Zedler 1739

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Zedler 1739

Recherche Roland Müller

Maurer und Maurer (Frey-)

Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste Halle und Leipzig, Verlegts Johann Heinrich Zedler, Neunzehender Band, 1739 (Hauptredaktor der Bände 19-64: Carl Günther Ludovici)

Spalten 2203-2209

[Diese historische Abhandlung zu „Maurer“ schliesst sich weitgehend und vielfach wörtlich an die „Geschichte“ in Andersons Konstitutionenbuch von 1723 an.
Vorlage war vermutlich:
Gründliche Nachricht von den Frey-Maurern, nebst beygefügter historischer Schutz-Schrifft. 1738.]

Maurer, Mauer-Meister, Faber murarius, Frantzösisch Maçon, ist ein Handwercksmann, so aus gehauenen oder gebackenen Steinen, Gebäude aufführt, und betünchet.

Die Maurer haben ein geschenckt Handwerck, und machen zum Meisterstück ein Creutz-Gewölb nach vergnügten Maßstab von Alabaster und Kreiden, so vier Schuh ins gevierte haben muß.

Ihr gewöhnliches Werckzeug sind, grosse und kleine Pickelhauen, Maur-Hammer, womit sie die Steine behauen und schlichten, Maur-Kellen, womit sie den Kalck auftragen; Quadranten u. Richtscheite, womit sie die Maur richten, Pinsel, zum Tünchen und Wassersprengen u. d. g.

Daß dergleichen Handwercks-Leute von den ersten Zeiten der Welt vorhanden gewesen, erhellet aus folgenden: Cain bauete eine Stadt, welche er nach dem Namen seines ältesten Sohns Hanoch hieß. Seine Nachkommen folgten seinem Exempel, und übten sich nebst der Geometrie auch im Maurer-Handwerck; also erfand Jabal, wie man Gezelte aufrichten, und mit Stein und Holtz bauen könnte. Man darff aber nicht gedencken, als wenn die Nachkommen Seths, welcher zuerst die Astronomie oder Stern-Wissenschaft gelehret, den Söhnen Cains in Ausübung der Bau-Kunst und des Maurer Handwercks was nachgegeben hatten. Denn Henoch, der fünffte nach Seth, welcher die Sündfluthund den letzten Untergang der Welt durch Feuer vorher verkündigte, richtete 2 Säulen auf, eine von Stein, die andere von Ziegeln, worauf die freyen Künste von ihm geschrieben wurden. Die Seule von Stein ist in Syrien bis auf die Zeiten Vespasiani annoch vorhanden gewesen.

Das erste Stück der Baukunst, so unter Göttl. Anführung verfertiget worden, war die Arche des Noah, worinn derselbe nebst seinen 3 Söhnen, Japhet, Sem und Ham, welche allesamt die Baukunst u. Maurer-Arbeit verstunden, vor dem Untergang bewahret blieben. Diese haben hernach die Geometrie u. Baukunst ihren Kindern mitgetheilet; denn wir finden, daß eine grosse Anzahl derselben sich ohngefehr 101 Jahr nach der Sündfluth in der Ebene vor Sinear versammlet, um daselbst eine Stadt u..grossen Thurm, neml. den Thurm Babel, zu bauen, damit sie sich einen Namen machen möchten.

Ob sie nun wol durch die Verwirrung der Sprachen diesem Unternehmen gehindert worden, so blieb nichts destoweniger die Wissenschaft der Baukunst u. des Maurer-Handwercks in beständiger Übung; wie denn Nimrod, der Stiffter der Assyrischen Monarchie, nach der allgemeinen Zerstreuung die Städte Ninive, Rehoboth, u. andere mehr erbauet. Auch ist kein Zweiffel, daß nachmals die gelehrten Mathematici in selbigen Landen, welche Magi geheissen, nebst der Geometrie auch das Mauer-Handwerck unter dem Schutz der Könige u. grossen Leute des Morgenlandes zu mehrerer Vollkommenheit gebracht haben.

Die Verwirrung der Sprachen nöthigte zwar, wie oben gedacht, die Maurer zu der alten Gewohnheit bey ihrem Umgang sich der Rede zu enthalten; allein dadurch wurde die Fortsetzung des Maurer-Handwercks bey ihren zerstreueten Colonien so wenig unterbrochen, daß im Gegentheil die Nachkommen Sems in Asien, des Hams in Africa, u. des Japhets in Europa, gnugsame Denckmale hinter sich gelassen, um daraus ihre grosse Geschicklichkeit in dem Mauerwesen zu erkennen.

Jedoch haben es unter selbigen die Assyrier und Egyptier in dieser Wissenschaft dem Ansehen nach am höchsten gebracht, wie man davon an den Mauren zu Babylon u. den Egyptischen Pyramiden, welche mit unter die 7 Wunder der Welt gerechnet worden, eine augenscheinl. Probe findet. Hieher gehört nichtweniger der Tempel der Diana zu Ephesus, ein Wunder der Welt, welcher unter der Anführung der Mauer-Meister, Dresiphon und Archiphron, zum Stande gebracht worden.

Auch muß man das Begräbniß des Mausolus, Königs in Carien nicht mit Stillschweigen übergehen. Dieses war gleichfalls ein Wunder der Weit, und ward auf Befehl der Artemisia, besagten Königs Wittwe, mit sonderbarem Pracht erbauet, wobey die vier grösten Baumeister selbiger Zeit, Leochares, Briax, Scopas und Timotheus, ihre Kunst bewiesen.

Wiewol die Nachkommen des grossen Abrahams, welcher die Egyptier in den Wissenschafften der Assyrer unterrichtet, nur Fremdlinge und Vieh-Hirten in Egypten gewesen, folglich sich um die Bau-Kunst weiter nicht, als bey Ausschlagung ihrer Gezelte, bekümmert, so wurden sie dennoch ohngefehr 86 Jahr vor ihrem Ausgang durch die mächtige Hand der Vorsehung zu der Bau-Arbeit in Stein und Ziegeln gezogen, in der Absicht, damit sie vor Erlangung des gelobten Landes, welches damals wegen der Mauer-Wercke berühmt war, selbst gute Maurer werden mochten. Mittlerweile, daß diese Nation in den Arabischen Wüsteneyen umher zog, ward von dem Bezaleel und Ahaliab, die herrliche Stiffts-Hütte, welche nachmals dem Salomonischen Tempel zu einem Muster gedienet, nach der von Gott dem Moses auf dem Berge gegebenen Vorschrifft erbauet.

Die Israeliten brachten es in Ausübung der Geometrie und Bau-Kunst so weit, daß sie vor den Cananitern selbst einen Vorzug erlangten. Der sonst prächtige Tempel des Dagon, welchen Simson zerstöret, und andere weniger bekannte Gebäude desselbigen Landes, kamen mit dem Tempel Gottes zu Jerusalem gar nicht in Vergleichung. Der weiseste und prächtigste unter den Königen, Salomon, hatte diesen erstaunens-würdigen Bau ohne einzigen Schall der Werckzeuge verfertigen lassen. Die Arbeit geschahe unter der Aufsicht von 3300 Mauer-Meistern; auf dem Gebürge waren 80 000 Mann mit Aushauung der Steine beschäftiget, 70 000 musten die besten zutragen, und 30 000, so unter dem Adoniram stunden, arbeiteten wechselsweise nebst den Sidoniern auf dem Berge Libanon, daß also die Anzahl der Arbeiter sich überhaupt bis auf 183 600 Mann erstreckte.

Dieser herrliche Tempel, über welchen die Welt erstaunet, ward mit unglaublichen Kosten innerhalb 7 Jahren und 6 Monaten vollendet. Die Mauer, so denselben umgab, enthielt 7700 Schuh im Umkreiß, und in den Vorhäfen und Gemächern konnten 300 000 Menschen Platz finden. Man sahe daselbst 1453 Seulen, 2906 Marmor-Pfeiler mit ansehnlichen Capitalien, und bey 2246 Fenster. Inwendig waren nebst dm herrlichen Auszierungen sehr kostbare Zimmer für die Könige, Fürsten und Priester anzutreffen.
Man thut daher nicht unrecht, wenn man diesen Tempel für das feinste Stück in der Mauer-Arbeit erkennet. Gleichwie nun dieses unvergleichliche Gebäude unter der Vorsorge und Anordnung des Höchsten aufgeführet worden; also ward es von allen Arbeitern für das vollkommenste Muster geachtet, wornach sie die Bau-Kunst ihrer Länder verbessert, und das Mauer-Handwerck unter allen benachbarten Völckern eingerichtet; da denn manche ausbündige Wercke aufgeführet worden, von deren Pracht einige noch vorhandene Denckmahle zeugen

Indessen konten weder die erstaunens-würdige Mauren, Tempel und Palläste, so Nebucadnezar zu Babylon angeleget, noch der Dianen Tempel zu Ephesus, noch alle die berühmteste Gebäude in Asien, Griechenland und Rom in Ansehung der vollkommenen Bau-Kunst mit dem Tempel Gottes verglichen werden.

Da 416 Jahr nach der Vollendung dieses Tempels verflossen waren, wurde derselbe von dem Assyrischen König Nebucadnezar eingeäschert, und die übrigen Juden gefangen nach Babylon geführet. Nach ihrer Rückkunfft unter des grossen Cyri Regierung baueten sie einen andern Tempel, insgemein der Tempel Zorobabels genannt, welcher zwar erstaunliche Mühe und Arbeit gekostet, aber dem ersten bey weitem nicht gleich gekommen.
Eine geraume Zeit hernach unternahm Herodes den Bau eines dritten Tempels, welcher innerhalb 43 Jahren mit grossem Pracht vollendet, von den aufrührischen Juden aber zu der Zeit, als Titus Vespasianus die Stadt erobert, in die Asche geleget worden.

Nach Erbauung des Salomonischen, sonderlich aber des Zorobabelischen Tempels, brachten die Griechen diese Kunst nach ihrem Vaterlande hinüber, und führten verschiedene herrliche Gebäude auf, als das Schloß zu Athen, die Tempel der Minerva, des Theseus und des Jupiter Olympius, ihre Hallen, Schwibbögen, Rath-Hauser, Gymnasien und manche vortreffliche Palläste, wovon die Merckmahle bis auf den heutigen Tag annoch vorhanden.

Der König in Egypten Ptolemäus Philadelphia, ließ unter andern grossen Gebäuden dm berühmte» Wach-Thurm Pharos aufführen, welchen man unter die sieben Wunder der Welt gezehlet.

Unter der Regierung des Kaysers Augusti, da der Glantz des Römischen Reiche auf den höchsten Grad gestiegen, ward Christus der grosse Baumeister der Kirche, gebohren, welcher einen allgemeinen Frieden verkündigte, und den berühmten Baumeistern selbiger Zeit Gelegenheit gab, allerley Erfindungen in dieser edlen Kunst zu machen, und verschiedene herrliche Gebäude aufzuführen, deren Überbleibsel bis auf den heutigen Tag zu einem Muster der rechten Bau-Kunst dienen.

Der grosse Vitruv, welcher damals geblühet, wird für den Vater aller unserer heutigen Baumeister gehalten, und diese richten alle ihre Sorgfalt dahin, der Augustischen Bau-Art in ihren Wercken nachzuahmen. Die Bau-Kunst und das Mauer-Handwerck blühete ferner bis auf das 5. Jahrhundert nach Christi Geburt, als das Römische Reich von den Gothen und Vandalen überschwemmet wurde. Diese zerstöhrten den grösten Theil der alten Röm. Gebäude, und führten dagegen ihre eigene verwirrte Bau-Kunst ein, welche zwar mit gar schlechter Wissenschafft in der Geometrie verknüpfft war, gleichwol aber bis auf das 15. und 16. Jahrhundert die Ober-Hand in der Welt behielte.

Nunmehr begonnte die Augustische Bau-Art in Italien durch den Fleiß des Bramante, Barbaro, Michel Angelo, Raphael Urbin, Scamozzi, Vignola und anderer Baumeister, insonderheit aber des grossen Palladio gleichsam wieder aufzuleben, unter welchen der letztere in Engeland an dem berühmten Mauer-Meister Inigo Jones, einen geschickten Nachfolger bekommen.
Die Gothische Bau-Kunst ward in Engeland schon zur Zeit der Heptarchie oder sieben Königreiche sehr in Schwang gebracht, nachdem Carl Martellus, Regent von Franckreich, auf Ansuchen der Sächsischen Könige unterschiedene erfahrne Baumeister und Handwercks-Leute nach dieser Insel abgeschickt hatte.

Was aber die fernerweitige Nachricht von den allda neu aufgenommenen Brüdern anlanget, davon siehe den Artikel Maurer (Frey.)


[Der nachfolgende Beitrag zitiert weitgehend wörtlich:
Gründliche Nachricht von den Frey-Maurern, nebst beygefügter historischer Schutz-Schrifft. 1738; 2. Aufl. 1740, 60, 66, 71-73, 75, 136,]


Maurer (Frey-) ist eine so alte als berühmte Brüderschafft in Engeland, welche insonderheit seit einigen Jahren grosses Aufsehen gemachet hat. Denn daß diese Zunfft der Frey-Maurer daselbst ihren rechten Sitz habe, und nicht allein von den Zeiten Heinrichs VIII. und der Königin Elisabeth her, welch letztere sich vergebens bemühet, hinter ihre Geheimnisse zu kommen, in beständigem Flor gestanden, sondern auch seit dem Jahr 1721 die Anzahl ihrer Logen allda gewaltig vermehret, ist eine ausgemachte Sache; immassen nur allein in der eintzigen Stadt Londen, und in deren Gegenden, zwantzig besondere Logen anzutreffen, worinnen die Mit-Brüder sich versammlen, deren jede eine Gattung Dechanten und Aeltesten, alle aber ein allgemeines Ober-Haupt, oder General, unter dem Titel eines Groß-Meisters haben, der alle Jahre in einer angestellten General-Versammlung entweder anderweit bestätiget oder abgewechselt wird.

Hiernächst aber sind die besondern Brüderschaften, die sich nach diesem Exempel und Vorbilde nachher auch in andern Ländern formiret, also beschaffen, daß ihr Vorgeben, ob sey die Architectur der einzige vornehmste Gegenstand ihrer Versammlungen, keinesweges zu glauben, sintemal die Glieder dieser Gesellschafft solche Sachen mit einander tractirten, die keinen anderm erlaubet sind zu wissen, als nur denen Mit-Brüdern; wie sie sich denn auch auf das stärckste verbinden, solche geheim zu halten, und zwar, so viel man in Erfahrung gebracht, durch einen Eyd, der so viel härtere und grössere Straffen in sich fasset, als niemanden, ausser dem Landes-Herrn, zu statuiren zukommt; gleichergestalt sollen diese Mit-Brüder gewisse Kennzeichen an sich haben, daran sie einander kennen, auch durch Zeichen einander ihre Gedancken eröffnen können; über dieses pflegen sie die Thüren und die Eingänge des Orts ihrer Versammlungen durch iemanden aus ihrem Mittel, mit dem entblößten Degen in der Hand bewachen zu lassen, um dadurch zu verhindern, damit kein Fremder hineinkommen könne.

Vermöge ihrer Constitutionen mögen in diese Gesellschafft aufgenommen werden die Personen von allen Religionen und Secten, wenn sie nur die Regeln der Moral als gültig erkennen, und übrigens als ehrliche Leute leben, nur allein die Atheisten und Verächter der Gesetze ausgenommen; und sollen dieselben zwar in Wahrheit gehalten seyn, sich als ruhige Unterthanen gegen die Bürgerliche Obrigkeit zu verhalten, hingegen aber ein des Aufruhrs wider den Staat Uberführter, wenn er nur sonst keine andere Verbrechen auf sich hat, nicht aus der Brüderschaft zu stossen seyn.

Wie nun also gewiß, daß diese Brüderschafft ihren Ursprung zuerst in Engeland genommen, und sich allda sehr vermehret; so sind diejenigen, welche sich auch in andern Ländern ausgebreitet, als Abstämmlinge von diesem anzusehen, und hat sich dieselbe zuerst in Holland eingefunden. In welchem Jahr, und bey was für Gelegenheit dieses geschehen, kan man zwar so eigentlich nicht sagen; doch aber ist dieses gewiß, daß die Regierung der vereinigten Niederlande im Jahr 1735 zuerst entdecket, wie die Frey-Maurer nicht nur im Haag zwey Logen, eine für die Holländer, und die andere für die Engeländer aufgerichtet, sondern auch zu Amsterdam dergleichen gethan, und daselbst eine Loge für die Englische, eine andere aber für die Frantzösische Nation angeleget hätten. Im folgenden 1736 Jahr ward es auch in Franckreich ruchtbar, daß sich die Frey-Maurer-Zunfft daselbst eingefunden habe.

Man will auch bemercket haben, daß diese Brüderschafft ferner in Italien und Deutschland anzutreffen sey, und zwar was Italien betrifft, hat sich daselbst eine Gesellschafft unter dem Namen Cucchiara, welches Wort eine Maur-Kelle bedeutet, hervorgethan.

Ein mehrers von der Frey-Maurer-Gesellschafft, ihrer Einrichtung und Schicksalen, findet man in der gründlichen Nachricht von den Frey-Maurern etc. Franckfurth 1738 in 8; und in der allgemeinen und aufrichtigen Beschreibung der Zunfft der Frey-Maurer, Leipzig in 8 [das ist die Übersetzung der „Masonry Dissected“ von Samuel Prichard].

So hat man auch vor einiger Zeit angefangen zu Leipzig wöchentlich ein moralisches Blat ausgehen zu lassen, welches noch fortgesetzet wird, dem man durch den beygelegten Titel des Frey-Maurers Liebhaber zu verschaffen vermeynet.


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