Guttempler Orden

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Guttemplerorden

Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)

1852 unter dem Namen "Independent Order of Good Templars" von Cood in New York gegründet in Grade und Logen geteilt, hat zum Hauptzweck die Bekämpfung des Alkohols und seiner Folgen und verlangt strengste Enthaltsamkeit von allen alkoholischen Getränken - 1868 durch Josef Malins nach England verplanzt erlangte er sehr rasch große Verbreitung in der ganzen Welt. Papst Leo XIII erließ; am 9. August 1893 gegen den Orden ein Dekret, das allen Katholiken den Beitritt zum Orden verbot, weil der Papst hinter den Guttemplern Zusammenhänge mit der Freimaurerei vermutete. Diese Anschauung ist jedoch falsch. Zusammenhänge zwischen Guttemplern und Freimaurern haben niemals bestanden. Ähnlich ist nur die Organisationsform des Ordens, auch das Ritual der Guttempler zeigt Anlehnungen an freimaurerische Vorbilder. In London bestehen innerhalb der Großlogen von England sogenannte Temperenzler- oder Abstinentenlogen, die zum Teile aus Guttemplern bestehen. Der Orden hat mehrere Millionen Mitglieder und ist selbstverständlich in Amerika an der Prohibitionsbewegung eifrig beteiligt.


Grosslogenfest in Hamburg

Quelle: Die Bauhütte, Nr.45, 42. Jahrgang, 11. November 1899


Das Grosslogenfest von Deutschlands Gossloge II des Guttempler-Ordens (J. O. G. T.) hat jüngst in Hamburg stattgefunden und gleich den Beweis erbracht, wie sehr die Bestrebungen der Guttempler in fast allen Kreisen der Bevölkerung das Interesse erregen, denn der grosse Sagebielsche Saal war von einer grossen Zuhörerschar, Nichtguttemplern und Mitgliedern des Ordens dicht besetzt. Es wird darüber von den Hamburger Nachrichten berichtet:

Nach der Eröffnungssmusik nahm der Vorsitzende der Grossloge, Herr Oberingenieur G. Asmussen das Wort zu einer herzlichen Begrüssungsansprache, in welcher er die so zahlreich Erschienenen willkommen hiess, ihm folgten verschiedene Redner aus vielen Städten und Orten des Reiches, in denen der Orden Logen hat,und übermittelten die Grüsse derselben.

Vortrag von Dr. Delbrück über die Bekämpfung des Alkoholismus

Sodann hielt Herr Dr. Delbrück, der Direktor der Bremer Irrenanstalt, seinen angekündigten Vortrag und führte etwa folgendes aus:

Zur Bekämpfung des Alkoholismus sind zwei verschiedene Wege eingeschlagen worden: Die Mässigen bekämpfen nur den Missbrauch geistiger Getränke, insbesondere den Branntweingenuss, erklären aber den mässigen Genuss von Wein und Bier als zulässig. Diese Richtung der Mässigkeit vertritt in Deutschland besonders der "Verein gegen Missbrauch geistiger Getränke". Die "Abstinenten" dagegen wollen den Alkohol vollständig aus der Liste unserer Genussmittel streichen, erklären auch dem mässigen Genuss von Wein und Bier, sogar von Braunbier, für schädlich und enthalten sich deshalb vollständig aller dieser Getränke. aller dieser Getränke. Diese Richtung der Abstinenz hat in Deutschland überhaupt erst in den letzten fünf Jahren eine grössere Anzahl von Anhängern gefunden. Sie wird vertreten vor allem durch den Guttemplerorden" und den "Alkoholgegnerbund", dem der Redner angehört. Die Frage, ob Abstinenz oder Mässigkeit das richtige Kampfmittel sei, ist das ABC der ganzen Alkoholfrage. Für die Notwendigkeit, das ganze Volk zur Abstinenz zu bringen, sprechen folgende Gründe:

  • 1. Das wirklich unschädliche Mass ist individuell sehr verschieden und im Durchschnitt viel geringer als man allgemein glaubt.
  • 2. Bei einem sehr grossen Prozentsatz der Menschen führt der mässige Genuss allmählich aber unweigerlich zur Unmässigkeit, das liegt in der Wirkung des Giftes.
  • 3. Jeder Mensch ohne Ausnahme hält dasjenige Mass, welches er zu geniessen pflegt, für mässig und bezieht deshalb alle Mahnungen zur Mässigkeit auf den Nächsten, infolgedessen wird nach wie vor so viel getrunken, wie früher.
  • 4. Werden alle guten Wünsche, Vorsätze und Absichten, die der einzelne zur Mässigkeit haben mag, zu nichte durch den überall bei uns herrschenden Trinkzwang.

Dieser besteht in doppelter Hinsicht: Einerseits bekommt man fast überall leichter, billiger und besser alkoholische als alkoholfreie Getränke, sofern solche Überhaupt zu haben sind. Der Mässige wird deshalb unzählige Male ein alkoholisches Getränk trinken, auch wenn er momentan gar keine besondere Neigung dazu hat. Ferner ist die Sitte, alkoholische Getränke zu sich zu nehmen, im deutschen Volke so allgemein verbreitet und so tief eingewurzelt, dass man unzählige Male gegen die sogenannte gute Sitte verstösst, wenn man sich weigert" ein Glas Wein oder Bier zu trinken. Dieser Trinkzwang ist so mächtig, dass zahlreiche Leute, die gerne abstinent leben möchten, dies einfach für unmöglich erklären. Will man deshalb etwas gegen die allgemein herrschende Unmässigkeit tun, so ist es in erster Linie nötig, diesen Trinkzwang zu brechen, dies kann nur geschehen durch prinzipielle und ostentatiye Opposition gegen die Trinksitten, d. h. durch die konsequent durchgeführte Abstinenz sehr vieler Einzelner in allen Schichten der Bevölkerung. Da nun die Erfahrung gelehrt hat, dass die meisten Menschen, dieses überhaupt versuchten, nicht imstande waren, für sich allein der Trinksitte Widerstand zu leisten, so ist es zunächst wenigstens notwendig, dass sich die Abstinenten in Vereinen zusammenschliessen, am besten in einem so wohl organisierten Verein wie der "Guttemplerorden", dessen Leistungsfähigkeit und Lebensfähigkeit schon allein eine Versammlung wie die heutige beweist. -

Reicher Beifall lohnte den Redner und begrüsste gleichfalls Herrn Professor Dr. Forel, den berühmten Psychiatriker, welcher darauf das Wort zu einem geistvollen und ungemein wirksamen Vortrag nahm, der besonders mit statistischem Material über die Folgen der Trunksucht reich durchsetzt war. - Mit gespannter Aufmerksamkeit und tiefem Interesse hatten alle Anwesenden den Worten des berühmten Gelehrten gelauscht, ein Beifallssturm erhob sich beim Schluss, und vielen werden seine Ausführungen über das Wesen des Alkohols und das Wirken der Guttempler zu Herzen gegangen sein.

Der offizielle Teil war damit erledigt: ein grosser Teil der Anwesenden vereinigte sich indessen noch zu einer höchst anregend verlaufenden Kaffeetafel, bei welcher den Aussenstehenden Gelegenheit gegeben war, von der sympathischen Fröhlichkeit und heiteren Geselligkeit der Guttempler einen wohltuenden Begriff zu machen.


Am nächstem Tage fand die Grosslogensitzung statt, zu der Gäste keinen Zutritt hatten. Aus der selben wird mitgeteilt, dass die Leitung des Guttempler-Ordens für Deuschland von Herrn Asmussen, der die Wiederwahl aus Gesundheitsrücksichten ablehnte, auf Herrn H. Blume - Hamburg übergegangen ist. Als Ort, des nächstjährigen Grosslogenfestes wurde Bremen gewählt.

Der dritte Tag war dem Vergnügen gewidmet. Vormittag um 8 Uhr fuhren die Festteilnehmer in zwei grossen, mit Wimpeln geschmückten Dampfern durch den Hafen und dann nach Blankenese, von hier ging es zu Fuss nach Falkenthal an der Elbe. Mittags wurde die Rückfahrt angetreten und dann im Laufe des Nachmittags der Zoologische Garten und andere Sehenswürdigkeiten besucht. Am Abend fand in den gesamten Räumen des Sagebielschen Etablissements ein grosses Volksfest mit Jahrmarkt, Theater, Konzert, Ball u. s. w. statt. Die Zahl der Teilnehmer betrug ca. 3000. Dieses Fest verlief festlich und fröhlich und alle Stände waren vertreten. (Bdsbl.)

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