Ratschky: Schwesterngedichte

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Joseph Franz Ratschky: Vier Schwesterngedichte, 1782-1785

Aus:
Gedichte und Lieder, verfaßt von den Brüdern der Loge zur Wahren Eintracht im O. v. W** gedrukt bey Christ. Fried. Kappler 1783;
und
Gedichte von Joseph Franz Ratschky. Wien 1785 (erneut 1791)


Von den vier Schwesterngedichten ist keines in freimaurerische Gesangbücher übernommen worden

Ebenfalls den Schwestern gewidmet:
101-102
Kettenlied
Gesungen bey einer Schwesterntafel am 10. des Wintermonats 1782
Es schliesse jedes Bruders Hand
siehe: 71 freimaurerische Kettenlieder


Die Lieder

Auf die Liebe

33-38
Auf die Liebe.
Vorgelesen bey einer Schwesterntafel am 9. des Wintermonats, 1782


Leicht veränderte Version- und nach der 6. Strophe 11 völlig neue Strophen - in:
Gedichte von Joseph Franz Ratschky. Wien 1785, 107-111
unter dem Titel: Der feste Vorsaz
Wien im Weinmond 1782

Nochmals leicht verändert in:
Gedichte von Joseph Franz Ratschky. Wien 1791, 115-119,
unter dem Titel: Der feste Vorsatz
Wien im Weinmond 1782.


O Liebe, die du unverhofft
[175 und 1791: Gott Amor, der du unverhofft]
Den Schwärmer Treue lehrest,
Und einen weisen Graubart oft
In einen Faun verkehrest!

[ab 1785 wurde diese Strophe nach unten verschoben:]
Du darfst nur winken, so befällt
Den klügsten [1785: Manch klugen] Kopf der Schwindel,
Und Herkules, der stolze Held,
Erniedrigt sich zur Spindel.

[1785 eingefügt:
Ich weiß es dir, o Zypripor!
Ist alles unterthängi,
Sey’s Held, sey’s Stutzer, oder Thor,
Sey’s Bettler oder König.]

[1791 verändert:
Dich ehret man, o Cypripor!
In Hütten und in Hallen,
Und sieh! der Weise wie der Thor
Sind deiner Macht Vasallen.]


Es küssen deinen Zepterstab
Die mächtigsten Despoten
[1791: Der wildsten Völker Rotten]
Vom kalten Lappen bis hinab
Zum braunen Hottentotten.

[1785:
Es küsset deinen Zepterstab,
Du Größter der Despoten!
Der kalte Lappe bis hinab
Zum braunen Hottentotten.]

Dir huldigen in Hindostan
Die finsteren Braminen:
Dir muß der ernste Großsultan,
So wie sein Sklave, dienen.

Man kennet deine Macht nicht nur
Bey ungeweihten Layen:
Man ehrt dich auch, trotz Eid und Schwur,
In Klöstern und Abteyen.

Zwar wähnen, durch Kasteyn gestärkt,
Die Bonzen dich zu zwingen,
Doch weiß man, daß sie unbemerkt
Dir manches Opfer bringen.


nachfolgend die 15 Strophen von 1783:

Es trotzen, wie Verläumdung spricht,
Nur Maurer deinen Trieben:
Allein man irrt! Uns ist es Pflicht,
Die ganze Welt zu lieben.

Doch daß wir euch in unserm Kreis
Den Zutritt nicht gewähren,
Davon will ich euch, was ich weiß,
Ihr Schwestern, bald erklären.

Ihr störet uns. Wir würden, traun!
Euch stäts ins Auge sehen,
Und so würd‘ es mit unserm Bau’n
Gar schlecht von statten gehen.

O glaubt, Zerrüttung sähe man
Gar bald an allen Ecken,
Und unsre Arbeit käme dann,
Wie Babels Thurm, ins Stecken.

Verwirrung war bey Babels Bau
Der Maurer größtes Uebel.
Wie‘s zugieng, ließt man haargenau
Beschrieben in der Bibel.

Schrie einer dort den Thurm hinauf
Auf griechisch oder römisch,
So war des andern Antwort drauf
Slavakisch oder böhmisch.

Rief ein Gesell auf deutsch um Sand,
So schien's dem Lehrling spanisch:
Sprach einer englisch, so verstand
Der andre hindostanisch.

So würd‘ es auch uns Maurern gehen,
Wenn Schwestern bey uns sässen;
Wir würden nach der Schwester sehn,
Und unsre Pflicht vergessen.

Daß dieß sich gründe, sieht und füht
Man schon am heut’gen Feste:
Man läßt mich predigen, und schielt
Auf unsre schönen Gäste.

Ja! sollt' ich manchen Maurer hier,
Von was ich rede, fragen,
Ich bin gewiß, er könnte mir
Nicht eine Sylbe sagen.

Doch würde sicher allerseits
Ein jeder von den Brüdern,
O Schwestern! mir den kleinsten Reiz
Von euch genau zergliedern.

Drum glaubt! Verläumdung suchet nur
Bey euch uns anzuschwärzen:
Die schönste Regung der Natur
Wohnt auch in Mauerherzen.

Nur fürchten wir, ihr möchtet gleich
Den Meister selber zwingen,
Trotz seiner Würde, sich bey euch
Als Lehrling zu verdingen.

Drum wünschen wir mit Vorbedacht
Euch fern von unserm Werke,
Doch ehren wir der Liebe Macht,
Und fühlen ihre Stärke;

Und feuern nun mit frohem Sinn
Den Liebenden zum Wohle,
Sey’s Maurer oder Maurerinn,
Die gläserne Pistole.


[nachfolgend die 11 Strophen von 1785 und 1791:

Doch, Gott der Liebe! deine Macht
Mag auch noch weiter reichen,
Ich bin es müde, Tag und Nacht
An deinem Joch zu keichen.


[nur 1785 die folgende Strophe:
Was ich in deinem Dienst bisher
Für Ungemach ertragen,
Das kann von sich kein Märtyrer
Und kein Novize sagen.]

[nur 1791 die folgende Strophe:
Unzählbar, wie der Sand am Meer,
Unzählbar sind die Plagen,
Die ich in deinem Dienst bisher
Bey Tag und Nacht ertragen.

Zwangst du nicht nachts, wenn alles ruht,
Mich stundenweit zu laufen,
Und in des Mittags strenger Glut
Nach Athem oft zu schnaufen?

Und triebst du mich nicht hundertmal
Des losen Mädchens wegen,
Das mir Vernunft und Ruhe [1791: Freyheit] stahl,
Durch Sturmwind, Frost und Regen?

Sonst pries man als ein Muster mich:
Mein Ruf war ohne Makel,
Und ach! nun dien' ich rings durch dich
Dem Volke zum Spektakel.

Ich bin es satt, ein Thor zu seyn.
Du magst mit deinen Pfeilen
Und deinem bunten Köcherlein
Nun in das Rüsthaus eilen.

So rief ich auf. Da kam, o weh!
Mit frischen Rosenwangen
Und einem Busen, weiß wie Schnee,
Ein schönes Kind gegangen.

Dionen glich es an Gestalt.
Wie sollt' ich widerstehen?
Wie konnt' ich ungerührt und kalt
Auf so viel Reize sehen?
[1791: So viele Reitze sehen?]

Es schlang den weichen samtnen Arm
Mir lächelnd um den Naken,
Und sieh! mein Blut ward brennendwarm,
Es glühten meine Baken.

Ich überließ mich taumelblind
Dem mächtigsten der Triebe,
Und fand, daß Ketten süsser sind,
Als Freyheit ohne Liebe.

Mag jeder, den dieß Schwachheit däucht,
Mich auch der Thorheit zeihen;
Wenn jede Schwachheit dieser gleicht,
So soll mich keine reuen.


Gesundheit auf unsere Schwestern

39-41
Gesundheit auf unsere Schwestern.
Ausgebracht den 15. September 1782

O Freunde, die des Ordens Weihe,
Des Maurers Eid und Brudertreue
Jüngst feyerlich mit mir verband,
Als ich, durch unsers Tempels Schwelle
Geleitet, nun mit Schürz‘ und Kelle
Vor unserm .edlen Meister stand!

Vereinigt euch nach Maurerweise
Mit mir zu unsrer Schwestern Preise!
Zwar hört kein Schwesterohr uns hier;
Denn unsre wohlbedeckten Pforten
Sind strenger als an manchen Orten
Die nachsichtsvolle Klosterthür.

Doch laßt auch ungehört, ihr Theuern!
Uns jeder Schwester Wohlseyn feyern,
Die ihren Maurer redlich liebt,
Ihm gerne willfährt, und, o Liebe!
Im süssen Taumel deiner Triebe
Ihm täglich neue Freuden giebt;

Die sich mit gütevollen Blicken
Sucht in des Bruders Wunsch zu schicken,
Und die, von übler Laune frey,
Stäts gegen ihn als Schwester handelt,
Und, wenn er spät nach Hause wandelt,
Nicht fragt: wie viel die Glocke sey;

Die jeden suchenden Profanen
Mit guter Art weiß abzumahnen,
Der sich um eine Gunst bemüht,
Die sie nur einem vorbehalten,
Der, wenn er weiß damit zu schalten,
Mit Eifer auf sein Vorrecht sieht.

Denn, wenn man dieses Recht verschlafen,
Die Gäste sich vom Hals zu schaffen,
Das, Freunde, hält ein wenig schwer;
Dann heißt’s oft mit Geduld sich trösten;
Denn stellt ihr Wächter auf im Westen,
So schleichen sie von Osten her.

Drum lobgepriesen sey, ihr Brüder!
Die Schwester, welche, treu und bieder,
Selbst über ihre Tugend wacht!
Sie lebe hoch! Und ihr zu lohen,
Sey‘ nun aus unseren Kanonen
Das stärkste Feuer ihr gebracht!


Schwesterngedicht

In:
Gedichte von Joseph Franz Ratschky. Wien 1785 (erneut 1791),
findet sich:

133-137 (141-144)
Schwesterngedicht
Wien im Heumond 1784

Verurtheilt mich ein schwärmerisch Gericht,
Weil ich gescherzt, als einen Bösewicht?
Uz.

Nicht eine der Mysterien
Kann den eleusinischen
Den Rang des Alters disputiren;
Herr Adam stiftete sie schon,
Und ich als Adams treuer Sohn
Ließ jüngst mich auch iniziiren.

Zwar theoretisch kannt' ich sie
Schon lang: doch bloße Theorie
Steht selten in der Schwestern Gnade.
Drum, meine Brüder, drang auch ich
In’s Innere der Praxis mich,
Und stieg gar bald von Grad zu Grade.

Doch wie bey uns der Neophyt
Nach Maurersitt‘ auf Reisen zieht,
So mußt auch ich zur Probe wandern,
Eh man mich aufnahm, Eisenfest
Wallfahrtet' ich von Ost bis West
Von einer Schwester zu der andern.

Bald schoß mit Kolophonium
Ein Ehmann rings um mich herum,
Wenn ich sein artig Weibchen herzte,
Bald warf Mama den Kammertopf,
Statt Thau des Himmels, mir zum Kopf,
Wenn ich mit ihrer Tochter scherzte.

Den ersten Strauß auf meiner Fahrt
Bestand ich kühn nach Ritterart
Mit einer grundgelehrten Schwester.
Sie war so klug, wie Salomo,
Sprach ihr Latein, wie Zizero,
Und war dabey so schön, als Esther.

Sie hörte Wolfs Philosophie,
Und kannte die Geographie
Von Otaheite bis nach China.
Doch sprach ich von Mysterien,
So rief sie, gleich Vestalinnen:
Quousque tandem, Catilina?

Hier war ich nun, wie jedermann
Leicht merkt, wenn er Latein nur kann,
Fürwahr nicht auf dem rechten Wege.
Ich mußte folglich weiter ziehn,
Und kam zu ihrer Nachbarinn:
Da gieng mir vollends alles schräge.

Denn die war fühllos, kalt und stumm
Und exemplarisch fromm und dumm;
Man könnte sie kanonisiren.
Umsonst sucht' ich durch X + N
Die deutlichsten Mysterien
In nuce ihr zu expliziren.

Es nützte weder Kunst, noch Müh;
Sie blieb vom Scheitel bis zum Knie
Eiskalt, wie eine Marmorbüste,
Und ihr Bescheid war jedesmal,
Daß sie erst über diesen Fall
Den Pater Rektor fragen müßte.

Hier war ich nun, wie jedermann
Aus ihrer Dummheit schließen kann,
Wohl auch nicht auf dem rechten Wege.
So oft zu irren, gieng mir nah:
Doch hieß es, jezt sey Hoffnung da,
Daß ich darauf gelangen möge.

Mit diesem Trostgrund wagt“ ich's denn,
Die dritte Schwester zu bestehn:
An dieser fand ich Wohlbehagen.
Sie war nicht überklug, nicht dumm:
Beati tebent medium,
Hört' ich einst in der Schule sagen.

Zwar that auch die mir Widerstand:
Doch endlich bot sie mir die Hand,
Und nahm mich huldreich in die Pflege.
Bey ihr vergaß ich alles Weh:
Nun, dacht' ich, ist der Leidende
Doch einmal auf dem rechten Wege.

Ja traun! der Mittelweg war stäts
Der rechte. Macht euch's zum Gesez,
Ihn, wakre Brüder! zu erlangen.
Und feuert ritterlich nunmehr
Auf jeder Schwester Wohl, bey der
Der Suchende nicht irrgegangen!


Schwesterngedicht

In:
Gedichte von Joseph Franz Ratschky. Wien 1791
findet sich zusätzlich:

222-223
Schwesterngedicht
Wien im Christmond 1785

Ihr wähnet, daß die Maurerey
Kein Werk für Schwesternköpfe sey:
O Brüder, höret auf zu lästern!
Denn was ihr könnet, alles das
Gelinget ohne Winkelmaß
Und Zirkel mancher unsrer Schwestern.

Ihr bringt's durch Theophrasts Arkan
Nun schon so weit, daß dann und wann
Die Tiegel sammt dem Golde scheitern:
Die Schwestern können, Gott weiß wie,
Doch sicher sonder Alchymie,
Euch euer Gold weit besser läutern.

Durch Schröpfers magische Gewalt
Bezähmt, muß manche Luftgestalt
Zu allem, was ihr wollt, euch taugen:
Die Schwestern fesseln einen Troß
Dienstbarer Geister manchmal bloß
Durch die Magie verliebter Augen.

O Brüder! Edelmuth verkennt
Nie neidisch fremden Werth, und gönnt
Gern jedermann sein Bißchen Ehre.
Drum gönnt sie unsern Schwestern auch!
Es tön' ihr Lob nach Maurerbrauch
Aus unserm blinkenden Gewehre!

Siehe auch: