Karl von Hessen-Kassel
Inhaltsverzeichnis
Karl, Landgraf von Hessen-Kassel
( Zeitgenössische Schreibweise: Landgraf Carl von Hessen-Kassel )
*1744 †1836, dänischer Feldmarschall, Statthalter in Schleswig und Holstein und Norwegen. Schwiegersohn des Königs Friedrich VI. von Dänemark, spielte in der Freimaurerei seiner Zeit eine führende Rolle.
Er betätigte sich als Logengründer und war 1778 Meister vom Stuhl der vier vereinigten Hamburger Logen der Strikten Observanz, in welcher er ein Jahr später Koadjutor des Heermeisters usw. wurde. Nach dem Wilhelmsbader Konvent bekleidete er im Rektifizierten System das Amt des Koadjutors des General-Großmeisters Herzog Ferdinand von Braunschweig, dem er später in seiner Würde folgte. In Dänemark erwirkte er der von ihm geleiteten Freimaurerei die Anerkennung als öffentlich-rechtliche Körperschaft.
Nach den Napoleonischen Kriegen nahm er die beiden vom Grand Orient de France gegründeten, vorwiegend aus jüdischen Mitgliedern zusammengesetzten Logen "Zur aufgehenden Morgenröte" in Frankfurt a. Main und "Zu den vereinigten Freunden" in Mainz unter seinen Schutz, gab ihnen neue Konstitutionen und der ersteren sogar ein Patent für ein Schottisches (christliches ! ) Kapitel.
1817 erteilte er den Stiftungsbrief für die Loge "Carl zum aufgehenden Licht" in Frankfurt.
Was den Landgrafen vor allem an die von ihm gänzlich falsch verstandene Freimaurerei fesselte, war sein grenzenloser Mystizimus, seine unstillbare Sucht, von "geheimen Oberen" das "wahre Geheimnis" zu erfahren. Restlos studierte er ein System nach dem anderen; er war `Philaleth, Rosenkreuzer, Asiatischer Bruder.
Von allen Seiten beschaffte er sich Rituale und "Akten", die ihm für seine fieberhafte alchimistische Tätigkeit Nutzen versprachen. Daß er unter diesen Umstanden nur zu oft ein 0pfer der Hochstapler und Betrüger wurde, die damals die Freimaurerei mißbrauchten liegt auf der Hand. U. a fiel er dem "Grafen Tourouvre" (s- d-) in Heilbronn herein. Dem Grafen Saint-Germain hielt er Treue bis zu dessen Tod.
Quelle: Lennhoff, Posner, Binder
Freimaurergarten Louisenlund
Grafik:Jens Rusch
Literatur über Louisenlund
Verlagstext: Mit dem wachsenden Interesse der Öffentlichkeit an den geheimen Gesellschaften der Vergangenheit rücken auch die Freimaurergärten, wie sie Ende des 18. Jahrhunderts in Mode waren, wieder in den Blickpunkt. Der Louisenlunder Landschaftsgarten an der Schlei ist einer der ganz wenigen Anlagen, die auch zerstörerische Zeiten einigermaßen unbeschadet überlebt haben. Viele geheimnisvolle Plätze mit tiefgründiger Bedeutung sind noch erhalten und werden nach und nach restauriert. Besucher finden heute einen symbolbeladenen Park vor, wie sie ihn sonst nirgends mehr in Europa antreffen können. Der Leser bekommt tiefe Einblicke in die vielschichtige Bedeutung jener Stationen, an denen seinerzeit die Suchenden todesnahe Mutproben abzulegen hatten, um Aufnahme in die Loge zu finden. Zahlreiche Bilder und ausführliche Erläuterungen machen mit der Mystik der verstreut liegenden Plätze und Denkmäler vertraut und enthüllen die ihnen innewohnenden Geheimnisse.
Über den Autor
Dr. Alf Hermann studierte in Tübingen und Hamburg Altertumswissenschaften, Philosophie und Kunstgeschichte. Er promovierte über die platonische Ethik und wurde Lehrbeauftragter für Gräzistik an der Philosophischen Fakultät der Universität Stuttgart. Später war er Mitarbeiter des Spiegel und freier Wissenschaftsjournalist. Seit 1984 ist Hermann pädagogischer Mitarbeiter der Stiftung Louisenlund und unterrichtet dort die Fächer Philosophie und Kunst. Nebenberuflich hält er kunsthistorische Vorträge an der Europäischen Akademie Sankelmark. Als Dozent für Ethik der Gesundheitswissenschaften veranstaltet er Kompaktseminare im Rahmen des Bachelor-Studiengangs an verschiedenen IB-Hochschulen.
Landgraf Carl und die freimaurerische Barmherzigkeit
- Ausarbeitung und Vortrag: Rainer Raup
- Johannis-Loge „Carl zur Treue“
"Hier im Schloss Louisenlund im Rahmen eines Vortrages den Landgrafen Carl von Hessen nicht zu erwähnen, wird kaum gelingen können. Und es wäre auch untunlich, das Leben von Br. Carl unberücksichtigt zu lassen, eröffnet er mir doch eine Fülle von Möglichkeiten, Wissenswertes über ihn mit einem freimaurerischen Thema zu verknüpfen. Konkret ist es heute mein Ziel, an einigen Beispielen das soziale Engagement des Landgrafen darzustellen, um in diesem Zusammenhang den freimaurerischen Gedanken der Gottes- und Menschenliebe, die Wohltätigkeit im Allgemeinen sowie die Barmherzigkeit des Freimaurers im Besonderen in den Mittelpunkt zu rücken.
Zunächst also ein Blick auf eine Persönlichkeit der schleswig-holsteinischen Landesgeschichte des 18. und 19. Jahrhunderts, die zahlreiche Zeugnisse hinterlassen hat. Carl wurde am 19. Dezember 1744 in Kassel geboren. Sein Großvater mütterlicherseits war George II. von England, der in Personalunion Kurfürst von Hannover war. Um seine Erziehung und Ausbildung kümmerten sich wegen der damaligen schwierigen Zeiten zunächst schweizerische Lehrer. Einer von ihnen hatte bei Carl einen tiefen Eindruck hinterlassen. Immer dann, wenn Carl in Kinder- und Jugendtagen seinen Status zu sehr herauskehrte, stellte der Pädagoge unmissverständlich fest: „Bildet Euch (gemeint waren Carl und seine Brüder Wilhelm und Friedrich) nichts darauf ein, dass ihr Prinzen seid, denkt daran, dass ihr aus demselben Stoffe seid wie alle übrigen Menschen und dass nur das Verdienst den Wert des Menschen bestimmt.“ „Niemand war mehr als ich von dieser Wahrheit überzeugt“, notierte Carl in seinen Lebenserinnerungen.
Carls Großvater väterlicherseits Wilhelm VIII., ein strenger Calvinist, setzte dem fortschrittlichen Erziehungskonzept jedoch ein Ende, infolgedessen Carl eine außergewöhnlich intensive Religiosität entwickelte. Carl hat sich Zeit seines Lebens stets offen zu seinem Christentum bekannt. Dazu ein Zitat Carls von 1766: „Gott hat mich in meiner langen Laufbahn geleitet, gestützt und geführt und seiner Gnade habe ich es zu verdanken, dass Er trotz aller Mängel niemals zugelassen hat, dass mein Glaube und mein Vertrauen zu Ihm auch nur für einen Augenblick geschwankt hätte.“ Einem Zeitgenossen vertraute Br. Carl an, dass er selbst davon überzeugt sei, dass keiner Jesus mehr liebe als er. Ende des 18. Jahrhunderts verbanden Landgraf Carl von Hessen und der preußische König Friedrich der Große eine enge Freundschaft. Überliefert ist folgende Äußerung unseres Bruders Friedrich: „Ich habe niemals einen Kopf gesehen, wie den dieses Prinzen Carl. Er lässt nie seine Meinung fahren, ich mag sagen was ich will.“
Der Familientradition folgend, trat Carl 17-jährig in den aktiven dänischen Militärdienst ein, nachdem er im dänischen Gesamtstaat seine zweite Heimat gefunden hatte. 1766 heiratete Carl die Prinzessin Louise von Dänemark. Am 9. November 1767 wurde Carl auf eigenen Wunsch zum Statthalter in den Herzogtümern Schleswig und Holstein mit Amtssitz auf Schloss Gottorf ernannt und hatte damit eine Art Mittelinstanz zwischen dem dänischen König und den Behörden auf lokaler Ebene inne. Ein Jahr später erhielt Carls Frau Louise das Gut „Tegelhof“, das fortan den Namen „Louisenlund“ trug und zu einem schlossähnlichen Gebäude erweitert wurde. Es diente der Familie im Sommer als Wohnsitz und hatte große gesellschaftliche Bedeutung. Prinz Carl hatte das Amt des Statthalters fast 70 Jahre lang inne.
Carl von Hessen hat während seiner Statthalterschaft in den Herzogtümern Schleswig und Holstein viele Dinge in Bewegung gesetzt, die zum Teil noch heute mit seinem Namen verbunden sind. Besonders in der Stadt Schleswig genoss er hohes Ansehen.
In der Grundstein-Urkunde des 1794 neu gebauten Rathauses wird er als „vielgeliebter Bürgerfreund“ bezeichnet. Bereits am 24. März 1775 war er Mitglied der in Schleswig ansässigen Freimaurerloge „Joshua zum Korallenbaum“ geworden; die Freimaurerei sollte für sein gesamtes Leben bedeutsam sein.
Sein Wunsch, in die Freimaurerloge aufgenommen zu werden, lässt sich schnell erklären. Auf der Suche nach einer Gemeinschaft mit Gott sah Carl den Freimaurerorden als sinnbildende Basis an. Carl galt als passionierter Freimaurer und stand über 60 Jahre an der Spitze der dänischen Brüder, zunächst als Provinzial-, später dann als Generalgroßmeister des Ordens, mit entsprechendem Einfluss auf dessen Verbreitung und Erneuerung. Was ihm besonders am Herzen lag, listete er in einem „Ritual“ auf, das er an alle neu eröffneten Logen versandte: Glaube, Hoffnung, Demut, christliche Liebe, Wohltätigkeit, Keuschheit und Beständigkeit seien die sieben Tugenden, denen sich die Maurer verpflichtet fühlen sollten.
Einige ausgewählte Beispiele sollen deutlich machen, dass Bruder Carl nicht nur Tugenden von seinen Brüdern einfordert hat. Auch er ließ sich daran messen. So errichtete er das Schleswiger Hoftheater (dessen Niveau der großen deutschen Bühnen entsprach) und verhalf der Stadt Schleswig zu neuem kulturellen Glanz. Von Schleswigs Bürgern wurde dankbar begrüßt, dass Teile der Gottorfer Parkanlagen in Carls Statthalterzeit für sie geöffnet wurden. In Rendsburg förderte er die Carlshütte. Diese Gießerei hatte größte Bedeutung für die Industrialisierung der Herzogtümer. Als Wirtschaftsförderer dachte Bruder Carl sehr modern. Er förderte nämlich private Unternehmensgründungen, in deren Folge zahlreiche neue Fabrikarbeitsplätze geschaffen wurden. Dadurch wurden die armen Teile der Bevölkerung mit Arbeit und damit mit Nahrung versorgt. Außer für wirtschaftliche Maßnahmen setzte sich Carl im Rahmen der von ihm geförderten produktiven Armenfürsorge auch sozialpolitisch ein. Als markantestes Beispiel gelten seine Armengärten. Seine Idee startete zunächst in Kappeln, wo er bedürftigen Bürgern von seinem Gut Land zur Errichtung von Gärten überließ, die ihm zu Ehren dann „Carlsgärten“ genannt wurden. Nach dem Kappelner Vorbild entstanden danach überall in den Herzogtümern und im Königreich Dänemark Armengärten, die als Vorläufer der Kleingartenbewegung gelten. Im Jahr der französischen Revolution (1789) begann Bruder Carl mit der Umwandlung eines seiner weiteren Güter, indem das Gut parzelliert wurde und die einzelnen Parzellen an die Bauern verkauft bzw. verpachtet wurden. Ein Jahr später hob er die Leibeigenschaft in weiteren Gutsbezirken auf. In Schleswig setzte sich Carl von Hessen mit besonderem Engagement in der Schleswig-Holsteinischen Bibelgesellschaft ein. Das grundlegende Ziel der Gesellschaft war, die die Kenntnis der Bibel den religiösen Sinn wiederzubeleben und christliche Frömmigkeit zu verstärken. Er förderte in diesem Zusammenhang persönlich den Druck und die Verteilung der Bibeln. Ein im Jahre 1802 errichtetes Armenhaus in der Stadtmitte Schleswigs war ebenfalls von Br. Carl und der Freimaurerloge gefördert worden.
Carl von Hessen wurde von seinen Zeitgenossen als hochbegabt und liebenswürdig gekennzeichnet. In seinen Lebenserinnerungen schrieb er über sich, dass ihm übertriebenes Standesdenken zuwider gewesen sei. Auch wenn gegenüber dieser Aussage gewisse Zweifel angebracht sind, so trifft es zweifellos zu, dass Carl beim Volk sehr beliebt war – in der Stadt Schleswig nannte man ihn meistens voll Hochachtung nur „Carl Landgraf“ – und dass bei ihm alle Stände, vom biederen Handwerksmeister bis hinauf zum gelehrten Professor der Kieler Landesuniversität, gleich willkommen Zutritt hatten (Gerhard Knaack in Biographie eines Wanderers zwischen zwei Welten, S. 77).
Beschäftigt man sich mit den Quellen, stoßen wir auf Carls Vielseitigkeit, seine Neugier und auf einen unruhigen Geist. Es wird aber auch eine bescheidene und gewinnende Art deutlich, welche den Landgrafen geprägt haben. Bruder Carl von Hessen starb am 17. August 1836 91-jährig auf Louisenlund.
Auch wenn Bruder Carl aufgrund seines Standes einerseits und der ihm zur Verfügung stehenden Mittel andererseits die Möglichkeiten hatte, viel Gutes zu tun, so war ein derartiges Verhalten wahrlich keine Selbstverständlichkeit. Sein tiefer Glaube an Gott und seine freimaurerische Überzeugung dürften die Grundlagen für seine Hilfsbereitschaft und sein Mitgefühl gewesen sein. Was Bruder Carl praktiziert hat, bezeichnen wir Freimaurer als Barmherzigkeit, eine der vier Meistertugenden.
Unter Barmherzigkeit verstehen wir im Allgemeinen das Mitgefühl mit Leidenden und die daraus entspringende Hilfe als Zeichen der christlichen Nächstenliebe. Das Alte und das Neue Testament preisen die Barmherzigkeit als Eigenschaft Gottes (Ex 34,6) und als Kennzeichen wahren christlichen Lebens. Kurz und bündig fordert uns Lukas auf (6,36): „Werdet barmherzig, so wie euer Vater barmherzig ist.“ Die Barmherzigkeit des Menschen wird deshalb in den Tugendkatalogen angeführt, so im Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Ephesus (4,32): „Seit freundlich und hilfsbereit zueinander.“ Und ihm 1. Brief des Apostels Petrus (3,8) lesen wir: „Euch allen schließlich sage ich: Haltet in derselben Gesinnung zusammen und habt Mitgefühl füreinander. Liebt euch gegenseitig als Brüder und Schwestern. Seid gütig und zuvorkommend zueinander.“
Da sich unser Freimaurerorden auf das Christentum gründet, zählt folglich die Barmherzigkeit zu den vier Meistertugenden. Nach dem aktuellen Ritual stellt der 1. Aufseher (unsere Vernunft) während der Schließung der Johannis-Lehrlingsloge fest, dass ein Freimaurer neben der Verschwiegenheit, der Vorsichtigkeit und der Mäßigkeit auch der Tugend der Barmherzigkeit nachstreben soll. Und es ist dann der 2. Aufseher (unser Gewissen), der nach erfolgter Sammlung der Gaben der Liebe feststellt, dass die Brüder ihre Pflicht erfüllt haben und bereit sind, ihren Lohn zu empfangen. Die Erwähnung der Barmherzigkeit durch unsere Vernunft und unser Gewissen im Rahmen unseres Rituals soll uns wachrütteln. Falsch wäre es, die vierte und letzte Schuldigkeit eines rechtschaffenen Freimaurers, namentlich die Barmherzigkeit, mit der Schließung der Loge als erfüllt anzusehen. Nein, auch hier gilt der Grundsatz von Gedanke, Wille und Tat. Und das bedeutet, dass der Freimaurer die Meistertugenden vor, während und nach der Tempelarbeit nachstreben muss.
Links
- Ludwig-Verlag. Erhältlich über SCHOPF
- Carl zur Treue Schleswig