Freimaurerei in Österreich: einst und jetzt: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Der folgende Text ist ein Vortrag (eine Zeichnung), den [[Michael Kraus]] im Juni 2014 vor mehreren Wiener Logen gehalten hat. Michael Kraus ist Alt- und Ehrengroßmeister der 'Großloge von Österreich'.'''
 
   
 
   
  

Version vom 24. Juni 2014, 12:12 Uhr

Der folgende Text ist ein Vortrag (eine Zeichnung), den Michael Kraus im Juni 2014 vor mehreren Wiener Logen gehalten hat. Michael Kraus ist Alt- und Ehrengroßmeister der 'Großloge von Österreich'.


Vobemerkung

Ich behandle dieses Thema nicht aus der Perspektive eines Historikers – der ich ja auch nicht bin – sondern aus dem Blickwinkel eine österreichischen Maurers, der 35 Jahre beim Bund ist und fast 20 Jahre Funktionen in der Großloge innehatte. Meine Sichtweise kann man daher durchaus freimaurer-politisch nennen.

Eine etwas intensivere Beschäftigung mit der Vergangenheit ist nicht nur deswegen wichtig, weil die Traditionspflege Wesenselement der Freimaurerei ist, sondern auch deswegen, weil sich meines Erachtens in der, dem normalen Bruder leicht zugänglichen, offiziellen Geschichtsschreibung eine gewisse Oberflächlichkeit eingeschlichen hat, die einige wichtige Dinge entweder relativiert oder sie sogar auslässt. Ich will mich daher zunächst mit dem „Einst“ beschäftigen und einige Dinge hervorheben, die ich für die Prägung der österreichischen Freimaurerei als wichtig erachte.

Üblicherweise gliedern wir die Geschichte Österreichs in 4 Abschnitte:

  • Die oft als Hochblüte der Aufklärung bezeichnete Periode zwischen der Gründung der ersten Loge im Jahr 1742 und dem sogenannten Verbot durch Franz II 1793
  • Die Grenzlogenzeit zwischen 1868 und 1918
  • Die Zwischenkriegsperiode bis zur Aufhebung durch die Nazis: von 1918 bis 1938
  • Und die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg von 1945 bis jetzt

Selten werden die 75 Jahre zwischen 1793 und 1868 beschrieben, so als hätte es damals absolute Finsternis gegeben.

1742 bis 1793

Übersehen wird oft, dass mehr als 10 Jahre vor Gründung der Loge ‚Aux Trois Canons’ im Jahr 1731 Franz Stephan von Lothringen, der spätere Kaiser, auf Drängen der Engländer in Den Haag zum Bruder gemacht wurde. Ein sehr bewusster, politischer Akt, der die sich damals rasch entwickelnde Freimaurerei auf ein staatliches Niveau mit europäischer Geltung heben sollte. Franz Stephan war der erste „Royal“ im Bund, noch bevor das Englische Königshaus personelle Verflechtungen mit dem Bund begonnen hatte. Die Freimaurerei war also damals nach 1717 durchaus politisch angelegt, und ihre Exponenten wollten diesen „englischen“ Gedanken im Stil der Kolonialherren-Zeit rasch über den Kontinent ziehen.

Maria Theresia war ursprünglich keineswegs gegen die Freimaurerei eingestellt, was gelegentlich behauptet wird, sondern sie hatte sehr früh erkannt, dass das damalige Österreich hinter der Zeit war, die stark von der Aufklärung geprägt war. Sie wollte daher die freimaurerische Bewegung als Unterbau nutzen, vor allem gegen die absolutistischen Ansprüche der römisch katholischen Kirche und gegen die Jesuiten. Sie leistete daher auch keinen Widerstand gegen die von Breslau ausgehenden freimaurerische Kolonialisierung im Jahr 1742, als bekanntlich die erste Loge in Österreich gegründet wurde. Das Wachstum ab dann war tatsächlich explosionsartig, wenn man bedenkt, dass die Loge ‚Aux Trois Canons’ in wenigen Monaten ab September 1742 bis März 1743 22 Arbeiten durchführte und 56 Suchende im Aufnahmestadium hatte. Die Freimaurerei war besonders in der Nobilitas und bei den Künstlern modisch geworden. Im 18. Jahrhundert war die Freimaurerei ein Forum für die Begegnung eines aufklärerischen, mit dem Absolutismus unzufriedenen Adels und Bürgertum. Die FM war das einzige Forum, in dem Adelige und Bürger jenseits der Standesgrenzen einander begegnen konnten. Sie hatten gemeinsam ein Geheimnis, also ein Ritual mit der Verpflichtung zur Verschwiegenheit. Das war psychologisch äußerst attraktiv, weil im Zeitalter des Absolutismus ein Geheimnis nur dem Souverän und dem Adel zustand.

Die berüchtigte Polizeiaktion am 7. März 1743 war nicht mehr als die Konsequenz einer Hofintrige, der die eifersüchtige Kaiserin zum Opfer gefallen war. Wenige Tage später waren die inhaftierten Brüder wieder frei, aber im aufklärerischen Europa außerhalb Österreichs hatte die Sache dennoch erhebliche Aufmerksamkeit und Sorge hervorgerufen.

Aus den Protokollen der ersten Loge können wir auch gut erkennen, dass die Aufnahmepolitik durchaus hohen Anforderungen genügte und dass es erklärte Absicht war, Eliten zu versammeln, die den Zwecken der Freimaurerei dienlich sein und die Organisation selber wissensmäßig aufrüsten sollten. Das, was wir die Zeit der Hochblüte nennen, war die Epoche zur Zeit des Joseph II, Lieblingssohn des Franz Stephan, und sicher in besonderem Maße vom aufklärerischen Gedankengut geprägt. Er war kein Freimaurer aber es gab sehr intensive, sehr gut dokumentierte Bemühungen ihn zum Bunde zu bringen, aus denen wir den Ruf der Freimaurerei damals erkennen können. Es sind die Protokolle des dänischen Rittmeisters Sundthausen, der im Auftrag des Großmeisters der ‚Großen Deutschen Landesloge’, Zinnendorf, mehrere Konferenzen mit Joseph II abhielt.

Und dann kam es zur Gründung der Loge ‚Zur wahren Eintracht’ 1781, die tatsächlich auch für ihre Zeit als eine Besonderheit und Einmaligkeit galt. Ihre Absicht war es, den damals bereits grassierenden alchimistischen, spiritistischen und rosenkreuzerischen Gedankengängen, die die echten freimaurerischen Grundsätze zu überschatten drohten, Paroli zu bieten und der Freimaurerei und der Aufklärung ein wissenschaftliches Fundament zu geben. Sie wurde unter Ignaz von Born zu einer Akademie der Wissenschaften. In den zahlreichen und publizierten Beiträgen tritt die Absicht zutage, Vorurteile zu zerstreuen, Aberglaube zu bekämpfen und dogmatische Anschauungen abzustreifen, um auf dem Wege wissenschaftlicher Forschung zu freiem Denken und zu einer wissenschaftlich fundierten Weltauffassung zu gelangen. Viele dieser Beiträge haben auch heute noch nichts von ihrer Bedeutung eingebüßt und bilden außerdem eine Quelle ersten Ranges für das Studium der Zeitgeschichte. Nachdrücklich trat die Loge ein für den Kampf des Kaisers gegen klerikale Anmaßung und gegen das parasitäre, entartete Klosterunwesen, gegen den verdummenden Aberglauben und die jeden Fortschritt lähmenden Vorurteile. Sie hat also mit allen Kräften das Reformwerk des Kaisers unterstützt und hatte auch hervorragenden Anteil an der Errichtung der Großen Landesloge von Österreich.

Am 11. Juni 1784 wurde allen Großlogen Europas die Gründung der Großen Landesloge von Österreich verkündet. Sie markierte die Loslösung von Bevormundung durch ausländische Obödienzen und Reinigung im Inneren von schädlichen Elementen. Mit der Erfahrung und den Aktivitäten der ‚Wahren Eintracht’ hatte die österreichische Freimaurerei Profil und Selbstvertrauen für diesen Schritt bekommen. 62 Logen der Habsburger Monarchie waren daran beteiligt.

Eher zum Schutz der Qualität der Österreichischen Freimaurerei vor Störversuchen durch Alchemisten, Rosenkreuzer, Asiatische Brüder und sonstige Gaukeleien, aber auch vor dem Machtstreben der Strikten Observanz erließ Joseph II am 11.12.1785 das Freimaurerpatent und stellte offiziell die Freimaurerei unter seinen Schutz. Es war eine drastische und übereilte Reorganisation. Innerhalb kürzester Zeit gab es nur mehr zwei Sammellogen und damit begann der eigenständige Rückzug der Freimaurerei. Viele bedeutende Brüder verließen den Bund. Kontinuierliche Störmanöver der Kirche, eine gesteuerte Kampagne in der Öffentlichkeit, die die dafür eigens gegründete „Wiener Zeitschrift“ vortrug, und letztlich die panische Angst des Neffen Joseph II, Franz II (nach einem kurzen Intermezzo Leopold II, einem starker Befürworter der Freimaurerei ), vor dem Virus der Französischen Revolution ließen die dann nur mehr rund 600 Brüder der beiden verbliebenen Sammellogen resignieren, und sie boten dem Herrscher am 2.12.1793 freiwillig die Einschläferung an. Das oft behauptete „Verbot“ gab es in dieser ausdrücklichen Form nicht, wenngleich die Arbeitsbedingungen deutlich erschwert wurden. Während sich also die offizielle Freimaurerei damals immer in Partnerschaft, nicht in Gegnerschaft zum Herrscherhaus sah, waren es eher die unkontrollierbaren Umtriebe am Rand der Freimaurerei, die den Rückzug unausweichlich erscheinen ließen.

Die Zeit von 1793 bis zum Ersten Weltkrieg

Entgegen allgemeiner Auffassung, dass sich in dieser Zeit keine freimaurerischen Aktivitäten in der Habsburger Monarchie abspielten, gab es nicht nur Druck aus dem Ausland die Freimaurerei in Österreich wieder zu beleben. In Österreich selber gab es immer wieder solche Bemühungen, die allerdings von Metternich und seinen Helfershelfern unterbunden wurden. Zu groß war die Angst vor politischer Verschwörung im Sinne der Französischen Revolution. Erst als 1809 Wien von Truppen Napoleons besetzt wurde, machten sich französische Militärlogen bemerkbar, und zwar nicht nur in Wien sondern im gesamten Besatzungsgebiet bis nach Klagenfurt.

Seit einiger Zeit unterrichtete in Wien ein Freimaurer aus Hamburg, Prof. Dr. Ludwig Lewis, französische Sprache und Literatur und er setzte sich in den Kopf, die Genehmigung zur Gründung einer Loge zu bekommen. 1848 gelang es ihm auch, und für wenige Tage im Oktober erblickte die Loge ‚Zum Heiligen Joseph’ unter Beteiligung schlesischer Brüder das maurerische Licht. Es erlosch aber abrupt als in Wien die Revolution ausbrach. Gefördert wurde die damalige, inoffiziell agierende freimaurerische Bewegung vom steirischen Erzherzog Johann, selbst zwar kein Freimaurer aber von Freimaurern erzogen.

Lewis gab nicht auf und bemühte am 23. September 1865 die damals neu installierte Regierung neuerlich mit seinen Petitionen. Sehr ausführlich beschrieb er die damalige Auffassung von Freimaurerei und wies alle umstürzlerischen Verdächtigungen von sich. Er verwies auf „reinste Humanität, Wissenschaftlichkeit und auf konservativen Fortschritt“, und darauf, dass die Freimaurerei „die verfassungsmäßigen Institutionen, wie selbe von Sr. Majestät dem Kaiser genehmigt sind oder noch genehmigt werden sollten, eifrigst zu fördern suchen….und die Loge würde daher in allen Fällen der h. kaiserlichen Regierung nur unverbrüchlich Dienste leisten und nützlich zu sein sich bemühen.“ Ministerpräsident Graf Belcredi nahm die Erklärung scheinbar wohlwollend entgegen, erließ aber keinen Bescheid.

Lewis unterrichtete inzwischen in Budapest und förderte dort die Gründung der Freimaurerei ab dem Jahr 1850. Sie erfuhr starke Unterstützung des sehr freisinnig orientierten Grafen Draskovic, der ebenfalls Bruder wurde. Bemerkbar wurde damals auch der starke Einfluss des französischen ‚Grand Orient’ auf die ungarische Freimaurerei. Es war der Grundstein gelegt für die sogenannte Grenzlogenzeit, die im Jahr 1867 begann, als ein neues, liberales Vereinsgesetz erlassen wurde, das die Freimaurerei zuließ, jedoch in Österreich starke polizeiliche Kontrollen vorsah, nicht aber in Ungarn. In dieser Zeit bis zum Ausbruch des Krieges gab es eine ständige und starke öffentliche Diskussion rund um die Freimaurerei. So hat z.B. die „Neue Freie Presse“ in einer Veröffentlichung die sogenannten „Zwölftafelgesetze der Freimaurerei“ ihren Lesern vorgestellt, um sie mit den Prinzipien der Freimaurerei bekanntzumachen. Drei dieser Gesetze hatten eindeutig und ausdrücklich politischen Charakter und betonten die Bürgerpflicht zur Förderung des Vaterlandes. Die Freimaurerei war somit in der öffentlichen Wahrnehmung in einer durchaus politischen Kategorie und wurde von vielen als mögliche, geistige Grundlage für die Lösung der Nationalitätenprobleme gesehen. In der Freimaurerei von damals trafen einander die wirtschaftlich Erfolgreichen aber nicht voll Anerkannten und infolge dessen Unzufriedenen. Weitestgehend war es das liberal-jüdische Bürgertum, das dort politisch aktiv werden konnte. Kritisch wurde auch bemerkt, dass die Freimaurerei in fast allen europäischen Ländern erlaubt war, nur nicht in den österreichischen Kernländern. Bekanntlich kam es damals zur Gründung mehrerer österreichischer Logen, die in die 1870 gegründeten Großloge von Ungarn integriert waren.

Den österreichischen Brüdern war offensichtlich nicht sehr wohl bei dieser politischen Instrumentalisierung, weswegen sie sich nach außen stark auf karitative Aktivitäten konzentrierten und diese für positive PR zu nutzen versuchten. Die Mitglieder der österreichischen Freimaurerei rekrutierten sich damals bereits sehr stark aus der bürgerlichen Bildungsschicht und aus dem industriellen Establishment. Zu erwähnen ist auch, dass im Soge nationaler Umtriebe im Jahr 1906 die Freimaurerei erstmals öffentlich antisemitischen Anschuldigungen ausgesetzt war. Die Salzburger Chronik bezeichnete die FM Freimaurerei „Judenschutztruppe“.

Die Zwischenkriegszeit 1918 bis 1938

Am 18. Dezember 1918 gründeten die 14 ehemaligen Grenzlogen im Militärkasino die ‚Großloge von Wien’ unter einem Patent der Großloge von Ungarn. ’Großloge von Wien’ deswegen, weil damals die Existenzfähigkeit des neuen Restösterreichs allseits stark bezweifelt wurde. Unter dem berühmten Großmeister Richard Schlesinger wurde die freimaurerische Politik des späten 19. Jahrhunderts fortgesetzt. Einerseits starke und wirkungsvolle Aktivitäten im Bereich der Caritas, Volksbildung und des Sozialwesens und andererseits politische Involvierung mittels Nutzung der internationalen Netze, um Versöhnung mit den Siegermächten herzustellen. Auch im Inland bemühte sich Schlesinger durch zahlreiche politische Interventionen um Versöhnung zwischen den politischen Kontrahenten. Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang und vor allem im Vergleich Österreichs mit anderen europäischen Obödienzen, dass sich bei uns die Freimaurerei wegen des Verbots im 19. Jahrhundert nicht an das Regime anpassen musste und eine eigenständige, liberale Politik verfolgen konnte. In Frankreich, Deutschland, England und vor allem in den protestantischen Staaten Skandinaviens hatte sich die Freimaurerei eine Regimekonformität verpasst, um zu überleben. Auslöser dafür war die sehr ausdrückliche Distanzierung von der französischen Revolution. Diese Konformität hält bis heute an. Berühmt und bekannt sind in dieser liberal-demokratischen Atmosphäre der österreichischen Freimaurerei u.a. die internationalen Friedensbemühungen rund um die Brüder Fried, Herzl, Misar und Coudenhove-Kallerghi.

Zu beachten ist auch der sich langsam anbahnende Ausgleich mit der römisch-katholischen Kirche. Der Jesuitenpater Hermann Gruber begann eine positive Auseinandersetzung mit der Freimaurerei und bereitete damit den Weg für eine Klärung der Standpunkte, die allerdings erst 1983 in eine Änderung des ‚Codex Iuris Canonici’ (CIC) münden sollten.

Bald gelang es, die Anerkennung von europäischen und amerikanischen Großlogen (vor allem New York!) zu bekommen. Kritisch angemerkt wurde von England allerdings eine vermutete Nähe zur UFL, der Verbindungen zur Irregulären Freimaurerei vorgeworfen wird. Es begannen damals auch die Verfolgungen, wobei auch die nachweislich falschen Verdächtigungen in Zusammenhang mit dem Attentat in Sarajevo von den Nazis aufgegriffen wurden. Auch der Diskurs mit den Jesuiten führte zu der bekannten Nazi-Verunglimpfung: Freimauer, Juden, Jesuiten. Hitler zeigte zwar unverhohlen Sympathien und Bewunderung für Aufbau und Ritualistik der Freimaurerei, es war aber Ludendorff überlassen, das Verbot vorzubereiten. Als Schuschnigg 1938 die Freimaurerei offiziell bat, die Volksabstimmung zu unterstützen, was ihm auch Buder Martin Bunzl zusagte, war das Feindbild für die Nazis perfekt und führte zur Auflösung und Schließung der Logen und Verhaftung von Schlesinger im Jahr 1938. Schlesinger starb am 5.6. 1938 im Inquisitenspital. Noch vor Kriegsende wurde der spätere Großmeister Karl Doppler von hochrangigen SS-Leuten gebeten, der SS Werte-Inhalte nach freimaurerischer Art zu vermitteln. Aus dem ehemaligen Logenhaus in der Dorotheergasse sollte ein Freimaurer-Museum werden.

Die Zweite Republik ab 1945

Bereits am 28. Juli 1945 berief Karl Doppler eine Versammlung ehemalige Logenmitglieder ein, zu der allerdings nur 67 von ehemals mehr als 2.000 Mitgliedern erschienen. Doppler bis 1948 und sein Nachfolger Scheichelbauer bis 1959 leisteten hervorragende Arbeit beim Wiederaufbau der Freimaurerei und Gründung der Großloge von Österreich. Die Unterstützung jüdischer Brüder im Exil war besonders wichtig bei der Erneuerung der Anerkennung durch die ‚United Grand Lodge’ (1952) und amerikanischer Großlogen (1953). Die Skepsis gegenüber den ehemaligen Nazistaaten war erheblich, und England achtete besonders darauf, dass sich Österreich eindeutig zu den Grundsätzen der reinen und alten Freimaurerei bekannte, wie sie in den „Aims and Relationships of the Craft“ aus 1938 definiert waren. Dort spielt die politische Nichteinmischung eine wichtige Rolle. Auch die klare Abgrenzung gegenüber irregulären Organisationen wie der UFL und anderen universalistischen Organisationen war für England ein wichtiger Punkt. Österreichs Erbe aus der ungarischen Zeit und die dortige Nähe zum französischen ‚Grand Orient’ mit den laizistischen Ausformungen des Rituals, ließen ein gewisses Rest-Misstrauen der traditionellen Obödienzen bestehen.

Die 50er Jahre waren geprägt von verschiedenen Initiativen zur Stärkung der internationalen Beziehungen, wie das AMI (Association Maconique International), das aber bald wieder eingestellt wurde, weil die Befürchtung bestand, es könnte dabei die Souveränität der einzelnen Großlogen infrage gestellt werden. An seiner Stelle kam es 1954 zur Luxemburger Konvention, an der nicht nur die Zentraleuropäer sondern später auch Frankreich und Italien mitwirkten und letztlich auch amerikanische Großlogen. Die Einigung der 5 Großlogen in Deutschland und die Errichtung der ‚Vereinigten Großlogen von Deutschland’ im Jahr 1958 bildete eine weitere Voraussetzung für eine starke aber formlose Zusammenarbeit der vier zentraleuropäischen Großlogen, nämlich Deutschland, Schweiz, Holland und Österreich.

Österreich gelang es auch zunächst mit Deutschland und der Schweiz, später aber alleine, eine Regelung der Beziehungen zur römisch-katholischen Kirche herzustellen. Die ab dem 26. Februar 1968 begonnen Gespräche unseres Ehrengroßmeisters Kurt Baresch und Kardinals König mündeten in eine Änderung des CIC am 26. November 1983, in dem die automatische Exkommunizierung von Katholiken, die Freimaurer werden wollen oder waren, gestrichen wurde. Die gleichzeitige Relativierung dieser Veränderung des Codex durch den damaligen Kardinal Ratzinger konnte in meiner Amtszeit in einem öffentlichen Gespräch mit seinem Vertrauten Abt Gregor Henckel Donnersmarck 2007 aufgeklärt und daher entsprechend entschärft werden.

Wo stehen wir 2014

Die 272 Jahre Freimaurerei in Österreich und ihr wechselhaftes Schicksal haben die Qualität unserer Organisation stark geprägt. Aufklärung, gesellschaftspolitische Aufmerksamkeit und anspruchsvolles philosophisches und esoterisches Arbeiten sind die Merkmale der in Österreich wichtigen Auseinandersetzungen mittels Baustücken (Zeichnungen). Unser eigenständiger laizistischen Anspruch an das Ritual positioniert uns in besonderer Weise für eine Ausbreitung der Freimaurerei in Regionen, wo das enge christliche Korsett als Hürde empfunden wird. Gleichzeitig ist dieser Umstand immer noch Bestandteil eines Misstrauens gegenüber der Regularitätstreue Österreichs.

Neben den strengen vereinsrechtlichen Strukturen ist die Arbeitsweise, insbesondere das so bezeichnete Baustück, ein wichtiger Bestandteil der Österreich-Prägung. Ebenso ist die private, nicht geheime Wesensart des Bundes und die Zurückhaltung im öffentlichen Auftritt ein Bestandteil der richtigen Distanz zur und maßvollen Behandlung der Öffentlichkeit. Wir erwecken damit positive Neugierde, weil wir uns eben rar machen. Unser Aufnahmeverfahren ist von besonderer Strenge und Qualität, Caritas ist eine wichtige aber nicht eine prägende Eigenschaft im Vergleich zur der anderswo oft falsch verstandenen Öffentlichkeitsarbeit. Unser Buch 'Die Freimaurer' hilft bei der Kommunikation dort, wo Suchende Widerstand vorfinden, insbesondere in der eigenen Familie.

Besonders beachtenswert ist die österreichische Aufbauarbeit bei der Wiedereinrichtung oder Neuerrichtung der Freimaurerei im neuen Europa. Das hat dazu geführt, dass Österreich vielfach als Vorbild für die richtige masonische „Missionierung“ gesehen wird, und wir werden daher immer wieder in Anspruch genommen, um auch die Qualitätssicherung in vorhandenen Systemen zu unterstützen. Lasst mich an dieser Stelle resümieren, was aus der Vergangenheit ins Heute wirkt:

  • Der Gründungsgedanke war 1731 und 1742 politisch und deswegen sehr erfolgreich.
  • Bis nach dem Zweiten Weltkrieg blieb die Freimaurerei in Österreich wegen Anfeindung und Verbot politisch, sie war die entscheidende liberale, demokratische Kraft innerhalb der Eliten der Gesellschaft.
  • Wir schulden Art und Qualität unserer Freimaurerei im starken Maße den ungarischen und den jüdischen Brüdern.
  • Freimaurerei war in Österreich immer ein Sammelbecken der Eliten.
  • Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich die Großloge von Österreich mehrfach und deutlich international engagiert, oft als Teilnehmer, manchmal auch federführend.

Wir dürfen aber deswegen nicht in Selbstgefälligkeit verfallen, denn trotz kontinuierlichem Wachstum und empfundener Qualität, droht heute ein Abgleiten in organisatorisches Gezänk und Mittelmaß. Unser besonderes Vermächtnis legt uns aber besondere Pflichten auf.

In diesem Sinne kommt Österreich auch in der Zukunft eine wichtige Aufgabe zu, die Bewegungen zu unterstützen, die bemüht sind, die Profanisierung und Verflachung der masonischen Qualitäten weltweit ins Positive zu wenden. Eine mögliche Plattform dafür wäre die ‚World Conference’, die, wenn sie die richtigen Kommunikationsinstrumente entwickeln würde und den richtigen Generalsekretär vorfände, einen wertvollen Beitrag leisten könnte. Wichtigste Voraussetzung dafür ist aber die absolute Einhaltung der Unabhängigkeit und Souveränität der einzelnen Mitgliedsgroßlogen und die Möglichkeit der Regelung von zwischenstaatlichem Streit und von offenen Anerkennungsfragen.

Wenn wir dem erfolgreichen Österreich-Weg in der Welt eine breitere Chance und eine größere Beispielswirkung geben wollen, bedarf es einer größeren aber maßvoll organisierten Gemeinsamkeit. Ob die soeben in Bukarest abgehaltene 13. World Conference dazu einem Beitrag leisten kann, bleibt abzuwarten. Österreich gehört jedenfalls zu den kritischen aber konstruktiven Beobachtern.


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Siehe auch

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