Ratschky über Haschka, 1785
Ratschky über Haschka, 1785
Gedichte von Joseph Franz Ratschky. Wien 1791, 215-221
Das Gedicht ist vermutlich auf Lorenz Leopold Haschka (1749-1827) als Barde gemünzt.
siehe:
Hans Veigl: Einzelgänger & Exzentriker. Aussenseiter wider den Zeitgeist. Wien: Böhlau 2008, 53-74
Haschka wurde laut „Allgemeines Handbuch der Freimaurerei“, 1900, 429,
1781 in die Wiener Loge „Zum heiligen Joseph“ aufgenommen
Der junge Odendichter.
Wien im Weinmond 1785.
Blest art indeed and glorious eloquence, Where empty noise supplies the want of sense!
Pitt.
In einer Feyerabendstunde,
Als Titans röthlichgoldner Strahl
Sich allgemach bergunter stahl,
Macht' ich jüngst um den Wall die Runde:
Da stieß mir in gesporntem Lauf
Ein junger Musenzögling auf.
Willkommen, Bruder! sprach der rasche
Bartlose Dichterling zu mir,
Und zog ein Blättchen aus der Tasche.
Welch Glück für mich, dass ich Sie hier
Zu so gelegner Zeit getroffen!
Sie sollen über ein Paar Strophen,
Die ich, Gottlob! so eben nun
Nach langem schmerzlichen Bestreben
Zur Welt gebar, den Ausspruch thun.
Der Neugebornen Tod und Leben
Vertrau' ich Ihrer Willkühr an;
Denn, Freund! Sie sind ein wackrer Mann,
Der selber aus dem Quell der Dichter
Gern der Begeistrung Wonne schlürft,
Und dem, als einem biedern Richter,
Mein Geist sich willig unterwirft.
Entscheiden Sie als Freund und Kenner,
Ob diesem kleinen Lobgedicht
Der Stempel des Genies gebricht!
Die dreymaldreyfach grossen Männer,
Die durch ihr Licht das Labyrinth
Der Maurerey erhellen, sind
Der Inhalt meiner kühnen Ode.
Ich suchte nach der neusten Mode
Die Sprach' ein Bisschen zu verdrehn,
Und Worte, die hübsch nervicht klingen,
Die Backen, wie ein Segel, blähn,
Und stürmend um die Ohren wehn,
In's Sylbenmaß hineinzuzwingen;
Denn Dichter, die bis zu den Höhn
Der Sonn' empor auf Adlerschwingen
Die Mus' erhebt, muss unter zehn
Nur einer halb und halb verstehn.
Die Zeit ist hin, wo unsre alten
Reimstümper Uz und Hagedorn
Trotz ihrem schlechten Schrot und Korn
Für ächte gute Münze galten.
Bey diesem drollichten Prolog,
Wodurch mein Männchen mit Emphase
Für seinen Unsinn focht, verzog
Ich Auge, Stirne, Mund und Nase,
Um des Gelächters Ungestüm,
So gut ich konnte, zu bekämpfen;
Denn eines jungen Dichters Grimm
Ist, wie bekannt, gar schwer zu dämpfen,
Und flammet, gleich verdorrtem Stroh,
Im Augenblicke lichterloh.
Ich suchte weislich mich zu fassen,
Und musste halb aus Bruderpflicht
Und halb aus Furcht durch sein Gedicht
Mein Trommelfell erschüttern lassen.
Mit tollen seltsamen Grimassen
Fieng unser junger Versemann
Nun seinen rauhen Päan an,
Und zog mit seinem Versgepolter
Mein Ohr, wie einst Domizian
Die Christen, schrecklich auf die Folter.
Geneigter Leser, hör' auch du,
Wie ich es that, mit ernster Stille
Dem skandinavischen Gebrülle
Des Herolds deutscher Skalden zu!
Dreymal drey Sonnenwenden vergeudet' ich,
Die Midasohren Geistesverschnittener
Durch Reimgetön zu kitzeln. Nimmer
Fröhn' ich dem Schellengeklingel förder.
Fleug Odenflug, mein kühner Gesang, hinfür! Sternschnuppen gleich, scheuß stolz durch den Äther hin! Sprich Hohn dem weichen Brautlenzreihnsang! Schalle nur donnernden Feldschlachtzornlaut!
Wer ist der Erstling, den du, mein Saitenspiel! Mit Windsbrautssturmkraft schnell wie Gedankenflug Zum Sternenocean hinanhebst? ..... Edle Dynasten des königlichen
Dreydrillingsbundes, ihr seyd des Barden Stoff: Euch hebt die Tuba bis an den Sternenkamp; Ihr seyd die sicheren Piloten Aufschlusserwartender Lichtumsegler.
Ihr seyd der tausendarmige Strom, der, ein Leitfaden, strömt durch's mystische Labyrinth: Ihr seyd der Pfeiler, der die große Ampel des strahlenumströmten Lichts trägt.
Ihr seyd der Pfeilblitz, welcher den Waller durch Gewitternachtgraun wonnige Pfade führt: Ihr seyd der Aar, der unterm Fittig Seiner befiederten Kindlein Brut schirmt.
Lobtönt, Posaunen! lispelt, o Harfen, Dank! Psalmt Preis, ihr Zymbeln! jubelt, Trompeten! feyrt Laut von Äon hin zu Äon die Ehre der Erben des Lichtstrahlquellstroms!
Vortrefflich! rief ich, meisterlich!
Sie ließen, wär's um eine Wette
Zu thun, selbst Pindarn hinter sich.
O pulcre, bene, recte! ….. Hätte
Mir die Natur auch einen Mund
Von Stahl und Eisen, einen Schlund
Von Kupfer, tausend ehrne Zungen
Und tausend adamantne Lungen,
Ihr Loblied kundzuthun, verliehn,
Nie reichten meine Kräfte hin;
Denn höher, feuriger und kühner
Schwang wahrlich keiner noch vom Chor
Der Odensänger sich empor .....
Ich bin Ihr ganz ergebner Diener.