Loge zur Erkenntnis

Aus Freimaurer-Wiki
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1914 - 2014

100 Jahre

Johannisloge

“Zur Erkenntnis”

Matrikel-Nr. 756

Orient Hamburg-Harburg

Gestiftet am 03. Mai 1914

Ritual der ehemaligen

„Symbolischen Großloge von Deutschland“


Geleitworte des Meisters vom Stuhl der Loge
„Zur Erkenntnis“


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Meister vom Stuhl, Br. Jürgen Lüken, mit den freimaurerischen Symbolen

Winkelmaß, Zirkel, Setzwaage,

Senkblei, 24-zölliger Maßstab und dem rauen Stein mit Spitzhammer.


Im Mai 2014 begehen wir feierlich das 100-jährige Bestehen unserer Johannis-Loge „Zur Erkenntnis“ im Orient Hamburg-Harburg. Drei bis vier Generationen Brüder und insgesamt 14 Stuhlmeister haben in diesem Zeitraum die Bauhütte gegründet, gefördert und tatkräftig mitgestaltet. Die unermüdliche Arbeit dieser Mitglieder am rauen Stein getreu unseren Wertevorstellungen von Freiheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität versetzen uns heute in die Lage, mit Dank auf das Geleistete und Erreichte zurückzublicken.

Das zurückliegende Jahrhundert war von großen politischen, sozialen und gesellschaftlichen Veränderungen geprägt. Die Bürger unseres Landes haben in dieser Zeit zwei Weltkriege, eine Monarchie, zwei Diktaturen und zwei Demokratien durchlebt. Dazu gehörten der katastrophale Niedergang und der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg ebenso, wie das sich anschließende Leben in zwei getrennten deutschen Staaten bis zur glücklichen Wiedervereinigung vor 25 Jahren.

Eines hatte in den zurückliegenden Jahren trotz aller Umstände bestand – die Freimaurerei. Auch wenn ihre Ausübung im Nationalsozialismus und in der damaligen DDR verboten war, so haben ihre Rituale und ihr philosophisches Gedankengut diese Zeiten überdauert. Demzufolge verbindet uns die Königliche Kunst bis heute mit den 22 Harburger Brüdern, welche vor 100 Jahren die Loge „Zur Erkenntnis“ installierten. Es erfüllt uns mit großer Dankbarkeit und einem gewissen Stolz, in diesen Tagen gemeinsam mit unseren Gästen dieses besondere Stiftungsfest feiern zu können und damit auch die uns in den Ewigen Osten vorangegangenen Brüder der „Erkenntnis“ zu ehren.

Die heutigen großen Herausforderungen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft werden sich nur gemeinschaftlich bewältigen lassen. Klimaveränderung, Globalisierung, Digitalisierung, demographischer Wandel, Integration und sozialer Zusammenhalt sind nur einige Aspekte, die uns derzeit beschäftigen. Hierfür werden Menschen gebraucht, welche sich mit den Problemen unserer Zeit kritisch auseinandersetzen und bereit sind, verantwortungsbewusst Aufgaben zu übernehmen. Die vergleichsweise junge Bruderschaft unserer Bauhütte ist dafür gut aufgestellt. Sie engagiert sich ehrenamtlich in zahlreichen Vereinen, Stiftungen, Parteien und sonstigen Organisationen. Unsere regelmäßigen Gesprächsrunden zu den aktuellen Themen zeugen hierdurch von Vielfalt und Kompetenz. Ich wünsche der Loge, dass sie diesen freimaurerischen Weg in der Zukunft weiterhin zuversichtlich und erfolgreich fortsetzt.

Die vorliegende Festschrift liefert einen detaillierten Einblick in die Geschichte unserer Loge. Für die umfangreichen Recherchen und die Ausarbeitung danke ich unserem zugeordneten Meister vom Stuhl, Br. Wolf-Jürgen Hutt, an dieser Stelle im Namen aller Mitglieder ausdrücklich. Es liegt damit ein zeitgeschichtliches Dokument vor, welches es nachfolgenden Generationen von Brüdern ermöglicht, sich eingehende Kenntnisse über die Entwicklung unserer Bauhütte bis zum Jahre 2014 zu verschaffen.

Ferner danke ich der gesamten Bruderschaft für die umfangreiche Planung, Vorbereitung und Ausgestaltung unseres Stiftungsfestes.

Abschließend heiße ich unsere Gäste sehr herzlich willkommen und danke für ihren Besuch und die damit verbundenen teils weiten Anreisen nach Hamburg. Ich wünsche uns allen einen schönen und würdigen Verlauf der Jubiläumsveranstaltung, welche uns stets in guter Erinnerung bleiben möge.

Es geschehe also!

Hamburg, den 3. Mai 2014

Jürgen Lüken
Meister vom Stuhl


Geleitworte des Distriktsmeisters Hamburg

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Distriktsmeister Hamburg, Br. Thomas Stuwe,
anlässlich des Distrikts-Johannisfestes 2013




Vorwort zur Geschichte der Loge „Zur Erkenntnis“

Viele deutsche Freimaurerlogen haben ihre Wurzeln im 18. Jahrhundert, beispielsweise die Loge „Absalon zu den Drei Nesseln“, gestiftet am 6. Dezember 1737. Geprägt waren diese Logen durch die Ideale der Aufklärung.

Viele deutsche Freimauererlogen sind wiederum im 19. Jahrhundert entstanden, beispielsweise die Loge „Ernst August zum Goldenen Anker“, gestiftet am 14. April 1858. Im Rahmen der fortschreitenden Industrialisierung sowie bedeutender Erfindungen fanden zunehmend Ingenieure, Techniker und Industrielle den Weg in die Freimaurerlogen.

Die deutsche Freimaurerloge „Zur Erkenntnis“, gestiftet am 3. Mai 1914, ist dagegen ein Kind des 20. Jahrhunderts, geprägt durch den Ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik, den Nationalsozialismus, den Zweiten Weltkrieg und die Nachkriegszeit Deutschlands. Geprägt wurde sie aber auch als Mitgliedsloge von sechs deutschen Großlogen. Im Einzelnen:

- 1914 Freimaurerbund zur Aufgehenden Sonne (FZAS) - 1930 Symbolische Großloge von Deutschland (SGLvD) - 1933 Symbolische Großloge von Deutschland im Exil Palästina (SGLvDiE) - 1946 Große Loge von Hamburg - 1949 Vereinigte Großloge der Freimaurer von Deutschland - 1958 Großloge der Alten Freien u. Angenommenen Maurer von Deutschland (GL AFuAMvD)

            unter dem Dachverband der Vereinigten Großlogen von Deutschland (VGLvD)

Erzählt wird die komplexe Logengeschichte in drei Zeitabschnitten, nämlich von 1914 bis 1924, 1924 bis 1954 sowie von 1954 bis 2014. Ein Schwerpunkt bildet dabei die Stuhlmeisterzeit von Br. Adolf Bünger, der unsere Bauhütte von 1924 bis 1954 durch schwierige Zeiten führte. Auf seine persönlichen Aufzeichnungen wurde zurückgegriffen.

Näher eingegangen wird auch auf die historisch gewachsene Beziehung unserer Loge zu Israel, wobei uns unser Ehrenmitglied, Br. Rob Heiden Heimer, von der Loge „Libanon“ im Orient Haifa (Israel) wertvolles Informationsmaterial zur Verfügung stellte. Zeitabschnitt 1914 bis 1924

Im Jahre 1907 wurde die unabhängige Großloge des FZAS gegründet, und zwar bewusst ohne Lichteinbringung durch eine andere Großloge. Sie bezeichnete sich selbst als „Reformfreimaurerei“ und arbeitete nach frei gewählten und trotzdem schönen Ritualen in den drei Graden I bis III, und zwar unter Streichung des „A.B.A.W.“ in ihrem Ritual, mit dem Verzicht der Bibel und stattdessen unter Auflegung des „Weißen Offenen Buches“.

Der FZAS hatte ein eigenes Bundesorgan, „Sonnenstrahlen“ genannt, das den Verkehr der Brüder und Logen untereinander vermittelte. Dieser neue Bund wollte ein Bündnis von Freimaurer-Reformlogen für freie Männer von gutem Rufe sein, die die Anerkennung dogmatischer Begriffe ablehnen und der Unduldsamkeit die Gefolgschaft verweigern wollten. Toleranz und Gerechtigkeit sollten gepflegt und geübt werden.

Die erste Loge des FZAS in Hamburg was die Loge „Hansa“, die die Mutterloge der nachfolgenden Hamburger und Harburger FZAS-Logen war. Diese Loge arbeitete in Ermangelung eigener Räume in einem Raum des Wartesaales Erster Klasse im Hamburger Hauptbahnhof.

Der erste Harburger, der Mitglied der Loge „Hansa“ in Hamburg wurde, war Br. Bernhard Heinecke, der am 8. März 1909 das freimaurerische Licht erhielt. In der Folgezeit konnten weitere Harburger Brüder gewonnenen werden. Im Jahre 1911 gab es dann bereits ein Harburger Freimaurerkränzchen mit insgesamt 22 Brüdern, wobei die Zusammenkünfte im Restaurant „Kap Horn“ am Seehafen und später im „Central Hotel“ stattfanden. Die Gründung der Freimaurerloge „Zur Erkenntnis“ im Orient Harburg war beschlossen, wobei als Gründungstag der 3. Mai 1914 festgesetzt worden war. Inzwischen war auch eine ständige Unterkunft im „Weißen Schwan“ am Kanalplatz gefunden worden.

Nach Einsetzung des Beamtenrates der neuen Harburger Freimaurerloge „Zur Erkenntnis“ und Verpflichtung des ersten Stuhlmeisters, Mittelschullehrer Br. Herrmann Müller, fand eine Festarbeit im Ersten Grade statt, wobei drei Brüder aufgenommen wurden. Mit nun 25 Brüdern wurden die Arbeiten weitergeführt. Angenehm, harmonisch und anregend gestalteten sich die Zusammenkünfte. Doch trübten sich die Wolken über Deutschland und der Welt immer mehr. So wurde schließlich mit Beginn des Ersten Weltkrieges am 1. August 1914 das mit Begeisterung aufgebaute Logenwerk empfindlich gestört. Viele Brüder mussten der Einberufung zum Heeresdienst Folge leisten. Nur eine kleine Gruppe von Brüdern konnte das freimaurerische Licht brennend halten. Mit den zur Truppe eingezogenen Brüdern blieben die wenigen zurückgebliebenen Brüder in ständiger Verbindung. Zwei Brüder kehrten nicht zurück. Sie gingen als Opfer des Krieges in den Ewigen Osten ein. Ein weiterer Bruder verstarb während des Krieges.

Naturgemäß war durch den langen Krieg ein Stillstand in der Entwicklung der Loge eingetreten. Im Jahre 1918 wurde nur ein Suchender aufgenommen. Trotz der trüben und verworrenen Nachkriegszeit blieb die vorwärtstreibende Kraft der Loge erhalten. Schon 1919 setzte ein reges Logenleben ein, wobei fünf Suchende in die Bruderkette aufgenommen wurden. Es war zugleich die letzte Einführung, die von dem ersten Stuhlmeister der Loge, Br. Herrmann Müller, vorgenommen wurde. Mit Ende des Maurerjahres 1919 gab er sein Amt ab. Sein Nachfolger im Stuhlmeisteramt wurde Stadtamtmann Br. Wilhelm Haarstrich. Nach den Logenferien des Jahres 1919 trat er sein Amt an. Bereits zu Beginn seiner Stuhlmeisterzeit erhielten 21 Brüder allein im Jahre 1920 das freimaurerische Licht.

Nach diesem erfreulichen Zuwachs an Mitgliedern machte sich die Enge der gemieteten Räume störend bemerkbar. Der Stuhlmeister, Br. Haarstrich, war vor die vorrangige Aufgabe gestellt, eine Lösung zu finden. Sein Streben nach dem Erwerb eines Eigenheimes wurde im Herbst 1920 zur Wirklichkeit. Mit dem Erwerb des Gesellschaftshauses „Meyers Casino“ in der damaligen Brückenstraße (heute großer Schippsee) war diese Frage gelöst (Abb. 1). Br. Haarstrich, selbst bautechnischer Beamter, entwarf die Pläne für die Umgestaltung des Hauses. Es waren erhebliche Umbauarbeiten zu leisten. So sollten außer Tempel und Beratungszimmer auch Klub- und Gesellschaftsräume erstellt werden.

Nicht ganz drei Monate zwischen Erwerb und Bezug des Eigenheimes waren vergangen, als am 21. November 1920 die erste Festarbeit im neuen Tempel stattfand, wobei gleichzeitig 10 Suchende aufgenommen wurden. Der Mitgliederbestand Ende 1920 betrug 54 Brüder.