Vergnügen dabei hätten, keinen Spaß, dann würden wir es nicht tun.“ Dieser Aspekt wurde auch vom Großsekretär besonders betont: „Freude und Spaß sind sehr wichtig. Wir wollen nicht, dass Mitglieder hereinkommen und sich zu ernst nehmen oder die Freimaurerei zu ernst nehmen.“ Das mag Nichtmitglieder Überraschen. Immerhin ist das eine Organisation, die bis ins achtzehnte Jahrhundert zurückreicht und von Traditionen, Insignien und rituellen Gebräuchen sowie starken moralischen Regeln bestimmt wird. Allerdings: Es gab auch andere Stimmen. Manche Freimaurer nehmen ihre Vereinigung sehr ernst.


Die weiteren Kapitel:

Traktat: England - FM-Report 2017/1 Einleitung
Traktat: England - FM-Report 2017/3 Geben
Traktat: England - FM-Report 2017/4 Ritual
Traktat: England - FM-Report 2017/5 Die Zukunft

Siehe auch