Rezension: Hans Bankl: Mozart und seine Brüder

Aus Freimaurer-Wiki

Rezensionen.jpg


"Biographische Häppchen von Freimaurern" von Roland Müller

Rezension von Roland Müller


Hans Bankl: Ein Mord in der Badewanne. Von unerhörten historischen Begebenheiten. Herausgegeben von Christa Bankl. Wien: Seifert Verlag 2010.


Wer war die Mörderin?

Bei „Mord in der Badewanne“ kommen dem heutigen Leser zwei Opfer in den Sinn: Uwe Barschel und Jean-Paul Marat. Über den Mord an Uwe Barschel hat Guido Grandt in seinem „Schwarzbuch Freimaurerei“ (2007) über Dutzende von Seiten spekuliert. Hans Bankl, Professor für Pathologie mit Agenden eines Gerichtsmediziners (1940-2004), meint den andern Mord. Er weiss darüber allerdings nicht viel. Zur Person der Mörderin, Charlotte Corday d’Armont, schweigt er. Auch hätte den Leser interessiert: Was gibt es für Spekulationen über ihre Motive? Was führte zum Mord? Warum gelang er? Was hatte er für Folgen?

Schwerpunkte: Österreich und das 18. Jahrhundert

Das handliche Büchlein umfasst rund 100 leicht lesbaren Porträtskizzen in 59 Kapitel auf 200 Seiten. 13 Seiten sind der Freimaurerei in Österreich zur Zeit Josephs II. gewidmet (28-42). Auch sonst kommen zahlreiche bekannte und weniger bekannte Persönlichkeiten aus diesem Land, insbesondere Ärzte, vor. Der Schwerpunkt liegt im 18. Jahrhundert. Drei Viertel des Umfangs betreffen die Zeit bis zu Goethes Tod. Hernach gibt es eine Lücke von einem halben Jahrhundert.

Im 20. Jahrhundert wird ausgerechnet Richard E. Byrd erwähnt. Gemäss seinen kürzlich aufgefunden Tagebuchnotizen hat er den Nordpol 1926 gar nicht überfolgen, denn sein Flugzeug hatte einen Maschinenschaden (120). Weitere Persönlichkeiten aus den USA werden gegen den Schluss des Buches gewürdigt: Mark Twain, Vater und Sohn Mayo, Thomas J. Watson und Henry Ford, Henry Morgenthau und George Marshall, Duke Ellington, Babe (Oliver Hardy) und Billie (Clark Gable).


Kecke Fragen und blasse Antworten

Bankls Idee ist nicht schlecht. Er bau seine mehrheitlich drei Seiten umfassenden biographischen Skizzen stets als Rätsel auf: Er schildert die Person, ihre Eigenarten und Leistungen, und fragt danach, wer es war. Zum Beispiel beschreibt er einen Vizekapellmeister, dessen Hobby die Medizin war: den Vater von Mozart (89-91). Oder einen „vergessenen Sohn“: Franz Xaver Wolfgang Mozart (139-141). Oder: „Ihre erste Begegnung war im Gasthaus“, und zwar im Gasthof „Zum Geist“ in Strassburg: Goethe und Herder im Jahre 1770 (127-128). Oder: „Oft hat er an Selbstmord gedacht“: Lovis Corinth (183-185).

Wen zählte Goethe zu den „gründlichsten Schuften, die Gott erschuf“? Karl August Böttiger, den Klatschkolumnisten des klassischen Weimar. Dieser hatte nämlich unter anderem berichtet: „Im Westen geht es schrecklich zu. Der H. [Herzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach] läuft mit G. [Goethe] wie ein wilder Bursche auf den Dörfern herum, er besäuft sich und geniesset brüderlich einerlei Mädchen mit ihm“ (129).


Fast alle Gewürdigten sind Freimaurer

Nicht alle Personen sind Freimaurer, beispielsweise die beiden Frauen: Anna Amalia Herzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach (27, 28-30) und die österreichischen Erzherzogin Maria Anna (30-42); sie halfen aber bei der Gründung von Logen. Königin Maria Theresia war die Freimaurerei demgegenüber ein Dorn im Auge (101-106). Erstaunlicherweise gibt Bankl bei vielen kleinen Porträts keinerlei Angaben über die Zugehörigkeit zu Freimaurerbund. Man kann aber vermuten, dass (fast) alle gewürdigten Männer Freimaurer waren. Fraglich sind etwa die Ärzte Johann Gottlieb Wolstein und Pascal Joseph Ferro oder die Astronauten Edward White und Roger Chaffee. Deutlich kennzeichnet Bankl Thomas Jefferson und Thomas Mann als Nicht-Freimaurer.


Unterschiedliche familiäre und berufliche Herkunft

Meist wenig beachtet wird die familiäre oder berufliche Herkunft der Personen: Montesquieu war Baron, Carl Alexander von Thurn und Taxis war Fürst, Friedrich II. bei seiner Aufnahme Kronprinz, sein Neffe Friedrich Wilhelm II. desgleichen. Knigge war ein verarmter Freiherr. Matthias Claudius hatte ein Theologiestudium abgebrochen und war Sekretär eines Grafen. Der Physiker Desaguliers hatte akademische Abschlüsse in Philosophie, Theologie und Jura; ebenfalls Jura und Theologie studiert, daneben auch etwas Medizin, hatte Casanova, bloss Jura studiert hatten August von Kotzebue und Harry Heine.

Kanzleileiter war Christoph Martin Wieland gewesen, Fasanenwärter der Grossbetrüger Johann Samuel Leuchs, Landvermesser und Waldläufer George Washington, Gelegenheitsmusiker Claude Joseph Rouget, Archivar Lessing. Überhaupt keine Schulbildung hatte Antonio López de Santa Anna, der bei der Belagerung der Klosterruine „Alamo“ alle tausend Unabhängigkeitskämpfer umbringen liess.

Als einzige Schweizer kommen die Söhne eines Zürcher Arztes vor: Johann Caspar Lavater (Theologie; kein Freimaurer) und Diethelm Lavater (Arzt). Letzterer veranlasste den Übertritt der Zürcher Loge „La Discrétion“ zur Strikten Observanz, worauf sie sich „Zur Bescheidenheit“, später „Modestia cum Libertate“ nannte.


Fazit: gefällige biographische Häppchen

Ein kleines Versehen: Es gibt keinen „Meister vom Stein“ (81-82, 194) und kein Verb „sich aufhören“ (118). Die Aufnahme in den Freimaurerbund erfolgt nicht in der „Dunklen Kammer“ (166), sie dient nur der Vorbereitung. Louis Armstrong war nicht Freimaurer (176-177). Überall fehlen die Akzentzeichen.

Die biographischen Häppchen sind einigermassen chronologisch angeordnet. Leider fehlen jedwelche Quellenangaben. Von allen Personen hätte man gerne viel mehr erfahren.


"Mozart und seine Brüder" von Jens Rusch

Rezension von Jens Rusch


Das Buch "Mozart und seine Brüder" ist ein nachgelassenes Werk des 2004 verstorbenen österreichischen Freimaurers Hans Bankl, es handelt sich um eine Art Tagebuch. Wie jedes Tagebuch mischt sich Kenntnisreiches mit persönlicher Einschätzung und Interpretation - und das darf es auch. Bankl hatte ein gutes Gespür für eine geschmeidige Lesbarkeit und mischte seine kulturhistorischen Ausflüge mit humorvollen Interpretationen. Davon zeugen bereits die Titelgebungen wie "Prinzen, Vogelkundler und Häuptlinge vom Stuhl" und "warum hat sich Absalom in 3 Nesseln gesetzt? "

Der Mediziner und Freimaurer Hans Bankl war nicht nur ein bedeutender Pathologe, sondern auch ein in Österreich sehr erfolgreicher Verfasser populärwissenschaftlicher Bücher. Titel wie "Im Rücken steckt das Messer" oder "Wie oft fluchte der Pharao?" landeten regelmäßig in den Bestsellerlisten.

2004 ist Hans Bankl gestorben. Nun hat seine Witwe Christa Bankl nachgelassene Schriften ihres Mannes herausgegeben. Bankl, der seit 1988 Freimaurer war, hat penibel seine Eindrücke und Gedanken niedergeschrieben, die ihm während und nach den Logenarbeiten gekommen sind: "Ist die Meistererhebung ein Reinkarnationsritus?" Und sie gehen weit über bloßes internes Vereinsgetümmel hinaus.

Erhältlich bei SCHOPF

Sehr anschaulich fasst der Humanist Bankl zusammen, was ihm als das Wesentliche an der Bruderschaft der Freimaurer erscheint (Zitat):

"Die Freimaurerei vereinigt Menschen, die das profane Leben wegen ihrer Anschauungen und Überzeugungen trennen würde (Religion, Weltanschauung, Politik, Wirtschaft, Gesellschaft). Dies ist dadurch möglich, dass die einzelnen Anschauungen und Überzeugungen unangetastet bleiben.

Es gibt keine freimaurerische Autorität, die sich anmaßt, Überzeugungen als richtig oder falsch zu beurteilen. Gedankenfreiheit, Gewissensfreiheit, Mündigkeit jedes einzelnen Menschen ist der oberste Leitsatz.

Es ist schwer verständlich, aber imponierend und faszinierend, dass jeder Bruder seine Überzeugung leben kann, ohne deshalb von einem anderen Bruder diskriminiert zu werden."

Das ist zumindest der Anspruch, den Bankl im Sinne des titelgebenden Freimaurers Wolfgang Amadeus Mozart, nach Kräften selbst gelebt hat.

Im Vorwort schreibt der Alt- und Ehrengroßmeister Michael Kraus, der auch als Obmann des Museumsvereins Schloss Rosenau fungiert:

"Es ist eine sehr schöne, wenn nicht sogar glückliche Fügung, dass dieses Buch unseres verewigten Freundes Hans Bankl gerade im jahr 2009 herauskommt. Die Großloge von Österreich feiert in diesem jahr ihr 225. Bestehen, und aus diesem Anlass haben wir im Freimaurermuseum Schloss Rosenau bei Zwettl eine Sonderausstellung mit dem Titel >>... unsere Bausteine sind die Menschen<< gestaltet. Hier werden das erste mal Persönlichkeiten Österreichs aus diesen Jahrhunderten präsentiert, die alle Freimaurer waren. Das Buch "Mozart und seine Brüder" passt somit großartig zu diesem Anlass.

Es mag eine österreichische Eigenart sein, aber ich neige dazu, "Quattuor Coronati" (Seite 54) als ein Indiz für ein nicht freimaurerisch kundiges Lektorat zu werten.

Aufrüttelnd der Schlußakkord der Witwe Christa Bankl, eine wohl berechtigte Abrechnung mit den österreichischen Logenbrüdern Bankls (Seite 190):


"Ohne jemandem nahetreten zu wollen, fallen mir auch unwillkürlich die letzten traurigen Wochen meines mannes ein: Er hatte einen Abschiedsbrief verfasst, mit Bleistift geschrieben, mehr Kraft hatte er nicht mehr. Mein Mann wartete und hoffte auf ein Zeichen oder eine Antwort.- Nichts!

Nur nach seinem Tod fanden sich Beileidswünsche auf dem Anrufbeantworter. ich habe danach weder von seiner Loge noch von einem der Brüder je wieder etwas gehört. Sehr wohl erhielt ich von deutschen Logen Trost. So mischen sich in meine Gedanken über die Freimaurer dann und wann auch ein wenig zwiespältige Gefühle..."

Wenige Zeilen zuvor erinnerte Sie sich jedoch: "Meine Erlebnisse bei vielen Freimaurerfesten, an denen ich meinen Mann begleiten durfte, sind mir noch in bester Erinnerung, gehörten doch die Brüder zu den höflichsten, kultiviertesten Menschen, denen ich je begegnet bin."


Man darf also keine enzyklopädischen Ansprüche haben, wenn man zu diesem Buch greift. Aber es macht kurzweilige Freude, es zu lesen und man spürt ein wenig von der Beseeltheit des Autors, der ein herzlicheres Feedback seiner Logenbrüder erhofft und wohl auch verdient gehabt hätte.


"Mozart und seine Brüder", ist erschienen beim Seifert Verlag / Wien.