Rezension: "nicht von gestern -Freimaurer heute" von Philip Militz: Unterschied zwischen den Versionen

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== Fast schon greifbar ==
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24. JUNI 2015 / Hagen unterwegs
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Als ich das Buch ausgelesen hatte, legte ich es neben mir auf den Nachttisch. Ich hielt kurz inne. Ich war bewegt. Von dem, was ich da gerade gelesen hatte. Bewegt. Und auf irgendeine Weise auch … dankbar. So recht greifen konnte ich es zunächst noch nicht.
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Das Buch, das ich meine, ist das aktuell erschienene Werk von Philip Militz. Es heißt “Nicht von gestern – Freimaurer heute”. In diesem stellt der freimaurerische Blogger (http://www.freimaurer-in-60-minuten.de/) auf 168 Seiten 10 ganz unterschiedliche Freimaurer vor. Aber warum hat mich dieses Buch so angesprochen? Was macht dieses, optisch recht unscheinbar daherkommende, Büchlein aus?
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Zum Einen sind es die ausgewählten Charaktäre, die Philip Militz in kleinen Geschichten vorstellt:
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Von denen hat mich am stärksten die Gesichte von Kenan angesprochen. Kenan ist Freimaurer. Und Muslim. Außerdem ist der Kampfsporttrainer in einem sozial schwachen Stadtteil in Berlin. Dort arbeitet er mit „Problem-Kids“. Eine Pointe seines Lebensweges ist, dass er dadurch, dass er Freimaurer wurde, auch wieder Zugang zum Islam bekommen hat.
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Innerlich schlucken ließ mich die Geschichte von Hannes. Hannes hat als Freimaurer Nazi-Deutschland erlebt und das KZ überlebt. Es war für ihn ein weiter Weg zurück in die „Normalität“. Das Erlebte hinterließ Spuren. Diese drückte er in Gedichten aus, aus denen eine authentische Tiefe spricht. Unwillkürlich musste ich an Dietrich Bonhoeffer denken, als ich Hannes‘ Gedichte las.
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Oder die Geschichte des „begnadeten Künstlers“ Jens aus Schleswig-Holstein (http://www.jens-rusch.de/index.php/Hauptseite). Der der heimtückischen Krankheit Krebs von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand. Als diese am mächtigsten war, schleppte er sich „an Schläuchen hängend“ ins freimaurerische Ritual. Mal für mal. Dort fand er Ruhe, inneren Halt und neue Kraft. Schlussendlich lehrte diese Krankheit ihm Dankbarkeit und das Gebet. Und auch wenn er sie schließlich niederrang, so wäre er doch niemals so vermessen, sich als „geheilt“ zu bezeichnen.
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Oder die Geschichte von Harry, der sich gegen eine „Karriere“ im Rotlicht-Milieu entschied und einen Imbiss in dem Hamburger Szene-Stadtteil „Schanzenviertel“ eröffnete.
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Oder, oder, oder… Von eher humanistisch geprägten Freimaurern, über christlich-mystisch geprägte Freimaurer; von Jo Gerner aus „Gute Zeiten – Schlechte Zeiten“ über Karlheinz Böhm bis hin zum „obersten Freimaurer Deutschlands“ kommen sie alle zu Wort. Eine bunte Mischung von Menschen.
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Regelrecht geärgert hat mich, dass auch Axel Springer (Ja, auch der war Freimaurer.) ein Kapitel gewidmet ist. Das erste sogar. Denn ist nicht gerade seine Bild-„Zeitung“ Inbegriff für einen tendenziösen, einseitigen, teilweise menschenverachtenden, niedrigste menschliche Instinkte bedienenden und freiheitlich-demokratischen Werte verhöhnenden Journalismus?! Aus Protest habe ich das Kapitel über ihn erst ganz zum Schluss gelesen. Und war angenehm überrascht, wie differenziert und ausgewogen Philip Militz sich diesem polarisierenden Bruder nähert.
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Das würdige Schlusswort erhält eine Frau. Und zwar „FrauMaurer“ Sylvia (http://www.freimaurerinnen.de/blog/). Sie bringt die erfrischende weibliche Seite des Freimaurertums zum klingen. Und räumt mit dem Vorurteil auf, Freimaurertum sei nur was für Männer. Mein ganz persönlicher Eindruck ist, dass es den Herren Freimaurern und dem Freimaurertum an sich mehr als gut tut, von weiblichen Freimaurern hinterfragt und ergänzt zu werden.
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Sie alle sind Charaktere, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Diese Vielfalt zeigt, wie breit gefächert das Freimaurertum ist. Doch was eint diese so unterschiedlichen Menschen? Außer, dass sie alle Teil einer, von außen betrachtet, recht seltsam wirkenden Bruderschaft sind? Sie allesamt sind Menschen, die nicht unachtsam durchs Leben gehen. Für die es mehr gibt als Spaß und Konsum. Die sich mit den essentiellen Themen des Lebens auseinandersetzen.
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Und so verwundert es nicht, dass jeder der Portraitierten irgendwann auch auf das Thema „Tod“ zu sprechen kommt. Wohl das ultimative Lebensthema eines jeden Menschen. Diesem nähern sie sich von unterschiedlichen Seiten; jedoch angenehm unaufgeregt und versöhnlich. Und es ist wohl eine der Geschichten, die das Leben schreibt, dass drei der Portraitierten das Erscheinen des Buches nicht mehr erlebten. Auch dies trägt dazu bei, dass dieses Werk ein ganz besonderes ist.
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Aber neben den vorgestellten Charakteren ist es auch die Art und Weise, wie diese vorgestellt werden, was dieses Buch ausmacht. Philip Milith legt ein feines Gespür für sein Gegenüber an den Tag. In einer sehr achtsamen und wertschätzenden Weise beschreibt er, was sein Gegenüber ausmacht und was dessen ureigensten Lebensthemen sind. Fast beiläufig werden immer wieder die Bezüge zum Freimaurertum hergestellt. Und so bekommt man eine Ahnung davon, was für ein Mensch das ist, der da Philip Militz gegenübersitzt. Und wie dieser Mensch sein Freimaurer-Sein lebt. Welche Facetten des Freimaurertums für ihn besonders wertvoll sind. Auf welche Weise er durch freimaurerische Symbolik und rituelle Arbeit berührt wird. Wo das Freimaurer-Sein ihn verändert hat. Und so wird diese so abstrakte Idee „Freimaurertum“ plötzlich sehr real und fast schon greifbar.
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Philip Militz gelingt es darüber hinaus, durch die Art und Weise, wie er diese Aufeinandertreffen beschreibt, eine fast schon vertrauliche Kaminzimmer- Atmosphäre herzustellen. Mehrfach fühlte ich mich, als säße ich bei den Gesprächen direkt daneben.
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Ich glaube, dass solche Bücher, in denen Freimaurer nicht nur über hochgeistige abstrakte Ideen reden, sondern sich in ihr Innerstes blicken lassen, Außenstehenden einen viel tieferen Einblick ins Freimaurertum gewähren, als es zum Beispiel eine Veröffentlichung der freimaurerischen Ritualtexte jemals könnte. Denn hier erfährt der Leser, was für Menschen es sind, die sich Freimaurer nennen. Was für Ängste diese Menschen haben und was für Hoffnungen. Was die Werte dieser Menschen sind und wie sich das Freimaurertum in ihren Leben auswirkt.
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Am Ende blieb fast so etwas wie das Gefühl, die Menschen dieses Buches persönlich kennengelernt zu haben. Und so ergab es sich, dass ich Harry einfach anquatschte, als er mir mal im Schanzenviertel zufällig über den Weg lief. „Moin, Du bist doch Harry, oder?“ Was mit Harrys fragendem Blick begann, endete mit einer herzlichen Umarmung. Und dem Austausch unserer Handy-Nummern…
  
  

Version vom 24. Juni 2015, 19:18 Uhr

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Das Buch erscheint im Kleinformat

Ganz nah am Leben!

So empfinde ich, wenn ich das Buch von Philip Militz zuklappe. Einhundertsechzig Seiten, die mich dort abholen, wo ich bin: in meinem kleinen Leben. Von Rudi Rabe.

Viele Bücher über die Freimaurerei behandeln deren Geschichte oder deren Philosophie oder einen speziellen Aspekt. Diese Bücher sind oft lesenswert, aber gelegentlich doch auch weit weg oder ziemlich verkopft.

Philip Militz ging es schon bei seinem ersten Buch ‚Freimaurer in 60 Minuten’ anders an. In einer – und das ist ganz wesentlich – masonisch völlig unbelasteten Sprache erzählte er, was es dem Menschen bringen kann, Freimaurer zu sein. Nämlich nicht mehr aber vor allem auch nicht weniger als die Chance, ein bisschen ein besserer Mensch zu werden: durch ein ritualisiertes „Persönlichkeitstraining“ gemeinsam mit Anderen, die sich „sonst im Leben nie begegnet wären“. Von dem brieftaschengroßen Band wurden mehrere zehntausend Exemplare verkauft.

Dieses zweite wieder kleinformatige Freimaurerbuch von Philip Militz enthält letztlich dieselbe Botschaft. Um zum Ziel zu kommen, wählte er aber einen anderen Weg: Er erzählt weniger selbst, er lässt erzählen. Angeregt vom Autor reflektieren Freimaurer, was ihnen die Bruderschaft gibt, wie diese ihr Leben, ja ihr Wesen veränderte. Es sind ganz verschiedene Menschen: einige aus Philips persönlichen Umfeld, andere hat er für das Buch erst kennengelernt; eine Freimaurerin ist auch dabei. Die meisten hat er zu stundenlangen Interviews getroffen. Übrigens auch Jens Rusch, den Erfinder und Beweger dieses Freimaurer-Wikis: „Wie begleitet dich Freimaurerei im Alltag?“ „Gar nicht, sie ist mein Alltag!“. Und den Noch-Großmeister (Juni 2015) der ‚Vereinigten Großlogen von Deutschland’, Rüdiger Templin: „Wir wollen ja vermitteln, was wir machen, wer wir sind. Nicht, wer wir waren.“ Das passt gut zu diesem Buch.

Nur zwei Promis (von vielleicht drei) konnte er nicht mehr persönlich aufsuchen, und so musste er deren Haltung rekonstruieren: den Verleger und BILD-Zeitungs-Herausgeber Axel Springer, der verschied ja schon 1985. Und den Menschen-für-Menschen-Gründer Karlheinz Böhm; er starb überraschend während der Recherchen für das Buch. Ohne dass er es auf die Freimaurerei gemünzt hätte, beschreibt sein vielleicht bekanntestes Zitat exakt ihr zentrales Anliegen: „Ich kann die Welt nicht verändern. Aber einen einzelnen Menschen: mich selber.“

„Worte sind die Quelle aller Missverständnisse“, schreibt Philip Militz im Einleitungskapitel. Das gilt für die Freimaurerei, wenn sie sich wie üblich ein wenig altertümlich präsentiert, ganz besonders. Daher ist es für die Kette*) verdienstvoll, wenn er seine zehn Zeugen so zum Sprechen bringt, dass man spürt, Freimaurerei ist nicht von gestern, nein, sie passt immer. Weil sie richtig verstanden ganz nah am Leben ist. Philip Militz beherrscht die Kunst, das zu vermitteln.


*) Kette: Auch so ein insiderisches Freimaurerwort; es steht für die imaginäre Gemeinschaft aller Freimaurer. Selten verwendet Philip Militz den masonischen Jargon. Und wenn er es tut, dann setzt er ganz kurze Fußnoten wie diese.


Und das meint Frau Maurer:

Immerhin eine Freimaurerin präsentiert Philip Militz im Reigen seiner masonischen Kronzeugen ... und dadurch auch Kronzeuginnen (wiewohl der Plural leicht übertrieben ist). Das regte mich an, Schwester Brigitta vom 'Droit Humain' in Wien nach ihrer Meinung über das Buch zu fragen. Hier ihre Antwort:

"Es beginnt nicht unbedingt ermutigend. Den weltweit bekannten Verleger Axel mit seinem intellektuellen Anspruch an der Spitze von 10 Portraits vorzufinden, stimuliert Ottilie Normalverbraucherin nicht unbedingt, sich für den Bund zu interessieren. Wird damit doch das Vorurteil bekräftigt, dass es sich bei den Freimaurern um eine wohlhabende, abgehobene, intellektuelle Clique handelt.

Doch der erste Eindruck trügt. Beim Weiterlesen verfestigt sich der Eindruck, dass sich bei der Freimaurerei ein bunter Haufen unterschiedlichster Persönlichkeiten zusammenfindet, die nur eines im Sinn haben: an sich selbst zu arbeiten, auf dass es möglich werde, mit jedem Menschen, egal, wo er herkommt, respektvoll und brüderlich umzugehen.

Nicht schöner kann diese „Gemeinschaft der Ungleichen“ besser portraitiert werden als in diesem kleinen, aber feinen Büchlein. International bekannte Persönlichkeiten treffen auf unkonventionelle, leicht verrückte Typen, solche, die dem Tod ins Auge sehen auf lebensfrohe, quirlige, in vollem Saft stehende Männer. Und das Fazit aller sehr ehrlichen, teilweise witzigen Schilderungen ist: „Ja, die Freimaurerei hat mein Leben positiv verändert“.

Und zum Schluss – halleluja! - das Portrait einer Freimaurerin. Ja, auch das gibt es, obwohl wenig bekannt und vor allen von vielen männlichen Freimaurern nicht wahrgenommen und (leider) zum Teil auch nicht ernst genommen. Der Bericht über die weibliche Freimaurerei (danke, Bruder Philip), lässt die Hoffnung aufkommen, dass sich irgendwann einmal die viel gepriesene „Brüderlichkeit“ doch in „Geschwisterlichkeit“ verwandeln könnte."


Um das Buch möglich zu machen, hat Philip Militz eine Art Crowdfunding auf die Beine gestellt: 26 Logen, Firmen und Einzelpersonen unterstützten den Druck.

Philip Militz publiziert auch regelmäßig in seinem Blog Freimaurer 2.0


Klappentext des Salierverlags auf der Buchrückseite

Philip Militz, Autor des derzeit meistverkauften deutschsprachigen Buches zur Freimaurerei, porträtiert neun Freimaurer unserer Zeit, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten: Unter ihnen ein christlich erzogener Schauspieler, ein TV-Gastronom jüdischen Glaubens und ein muslimischer Kampfkunst-Meister. Was hält sie zusammen, was treibt sie an? Wie sind sie zur Freimaurerei gekommen, wie haben sie sich seitdem verändert und wie erleben sie das geheimnisumwitterte freimaurerische Ritual? »Nicht von gestern: Freimaurer heute« zeigt, was eine altehrwürdige Bruderschaft namens Freimaurerei modernen Menschen auch heute noch geben kann und stellt dem Leser gleichzeitig einige der engagiertesten Brüder unserer Tage vor, darunter den höchsten Repräsentanten der deutschen Freimaurerei, den Organisator von Deutschlands größter »Schlammschlacht« und einen kürzlich verstorbenen international bekannten »Weltverbesserer«.


Rüdiger Templin im Originalton

Die Medien wachsen zusammen: Philip Militz hat einige seiner Gesprächspartner auch mit Kamera und Mikrophon aufgenommen. Hier beantwortet der Großmeister der 'Vereinigten Großloge von Deutschland' über drei Minuten seine Fragen:


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Fast schon greifbar

24. JUNI 2015 / Hagen unterwegs


Als ich das Buch ausgelesen hatte, legte ich es neben mir auf den Nachttisch. Ich hielt kurz inne. Ich war bewegt. Von dem, was ich da gerade gelesen hatte. Bewegt. Und auf irgendeine Weise auch … dankbar. So recht greifen konnte ich es zunächst noch nicht.

Das Buch, das ich meine, ist das aktuell erschienene Werk von Philip Militz. Es heißt “Nicht von gestern – Freimaurer heute”. In diesem stellt der freimaurerische Blogger (http://www.freimaurer-in-60-minuten.de/) auf 168 Seiten 10 ganz unterschiedliche Freimaurer vor. Aber warum hat mich dieses Buch so angesprochen? Was macht dieses, optisch recht unscheinbar daherkommende, Büchlein aus?

Zum Einen sind es die ausgewählten Charaktäre, die Philip Militz in kleinen Geschichten vorstellt: Von denen hat mich am stärksten die Gesichte von Kenan angesprochen. Kenan ist Freimaurer. Und Muslim. Außerdem ist der Kampfsporttrainer in einem sozial schwachen Stadtteil in Berlin. Dort arbeitet er mit „Problem-Kids“. Eine Pointe seines Lebensweges ist, dass er dadurch, dass er Freimaurer wurde, auch wieder Zugang zum Islam bekommen hat. Innerlich schlucken ließ mich die Geschichte von Hannes. Hannes hat als Freimaurer Nazi-Deutschland erlebt und das KZ überlebt. Es war für ihn ein weiter Weg zurück in die „Normalität“. Das Erlebte hinterließ Spuren. Diese drückte er in Gedichten aus, aus denen eine authentische Tiefe spricht. Unwillkürlich musste ich an Dietrich Bonhoeffer denken, als ich Hannes‘ Gedichte las. Oder die Geschichte des „begnadeten Künstlers“ Jens aus Schleswig-Holstein (http://www.jens-rusch.de/index.php/Hauptseite). Der der heimtückischen Krankheit Krebs von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand. Als diese am mächtigsten war, schleppte er sich „an Schläuchen hängend“ ins freimaurerische Ritual. Mal für mal. Dort fand er Ruhe, inneren Halt und neue Kraft. Schlussendlich lehrte diese Krankheit ihm Dankbarkeit und das Gebet. Und auch wenn er sie schließlich niederrang, so wäre er doch niemals so vermessen, sich als „geheilt“ zu bezeichnen. Oder die Geschichte von Harry, der sich gegen eine „Karriere“ im Rotlicht-Milieu entschied und einen Imbiss in dem Hamburger Szene-Stadtteil „Schanzenviertel“ eröffnete. Oder, oder, oder… Von eher humanistisch geprägten Freimaurern, über christlich-mystisch geprägte Freimaurer; von Jo Gerner aus „Gute Zeiten – Schlechte Zeiten“ über Karlheinz Böhm bis hin zum „obersten Freimaurer Deutschlands“ kommen sie alle zu Wort. Eine bunte Mischung von Menschen. Regelrecht geärgert hat mich, dass auch Axel Springer (Ja, auch der war Freimaurer.) ein Kapitel gewidmet ist. Das erste sogar. Denn ist nicht gerade seine Bild-„Zeitung“ Inbegriff für einen tendenziösen, einseitigen, teilweise menschenverachtenden, niedrigste menschliche Instinkte bedienenden und freiheitlich-demokratischen Werte verhöhnenden Journalismus?! Aus Protest habe ich das Kapitel über ihn erst ganz zum Schluss gelesen. Und war angenehm überrascht, wie differenziert und ausgewogen Philip Militz sich diesem polarisierenden Bruder nähert. Das würdige Schlusswort erhält eine Frau. Und zwar „FrauMaurer“ Sylvia (http://www.freimaurerinnen.de/blog/). Sie bringt die erfrischende weibliche Seite des Freimaurertums zum klingen. Und räumt mit dem Vorurteil auf, Freimaurertum sei nur was für Männer. Mein ganz persönlicher Eindruck ist, dass es den Herren Freimaurern und dem Freimaurertum an sich mehr als gut tut, von weiblichen Freimaurern hinterfragt und ergänzt zu werden.

Sie alle sind Charaktere, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Diese Vielfalt zeigt, wie breit gefächert das Freimaurertum ist. Doch was eint diese so unterschiedlichen Menschen? Außer, dass sie alle Teil einer, von außen betrachtet, recht seltsam wirkenden Bruderschaft sind? Sie allesamt sind Menschen, die nicht unachtsam durchs Leben gehen. Für die es mehr gibt als Spaß und Konsum. Die sich mit den essentiellen Themen des Lebens auseinandersetzen.

Und so verwundert es nicht, dass jeder der Portraitierten irgendwann auch auf das Thema „Tod“ zu sprechen kommt. Wohl das ultimative Lebensthema eines jeden Menschen. Diesem nähern sie sich von unterschiedlichen Seiten; jedoch angenehm unaufgeregt und versöhnlich. Und es ist wohl eine der Geschichten, die das Leben schreibt, dass drei der Portraitierten das Erscheinen des Buches nicht mehr erlebten. Auch dies trägt dazu bei, dass dieses Werk ein ganz besonderes ist.

Aber neben den vorgestellten Charakteren ist es auch die Art und Weise, wie diese vorgestellt werden, was dieses Buch ausmacht. Philip Milith legt ein feines Gespür für sein Gegenüber an den Tag. In einer sehr achtsamen und wertschätzenden Weise beschreibt er, was sein Gegenüber ausmacht und was dessen ureigensten Lebensthemen sind. Fast beiläufig werden immer wieder die Bezüge zum Freimaurertum hergestellt. Und so bekommt man eine Ahnung davon, was für ein Mensch das ist, der da Philip Militz gegenübersitzt. Und wie dieser Mensch sein Freimaurer-Sein lebt. Welche Facetten des Freimaurertums für ihn besonders wertvoll sind. Auf welche Weise er durch freimaurerische Symbolik und rituelle Arbeit berührt wird. Wo das Freimaurer-Sein ihn verändert hat. Und so wird diese so abstrakte Idee „Freimaurertum“ plötzlich sehr real und fast schon greifbar.

Philip Militz gelingt es darüber hinaus, durch die Art und Weise, wie er diese Aufeinandertreffen beschreibt, eine fast schon vertrauliche Kaminzimmer- Atmosphäre herzustellen. Mehrfach fühlte ich mich, als säße ich bei den Gesprächen direkt daneben.

Ich glaube, dass solche Bücher, in denen Freimaurer nicht nur über hochgeistige abstrakte Ideen reden, sondern sich in ihr Innerstes blicken lassen, Außenstehenden einen viel tieferen Einblick ins Freimaurertum gewähren, als es zum Beispiel eine Veröffentlichung der freimaurerischen Ritualtexte jemals könnte. Denn hier erfährt der Leser, was für Menschen es sind, die sich Freimaurer nennen. Was für Ängste diese Menschen haben und was für Hoffnungen. Was die Werte dieser Menschen sind und wie sich das Freimaurertum in ihren Leben auswirkt.

Am Ende blieb fast so etwas wie das Gefühl, die Menschen dieses Buches persönlich kennengelernt zu haben. Und so ergab es sich, dass ich Harry einfach anquatschte, als er mir mal im Schanzenviertel zufällig über den Weg lief. „Moin, Du bist doch Harry, oder?“ Was mit Harrys fragendem Blick begann, endete mit einer herzlichen Umarmung. Und dem Austausch unserer Handy-Nummern…


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