Rezension: W. Kirk MacNulty: Freemasonry: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 29. September 2013, 18:37 Uhr
Inhaltsverzeichnis
W. Kirk MacNulty: Freemasonry
Rezension von Roland Müller
Fast zu viele Bilder – aber kluge und informative Texte
W. Kirk MacNulty: Freemasonry. Symbols, Secrets, Significance. New York: Thames & Hudson 2006; dt.: Die Freimaurer. Das verborgene Wissen. Geschichte, Symbole, Geheimnisse der Logen. München: Herbig 2006.
Dieser gewichtige, prächtige quadratische Bildband ist eine Freude. Er enthält fast 400 Abbildungen, mehr als 300 davon in Farbe. Einige Beispiele: 44 sind Bijous, 32 Schurze, 13 Arbeitstafeln oder -teppiche, 9 Schachteln oder Dosen, 7 Porzellanteller; 8 Fotos zeigen das Innere von Tempeln.
Es sind fast zu viele Bilder!
Bilder und Texte sind auf 300 Seiten ineinander verwoben: Ein laufender Text wird immer wieder unterbrochen von Bildern unterschiedlicher Grösse mit zum Teil ausführlichen Legenden. So wird man mal neugierig blättern, mal ein Kapitel Fliesstext lesen, mal einzelne Bilder studieren.
Der Text ist leicht lesbar und informativ, klug und sachlich korrekt – kein Wunder, denn er Amerikaner W. Kirk MacNulty ist seit 1961 Freimaurer, Mitglied mehrerer Logen in den USA und England und lebt als Managementberater in Alexandria (Virginia). Er hat schon 1991 einen schönen, kleineren Bildband (mit 133 vorwiegend schwarz-weissen Abbildungen) über die Freimaurerei mit dem Untertitel „A Journey through Ritual und Symbol“ vorgelegt, und zwar mit auffällig psychologischen Deutungen.
Kurze Herkunft - weltweite Ausbreitung
Der Text umfasst acht Themen. (1) Die Einführung bietet eine kurze Erläuterung des Wesens der Freimaurerei: „Die Vorgehensweise der Freimaurerei ist ungewöhnlich, jedenfalls für zeitgenössische Betrachter. Sie vermittelt ihre Lehren stufenweise in einer Reihe als ‚Grade’ bezeichneter Rituale und durch den Gebrauch einer komplexen Symbolik, die sich grösstenteils aus den Werkzeugen und Praktiken der mittelalterlichen Steinmetzzünfte ableitet [vgl. 61]. Die rituelle Arbeit dieser Grade erfolgt in einer Loge, die als ‚symbolische’, als ‚blaue’ oder als ‚Johannisloge’ bezeichnet wird. Die Loge ist die Grundeinheit der Freimaurerei, die kleinste Einheit. Je nach geografischer Lage kann sie zwischen zwanzig und zweihundert Mitglieder umfassen. Jede Einzelloge untersteht einer ‚Grossloge’, die in der Freimaurerei die offizielle leitende Körperschaft darstellt. In der Regel verfügt jedes Land über eine Grossloge, in den Vereinigten Staaten jeder Bundesstaat“ (9, 13).
Nach einer knappen Schilderung der Ausbreitung der Freimaurerei seit 1717 wird die Frage der Regularität recht ausführlich und verständlich behandelt.
(2) Die Herkunft der modernen Freimaurerei ist umstritten. MacNulty betont mehrmals, dass sie jedenfalls nicht von den Templern herrührt (21, 45, 56). Das Interesse der Nicht-Werkleute an der Mitgliedschaft in einer Steinmetz-Loge im 17. Jahrhundert lag „in der Beschäftigung mit den Philosophen der Renaissance“, welche die „hermetisch-kabbalistischen Tradition“ des Altertums wieder entdeckt hatten (45; vgl. 21, 53, 92, 211).
(3) Auf über 60 Seiten wird nun die Ausbreitung der Freimaurerei seit 1717 über die ganze Welt geschildert. Der einleitende Fliesstext umfasst nur zwei Seiten; alles andere sind zum Teil sehr ausführliche Bildlegenden zu prächtig bestickten Schurzen, alten Stichen, Photos und maurerischen Gegenständen.
Logen und Symbole, Johannisgrade und Hochgrade
(4) Auf knapp 40 Seiten schildert MacNulty nun die Einrichtung der Loge und den Gang durch die drei Grade. „Die drei symbolischen Grade sind das Herz der Freimaurerei. Mithilfe komplexer Rituale und Belehrungen statten sie den Suchenden mit den nötigen Werkzeugen und Kenntnissen für die Arbeit an seiner inneren Entwicklung aus, zu der aber auch die brüderliche Atmosphäre der Loge beiträgt. Nachdem der Eingeweihte zum Gesellen befördert und abschliessend zum Meister erhoben wurde, kann er in ein Logenamt gewählt werden“ (143).
Die Loge sieht er „als Abbild des individuellen Maurers …, insbesondere der menschlichen Psyche“. Ja sogar die ganze Freimaurerei kann als „symbolisches Abbild der Psyche“ gesehen werden. „Eine psychologische Interpretation der Freimaurerei erlaubt es auch, die drei Grade als Bewusstseinsstufen innerhalb der menschlichen Psyche anzusehen“. Und schliesslich sind die Logenbeamten als „Verkörperungen der drei Bewusstseinsgrade“ zu sehen, „angefangen mit dem Bewusstsein der physischen Welt, das der Innere Wächter darstellt, bis zum Bewusstsein des Geistes, das der Meister vom Stuhl verkörpert“ (145; siehe auch 152).
(5) Verhältnismässig kurz werden die Hochgrade vorgestellt, dafür mit prächtigen Illustrationen und sehr informativen Legenden. Der einzig fehlende ist der „Rektifizierte Schottische Ritus“, dafür werden zahlreiche auf dem Kontinent wenig bekannte Orden vorgestellt.
Freimaurerei und Gesellschaft
(6) „Seit dem Tag ihrer Gründung engagiert sich die Freimaurerei aktiv in der Gesellschaft und tritt dabei vor allem karitativ in Erscheinung“ (215); dennoch „war die maurerische Geheimhaltung Ursache für Unverständnis, Misstrauen und Sorge“ (216). Es werden Bilder von gemischten und Frauenlogen gezeigt und manche farbige Zeichnungen und Karikaturen, welche sich über die Freimaurerei lustig machen (242-251).
(7) Folgerichtig werden daher einige Vorurteile gegenüber den Freimaurern näher beleuchtet, wie Planung einer „neuen Weltordnung“, Steuerung durch „geheime Obere“ oder Bedeutung einer Religion. Doch das Dilemma ist offensichtlich: Die Freimaurer „müssen beweisen, dass etwas nicht existiert, das angeblich von ihnen selbst geheim gehalten wird“ (257).
(8) Sowohl einfache Bürger wie Künstler der Avantgarde, Könige und Revolutionäre, Forscher und Filmschauspieler waren Freimaurer. Wie bei jedem Autor sind auch bei MacNulty – der verblüffend wenig nennt - einige fraglich, etwa Mirabeau (78, 116), Jacques-Louis David (114, 285) und Chagall (287) oder nicht Freimaurer, wie Lavoisier (78), Robespierre (116) und Louis Armstrong (292). König George VI. von England, der Vater von Königin Elisabeth, nahm intensiv an Freimaurerzeremonien teil und war der Überzeugung: “Die Welt benötigt heute spirituelle und moralische Erneuerung. Nach vielen Jahren der Mitgliedschaft in unserem Bund habe ich keine Zweifel, dass die Freimaurerei in dieser lebenswichtigen Frage eine äusserst wichtige Rolle spielen kann“ (300).
Kleinere Fehler
Die Übersetzung des neuen Werks ist lebendig und flüssig. Ärgerlich ist einzig, dass der Tapis (auch Arbeitstafel genannt, 13) als „Reissbrett“ oder gar „Zeichenbrett“ (96) bezeichnet wird (im Englischen heisst er „tracing board“, im Amerikanischen manchmal „trestle board“). Einzig auf Seite 163 taucht plötzlich ein „Teppich (Tapis)“ auf.
Kleinere Fehler sind: In der „Einführung“ gibt es einige Hinweise auf Fussnoten, die nirgendwo vorkommen (22-25). Nicht das „Gesetzbuch“ ist eines drei Grossen Lichter (276), sondern die Bibel oder das „Buch des heiligen Gesetzes“ (9); das Gesetzbuch wäre die Verfassung der Loge. Die „spezielle Bekleidung“ der Frauen-Grossloge ist links vom Text, nicht rechts (230). Das Lied „The Freemason’s Health“ kommt als Lied der Lehrlinge bereits in den „Alten Pflichten“ von 1723 vor, nicht erst 1730 (239). Der Zeichner, der 1782 die endgültige Fassung des amerikanischen Siegels vorlegte, hiess Thomson, nicht Thompson (265). Übrigens: Der erste Entwurf stammt von einem Schweizer Maler.
- Ausgearbeitet von Dr. phil. Roland Müller, Switzerland / Copyright © by Mueller Science 2001-2015 / All rights reserved - ESOTERIK von Dr. phil. Roland Müller
Siehe auch
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