Freimaurerverbot Bern 1745: Unterschied zwischen den Versionen

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:Gegeben in Unser Grossen Rathsversammlung, den 3. Martii 1745."
 
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===Die Verlautbarung vom 5. März 1745 im Wortlaut===
 
===Die Verlautbarung vom 5. März 1745 im Wortlaut===

Aktuelle Version vom 15. April 2014, 12:04 Uhr


Rund um das Freimaurerverbot in Bern 1745

Eine Zusammenstellung von Texthinweisen, Berichten und Originaltexten


Der erste ausführliche Bericht von 1746

Der erste Bericht wird Philipp Friedrich Steinheil zugeschrieben und datiert von 1746.
Er erschien zuerst auf Französisch und wurde sofort ins Englische übersetzt, aber erstaunlicherweise nie ins Deutsche.

Le Franc-Maçon dans la République, ou Refléxions apologiques sur les persécutions des Francs-Maçons par un Membre de l’Ordre, avec une lettre à Madame de *** ou l’on invite plusieurs Auteurs celèbres d'entrer dans le dit Ordre. Francfort et Leipsic 1746. 96 Seiten.
[Enthält auf Seiten 1-42 die Apologie, darin der Bericht über die Schweiz, 5-23,
hernach die Rede, die Philipp Friedrich Steinheil 1741 in London vorgetragen hat (43-66; siehe dazu: „Die Maurerei ist eine Verbindung einsichtsvoller Männer“),
und schliesslich die „Lettre à Madame de *** (67-90).]
Nachdruck Edition Lacour 1999.


Die Apologie engl.:
An Apology for the Free and Accepted Masons, Occasioned by their Persecution in the Canton of Berne. Frankfort 1748;
Nachgedruckt in
The Pocket Companion and History of Free-masons. 1754, 237-281, darin zur Schweiz die Seiten 258-270.
An verschiedenen Stellen in: George Smith: The Use and Abuse of Free-Masonry. London 1783, besonders 206-210, 213-219, 245-264.
Ferner vollständig, mit unzähligen grossen Anmerkungen in: The History of Masonic Persecutions. London 1847, 78-133, New York 1867, 52-90.


Als Antwort erschien kurz darauf die Schrift:
Lettre ä l'auteur d'un ouvrage, Intitulé: Le Franc-Macon dans la république, Dans lequel on examine, si l'Auteur est fondé á se plaindre de l’Ordonnance de l’illustre République de Berne, Contre le dit Ordre. o. O. 1747. 142 Seiten.
[Enthält zuerst die Apologie von Steinheil im vollen Wortlaut; 5-48.
Der Antwortbrief, die lettre, selbst umfasst nur die Seiten 49-98.
Auf Seiten 99-120 folgt erneut die Rede, die Philipp Friedrich Steinheil 1741 in London vorgetragen hat.
Schliesslich ist auch der Brief an Madame de *** nochmals abgedruckt (121-142).]

Je eine kurze Zusammenfassung der Apologie von Steinheil und der „Lettre à l’auteur“, eingerahmt von einigen kritischen Bemerkungen, in:
Helvetia. 1823, 324-325:
siehe:
Freimaurerei: für (Heinrich Zschokke, 1817) und wider (Ernst Moritz Arndt, 1818)
Ferner in Heinrich Boos: Handbuch der Freimaurerei. 1894, 322-325, sowie in:
Heinrich Boos: Geschichte der Freimaurerei. 1906, 213-216.


Der Text des Edikts von Bern (im Originalwortlaut siehe weiter unten bei Helvetia, 1823) französisch – in der Version von Steinheil, 1746, 7-12 - und deutsch – in der Version von Heldmann, 1819, 523-527 - auch in:
Louis-Théodore Juge: Le Globe, archives des initiations anciennes et modernes. Tome troisième. Paris 1841, 234-236;

Dazu bei Juge eine Verlautbarung vom übernächsten Tag (lettre – Zedell), 236-237 und der Wortlaut der Abschwörung, 237.
siehe weiter unten

Der detaillierte Bericht von Heinrich Boos, 1894

Auszüge aus: Heinrich Boos: Handbuch der Freimaurerei. Aarau: Sauerländer 1894, 311-330


Hier [d.h. in Genf] gährte ein vielgestaltiges politisches und geistiges Leben; hier war ein Sammelpunkt für die Verfolgten aller Nationen. Das Toleranz- und Humanitätsprinzip fand daher hier einen empfänglichen Boden. Noch herrschte freilich die Calvinische Kirche in der alten unerbittlichen Strenge, und der Geist der Faktionen zerspaltete die Genfer Gesellschaft in eine Unzahl von Partikeln. Nirgends in der Welt als hier gab es so viele literarische, künstlerische, wissenschaftliche und gemeinnützige Vereine, so viel wohlthätige Anstalten, alle vom Eifer belebt, Gutes zu thun. Das starke Gefühl der Individualität schuf immer wieder neue Vereine und Anstalten; man kannte das Gefühl der Unterordnung nicht und so zersplitterten sich fruchtlos die reichen Kräfte (1). Unter diesem Übel hatte auch die Freimaurerei zu leiden. Unzählige Logen entstanden hier und gingen dann wieder spurlos unter, so daß es bei dem Mangel an authentischem Material schwer ist, über die Geschichte der Genferischen Freimaurerei zur Klarheit, zu gelangen.

(1) J. B. Galiffe, La Chaine Symbolique. Genève 1852, p.414.

Im Jahre 1736 gründeten einige in Genf lebende Engländer ein maurerisches Kränzchen unter dem Namen Société dos Maçons libres du Parfait Contentement. Da auch Genfer sich dabei beteiligten, so reklamierte sogleich das Konsistorium dagegen, weil die Gesellschaft eine Pflanzschule des Unglaubens sei- Am 5. März wurde der Meister der Loge, Georges Hamilton, ein Schottischer Edelmann, der Bürger in Genf geworden war, vor den Rat geladen und ihm verboten, Einheimische in die Gesellschaft, aufzunehmen. Allein dessenungeachtet dauerten die Zusammenkünfte fort, und Hamilton wurde 1737 durch den Großmeister in London, den Grafen Darnley, zum Provinzial-Großmeister der Genfer Logen ernannt. Die Geistlichkeit erneuerte ihre Reklamationen und der Rat wiederholte am 18. Februar 1744 sein Verbot.
Trotzdem feierten die Brüder das Sommerjohannisfest in einer aufsehenerregenden Weise, indem sie unter Musikbegleitung eine Spazierfahrt auf dem See unternahmen und dann ein Mahl in einem öffentlichen Garten hielten, infolge dessen am 15. August neue Verbote ergingen, obschon eine Untersuchung ergab, daß gemäß den Prinzipien des Freimaurerbundes nichts gegen die Religion und den Staat geschähe.
Der Rat der Zweihundert bestätigte am 8. September das Erkenntnis des kleinen Rates,

„weil solche Gesellschaften in einem kleinen Staate gefährlich werden könnten und eine weise Regierung das Geheimnis nicht dulden dürfe, in welches die Freimaurerei sich einhülle, und weil sie überdies der Konstitution von Genf zuwider sei.“ (2)
(2) Th. Zschokke im Handbuch der Freimaurerei (Brockhaus) III, 219.

Am 25. Februar 1745 heißt es im Protokoll des Konsistoriums:

„Es habe sich in Genf eine neue Gesellschaft von Personen beiderlei Geschlechts und verschiedener Religionen unter dem Namen La parfaite Félicité gebildet. Sie versammelten sich des Nachts in Privathäusern, die sie Logen nennen. Sie forderten keinen Eid von ihren Mitgliedern, wohl aber ein Gelübde, das Geheimnis zu bewahren. Sie hätten einen Anker als Abzeichen etc.“

Es handelt sich hier entweder um Adoptionsrnaurerei oder um ein Schwesternfest. Die Untersuchung ergab nichts Nachteiliges, weshalb man fortan die Logen unbehelligt ließ.

Eine große Anzahl von Logen arbeitete in Genf, von denen viele nichts als Wohlthätigkeitsgesellschaften waren. Bei der Aufnahme wurde meist nur allzu lax verfahren. Die Nachbarschaft von Frankreich übte einen leider allzuverderblichen Einfluß auf die Freimaurerei in Genf aus und die Verbindung mit England schützte sie nicht vor den gröbsten Verirrungen. Alle Hochgradsysteme waren hier vertreten und neue gingen von hier aus (3).

(3) S. Galiffe l. c. p. 335. 417. Latomia XXIX. 92f.

Am 7. Februar 1768 wurde die noch heute blühende Loge Union des Coeurs gestiftet, welche sich genauer an die maurerischen Vorschriften hielt, weshalb ihr, im Gegensatz zu den meisten anderen Genfer Logen, eine Anzahl vornehmer gebildeter Männer beitraten.


… Der Verbreitung der Freimaurerei in der Schweiz stellten sich größere Schwierigkeiten entgegen als in den meisten monarchischen Ländern.

Der aufgeklärte Despotismus hatte wenigstens den guten Willen, das Wohl des Volkes zu fördern und er sah in der Freimaurerei ein treffliches Hilfsmittel dazu. Die Schweizerischen Regierungen [1906: Aristokratieen] hingegen pochten auf ihre, von Gott ihnen verliehenen Herrscherrechte und thaten nicht nur nichts für das Wohl des Volkes, sondern hemmten auch alle darauf zielenden Bestrebungen. Wohl rühmte man sich gern der durch die Heldenthaten [1906: den Heldnemut] der Väter erkämpften Freiheit, aber man hatte schon lange die politische Unabhängigkeit an die Franzosen um schnödes Gold verkauft und die Bürger und Unterthanen hielt man in sklavischer Unterwürfigkeit.
Mit berechtigtem Hohne deckt der junge Goethe die gähnende Kluft zwischen Einst und Jetzt auf:

„Frei wären die Schweizer? frei diese wohlhabenden Bürger in den verschlossenen Städten? frei diese armen Teufel auf ihren Klippen und Felsen? Was man dem Menschen nicht alles weismachen kann! Besonders wenn man so ein altes Märchen in Spiritus aufbewahrt.
Sie machten sich einmal von einem Tyrannen los und konnten sich in einem Augenblick frei denken; nun erschuf ihnen die liebe Sonne aus dem Aas des Unterdrückers einen Schwarm von kleinen Tyrannen durch eine sonderbare Wiedergeburt; nun erzählen sie das alte Märchen immer fort, man hört bis zum Überdruß, sie hätten sich einmal frei gemacht und wären frei geblieben: und; nun sitzen sie hinter ihren Mauern, eingefangen von ihren Gewohnheiten und Gesetzen, ihren Fraubasereien und Philistereien, und da draußen auf den Felsen ist’s auch wohl der Mühe wert, von Freiheit zu reden wenn man das halbe Jahr vom Schnee wie ein Murmeltier gefangen gehalten wird.“ (4)
(4) Briefe aus der Schweiz. [1906: Anhang zu Werthers Leiden. Ausgabe letzter Hand XVI, p. 197f.

... Im 18. Jahrhundert war ein Geschlecht herangewachsen, welches das intimste Bedürfnis nach Seelenfreundschaft empfand. Das dreihundertjährige Jubiläum der Universität Basel führte 1760 aus allen Teilen der Schweiz die Freunde zusammen und die Herzen strömten über von Freude und Wonne. Hier faßte man den Entschluß, öfters zusammen zu kommen, und so entstand die berühmte Helvetische Gesellschaft. Ihr gehörten in erster Linie die aristokratischen Kreise an, und man dachte daher an nichts weniger als an Umsturz, vielmehr an eine Reform der Sitten und Beförderung wohlthätiger Anstalten. Ihr Programm berührt sich nahe genug mit dem des Freimaurerbundes, indem diese edlen Männer der Toleranz das Wort redeten. Viele Mitglieder der Helvetischen Gesellschaft waren zugleich Freimaurer und diese glaubten hier das erreichen zu können, was infolge der Unduldsamkeit der Schweizerischen Regierungen dem Freimaurerbunde verwehrt war.
Denn sogar diese sehr harmlose Gesellschaft wurde von den Regierungen mit Argwohn beobachtet. Den Bürgern von Luzern und Freiburg verboten ihre Räte die fernere Teilnahme an den Versammlungen in Schinznach, und Bern gab den seinigen in verblümter Weise zu verstehen, sie würden besser thun, nicht mehr in die Versammlungen zu gellen, da sonst leicht Gesellschaften mit Berufung auf jene entstehen könnten. Bei solchem Argwohn der Regierungen ist es begreiflich, daß die Freimaurerei in der Schweiz nicht leicht Wurzel fassen konnte.

In Lausanne bestand eine Englische Kolonie. Am 20. Februar 1739 gründeten Engländer unter den Auspizien der Großloge in London eine Loge La parfaite Union des Etrangers. Fernere Logen entstanden im Waadlande, die sich in einem Verband zusamenenthaten unter dem Namen: Directoire national Helvétique Roman.

Sobald die Berner Regierung Kunde davon erhielt, wurde Schultheiß Steiger am 24. Juli 1744 autgefordert (5) nachzuforschen, ob sich nicht unter den Bürgern der Stadt Bern sogenannte Frey-Maurer oder Franc-Massons befänden.

(5) Die folgende Darstellung beruht auf den Akten im Berner Staatsarchiv, bearbeitet durch Dr. K. Geiser in Bern und mir mitgeteilt.

Die Angelegenheit blieb bis zum 27. November liegen. An diesem Tage wurde dem Rat mitgeteilt, daß die Societät der Freimaurer zu Stadt und Land mehr und mehr überhand nehmen solle, davon bedenkliche Folgen entstehen dürften, weshalb man der Sache näher nachforschen müsse. Der Geheime Rat erhielt den Auftrag, Erkundigungen einzuziehen. Der Bericht des Geheimen Rats ging am 25. Januar 1745 ein und er lautete so günstig, daß der Antrag gestellt wurde, man solle die Sache ruhen lassen. Allein der Kleine Rat und die Sechszehner waren anderer Meinung, da inzwischen wichtige Nachrichten über die Ausbreitung der Freimaurerei im Waadtlande eingelaufen waren. Am 11. Februar 1745 kamen Kleiner Rat und Sechszehner zum Schluß, daß die geheimen Verbindungen sowohl durch eine alte Satzung im „Roten Buche“ als durch den Eid der Unterthanen verboten seien und daher aufgehoben werden müßten.

Amtsschultheiß Steiger zeigte folgende Personen als Freimaurer an Herrn von Bonstetten von Biberstein jüngerer Sohn Karl, Herr Ludwig Tillier, Herr Rudolph von Werdt. Herr Leiber Zollner von Lausanne und Herr Samuel Jenner, Herrn Landvogts von Lenzburg Sohn. Nach dem Austritt der Verwandten obiger Personen wurde eine Kommission bestellt aus den Herren Salzdirektor Morloth, Heimlicher von Muralt, Gubernator Wurstemberger von Aehlen und Altschultheiß Manuel von Burgdorf, und dieser Kommission wurde nun der Befehl gegeben, die ihr angezeigten Freimaurer vorzuladen und zur Abschwörung der Gesellschaft anzuhalten, sodann darüber zu referieren.
Zugleich wolle man auch im Waadtlande gegen die Freimaurerei einschreiten und schließlich solle die Kommission den Entwurf eines Ediktes verlassen. Schon am 18. Februar berichtete die Kommission, daß in Bern die Bürger sich dem Dekret sofort gehorsam unterworfen und der Freimaurerei abgeschworen hätten.

Die Eidformel lautete
[ein etwas anderer Wortlaut viel weiter unten]:

„Schwehrend dieselben von nun an auß der sogenannten Frey-Maurer Gesellschaft dermaßen auszutretten, daß nit nur Sie keine solche Versamlung halten, besuchen noch beywohnen, sondern auch Ihren deßhalb durch Eydt oder glübtt, beschwornen Verbind- und Verpflichtungen, worin immer selbige bestehen mögen, für allezeit feyerlichst auf- und abgesagt haben wollend, ohn alle gefehrdt.“

Diese Formel wurde jedem vorgelesen und der Abschwörende hatte nachzusprechen:

„Wie die Schrifft weißt, die mir vorgelesen, dero will ich nachgehen und Selbige vollbringen in guten Treuwen, so wahr mir Gott helff, ohne alle Gefehrdt.“

Das Verzeichnis derer, welche am 18. Februar abgeschworen hatten, weist 14 Namen auf, von denen die meisten der regierenden Aristokratie angehörten.

Am 25. Februar faßten die Räte weitere Beschlüsse. Was die Freimaurer betreffe, welche schon abgeschworen haben, so wolle man es dabei bewenden lassen und die betreffenden sollen wiederum in integrum restituiert sein. Dann beriet man sich über ein zu erlassendes Mandat. Die große Ratsversammlung genehmigte am 3. März 1745 den Entwurf des Mandats, und es wurde beschlossen, daß dieses Mandat sowohl im Deutschen als im Wälschen Landesteil durch öffentlichen Anschlag sowie von den Kanzeln bekannt gemacht werden solle.
Dieses Mandat verbot alle und jede Verbindung mit dem Freimaurerhunde bei Strafe von 100 Thaler Buße und Verlust aller Ehren und Ämter. Rückfällige sollen noch härter gebüßt werden. (6)

(6) Auch abgedruckt bei Heldmann, Die drey ältesten geschichtlichen Denkmale der Teutschen Freymaurerbrüderschaft etc. Aarau 1819 p. 523ff. Helvetia I. 1823 p. 314ff.

Nachträglich wurde dieses Mandat dahin interpretiert, daß, wenn ein Bürger oder Unterthan imbedachtsamerweise sich in die Gesellschaft habe aufnehmen lassen, aber dieselbe durch einen förmlichen Eid wieder abschwöre, zwar die 100 Thaler bezahlen müsse,

„aber wiederum wie vorhin zu allen Ehrenstellen, Beneficia und Charges in Ihr Gn. Haubtstatt oder Landen beförderet zu werden die Befugsame haben solle.“

In Bern erreichte die Regierung zunächst ihren Willen, nicht aber in Lausanne. Am 29. Dezember 1744 berichtete Amtmann Ryhiner an den Rat in Bern: Dem Auftrag gemäß der Gn. Herren, sich ins geheim zu erkundigen, ob die Freimaurer sich nicht in Cully in einem zu Haltung ihrer Loge expreß habenden Hause versammeln, und wer alles von dieser Gesellschaft sei, habe er Folgendes mitzuteilen:
In Cully werde keine Versammlung abgehalten, wohl aber befinden sich in dieser Stadt zwei besondere Gesellschaften von Frey-Mäurer, die Alte und die Neuwe, die keine Gemeinschaft mit einander haben, noch einander erkennen wollen, eine jede pretendiert legalisch zu sein, und den Fundamentalregeln von England nachzuleben. Die erstere hat schon vor mehr als 12 oder 15 Jahren ihren Anfang genommen; versammelt sich selten, bald hier, bald dort, hat kein eigen hierzu bestimmtes Haus; ihre Versammlung dauert jeweilen nur ein paar Stunden; sie essen das Jahr 2 oder 3 mal mit einander in aller Stille, halten gute Zucht und Ehrbarkeit: sind sehr behutsam mit der Aufnahme, recipieren selten Einheimische, suchen vielmehr solche fernzuhalten.
Bei Uneinigkeiten unter ihren Brüdern wenden sie alles an, um sie zu versöhnen. Wenn ihnen von dem einen oder andern etwas Unehrbares oder Unanständiges zu Ohren kommt, so wird dies demselben kräftig vorgehalten und er zur Besserung ermahnt.

„In Summa von dieser Alten Gesellschaft wird nicht das wenigste odioses, noch bedenkliches nachgeredet, sondern vielmehr als eine gute und in commercio hominum nützliche Gesellschaft.“
„Die Neuwe Frey-Mäurer Societät ist erst vor einigen Monaten entstanden, ist dennoch grösser und zahlreicher als die erste, indem sie soviel Brüder als möglich an sich zu ziehen suchen. Einige Bürger haben sie errichtet aus Verdruß, weil man sie nicht in der Alten Gesellschaft aufgenommen hatte.
Sie versammeln sich öfters und machen viel Wesens aus ihren Geheimnissen. Sie halten ihre Versammlungen in des Italienischen Sprachmeisters Bossy Haus in einem hiezu bestimmten Zimmer. Es gehe stille und anständig zu, und sie kommen zusammen, um zu schwätzen und sich zu kurzweilen; sie laden auch jedermann ein, damit man sehen könne, was bei ihnen vorgehe. Zu ihren Privatversammlungen werden hingegen nur ihre Brüder eingeladen.
Sie machen viel Aufsehen in der Bürgerschaft, und einige Bürger seien zu ihm, dem Landvogt, gekommen und hätten gebeten, entweder diese Versammlungen zu unterdrücken, oder ihnen zu erlauben, ebenfalls sich versammeln zu dürfen, um jenen entgegen zu treten. Die neue Gesellschaft sei nur errichtet worden, um sich einen großen Anhang zu verschaffen, und dann sich der Ämter zu bemächtigen. Er habe darauf dir klagenden Bürger beschwichtigt; denn er habe noch nichts schlimmes wahrnehmen können, indem jene Gesellschaft nur als eine Gattung Staminet (Kneipe) angesehen werden könne. Der große Zulauf komme daher, weil man glaube, es sei eine Ehre dieser Gesellschaft anzugehören; er werde aber bald von selbst abnehmen oder gar auf hören.
„Es wäre ja gewiß gut. wenn man von der Freimaurerei nichts wüßte, aber sie sei einmal in ganz Europa zur Mode geworden, und so sei es nicht, zu verwundern, wenn sie auch in dieser Stadt entstanden wären, wo so viele müßige Leute sind, die keine Occupationes haben.“

Als Beilage folgt dann ein Französisch geschriebener Bericht: Reception d'un Franc Masson. Diese Schilderung beruht offenbar auf dem Buch l‘Ordre des Franc-Maçons trahi. Amsterdam 1745. (7)

(7) s. a. o. p. 127. ff.

siehe:
Die erste grosse Verräterschrift


Am 16. Februar 1745 berichtete Ryhiner wieder an seine Gn. Herren in Bem. Er habe sich der Hoffnung hingegeben, der Eifer der neuen Freimaurergesellschaft würde bald nachlassen. und sie würde, wie die alte Societät, sich stille halten; allein, gerade das Gegenteil sei der Fall. Die neue Gesellschaft halte fleißig Sitzungen und mache Propaganda, indem sie aus allen Städten im Waadtland Mitglieder annehme. auch junge Berner, so sei z. B. des Herrn Landvogts Fischer Sohn von Milden, der Offizier in Holländischen Diensten sei, bei seiner Durchreise aufgenommen worden.

Darauf befahl der Rat dem Landvogt am 18. Februar, von den Kanzeln ein Verbot aller Versammlungen der Freimaurer verkündigen zu lassen. Hierauf antwortete Ryhiner am 23. Februar, daß seine Vorstellungen bei der alten Societät Gehör gefunden hätten. Diese habe den Beschluß gefaßt, keine Versammlungen mehr abzuhalten und sich aufzulösen, mit Bezeigung großen Bedauerns, daß sie etwas gethan hätten, was den Gn. Herren mißfällig wäre. Auch die verständigeren Mitglieder der neuen Societät zeigten sich gehorsam und nur einige Hitzige sperrten sich noch.

Am 26. Februar schrieb der Landvogt: Da den Gn. Herren viel an der Liebe und Affektion der Untertanen gegen die h. Obrigkeit liege und es ihr angenehmer wäre, wenn die Befolgung des Mandats freiwillig und nicht durch Zwang geschähe, so habe er am vergangenen Sonntag mit der Publikation des Mandats innegehalten, und den Mitgliedern mitgeteilt, es gereiche ihnen zur Ehre, wenn sie ihre Societät von selbst aufheben würden, da es odios und verdrießlich wäre, wenn man mit Gewalt Vorgehen müsse.
Darauf haben der Großmeister und andere Brüder erklärt, sie wollten ihre Gesellschaft auflösen aus Devotion gegen die h. Obrigkeit, für die sie Gut und Blut opfern wollten.

Am gleichen Tage erhielt aber der Landvogt Befehl, die Freimaurer-Gesellschaften aufzuheben Er solle die ihm bekannten Mitglieder beider Gesellschaften „in geseßener Cour Ballivale“ vor sich laden und sie bei ihrer der Obrigkeit schuldigen Treue anhalten, die Namen der Mitglieder anzuzeigen, alsdann die welche in seinem Amte wohnten, veranlassen, der Gesellschaft abzuschwören; die Namen derer, welche nicht in seinem Amte seien, solle er dem Rate angeben. Den Mitgliedern der neuen Gesellschaft solle er nach ihrer Abschwörung das Mißfallen der Gn. Herren von Bern wegen ihrer „anrüchigen“ Bewegungen bezeugen.

Am 7. Mai zeigte Ryhiner dem Rate an daß das Mandat vom 3. März von den Kanzeln publiziert und an den öffentlichen Orten angeschlagen worden sei. Die Mitglieder beider Gesellschaften hätten abgeschworen und ihre Arbeiten ein für allemal abgestellt. Dadurch wäre wieder Frieden und Ruhe unter der Bürgerschaft hergestellt worden, worüber die ganze Stadt ihr Vergnügen bezeugt.

„Niemand aber ist darüber mehr erfreuwet, als der Frey-Mäurer Eheweiber, als welche dem Himmel danken, daß er diese ihnen unleidenlich gewesene Gesellschaft zerstört und ihre Männer aus ihrem dißörtigen Enthousiasmo gezogen, weilen einerseits die Weiber ungeachtet ihrer Liebkosungen, List und Ränk, zu ihrem größten Verdruß zu Ergründung des pretendierenden Frey-Maurer Secrets niemal gelangen können, anderseits dann diese Societät ihren Männern zu vielen Distractionen, Absenzen, Besuchung der öffteren heimlichen Versammlungen, allerhand ohnerwartete fremde Visite und Zulaufs, auch namhafte Extra Depensa Anlaß geben, da hingegen sie der Männer von diesem allem enthoben, frev und losgesprochen worden.“

Bedenklich sei jedoch, daß seit der Publikation des Edikts noch eine dritte Loge entdeckt worden sei, die so heimlich geführt worden, daß Niemand etwas davon gewußt habe. Dieselbe habe ein gewisser Proselyt Bernard gestiftet und einige Studiosi der Academy verführen lassen. Es wäre höchste Zeit gewesen, dem Uebel zu begegnen [1906: zu steuern], sonst die hiesige Geistlichkeit in kurzem mit Freymaurern wäre angefüllet worden wie in Engelland.


Das gewaltthätige Vorgehen der Berner Regierung erregte in Europa großes Aufsehen. Die Brüder ließen zu ihrer Rechtfertigung eine in Frankfurt verlegte, und dem Grafen Heinrich von Brühl gewidmete Schrift drucken, unter dem Titel: Le Franc-Maçon [1906: Le Franc-Maçons] dans la. République, ou Refléxions apologiques sur les persécutions de F. M. par un Membre de l’Ordre, avec une lettre à Mad. de *** ou l’on invite plusieurs Auteurs celèbres d'entrer danss le dit Ordre, Francfort et Leipzig 1746. 96 Seiten.
[siehe oben unter Philipp Friedrich Steinheil]


Der Herausgeber ist höchst wahrscheinlich der um die Freimaurerei hochverdiente Phil. Friedrich Steinheil, kurf. Sächs. Legationssekretär in Frankfurt, einer der Gründer der Loge L‘Union in Frankfurt und ihr erster Meister. In England hatte er die Freimaurerei an der Quelle kennen gelernt, und seine Erfahrungen legte er eben in dem obengenannten Buche, sowie in der kleinen Schrift: „Die Quintessenz der echten Freimaurerei“ nieder, worin jene vortreffliche Instruktionsrede enthalten ist, die uns ein so treues Bild der damaligen Grundanschauungen über die Freimaurerei bietet.

Die in unsern Tagen so berühmte Freimaurerei, heißt es in besagter Schrift, ist eine Gesellschaft von Männern jedes Standes und aller Länder, die Liebhaber der Wahrheit genug sind, um sie überall zu suchen, mutig genug, um sie nie zu verraten, und glücklich genug, um sie durch ihre wahrhaftigen Brüder ausgeübt zu sehen. Sie ist. eine Kunst, die, indem sie die Menschen durch das süße Band der Brüderlichkeit einigt, sie lehrt zu einem gemeinsamen Zweck zu arbeiten, um sie glücklich zu machen, indem sie das angenehme mit dem nützlichen vereinigt.
Dessenungeachtet ist der berühmte Orden der Freimaurer von Zeit zu Zeit, grausam verfolgt worden, und zwar in Holland, Frankreich, Rom etc., zuletzt in der Schweiz.
Hier seien nach dem Beispiel von Frankreich die Freimaurer gütig, gemäß ihrem Verdienste, aufgenommen worden. Der Eifer, mit dem die Schweizerischen Einwohner die Ausbreitung dieser erlauchten Gesellschaft gefördert hätten, könnte andern Nationen zum Muster dienen. Nur ein grausames Vorurteil konnte die Berner Regierung veranlassen, ein so ungerechtes und schlecht motiviertes Mandat gegen die Freimaurer zu erlassen.

Der Verfasser kritisiert nun das Mandat sehr scharf und meint., die Herren von Bern kennten wahrscheinlich die Freimaurerei nicht; er unternimmt es daher, in den rosigsten Farben eine begeisterte Schilderung der Freimaurerei und das wahre Portrait eines Freimaurers zu entwerfen. Eine der edelsten Tugenden der Freimaurer und zugleich die unschuldige Ursache so vieler Verfolgungen ist die Verschwiegenheit, deren moralischen Wert der Autor mit Beispielen aus dem klassischen Altertum belegt.
Auch in Staatsgeschäften sei die Tugend der Verschwiegenheit unerläßlich. Die Freimaurer seien in einer großen Anzahl von Staaten wohl gelitten und viele hochangesehene Fürsten gehörten dem Orden an. Der Orden enthalte nichts, was der Religion oder den Pflichten des Bürgers gegen den Staat zuwiderlaufe.

Die irrige Meinung der Menge, die sich unter einem Freimaurer ein schreckliches Ungeheuer vorstelle, sollte doch endlich verschwinden. Auch über die Mysterien und Geheimnisse herrschen viele Vorurteile. Wer sich dafür interessiere, könne ja sich beim Orden anmelden. Ein Mann von erprobter Redlichkeit wird nicht vergeblich anklopfen. Aber auf anderm Wege könne man keinen Aufschluß erhalten.


Als Antwort darauf erschien das Buch, betitelt: Lettre à l’auteur d’un ouvrage intitulé: Le F. M. dans la république. dans lequel on examine, si l’auteur est fondé à se plaindre de l’ordonnance de la République de Berne contre le dit Ordre, o. O. 1747. 142 Seiten.

[Das nachstehende Zitat, ohne den ersten Absatz, fast wörtlich bereits in:
Helvetia. Denkwürdigkeiten für die XXII Freistaaten der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Erster Band, 1823, 325.]

Alle die bekannten und bis auf den heutigen Tag wiederholten Gemeinplätze und Anklagen gegen die Freimaurerei kommen hier schon vor. Der Verfasser beruft sich zur Rechtfertigung des Vorgehens der Berner Regierung auf eine Ordonanz vom Jahre1567, die 1703 bestätigt worden ist. welche alle Gesellschaften ohne jede Ausnahme verbiete. Denn solche Vereine widersprächen der fundamentalen Konstitution des Staates.

Sodann werden die Argumente Steinbeils Punkt für Punkt einer scharfen Kritik unterworfen. Die Wahrheit scheue das Licht nicht, und Redlichkeit in Absicht und That haben nicht nötig, sich hinter verschlossenen Thüren und unter geheimnisvollen Bildern zu verkriechen. Namentlich in Republiken seien solche geheime Gesellschaften viel gefährlicher als in Monarchien, weil in diesen Staaten die Macht und Gewalt der Regierung fester, schneller und gegen jede Gefahr gerüsteter sei. als in jenen. Niemals können Freistaaten zugeben, daß ihre Bürger neben dem Eide, den sie dem Väterlaude geschworen, noch einen andern Eid leisten, der sie einer geheimen Gesellschaft unterwerfe.
Auch lehre die Erfahrung, welchen Einfluß geheime Gesellschaften in Freistaaten bei Besetzung der Staatsämter und durch ausschließliche Beförderung ihrer Mitglieder ausüben. Billig sei es, daß der Staat alle öffentlichen Verbindungen zu wohlthätigen Zwecken nicht nur dulde, sondern ehre und schütze, aber eben so billig sei es, daß jeder. der das Licht scheue, ans Licht gezogen oder aus dem Kreise des öffentlichen Gemeinwesens fortgewiesen werde.


Alle maurerischen Historiker haben dem Br. Heldmann die Behauptung nachgeschrieben, daß infolge des Edikts vom Jahr 1745 alle Logen im Kanton Bern bis zum Jahr 1764 geschlossen gewesen seien. Das ist nur bedingt richtig, denn sowohl in Bern selbst als in Lausanne und andern Waadtländischen Städten wurde insgeheim Loge gehalten und unter den Mitgliedern der Räte gab es viele Freimaurer.

Der Berner ist von schwerfälliger Natur und dem Neuen abhold. Er braucht Zeit, bis er sich mit einem neuen Gedanken vertraut gemacht hat. dann aber bleibt er dem für Recht und Wahr erkannten treu. Der moralische Behalt der freimaurerischen Ceremonien mußte auf den ernstgestimmten Berner Eindruck machen. Die Regierung konnte der Freimaurerei die Pforten ihres Landes verschließen, sie konnte aber nicht verhindern, daß die vielen Berner, welche in der Französischen Armee oder anderswo dienten, Aufnahme m den Logen fanden. Heimgekehrt, erkannten sich die Wissenden bald als Brüder. Mit den Brüdern in Genf und im Fürstentum Neuenburg standen die Berner in Verbindung und erhielten von daher stets wieder neuen Anreiz.

…Lange Zeit blieb die Berner Regierung ohne Kenntnis von den freimaurerischen Versammlungen in Bern. Erst im Jahr 1764 wurde sie darauf aufmerksam, und sogleich ergriff sie wie 1745 mit aller Energie Maßregeln zur Unterdrückung der Freimaurerei. Am 22. Juli 1764 erließ der Geheime Rat ein Schreiben an den Venner von Mülinen und die Heimlicher Manuel und Wurstenberger, worin diesen befohlen wird, eine Untersuchung gegen die Freimaurer einzuleiten.
Am 30. Juli beschloß der Geheime Rat, daß sämtliche Freimaurer nach der Formel des Jahres 1745 der Gesellschaft abschwören sollten. Man habe vernommen, daß Societäten unter anderm Namen, doch gleicher Natur, Beschaffenheit und Verpflichtungen, wie z. B. in Freiburg unter dem Namen Latium entstanden seien. Alle diese Verbindungen sollen in möglichster Stille unterdrückt werden.

Bei den Akten liegt ein Brief des Berner Rats an den Syndic von Genf, ohne Datum, doch wahrscheinlich vom 13. August 1764, der über das Wiederaufleben der Freimaurerei interessante Mitteilungen enthält. Verschiedene Berner Bürger und Unterthanen hätten erklärt, duß sie in Genf durch einen Großmeister, namens Castaignet 1750 und 1751,1754 und 1757 durch andere Meister aufgenommen worden seien.
Verschiedene Logen wurden in Genf in einem Hause, genannt Ville de Turin, und im Hause zum weißen Roß zu St. Gervais gehalten. Der Herr von Simitierre, Kaufmann in Genf, übte die Würde eines Großmeisters in einer Aufnahmsloge au Port d’Orient in Frankreich aus, wobei mehr als 200 Personen zugegen gewesen waren. Man wolle keine Klagen gegen jene Leute erheben, man sage das nur, damit, die Genfer Regierung Vorkehrungen gegen die Fortschritte einer solchen Gesellschutt treffe. Wie gefährlich sie sei, möge das Beispiel von Freiburg lehren.


… Bei Gelegenheit dieses Prozesses [in Freiburg 1764] erfuhr man, … welche Fortschritte die Freimaurerei in der Schweiz gemacht hatte. Aus einem Briefe des Ratschreibers Mutach von Bern an seinen Kollegen Müller in Freiburg vom 5. August 1761 erfahren wir ferner, daß der oben genannte zu Bern verhaftete Feldmesser, namens Butty, einige Berner als Freimaurer denunziert hatte, worauf diese im Verhör die Wahrheit gestanden und noch einige andere Namen angegeben hatten.
Sodann wurden Vorschläge gemacht, wie man gegen die Unterthanen in den Mediatämtern, besonders in Grandson, vorgehen könne. Bern und Freiburg setzten eine gemeinschaftliche Kommission ein, und diese beschloß, sämtliche Unterthanen, welche Freimaurer seien, zur Abschwörung dieser Gesellschaft anzuhalten und ihnen jeden Verkehr mit Freimaurern innerhalb und außerhalb des Landes zu verbieten. Am 8. August 1764 erging eine Instruktion an die Berner Landvögte, wie in aller Stille gegen die Mitglieder der Gesellschaft vorgegangen werden solle, analog dem Verfahren von 1745, mit Beilegung eines Formulars für das Verhör.
Ohne jede Schwierigkeit erfolgten die Abschwörungen, indem die meisten ihren Eintritt in den Bund als jugendliche Verirrung beklagten. Im Staatsarchive in Bern sind eine ganze Anzahl solcher Erklärungen vorhanden. Rudolf Steck z. B. deponierte am 28. Juli 1764, daß er aus jugendlicher Unvorsichtigkeit und Unwissenheit des Verbots der Gn. Herren sich auf der Zunft zu Gerbern habe aufnehmen lassen; man habe ihm versichert daß es in den maurerischen Versammlungen streng verboten sei, über Religion oder Staatssachen zu reden. 1755 sei unter Beistand der Loge von Neuenburg eine wirkliche Loge in Bern gestiftet worden, die sich anfangs alle Monate einmal versammelt habe, später seltener, und zwar zuerst zu Gerbern, dann auf der Mören und 1758 beim Wirt Reinhart.


… Zum Schluß möge noch der interessante Bericht des Amtmanns in Yverdon, Herrn Gingins, folgen. Er habe einen nach dem andern besonders vorgeladen, und zwar die zuerst, von denen er habe vermuten können, daß sie am wenigsten Widerstand leisten würden. Die meisten hätten den Abschwörungseid ohne Widerstand geleistet, nur wenige hätten Schwierigkeiten gemacht.
Um in unauffälliger Weise zum Ziele zu gelangen, habe er alle Künste der Kasuistik zu Hilfe genommen. Er gestehe offen, man gewinne nicht viel, wenn man die Leute zwinge, ihren Freimaurereid abzuschwören. Er vermutet, daß in Bern unter den Militärpersonen sich viele Freimaurer inden dürften, ja selbst im Rate der Zweihundert, Es gebe nur zwei Mittel zur vollständigen Unterdrückung der Freimaurerei. Das eine wäre, daß man den letzten Teil der Eidesformel, der die Abschwörung des einst bei der Aufnahme geschworenen Eides fordert, wegließe, denn die Abschwörung eines solch schrecklichen Eides empört das Gemüt und bewirkt, daß man sich verstockt. Das andere Mittel ist die Ausschließung jedes Freimaurers von allen Ehren und Ämtern

…Trotz aller Anstrengungen gelang es der Berner Regierung doch nicht, die Freimaurerei im. Waadtlande zu unterdrücken. Man verbarg sich unter der Etiquette eines Cercles und das Directoire Helvetique Roman dauerte fort.

Das Edikt vom 3. März 1745 im Wortlaut

Aus:
Helvetia. Denkwürdigkeiten für die XXII Freistaaten der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Gesammelt und herausgegeben von Joseph Anton Balthasar, Bibliothekar. Erster Band, Zürich: in Kommission der Geßnerischen Buchhandlung 1823, 314-317.


Kurze Geschichte der Freimaurerei in der Schweiz.

Im Jahr 1763 entstand die helvetische Gesellschaft. Die Stifter und Begründer derselben waren Eidgenossen mit Mund und Herz, Männer, die durch freundschaftliche Verbindung einen wahrhaft eidgenössischen Geist in allen Theilen der Schweiz wecken und beleben, der Vereinzelung der Kantone aber und der selbstsüchtigen Absonderung der Theile vom Ganzen, diesem Grundübel aller Bundesstaaten, entgegenarbeiten wollten.
Später bildeten sich allgemeine schweizerische Gesellschaften für Kriegswesen, Erziehung, Musik, Geschichte, gemeinnützige Anstalten, Naturwissenschaften, u. s. w. Alle diese Gesellschaften erwuchsen aus einem tiefgefühlten Bedürfnisse, wurden von Schweizern gestiftet, und haben in ihrer ganzen Einrichtung das Gepräge des schweizerischen Charakters; sie sind öffentlich, einfach, jedem zugänglich, von fremdem Einflüsse unabhängig und ohne Ziererei.

Die Freimaurerei hingegen gieng nicht aus unserm Volksleben hervor; sie wurde von Fremdlingen auf unsern Boden verpflanzt, und durch Fremdlinge verbreitet. Engländer, damals noch zahlreicher als jetzt in den schönen Gegenden des Genfersees angesiedelt, wünschten, was sie zu Hause hatten, hier wieder zu finden, und errichteten eine Freimaurer-Loge zu Genf im Jahr 1737 und zu Lausanne im Jahr 1739. Der letztern gaben sie den Namen: Die vollkommene Vereinigung der Fremden zu Lausanne (la parfaite union des étrangers à Lausanne); beide Logen standen unter der Leitung der neuenglischen Großloge in London, und durch ihre Thätigkeit wurden nach und nach fast an allen bedeutenden Orten des Waadtlandes Maurervereine gestiftet.

Dieses ungestörte Wirken der Freimaurerei dauerte jedoch nur sechs Jahre. Im Jahr 1745 erließ die Regierung von Bern folgende Verordnung:
[In etwas anderer Schreibweise auch abgedruckt in
Friedrich Heldmann:
Die drey aeltesten geschichtlichen Denkmale der teutschen Freymaurerbrüderschaft. 1819, 523-527;
Louis-Théodore Juge:
Le Globe, archives des initiations anciennes et modernes. Tome troisième. Paris 1841, 234-236 (französisch in der Version von Steinheil, 1746, 7-12 - und deutsch)]

„Wir Schultheiß, Räth und Burger der Stadt Bern thun kund hiemit: Demnach Wir vernemmen müssen, daß hin und wieder in Unseren Landen die so genannten Franc-Maçons, oder Gesellschaft der Freymaurer aufzukommen, und in selbigen sich einzuschleichen beginne, die Aufnahm dann in diese Gesellschaft durch allerhand, und auch eidliche Verpflichtung beschehe, und Wir nun in reife Betrachtung gezogen, welcher gestalten dergleichen Verbindungen den Grundgesetzen Unseres Stands völlig zuwider laufen, ins besonders dann alle Versammlungen in Unseren Landen, so ohne Unser Vorwissen und Bewilligung vorgenommen werden, von Uns verboten sind, dieses alles dann sehr bedenkliche Nachfolg haben könnte, wann nicht in Zeit dem allem vorgebogen würde.
Als haben Wir aus landsväterlicher Vorsorg zu der Unserigen gemeinsamen Besten Uns bemüssiget gefunden, diese Gesellschaft und Verbindung der Freymaurer in Unseren Landen von nun aufzuheben, und fürs künftige dieselben allen Unseren Burgern und Angehörigen alles Ernsts zu verbieten.
Inmassen Wir hiemit geordnet und statuiert haben wollen, zum Bevoraus, daß alle diejenigen aus Unsern Burgern und Angehörigen, so als wirkliche Freymaurer bekannt, angehalten seyn sollen, vor Unseren Amtleuten diese ihre gesellschaftliche Verbindung von nun an eidlichen abzuschwören.
In Ansehen jeniger Unserer Burger und Angehörigen aber, so zwar allbereits in diese Gesellschaft angenommen, aber noch unbekannt und verdekt sind, jedennoch aber sich in Unseren Landen wirklichen befinden, oder hinkünftiq wieder darein kommen thäten, ist Unser Wille, daß die Ersteren, nach verflossener Monats-Frist von Publikation dieses Mandats, die Letzteren aber mit Ablauf eines Monats von ihrer Zuruckkunft in Unser Land an zu rechnen, pflichtig seyn sollen, in Unser Hauptstadt bei Unserem regierenden Ehren-Haupt, aussert derselben aber bei Unseren Amtleuten sich anzugeben, und alsbald daraufhin diese Verpflichtungen, gleich übrigen Freymaurern eidlichen abzuschwören; unterlassenden Falls aber in jenige Straf verfallen seyn sollen, so hier nachfolgend aufgesetzet ist.
Damit nun hinkünftig niemand mehr in solche Verbindung der Freymaurer sich einlasse, haben Wir zu unausbleiblicher Straf hiemit gesetzet, daß alle diejenigen, so in Unseren Landen hinfüro in diese Gesellschaft jemand aufnehmen würden, wie auch diejenige Unserer Burger oder Unterthanen, so in oder aussert Unseren Landen sich darin recipiren und incorporiren lassen, und auch jenige, so dergleichen Versammlungen hinkünftig besuchen thäten, neben einhundert Thaleren Buß annoch ihrer wirklich in Unseren Landen besitzenden Ehrenstetten, Beneficien oder Charges entsetzet, die aber, so deren keine hätten, zu solchen zu gelangen, unfähig erklärt seyn sollen.
Des Platzes halber dieser Versammlungen, die hinfüro gehalten werden möchten, in dem Verstand, daß jenige Personen, so in Unseren Landen denselben wissentlich darzu geben würden, um ein hundert Thaler Buß belegt werden sollen.
Welche vorernannte Bussen allwegen in drei Theil vertheilt, deren der Einte dem Verleider, der Andere dem Amtsmann des Orts, der Dritte aber den Spitälern oder Armen jeden Orts, da die Buß fallen wird, heimdienen sollen.
Alles mit der beigefügten Erläuterung, daß alle die, so diese obspezifizirte Bussen der ein hundert Thalern nicht abzutragen hätten, so lang von Unseren Stadt und Landen eidlichen verwiesen werden sollen, bis sie solche werden abgeführet haben.
Schließlichen behalten Wir Uns heiter vor, diejenigen, so sich etwan renitent erzeigt, und auch die, so einmal abgeschworen haben, nachmals aber wiederum in dergleichen Verpflicht- oder Versammlungen aufs frische verfallen würden, je nach den darmit begleiteten Umständen mit härterer Straf annoch anzusehen.
Unseren Amtleuten demenach befehlende, gegenwärtige Unsere in offenen Druck ausgegebene Verordnung und Einsehen, zu männiglichs Nachricht und Verhalt, öffentlich von Kanzlen verlesen, auch gebührenden Orts affichiren zu lassen, und demenach Hand obzuhalten, daß solch in erforderliche Exekution gestellt werde.
Gegeben in Unser Grossen Rathsversammlung, den 3. Martii 1745."

Die Verlautbarung vom 5. März 1745 im Wortlaut

Aus
Louis-Théodore Juge: Le Globe, archives des initiations anciennes et modernes. Tome troisième. Paris 1841, 236-237


Il paraît qu'à peine l'édit ci-dessus eut été rendu, que la disposition qui déclarait incapables d'occuper dorénavant des emplois ceux qui se seraient faits recevoir Francs-Maçons, excita des réclamations au sein même du conseil souverain; car, dans la séance du surlendemain, il fut décidé qu'on adresserait à l'avoyer en charge et aux deux secrétaires la lettre suivante, dont nous donnons également la copie littérale, que nous faisons précéder de la traduction française, le registre dont cette copie a été tirée ne contenant pas de traduction.

Traduction.

«Lettre à monseigneur l'avoyer en charge, et à mes très-honorés seigneurs les deux secrétaires.
Éclaircissement de l'édit:
Quoique, par l'édit qui vient d'être rendu, la société des Francs-Maçons soit, à l'avenir, défendue sous de fortes peines, et que cette défense doive être maintenue sans restriction, messeigneurs du Conseil souverain ont cependant décrété et expressément réservé que, dans le cas où, par la suite, un de leurs bourgeois ou sujets se ferait inconsidérément recevoir dans cette société, et plus tard, par un serment formel, abjurerait sa participation à ladite société, il aurait à payer l'amende de cent écus blancs, mais que néanmoins il redeviendrait habile, comme il l'avait été auparavant, à être nommé à des emplois publics, bénéfices et charges dans la capitale ou dans les pays de leurs excellences.
Ce dont vous êtes informé, monseigneur, ainsi que mes très-honorés seigneurs, afin que vous vous en souveniez dans les cas de cette nature qui se présenteront par la suite, et que vous veilliez a ce qu'il soit jugé en conséquence, comme ce faire vous saurez parfaitement.
Donné en conseil des Deux-Cents, le 5 mars 1745.
Chancellerie d'Etat de Berne.»

Texte original.

«Zedell an Muhglh. Ambts Schultheissen und beyde Muhth. die Heimlichere.
Erlenterumg dess Mandats.
Wie wohlen Durch das Neuw aussgegebene Mandat, die Gesellschafft der Frey-Maurer, bey hocher Straff Hinkoenfftig verpotten ist, und Esdarbey ohne anders sein bewenden haben soll; So habendt Iedennoch Mnghh. und Obere Racht und Burger erkent, und deutlichen vorbehalten, auf den Fahl in Koenfftigen Zeithen einer von Ihr Gnaden Burgeren oder auch Unterthanen, unbedacht sammer weise in diessere Gesellschafft sich annemmen lassen Thaete; und narmhwerts diessere Gesellschafft durch einen Formlichen Eydt wieder abschweren wurde, dass ein solcher die Buess von Einhundert Thalern zwar bezahlen Iedennoch aber wiedermahlen wie vorhin zu allen Ehrenstellen, Beneficium und Charges in Ihr Gnaden Haubl-Statt oder Landen, befürderet zu werden die Befüegsamme haben solle.
Dessen nun sie Mnhghhh. wie auch Hehhn Hiemit benachrichtiget werden, um in hinkünfftigen dergleichen Vorfallenheiten, dessen sich zu errinnern, und dahin die Andung zu thun, dass demenach geurtheylet werde, Wie zethun ihr bestens wissen werdet.
Act. Coram, 200 den 5. Martij 1745.
Cantzley Bern.»


Der Wortlaut der Abschwörung von 1745

Aus
Louis-Théodore Juge: Le Globe, archives des initiations anciennes et modernes. Tome troisième. Paris 1841, 237

Voici la formule d'après laquelle l'abjuration devait être faite.

Traduction.

«Formule du serment dont il doit être donné lecture.
Ils jurent de se retirer dès à présent de la société des Francs-Maçons, de telle sorte qu'ils entendent non seulement ni tenir ni fréquenter de pareilles assemblées, ni y assister, mais qu'ils abjurent et répudient aussi à tout jamais, et de la manière la plus solennelle, tous les engagemens et obligations qu'ils ont jurés à cet égard par serment ou par attouchement de main, en quoi qu'ils puissent consister, sans dol ni fraude.
Sur quoi ils devront, suivant l'usage, répéter les paroles suivantes:
‘Je jure d'observer et de remplir fidèlement tout ce qui vient de m'être lu, aussi vrai que je désire que Dieu me soit en aide, sans dol ni fraude.’»

Texte original.

«Eydts Formul So Vorgelessen werden soll.

Schwerendt dieselben. von nun an auss der sogenanten Freymaurer Gesellschafft dermassen ausszutretten, dass nicht nur sic [besser: sie] Keine solche Versammlungen halten, besuchen, noch beywohnen, sondern auch allen Ihren dessthalben durch Eydt oder Glûbdt beschwornen Verbind- und Verpflichtungen, worin Immer selbige bestehen moegen, für allezeith feyrlichst auf und abgefaget haben wollen: Ohne alle Gefehrdt.
Worunf gewohnter massen nachgesprochen werden soll.
‚Vie die Schrifft weisst, die Mir vorgelessen, dero will ich nachgehen, und Selbige vollbringen in guten Trenwen, so wahr mir Gott helff, Olme alle Geferdt.‘»

Siehe auch:


  • Eine ausführliche Zusammenstellung – chronologisch geordnet:

Frühe Freimaurerverbote in der Schweiz
insbesondere das Verbot im Kanton Bern von 1745
aus zahlreichen unterschiedlichen Quellen zusammengestellt http://www.muellerscience.com/ESOTERIK/Freimaurerei_Geschichte/Verbot_Bern_1745.htm