Johann Gottlieb Fichte

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Johann Gottlieb Fichte: „Philosophie der Maurerei - Briefe an Constant."
Edition Lapis - Wien 2017

Der deutsche Philosoph Johann Gottlieb Fichte (1762-1814) gilt neben Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (1775-1854) und Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831) als wichtigster Vertreter des deutschen Idealismus. Im April 1800 hielt er eine Reihe von Sonntagsvorträgen vor zahlreichen Freimaurern aller Systeme in Berlin. Der Redakteur der ‘Eleusinien des 19. Jahrhunderts’ J.C.A. Fischer erhielt von Fichte die Erlaubnis, sie zu drucken und gab ihnen den Titel „Philosophie der Maurerei - 16 Briefe an Constant.“

Herausgeber dieses Buchs ist Thomas Zimmermann von der Buchhandlung ‘Zum rauhen Stein’ in Wien. In seinem Herausgeber-Vorwort schreibt er: „Genau wie Lessing vertritt Fichte die Auffassung, der Zweck des Freimaurerbundes sei es: ‘die Nachteile der Bildungsweise in der größeren Gesellschaft wiederaufzuheben und die einseitige Bildung für den besonderen Stand in die gemeine menschliche Bildung zu verschmelzen’.“


Fichte, Johann Gottlieb

Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)

deutscher Philosoph, *1762, †1814, 1793 Professor in Jena, hielt dann, als er dort wegen eines Aufsatzes "Über den Grund unseres Glaubens an eine göttliche Weltregierung" des Atheismus beschuldigt und entlassen wurde, Vorlesungen in Berlin, 1805 Professor in Erlangen, 1807—1808 "Reden an die deutsche Nation" in Berlin, 1810 Professor und erster Rektor der neuen Berliner Universität. Berühmt u. a. durch Versuch einer "Kritik aller Offenbarung", "Wissenschaftslehre", "Bestimmung des Menschen", "Der geschlossene Handelsstaat", "Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters", "Anweisung zum seligen Leben", "System der Sittenlehre" usw. Wo Fichte als Freimaurer aufgenommen wurde ist unbekannt. 1794 erscheint er als Mitglied der Loge "Günther zum stehenden Löwen" in Rudolstadt. Als er wegen des Atheismusstreites und auch infolge der unfreundlichen Stellungnahme der Jenenser Studenten Jena verlassen und nach Berlin abersiedeln mußte, suchte er in Berlin Anschluß an die dortigen Freimaurerkreise. Varnhagen schreibt in seinen Denkwürdigkeiten, daß Fichte, nachdem er weder bei den Gelehrten, noch bei dem großen Publikum hatte durchdringen können, zu dem Versuche gekommen war, seine Lehre dem Freimaurerorden zur Pflege und Ausbreitung zu übergeben und diesem selbst dadurch eine neue Weihe zu verschaffen.

Feßler

Der Plan war, diesen in allen Weltteilen wirksamen Bund von Verbrüderten zu einem Organ der Philosophie zu machen und gleichsam ein Pythagoreisches Institut in seiner Zeit wieder hervorzurufen. Fichte traf im Herbst 1799 mit Feßler (s d.) zusammen, der in ihm ein bedeutungsvolles Element für den Freimaurerbund erkannte und seine Einverbrüderung bei der Loge "Royal York" einleitete. Bei der Annahme Fichtes am 17. April 1800 hielt Feßler an ihn eine schöne Ansprache, das gute Verhältnis zwischen diesen beiden, für den Rahmen einer Loge zu bedeutenden Männern hielt jedoch nicht lange an. Die Gegensätze, die sich entwickelten, waren ursprünglich rein wissenschaftlicher Natur. Sie betrafen die letzten Aufschlusse, die Feßler in seinem "Inneren Orient" zu geben verheißen hatte. Die anfangs sachlich geführte schriftliche Auseinandersetzung geriet auf das persönliche Gebiet. Fichte war sicherlich nicht nur eine starke, sondern auch eine starre und unnachgiebige Persönlichkeit. Am 15. Juni 1800 hielt Feßler eine Rede über "Klugheit und Gerechtigkeit, die Grundfesten einer Loge", die im wesentlichen gegen den neuerstandenen Euergetenbund gerichtet war. Fichte bezog diese Rede zu Unrecht auf sich und trat beim Johannisfest in derart scharfer Weise gegen Feßler auf daß er den Unwillen aller Anwesenden erregte. Zwar wurde eine Aussöhnung zwischen den beiden Hitzköpfen hergestellt, aber der Riß blieb, so daß Fichte schon am 7. Juli seinen Austritt bei der Loge anmeldete; er blieb aber in Beziehung zur Freimaurerei.

16 Briefe (siehe Buch rechts)

Seine Ansichten über die Freimaurerei sind niedergelegt in Sonntagsvorträgen, die er im April 1800 vor einer zahlreichen Versammlung von Freimaurern aller Systeme in Berlin gehalten hat. Der Redakteur der "Eleusinien des 19 Jahrhunderts", J. C. A. Fischer, erhielt von Fichet die Erlaubnis, sie in Druck zu legen, und nannte sie "16 Briefe an Constant über Philosophie der Freimaurer", wobei er jedoch einzelne Erweiterungen einfagte. So ist der zweite Brief von Fischer. Erst vom 6. Brief an sind die Zusätze ganz unbedeutend und die Worte fast durchgehend die eigenen F.s. Der Grundzug der F.schen Auffassung deckt sich mit dem Lessings.

Der Zweck des Freimaurerbundes ist für ihn, "die Nachteile der Bildungsweise in der größeren Gesellschaft wieder aufzuheben und die einseitige Bildung für den besonderen Stand in die gemeine menschliche Bildung zu verschmelzen". Die ganze Menschheit soll eine einzige, rein moralische Gemeinde in einem einzigen, durchaus rechtlichen Staat ausmachen, wobei das vernünftige Wesen durchaus über die unvernünftige Natur herrschen und der tote Mechanismus dem Gebote eines Willens unterworfen werde. für den Maurer ist die Religiosität nichts Isoliertes und für sich Bestehendes.

Er ist nicht religiös sondern er denkt und handelt religiös. Durch die Betrachtung des scheinbaren Widerspuches zwischen dem Pflichtgesetze und dem Weltenlauf wird der Mensch zur Religion geführt. Diese Betrachtung stellt ihm statt des irdischen Zwecks, an dem er verzweifelt, unerachtet er nicht aufgibt, für ihn zu arbeiten, einen unsichtbaren und ewigen auf. Die Religion ist ihm nun nicht mehr Gegenstand, sondern Werkzeug alles seines Wirkens. Wie sich in den Augen des Maurers der irdische Zweck zu dem ewigen verhält, so verhält sich für ihn der gegenwärtige nachste Zweck des Staates, in welchem er lebt, zu dem irdischen Zweck der gesamten Menschheit.

Krauses "Menschheitsbund"

In seinem Gemüte ist Vaterlandsliebe und Weltbürgersinn innigst vereinigt. Vaterlandsliebe ist seine Tat, Weltbürgersinn ist sein Gedanke. Die erstere die Erscheinung, die zweite der innere Geist dieser Erscheinung." In diesen Briefen an Constant hat Fichte nach Lessing der deutschen Freimaurerei einen geistigen Inhalt gegeben, der in Krauses "Menschheitsbund" die abschließende Krönung erfahren hat.

Es tut in unserer Zeit besonders not auf diese Fichteschen Gedankengänge zu verweisen weil hier zum ersten Male der Gedanke des freimaurerischen Internationalismus seine für alle Zeiten erledigende Fassung erfahren hat.

Glühende Vaterlandsliebe

Während Goethe als Weltbürger in seinen Mannes- und Greisenjahren außerhalb seines Volkes lebt, steht Fichte, der Redner an die deutsche Nation, in glühender Liebe zu seinem Volk, ohne auf den evolutionären Menschheitsgedanken verzichten zu wollen. Diese Verbindung von Vaterlandsliebe und Menschheitssinn die dem heutigen Freimaurer von seinen Gegnern so sehr zum Vorwurf gemacht wird, geht also, was nicht nachdrücklichst genug betont werden kann, gerade auf den glühendsten Verfechter deutschen Volkstums, nämlich auf Fichte zurück.



Wiki-Ergänzung

Geburtsdatum und Ort: 19. Mai 1762 in Rammenau bei Bischofswerda
Sterbedatum und Ort: 29. Januar 1814 in Berlin

Fichte: "In des Maurers Gemüt ist Vaterlandsliebe und Weltbürgersinn innigst vereint; und zwar stets beide in einem bestimmten Verhältnis. Vaterlandsliebe ist seine Tat, Weltbürgersinn sein Gedanke! Die erstere ist die Erscheinung, die zweite der innere Geist dieser Erscheinung, das Unsichtbare in dem Sichtbaren."

Johann Gottlieb Fichte war Mitglied der Loge "Günther zum stehenden Löwen" in Rudolstadt/Thüringen, wurde 1805 als Professor für Philosophie an die - damals preußische - Universität Erlangen berufen, verließ die Hugenottenstadt jedoch bereits wieder 1806, um mit der preußischen Regierung nach Königsberg zu gehen. Während der Zeit in Erlangen hat er auch enge Kontakte zur Loge "Libanon zu den 3 Cedern" gepflegt. Berühmt wurde Fichte in erster Linie durch seine im Winter 1807/08 in Berlin als Vorlesung gehaltenen "Reden an die deutsche Nation". 1809 wird er Dekan der philosophischen Fakultät der neuerrichteten Universität in Berlin und 1810 ihr erster gewählter Rektor.

Wer sich über die heute beinah vergessene freimaurerische Literatur Fichtes informieren will, dem sei das Buch "Philosophie der Maurerei" empfohlen: siehe rechts oben - ISBN 978-3-9504543-0-7 - Erscheinungsjahr 2018.
1997 ist dasselbe Buch auch beim Verlag Parerga erschienen: ISBN 3-930450-15-1.


Siehe auch



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