Russland

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Freimaurerei in Russland Aktuell

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Neujahrsgruß 2014 der russischen Großlogen

Russland

Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)

Die Frühzeit

Es ist sehr oft behauptet worden, die Freimaurerei sei durch Peter den Großen nach Russland gebracht worden, den Sir Christopher Wren in eine Londoner Loge aufgenommen habe. Das entspricht kaum den Tatsachen. Richtig ist aber, daß die ersten Freimaurer in Russland Ausländer waren, Seefahrer und Kaufleute, die, angezogen durch die großzügige Handelspolitik des Zaren, in Peters neue Hauptstadt kamen.

Am 24. Juni 1731 erhielt der englische Kapitän John Phillip B. von der Großloge von England eine Bestallung als Provinzial-Großmeister für Russland. 1740 wurde dem im russischen Heer dienenden, späteren preußischen Feldmarschall James Keith (s. d.), Vetter des englischen Großmeisters John Keith, Earl of Kintore, die gleiche Würde übertragen.

Ein Propagator der freimaurerischen Sache wurde dann Lorenz Natter, der berühmte schwäbische Kupferstecher und Edelsteinschneider der europäischen Fürstenhöfe, der aus Florenz nach Petersburg kam.

Bald hielten in Russland alle die verschiedenartigen Systeme ihren Einzug, die damals in Deutschland in Blüte waren. 1750, zur Zeit der Kaiserin Elisabeth, war in Petersburg die Loge "Zur Verschwiegenheit" in Tätigkeit.

Boris Telepnef ("An Outline of the History of russian Freemasonry", London 1928) zufolge war Zar Peter III. Freimaurer. Er stiftete in seiner Residenz Oranienbaum eine Loge und machte einer Petersburger Bauhütte ein Haus zum Geschenk. Auch seine Hofleute hatten ihre Loge; zu deren Mitgliedern gehörte der Erzdiakon Andreas, Kaplan des berühmten Garderegiments Preobraschenski. In der Folge rivalisierten auch in Russland die unterschiedlichen Riten aufs heftigste miteinander, die Strikte Observanz (u. a. durch Starck [s. d.] ), die besondere templerische Lehrart des Generals Melissino (s. d.), das Schwedische System, die Rosenkreuzerei und nicht zuletzt die ursprüngliche englische Lehrart.

Streit der Systeme

Quelle unbekannt

Mit der Zeit entwickelte sich dieser Kampf vor allem in Petersburg zu einem Ringen um die Vorherrschaft zwischen London und dem Schwedischen System Zinnendorfscher, d. h. Berliner Lehrart, d. h. der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland. Letzteres wurde hauptsächlich von dem deutschen Direktor der Wissenschaften des Adeligen Landkadettenkorps, v. Reichell, gefördert, dem Zinnendorf 1769 den Auftrag gegeben hatte, in Russland "alles zur Ehre und zur Aufnahme unserer Königlichen Kunst zu versuchen". An der Spitze der englischen Provinzial Großloge, für die 1772 von London eine Konstitution erteilt wurde, stand der Senator, Geheime Rat und Kabinettsminister der Kaiserin Katharina, Iwan Elagin.

Dieser hatte 1771 die Loge "Zur vollkommenen Einigkeit" gegründet, Reichell folgte im gleichen Jahre mit der Einsetzung der Loge "Apollo", beide in Petersburg. Zahlreiche weitere Gründungen in Petersburg, Moskau, Riga, Reval, Dorpat und anderen Städten folgten. Verhandlungen zwischen London und Berlin Zwecks Vereinigung gingen hin und her. 1776 nahm Elagin mit seinen sämtlichen Logen das Zinnendorfsche System an, wobei er gleichzeitig auch Provinzial-Großmeister der Reichell unterstehenden schwedisch-berlinischen Bauhütten wurde. Der frühere Gesandte in Schweden, Minister v. Panin (s. d.), wurde Zugeordneter Provinzial-Großmeister der aus dem Zusammenschluß hervorgegangenen Obedienz; Generalmajor Melissino (s. d.) Erster, und Kammerherr Fürst Gavril Gagarin (s. d.) Zweiter Aufseher. In einem Schreiben an die Große Landesloge erklärte Elagin, der Bund sei "nun in ganz Russland ein Hirt und eine Herde" geworden.

Er übersah dabei, daß sich einige Logen der anderen Seite der Vereinigung nicht anschlossen, vor allem die älteste, "Apollo", an deren Spitze als Stuhlmeister der Br. v. Rosenberg stand, der in Frankreich beim Korps v. Luckner Officier gewesen war, dann in Hamburg die Loge "Zu den drei Rosen" gegründet hatte, in die auch Lessing eintrat.

Dieser trat in Verbindung mit dem russischen Gesandten in Stockholm, Fürst Kurakin, der den König Gustav III. von Schweden und dessen Bruder, den Herzog von Södermanland, den späteren König Karl XIII., dafür gewann, in Russland eine schwedische Provinzialloge ins Leben zu rufen. Diese wurde 1778 als Kapitel "Phönix" in Petersburg eingesetzt und am 25. Mai 1779 vom Herzog von Södermanland als Große Nationalloge bestätigt. Rosenberg wurde Deputierter Großmeister und zwar unter dem von der Elagin-Provinzial Großloge übergetretenen Fürsten Gagarin, dem späteren Handelsminister. Als Ordensoberer der "russischen 9. Provinz" fungierte Herzog Karl.

Das Zinnendorfsche System brach auf diese Art in Russland zusammen, dessen Provinzialloge wurde aufgelöst; Elagin und seine Logen bildeten wieder eine englische Provinzial-Großloge. In Moskau, wo die Entwicklung viel friedlicher vorsich ging, entstand 1783 eine "Russische Landesloge", die für Beseitigung der herrschenden Gegensätze eintrat. In den verschiedenen Systemen war die hohe Aristokratie tonangebend.

Bildungsarbeit

So unerquicklich und lähmend der Hader der Systeme war, so wurde doch hervorragende Aussenarbeit geleistet. Die freimaurerischen Rosenkreuzer, an deren Spitze der Moskauer Professor Johann Eugen Schwarz (s. d.) und der bedeutende Schriftsteller Nikolaj Iwanowitsch Nowikow (s. d.), der Begründer der russischen Journalistik, standen, spielten dabei die bedeutendste Rolle. Diese beiden Führer waren ungewöhnlich aufgeklärte Männer, die das geistige Leben des Russlands ihrer Tage aufs nachhaltigste beeinflußten. Wenn Thomas G. Masaryk erklärt: :"Kulturell war es die große Bewegung des 18. Jahrhunderts, die unter dem Namen der Aufklärung und Humanität bei allen Völkern Europas das Streben nach Wiedergeburt charakterisierte; diesem Streben hat sich auch Russland unterworfen.

Von ganz besonderer Wichtigkeit wurde ... der Freimaurerorden als Organisator europäischer Bildung und als eifriger Propagator der Humanitätsideale", so bezieht sich das wesentlich auf den Kreis um Schwarz und Nowikow. Schwarz, der Führer der Rosenkreuzer, ein Deutscher aus Siebenbürgen, der 1776 nach Moskau gekommen war, deutsche Sprache und Philosophie lehrte, gründete Volksschulen, Lehrerbildungsanstalten und ein pädagogisches Universitätsinstitut, gab ausgezeichnete Lehrbücher heraus und schuf ein vorbildliches Krankenhaus. Wissen sollte sich über das ganze Land ausbreiten, eine neue Generation von Erziehern heranwachsen. In der von ihm gestifteten "Gesellschaft der Universitätszöglinge" und in einem mustergültigen Seminar ging Schwarz darauf aus, die Kenntnis der reifsten Werke europäischen Denkens durch gute Übertragungen auch breiteren russischen Schichten zu vermitteln.

Bei all diesem Tun war er bewußt von freimaurerischen Grundsätzen geleitet; seine Logenbrüder waren es auch, die ihm die Mittel für seine Schöpfungen zur Verfügung stellten und ihn auch sonst aufs nachdrücklichste unterstützten. Major A. M. Kutusow (s. d.) und Baron Schröder waren ständig auf Reisen, um sich über die neueste Literatur auf dem laufenden zu halten und die besten Schriften zum Übersetzen nach Moskau zu senden. Voltaire, Rousseau, Montesquieu, Hume wurden so der russischen Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Gedruckt wurden diese Werke auf den Pressen von Nowikow. Auch dieser, der mit einer Reihe ihre Mitbürger an Geistigkeit weit überragender hervorragendster Männer (Fürst Nikolaus Trubetzkoj, Ivan Turgeniew, Michail Cheraskow, Ivan Lopuchin u. a. [s. diese alle] ) die bedeutende wissenschaftliche Arbeit leistende Moskauer Loge "Eintracht" gegründet hatte, betrachtete es als Ziel seines freimaurerisch aufgebauten Systems, die beispiellose Unbildung zu bekämpfen und die Massen zu heben. Ein Mann von stärkstem geistigem Format und unbeugsamer Energie, wollte er sein Leben ethischer Kulturarbeit widmen. Er rief mehrere bedeutende, ungewöhnlich mutige Zeitschriften ins Leben. Vor allem suchte er in pazifistischem Sinne zu wirken. Mit eindringlicher Schärfe wandte er sich gegen Eroberungskriege, gegen Ruhmgier und Ehrgeiz als Anlaß zu Menschenschlächtereien.

Nur Not des Vaterlandes und das Wohl der Allgemeinheit, also nur Verteidigungskrieg, sei zu rechtfertigen. Ebenso nachdrücklich bekämpfte Nowikow Korruption, Willkür und Grausamkeit der Herrscher. "Ein guter Monarch" war seine These — und diese zielte mit aller Deutlichkeit auf die Verhältnisse am Hofe der Kaiserin ab —, "muß sich frei von Leidenschaften halten. Ein leidenschaftlicher Monarch handelt nach dem Willen seiner Geliebten. Gibt sich aber der Herrscher einmal der Liebe hin, so entdecken bald auch die Minister, die Günstlinge und Hofleute ihre zärtlichen Herzen. Ihre Geliebten verbinden sich untereinander, verteilen Belohnungen nach Gutdünken und lenken die Angelegenheiten des Staates wie es ihnen gefällt." Durch seine große Druckerei brachte Nowikow populärwissenschaftliche und religiöse Schriften in Massenauflagen heraus; eine großartige Leihbibliothek stand allen Bevölkerungskreisen zur Verfügung.

Nicht weniger als 440 Bucher wurden von ihm herausgegeben. Seine Aufklärungsliteratur gelangte auf dem Wege einer vortrefflichen Organisation auch in die entferntesten Provinzen; der Vertrieb lag in den Händen von Freimaurerlogen. Diesen waren auch ausgezeichnete Einrichtungen auf philantropischem Gebiete zu danken: sie sorgten für die Ausbildung armer, begabter Knaben und gründeten eine Gesellschaft, die es auf sich nahm, bei den damaligen häufigen Mißernten die hungernde Bevölkerung gewaltiger Distrikte unentgeltlich mit Brot und Lebensmitteln zu versorgen. Die Hauptsache aber blieb das Erziehungswerk, das um so fruchtbarer gestaltet werden konnte, als die Jugend der Hochschulen den Freimaurern förmlich zuströmte.

Die Haltung Katharinas II

Diese Begeisterung blieb aber auch jenen nicht verborgen, die nicht in der Beförderung der Toleranz und der Humanität, sondern im Gegenteil im starren Festhalten am Althergebrachten das Heil des Staates sahen. Sie stachelten die Kaiserin gegen Nowikow auf und denunzierten ihn, den Katharina selbst seinerzeit aus der Offizierslaufbahn heraus in den Kanzleidienst gezogen hatte, er vergifte die öffentliche Meinung.

Die Zarin war im Grunde keine Gegnerin des Bundes und hatte es zunächst gerne gesehen, daß sich die Freimaurerei über ihr ganzes Reich verbreitete. Zu ihrem damaligen Schwärmen für Voltaire und die französischen Aufklärer trat wohl auch die Freundschaft mit Friedrich dem Großen nach der Teilung Polens hinzu. Später traten aber Umstände ein, die sie die Dinge anders sehen ließen. In Mitau hatte damals Cagliostro eine seiner ägyptischen Logen gegründet und den Grafen Friedrich von Medem und dessen Tochter, die mit Goethe, Gottfried August Bürger und den beiden Grafen Stolberg befreundete Dichterin Elisa von der Recke, förmlich behext. Die kluge Schriftstellerin kam ihm dann aber doch auf die Schliche und warnte, als Cagliostro nach Petersburg ging, die Kaiserin. So konnte er dort auch bei einer Seance — in der Wohnung des Fürsten Gagarin — als Possenreißer entlarvt werden. Katharina war dies Anlaß, drei Spottkomödien, den "Sibirischen Zauberer", den "Betrüger" und den "Verblendeten" zu schreiben, in denen sie den Schwindel Cagliostros und anderer Hochstapler auf die ganze Freimaurerei übertrug.

Als dann nach der französischen Revolution die Beschuldigungen des Abbé Barruel auch nach Russland drangen, blieb auch dies nicht ohne starke Wirkung auf die Kaiserin. Sie beauftragte den Metropoliten Piaton, die von Nowikow editierten Bücher zu prüfen und im persönlichen Verhör mit dem gefährlichen Freimaurer festzustellen, ob dieser in der Tät religiöse Irrwege wandle. Das Urteil des Kirchenfürsten über Nowikow stellte fest, daß in dessen freimaurerischer Doktrin zwar vieles von der Weltanschauung der französischen Enzyklopädisten war, daß er aber fest in der Ethik des Christentums wurzelte. ("Ich bete zum allmächtigen Gott", schrieb Piaton, "daß in der ganzen Welt lauter solche Christen waren...") Trotzdem gab sich Katharina nicht zufrieden. Die Geschehnisse der französischen Revolution hatten sie kopfscheu werden lassen. Schon 1791 erhielt Besborotkow Befehl, Nowikow festzunehmen. Hauptbeschwerdepunkte der Kaiserin waren die ständig wachsende Popularität Nowikows und dessen angeblich enge Beziehungen zum verhaßten Großfürsten Paul, dem Thronfolger. Besborotkow weigerte sich, die Verhaftung anzuordnen, mit der Begründung, es sei des Ruhmes der Kaiserin unwürdig, mit einem so großen Russen so zu verfahren.

Aber ein Jahr später wurde Nowikow dennoch eingekerkert und ohne jegliches Gerichtsverfahren zu 15 Jahren Schlüsselburg verurteilt. Vier Jahre lang mußte er hier schmachten. Erst Paul I. gab ihm die Freiheit zurück. Auch die mit der Druckerei verbundene, der Aufklärung dienende Anstalt wurde unterdrückt. Unter der Beschuldigung, die Freimaurer hätten auf Umsturz gesonnen und in den Kellern ihrer Häuser Waffen versteckt, wurde eine Hausdurchsuchung vorgenommen, die zwar nichts Belastendes zutage förderte, aber dessenungeachtet die Aufhebung des Instituts und die Verbannung mehrerer von dessen Leitern zur Folge hatte. Die Logentätigkeit wurde zwar nicht verboten, Katharina ließ es die Großen des Reiches aber von 1794 an fühlen, daß sie deren Zugehörigkeit nicht mehr gutheiße. Infolgedessen wurde die freimaurerische Tätigkeit gewaltig eingeschränkt.


Paul I.

Trotz aller dieser Gegenmaßnahmen ließen sich aber die Wirkungen, die das freimaurerische Tun auf das Schulwesen, auf die Erziehungsmethoden, die Literatur hervorgerufen hatten, nicht mehr beseitigen. Ihnen war es zu danken, wenn sich gegen Ende des 18. Jahrhunderts in Russland eine kleine, unabhängige, fortschrittliche Intelligenzschicht entwickelte, die allerdings auch dem Nachfolger Katharinas auf dem Thron, Paul I. (1796), obwohl dieser selbst dem Bunde beigetreten war, ein Dorn im Auge war. Anfänglich verhandelte er mit den Petersburger Führern über die Reaktivierung der Arbeit, dann wurde er anderen Sinnes, so daß er 1791 ein Verbot der Freimaurerei erließ. Maßgebend dafür waren wohl seine Wahl zum Großmeister des (antifreimaurerisch eingestellten) Malteserordens und die damals in Rußland erfolgreich einsetzende Ausbreitung des Jesuitismus.

Alexander I.

Alexander I. erneuerte zunächst das Verbot, hob es aber 1803 wieder auf, nachdem ihm der Direktor des Petersburger Kadettenkorps, Böber (s. d.), die Gründsätze des Bundes eingehend auseinandergesetzt hatte. Abermals bildeten sich Logen in größter Zahl, unter ihnen "Les Amis Réunis", "La Palestine", "Alexander zum gekrönten Pelikan". Großfürst Konstantin Graf Stanislaw Potocki (s.d), Graf Iwan Woronzow, General Graf Ostermann - Tolstoj (s. d.), Alexander von Benkendorf (s. d.), Herzog Alexander von Wurttemberg (s. d.), der Oberstkammerer Alexander Narischkin (s. d.) und viele andere Hofleute traten diesen bei. "Les Amis Réunis" war eine ganz freiheitliche Loge, sie bekämpfte Vorurteile aller Art, Fanatismus Rassen- und Glaubenshaß, Feindschaft zwischen den Nationen und hatte ein pazifistisches Programm.

In der Loge "de la Palestine" entwickelte der griechische Freiheitskämpfer Fürst Alexander Ypsilanti intensive Tätigkeit; die Lieder zu deren Festen schrieb der erfolgreiche Opernkomponist Boieldieu. Wie damals die Arbeit vor sich ging, davon hat Leo Tolstoi in "Krieg und Frieden" eine packende Schilderung entworfen. 1809 treffen wir unter den Führern der russischen Freimaurerei auch Feßler (s. d.), den deutschen Reformator, der mittlerweile als Professor für orientalische Sprachen an die Petersburger Universität gekommen war. Auch hier gab er sich redlich Mühe, den Ballast zu beseitigen. Zusammen mit dem Unterrichtsminister Grafen Rasumofsky, dem Polizeiminister Balaschew und dem demokratischen Staatssekretär Speransky (s. d.) saß er in einer vom Kaiser eingesetzten Kommission, die über die Tätigkeit der Logen ein Gutachten abzugeben hatte. Es fiel durchaus günstig aus. 1809 entstand die "Große Direktorialloge "Wladimir zur Ordnung" (schwedisch). Böber war ihr Großschriftführer.

In den Tagen der Napoleonischen Kriege gehörte die Elite des Heeres dem Bunde an. Nachhaltigste Eindrücke gewannen diese Männer im Verkehr mit preußischen Freimaurern. Eindrücke, die mächtig in ihnen fortwirkten als sie wieder zu Hause waren. In den deutschen Feldlogen und in ihren eigenen "Zum heiligen Georg" und "Alexander zur Treue" die sie besuchten, sahen sie Vaterlandsliebe in ihrer erhebendsten Form (s. Michailowski-Danilewski). Von "Weltverschwörung" freilich erfuhren sie hier nichts, wohl aber bekamen sie einen Begriff vom Streben nach höchster Entfaltung nationaler Kultur. 1815 spaltete sich die Direktorialloge. Gegner der Hochgrade, an der Spitze der Staatsrat Georg v. Elissen, Stuhlmeister der Loge "Peter zur Freiheit", der den Ideen Schröders anhing, stifteten die Großloge "Astraea" die ihren Bauhütten Systemfreiheit gewährte.

Sie wollte nichts zu tun haben "mit Geheimniskrämerei, noch mit den Grundsätzen der sogenannten Illuminaten und Mystiker, noch mit Alchimie und ähnlichen, mit den natürlichen und positiven Gesetzen unverträglichen Dingen, noch auf die Wiederherstellung alter Ritterorden hinarbeiten". Großmeister war General Mussin-Puschkin, sein Stellvertreter der preußische Gesandte v. Schöller. Neue Bauhütten wurden eingesetzt, z. B. die Loge "Michael der Erwählte", während die Große Direktorialloge sich wieder Große Provinzialloge nannte. 1819 wurde Oberstkammerer Alexander Narischkin Großmeister der "Astraea", die in 24 Logen über 1300 Mitglieder zählte.

Verbot der Maurerei

Die Tätigkeit der hauptsächlich Militärs und Gelehrte umfassenden Freimaurerei in dieser Zeit war trotz mancher innerer Kämpfe so ersprießlich, daß man es zuerst nicht verstand, als am 6. August 1822 nach dem Kongress der heiligen Allianz in Verona Alexander I. (s. d.) ein Verbot der Freimaurerei erließ. Man hatte zwar immer deutlicher gesehen, in welch steigendem Maße die volks- und freiheitsfeindlichen Anschauungen der Metternichschen Politik auch auf Alexander übergingen, wie "er schließlich keinen anderen Willen mehr hatte als den des ersten Ministers am Österreichischen Hofe", der so heftig gegen die Freimaurerei eingenommen war. Aber man hatte doch nicht geglaubt, daß Alexander seine Vergangenheit — er selbst war einmal Freimaurer geworden (s. Polen) — so ganzlich verleugnen könnte. Der Nachfolger Alexanders, Nikolaus I., erneuerte 1826 das Verbot, vor allem wegen der führenden Betätigung von Freimaurern am Aufstand der Dekabristen (s. d.). Damit erstarb in Russland die Freimaurerei.

In kleineren Zirkeln glimmte auch später noch bescheidenes Licht, in einer Novelle "Die Maurer" von Pissemsky ist davon ausführlich die Rede. Namentlich in den westlichen Gouvernements soll die Freimaurerei nie ganz zu bestehen aufgehört haben. In Kiew, Poltawa, Odessa, Wilna und Schitomir sowie in anderen ukrainischen Städten gab es, nach Angaben von Boris Telepnef und Emil Kipa, gegen Ende des 19. Jahrhunderts mehrere Logen. 1900 sprach man in diesen von der Gründung einer Ukrainischen Großloge. Diese konnte aber erst 1919, während des kurzen Bestandes der unabhängigen ukrainischen Republik, in Proskurow für wenige Monate ins Leben treten.

Gründungen im 20. Jahrhundert

Seit 1906 hatte auch in Moskau und Petersburg neues freimaurerisches Leben gekeimt. Als der eigentliche Wiedererwecker ist der große Gelehrte Maxim Kowalewsky (s. d.) Professor des öffentlichen Rechts in Moskau, 1906 Abgeordneter zur zweiten Duma, anzusprechen, der 1887 einer der Gründer der Pariser Loge "Cosmos" gewesen war und 1906 vom Grand Orient de France ein Patent Zwecks Gründung von Logen in Moskau und Petersburg erhielt. Deren Einsetzung erfolgte 1906 und 1907 unter Beachtung der notwendigen Vorsichtsmaßnahmen (Moskau: "Renaissance", Petersburg: "Polarstern").

Der Duma-Abgeordnete Kedrin (s. d.) und Professor Nikolaus Bajenoff (s. d.) und andere hochangesehene Russen, meist Angehörige der Partei der konstitutionellen Demokraten (Kadetten), die ebenfalls in Frankreich Maurer geworden waren, waren unter denen, die darangingen, die Bauhütten im zaristischen Russland wieder aufzurichten. Spitzen der freiheitlich gesinnten bürgerlichen Intelligenz traten diesen und weiteren Logen bei, die in Bälde entstanden (in Petersburg insgesamt drei, in Moskau zwei, je eine in Kiew und Odessa): Duma-Abgeordnete, Senatoren, Wissenschaftler, Advokaten, Schriftsteller. Einer der Logen bestand ausschließlich aus fortschrittlich gesinnten Offizieren, eine andere nur aus Deputierten. Ein sechsgliedriger Rat hielt den Zusammenhäng aufrecht. Aber bereits 1909/10 stellte man die Arbeit ein die russische Geheimpolizei entfaltete allzu rege Tätigkeit. Später fand man sich wieder zusammen, auch wagte es Baron A. W. von Kridener, 1912 in Moskau öffentlich eine Schrift erscheinen zu lassen: "Wer sind die russischen Freimaurer, und welche Ziele verfolgen sie?"

Im Laufe des Krieges wurde die Kontrolle wieder weniger streng 1917 existierten in ganz Russland etwa 30 — bürgerliche Elemente umfassende — Bauhütten

Die Feindschaft der Sowjets

Diese verschwanden aufs neue, als die Sowjets ans Ruder kamen, die sich sofort äußerst feindlich gegen die Freimaurerei stellten. Beleg dafür ist folgender Beschluß des vierten Kongresses der Kommunistischen Internationale: "Es ist unbedingte Notwendigkeit, daß die führenden Organe der Partei alle Brücken abbrechen, die zum Bürgertum führen, und deshalb auch einen radikalen Bruch mit der Freimaurerei vollziehen. Der Abgrund, der das Proletariat vom Burgertum trennt, muß der kommunistischen Partei voll zum Bewußtsein gebracht werden. Ein Bruchteil der führenden Elemente der Partei hat versuchen wollen, über diesen Abgründ maskierte Brücken zu schlagen und sich der freimaurerischen Logen zu bedienen. Die Freimaurerei ist die unredlichste und infamste Prellerei des Proletariats seitens eines nach der radikalen Seite neigenden Bürgertums. Wir sehen uns gezwungen, sie bis aufs äußerste zu bekämpfen" (s. Bolschewismus).

Infolgedessen [1932] gibt es in Russland keine Freimaurerlogen. Solche existieren aber in den Zentralen der russischen Emigration in Paris, Berlin, London, Kairo usw. In Paris sind mehrere Logen, die der Grande Loge de France angehören, unter einem "Konsistorium" vereinigt, auch arbeiten zwei Bauhütten unter dem Grand Orient de France.

Brief aus Moskau

Quelle: Lennhoff, Posner, Binder

Sehr geehrter Herr Bakker,

Vielen Dank fuer Ihre Antwort.
Kurz werde ich auf Ihre Fragen antworten:

Die Masonerie in Russland ist bei dem russischem Imperator Peter I. entstanden. Zusammen mit den neuen industriellen Technologien und europaeischen Kultur, hat er aus Europa nach Russland neue Ideen gebracht und dann weiter verbreitet. Den erste Mitglieder russischer Lodgen waren wahrscheinlich, Peter selbst, auch ihn umgebenden Auslaender: Franz Lefort, Gordon und andere. In 1731 war von der Grossen Londoner Lodge der erste Grossmeister Russlands - Hauptmann John Philipps ernannt. In 10 Jahren hat ihn auf diesem Platz (auf diese Stellung) auch Englaender, der General der russischen Armee James Keyt ersetzt.

Waehrend der Regierung der Kaiserin Elisabeth I. ( Peter's Tochter ) beginnt die Masonerie schon in die breiten russischen Schichten der Gesellschaft durchzudringen. In 1774-1775 Jahren, wenn die Masonerie schon stark entwickeln begann, sehen wir als Mitgliedern der Lodgen schon nicht nur die Vertreter der bekannten adligen Familien (Worontsov, Golitsin, Daschkov) und der Auslaender, sonder auch die Personen aller Staende, Raenge, Berufe, sogar Kaufmaenner und Handwerker. In diese Zeit ist die Grossmeisterschaft in Russland von den Auslaender zu Russen uebergegangen: Ivan Elagin (der beruemte Politiker) hat diese ehrenvolle Stelle geborgt.

Im XIX. Jahrhundert kamen sogar die Faelle der Widmung der Leibeigenen vor. Die Masonerie wurde tatsaechlich ein erster idealistischer Ablauf des russischen oeffentlichen Gedankens. Die Maurer waren die groessten Personen der Epoche, intellektuelle Elite jener Zeit. In gewisser Weise hat ganze russische Intelligenz aus masonischen Kinderkrippe herausgekommen. Einer von den groessten russischen Masonen waren die Feldmarschalle Suworov und Kutusov (es ist interessant, dass bei dem Dorf ,Borodino' der Maurer Kutusov gegen den Maurer Napoleon kaempfte). Kutusov hatte den siebenten Grad swedischer Masonerie. Der grosse russische Dichter Alexander Puschkin war auch Freimaurer. Masonen waren auch Dekabristen - die russische Offiziere, die offen im Dezember 1825 gegen der Leibeigenschaft und fuer die konstitutionelle Monarchie auftraten (5 Menschen waren hingerichtet, die andere nach Sibirien verbannt).

Masonenlodgen wurden im Russland drei Mal untersagt: bei den Kaiser Katherine-II, Pawel-I, Alexander-I. Ungeachtet dessen, die Lodged setzten fort, heimlich zu arbeiten. Bei der Sowjetmacht, ueber der Taetigkeit der Lodgen konnte keine Rede sein. Die ganze Taetigkeit der russischen Masonerie wurde (mit den Immigranten zusammen) ins Ausland, vor allem, nach Frankreich versetzt. Zwar bewahrten in Frankreich die russischen Immigranten die Traditionen und die Reliquien russischer Masonerie; bekannteste aus der immigranten-Lodge war "Astrea".. Man sagt, dass die erste russische Lodgen in Russland, mit Hilfe von den Franzosen in 1991 wiederherrgestellt wurden. Freilich, hat zuerst ins Russland durch "Grosser Orient Frankreichs" unregelmaessige liberale Masonerie durchgedrungen. Regelmaessige Masonerie ist spaeter, durch National Grosslodge Frankreichs, im Jahre 1992 angekommen. Man sagt, dass in dieser Zeit, in Moskau, zwei Lodgen - die "Harmonie" und "Lotos" arbeiteten. Eine Lodge war noch in St. Petersburg und eine in der Provinz. Spaeter war die Grosse Lodge Russlands geschafft, die von den Franzosen die Unabhaengigkeit bekommen hat.

Ueber die Taetigkeit der russischen Masonen heute, mir ist nichts bekannt. Man kann die Adressen der Lodgen im Nachschlagebuch nicht finden. Sie werden auch die Telefonnummer, Fax-Nr. oder eigene Seite in Internet nicht finden. Durch web-site irgendeiner deutschen oder franzoesischen Lodgen kann man nur die Verweisung auf die Postadresse finden: 109377 Moskau, Box #18. Vielleicht, hat ihen niemand gesagt, dass die Sowjetmacht nicht mehr existiert und dass man schon aus der Illigalitaet herauskommen kann!!! Ich verstehe das nicht! Jetzt, wenn die Moral in der Gesellschaft bis zu dem niedrigsten Niveau gefallen ist, wenn die Moeglichkeit der Rueckkehr der Kommunisten zur Macht noch existiert, wenn Nazionalisten aktiviert wurden und sind eigene Faschisten erschienen, es ist die Propaganda der Ideen der Freiheit, Gleichheit, Bruederlichkeit sehr notwendig. Ausserdem, braucht man die oeffentliche Meinung in Bezug auf Masonerie zu aendern. Jahrelang ueberzeugten die Kommunisten die Leuten davon, dass Masonen die Verschwoerer sind, dass irgendwelche globale Komplott existiert, dessen Zweck der Sturz der gesetzlichen Regierungen ist und usw. Die Kommunisten erzaehlen gerne ueber ?judisch - masonische Verschwoerung", aber die Mehrheit von ihnen weiss sogar nicht, dass diesen Begriff Rudolf Hess (Hitler's Stellvertreter) erdacht hat. Die Geschlossenheit der russischen Maurer hilft heute nicht, die oefentliche Meinung zu aendern. Und wenn man ueber der Taetigkeit russischeer Maurer in XVIII-XIX Jh. auf das Wohl der Gesellschaft und jeden Menschen viele Buecher schreiben kann, man kann auch auf einzelne Vertreter der russ. Masonerie stolz sein, so wird sich jemand ueber heutige russische Freimaurer wohl kaum in 100 Jahren erinnern.

Ein Paar Worte ueber mich. Ich bin 44 Jahre alt, wohne in Moskau, beschaeftige mich schon 18 Jahre mit dem Touristischen Business. Um nicht als einfacher Spiesser (Philister) zu sein, und nicht nur fuer sich selbst zu leben, habe ich im 1997 die nichtkommerzielle Gesellschaft "Wiederaufleben" ("Renaissance", "Revival") gegruendet. Die Gesellschaft ist nach den russischen Gesetzen offiziell registriert und hat im Ministerium der Justiz ? 8130 bekommen. Wir haben einige wohltaetige Aktionen unternommen (zum Beispiel, wir haben den Leuten geholfen, die aus erdbebengefaehrlichen Bezirke im Fernen Osten in den zentralen Teile Russlands umgesiedelt wurden). Zur Zeit versuchen wir (wieSie sehen), die Aufklaerungsarbeit zu leisten.

Wie Sie schon verstanden haben, bin ich ofiziell, leider kein F.·.M.·. Aber ich teile die Seele, die Moral und die moralischen Prinzipien der Masonerie. Ich bemuehe mich auch den anderen Leuten seine Geschichte und die Prinzipien zu erklaeren. Ich kaufe alle Buecher, die der Masonerie gewidmet sind. Ich will auch in Internet die Seite schaffen, die der Geschichte der russischen F.·.M.·. gewidmet wird. Andererseits, weiss ich nicht, ob ich das moralische Recht habe, das zu machen, da ich offiziell (ich betone: offiziell) kein Maurer bin.

Das waere alles fuer heute. Ich hoffe, dass ich Sie nicht enttaeuscht habe, dass ich kein F.·.M.·. bin. Wenn Sie noch die Fragen haben - so schreiben Sie mir ganz einfach. Ich bin immer zu Ihrer Verfuegung.

Wuensche Ihnen alles Gute.

Freundschaftlich,
Andrei Dmitrievskiy
(Mr., Hr., Br....)

Herrscher

  1. Peter III.,
  2. Paul I.
  3. Alexander II.

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