Regius-Poem II

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Regius-Poem II

Übersetzer: C. W. Asher

Inhalt

I. Zum Text und den Übersetzungen

II: Übersetzung der Verse 1-496 durch C. W. Asher, 1842

III. Nacherzählung der Verse 497-794 durch C. W. Asher, 1842

IV. Nacherzählung der Verse 497-794 durch Wilhelm Begemann, 1909

II: Übersetzung der Verse 1-496 durch Carl Wilhelm Asher, 1842

Bearbeitung: Roland Müller

(An einigen Stellen weicht die unsorgfältige Nachschrift in Hodapp, 2006, vom Original der Übersetzung aus dem Jahre 1842 ab)

Hic incipiunt constitutiones artis Geometriae secundum Euclidem

Wer gut lesen und sehen kann

Findet in alten Büchern gemerket an

Von großen Herren und ihren Damen

Die viele schöne Kinder bekamen;

Aber weder in Stadt noch in Aeckern hatten

Ziemlich Gut um sie auszustatten.

Drauf eines Tages sie zusammen traten

Um für ihre Kinder zu berathen

Wie sie bestens und friedlichst lebten auf Erden,

Ohne von Kummer und Sorge heimsuchet zu werden

Besonders auch die späteren Schaaren

Die sie als Kindeskinder gewahren.

Große Gelehrte ließen sie kommen

Um gute Werke, zu ihrem Frommen


Den Kindern zu weisen; Oh! Mög' es gefallen

Dem Herrn, daß es gelinge Allen,

Damit sie in ehrlich' und sicherer Weis

Ihr Leben führen zu seinem Preis.

So ward durch gute Geometrie

Die ehrsame Zunft der Masonie

In jenen Tagen ausgedacht

Und von den Gelehrten zur Kunde gebracht:

Auf Bitten der Herren verfaßten sie

Und nannten Maurerei die Geometrie –

Bei Weitem die ehrsamste Zunft von allen.

Den Kindern der Herren schier musst es gefallen:

Sie wurden von ihm sie zu lernen gebracht,

Wie er in besonderer Weis' sie erdacht.


Wes Vater und Mutter thäten bitten

Der ward bei der ehrsamen Zunft gelitten:

Wer dann in Lernen und Ehrbarkeit

Der Beste war, und in Geschicklichkeit

Hervor sich that vor seinen Gesellen

Der sollte vor alle Andere sich stellen.

Euklides der große Mann ist genannt,

Sein Nam' ist bei allen Völkern bekannt.

Noch thät er in seiner Weisheit verfügen,

Daß wer bis zum Meistergrade gestiegen,

Der sollt auch den Schwächsten an Witz belehren

In der ehrsamen Kunst sich einst zu bewähren.

Den Andern zu lehren sollte Jeder sich üben,

Und sich wie Bruder und Schwester zu lieben:


Ferner noch verordnete er

Meister solle genannt werden der

Dem am Meisten von Allen Ehre gebührt:

Der werde mit solchem Namen geziert.

Doch Maurer soll Keiner den Andern nennen

Wenn sie sich in der Zunft erkennen;

Auch Unterthan nicht, noch Diener; nur Bruder mein,

Mag er auch minder fertig als Andre seyn.

Sie sollen alle sich nennen Genossen

Denn Alle sind sie vom Weibe entsprossen.

So hat durch Verstand der Geometrie

Begonnen die Zunft der Masonie;

Der Gelehrte Euklid im Aegyptischen Land

Solchergestalt diese Kunst erfand;


Lehrt in Aegypten nach allen Seiten

Und thät sie nach vielen Ländern verbreiten.

Doch nach vielen Jahren, wie ich verstand,

Ist die Kunst erst gekommen in unser Land. -

Die Kunst kam nach England, will ich Euch sagen,

In des guten Königs Adelstans Tagen –

Hallen und Frauengemach ließ er erbauen

Und Tempel mit Ehrfurcht anzuschauen:

Zur Ergötzlichkeit jene bei Tag und bei Nacht

Und diese zum Beugen vor Gottes Allmacht.

Der edle Herr liebte die Zunft gar sehr

Und wollte sie kräftigen mehr und mehr;

Und da er in ihr der Mängel erfand

Gar manche, sandt er umher im Land


Daß sämmtliche Maurer der ganzen Zunft

Bei ihm stracks hielten Zusammenkunft,

Die Mängel in ihr zu bessern alle

Durch heilsamen Rath, dass nicht sie verfalle

Er versammelte dann einen großen Rath

Von zahlreichen Herren, in ihrem Staat,

Herzoge und Grafen, Barone auch,

Ritter und Freisassen, nach altem Brauch,

Und dann die ersten Bürger der Stadt

Sie kamen Jeder nach seinem Grad.

Und Alle dort zusammen traten

Der Maurer Verfassung zu berathen;

Mit ihrem Witz es auszudenken

Wie diese Zunft sey wohl zu lenken.


Drauf haben sie funfzehn Artikel erdacht

Und funfzehn Sätze also gemacht:


Hic incipit articulus primus

Den ersten Artikel nunmehr hört:

Der Meister Maurer sey wohl bewährt:

Standhaft bewahr' er Ehr' und Treue,

Dann hat er nimmer zu fürchten Reue.

Den Gesellen die Kost er vergüten soll

Nach den Preisen am Markt, das weißt Du wohl.

Und bezahle den Lohn, nach bestem Ermessen,

So viel wie sie verdienen dessen.

Auch nicht mehr geb' er für ihre Häuer

Als was da recht ist, und nicht zu theuer.

Er soll nicht aus Liebe, aus Furcht nicht schonen,


Von keiner Partei sich lassen lohnen;

Er sey Gesell oder Edelmann

Von Keinem nimmst Du Belohnung an;

Als Richter stehe Du nur aufrecht

Dann giebst Du Beiden ihr gutes Recht,

Und wahrlich, wo Du Dich so beweist,

Dein Ehr und Nutzen ist es zumeist.


Articulus secundus

Nun höret was die Maurer-Genossen

Als zweiten Artikel haben beschlossen:

Ein jeder Maurer im Meister-Grad

Der darf nicht fehlen im Großen Rath

Sobald ihm gehörig ist angesagt

Wo die Versammlung wird getagt.


Und muß er in diese Versammlung kommen,

Er habe denn wahre Behindrung bekommen:

Oder der Zunft sich abgewendet

Oder sey von arger Falschheit geblendet;

Oder wenn Krankheit ihn so danieder hält

Es wird ihm unmöglich, dass er sich stellt;

Das gilt für Entschuldigung wahr und wohl

Und ihm zum Schutze gereichen soll.


Articulus tercius

Der dritte Artikel, also heißt er:

Es nehme keinen Lehrling der Meister,

Er habe denn gute Kundschaft für ihn

Um auf sieben Jahre zu ihm zu ziehn,

Die Kunst zu erlernen mit Nutz und Verstand;


In weniger ist er das nicht im Stand

Für sich zum Nutzen und für den Patron:

Das wißt Ihr aus eigener Einsicht schon.


Articulus quartus

Den vierten Artikel müsst Ihr verstehn:

Der Meister soll sich wohl vorsehn,

Daß keinen Leibeignen er nehm' in die Lehre

Und nie aus Geiz sich dazu bethöre;

Denn der Herr dem er leibeigen ist

Der darf ihn nehmen zu jeder Frist.

Holt er ihn aus der Bauhütte gar

Das könnte Unheil geben, fürwahr;

Denn es wäre leicht in solchem Falle

Daß es Viele ärgerte oder Alle.


Denn alle die Maurer, lobesan,

Sie fest und treulich zusammenstahn.

Doch wenn in der Zunft nun Solche leben

Dann könnt es mancherlei Unheil geben.

Drum müsst Ihr zu eigenem Nutz und Bequemen

Nur freigeborene Lehrlinge nehmen;

Von Alters her Ihr geschrieben find't:

Ein Lehrling sey guten Hauses Kind;

So geschieht es daß auch aus der Fürsten Stand

Sich Manche zur Geometrie gewandt.


Articulus quintus

Der fünfte Artikel besagt Euch gut:

Wie der Lehrling seyn soll von ächtem Blut,

Soll um keinen Gewinn der Meister können


Einen Presshaften jemals zum Lehrling ernennen.

Das hat zu bedeuten, vernehmet wohl,

Daß er alle seine Glieder haben soll.

Es müsste die Zu[n]ft sich wahrlich schämen,

Wollte sie Lahme und Krüppel annehmen.

Denn er Krüppel, auch von bestem Blut,

Der Zunft gar wenig Nutzen thut.

Daß weiß von Euch doch Jedermann

Die Zunft verlangt den mächtigen Mann;

Der Verstümmelte aber, der hat keine Macht,

Das müsst Ihr wissen lange vor Nacht.


Articulus sextus

Den sechsten Artikel sollt ihr wohl verstehn,

Dem Patron soll vom Meister kein Nachtheil geschehn;

Und für dessen Lehrling ein Mehres nicht nehmen

Als andere Meister zu thun sich bequemen;

Denn die Meister sind gleich vollkommen zu nennen,

Ist Einer es nicht, Ihr müsst es erkennen.

Auch wär es gegen gesunde Vernunft

Nähm' einer mehr Lohn als die übrige Zunft.

Derselbe Artikel verordnet auch

Bei Lehrlingen sey zu halten der Brauch,

Daß dem Einen niedren Lohn man reicht

Der dem Anderen in der Arbeit nicht gleicht;

Der Meister den Lehrling so halten kann,

Daß sein Lohn sich verbessert dann und wann,


So daß wenn die Zeit zu Ende ist

Er dann den vollen Gehalt genießt.


Articulus septimus

Es folgt nun der siebente Artikel hier;

Der verkündet Euch Allen schier

Daß nie ein Meister, aus Gunst oder Zittern

Einen Dieb soll bekleiden oder füttern:

Einen Dieb soll niemals er verbergen,

Oder einen Todtschläger bei sich herbergen,

Oder solche die schlechten Namen tragen:

Das könnte der Zunft zur Schande ausschlagen.


Articulus octavus

Der achte Artikel sagt Euch darauf:

Der Meister hat wohl Recht vollauf,

Wenn die Zunft ihm Jemanden geben wollte

Der nicht so gut ist wie er seyn sollte,

Daß er ihn dann mag abbestellen

Und nehmen einen bessern Gesellen;

Durch solchen Mannes schlimmes Versehn

Könnte der Zunft arger Schimpf geschehn.


Articulus nonus

Drauf heißet Euch der Artikel neun:

Der Meister soll weis' und umsichtig seyn;

Daß er nie sich verstehe zu einem Bau

Er kenne denn Werk und Ordnung genau;

Damit es dem Bauherrn zu Nutze komme


Und auch der Zunft in aller Welt fromme.

Auch bei dem Grund er sich wohl vorseh

Daß der Bau ohne Riß und Spalt besteh.


Articulus decimus

Der zehnte Artikel gebeut mit Vernunft:

Es soll kein Meister in der ganzen Zunft

Verdrängen den Andern, Hoch oder Nieder;

Sie Alle leben wie Schwester und Brüder,

Die in dieser zierlichen Kunst begehren

Sich Meister Maurer genannt zu hören.

Auch keinen Fremden treib er hinaus

Der sich hat unterfangen des Bau's;

Es steht darauf so hohe Buß'


Mindestens zehn Pfennig er zahlen muß.

Außer es werde der schuldig befunden,

Der sich des Bau's zuerst unterwunden.

Denn dass Einer den Andern unverschuldet

Verdränge, wird nicht bei Maurern geduldet.

Wird aber die Arbeit so gemacht

Daß der Bau nicht würde zu Stande gebracht,

Dann darf sich erbitten ein Maurer schon

Den Bau, ihn zu retten für den Patron.

In keinem andern Fall inzwischen

Darf ein Maurer sich in die Sache mischen.

Doch wer fürwahr! den Grund beginnt

Als Maurer, tüchtig und wohlgesinnt,

Der ist auch sicher im Gemüth


Daß den Bau er gut zu Ende sieht.


Articulus undecimus

Der eilfte Artikel, hört mir zu,

Der ist ganz einfach und frei dazu;

Er lehret nämlich durch seine Macht:

Kein Maurer arbeite bei Nacht.

Doch nimmt er sich dessen mit Absicht an,

So mag er's ändern sobald er kann.


Articulus duodecimus

Artikel zwölf hohe Lehr' enthält

Für jeden Maurer in der Welt:

Nimmer soll er das Werk des Andern schelten

Will er's nicht an seiner Ehr' entgelten.

In zierlichen Worten magst Du's loben


Mit dem Witz den Gott Dir verlieh von droben:

Doch entlege Dich nicht, mit ihm allein,

Es nach Kräften zu bessern hinterdrein.


Articulus xiijus

Artikel dreizehn will, beim Herrn der Welt!

Daß wenn der Meister einen Lehrling hält,

So soll er auch gründlich ihn unterrichten

Und nach rechtem Maaß den Bau ihm richten.

Daß er als Maurer sich tüchtig beweise

Wohin er dann auf der Erde reise.


Articulus xiiijus

Artikel vierzehn sagt, wohl mit Vernunft,

Es solle kein Meister in der Zunft

Einen Lehrling jemals zu sich nehmen,


Er habe denn manch Werk zu unternehmen;

Damit er lerne in seiner Zeit

Gar vielerlei Kunstfertigkeit.


Articulus quindecimus

Der fünfzehnte Artikel das Ende macht;

Dem Meister ist er freundlich bedacht:

Um keinen Menschen, hört Ihr ihn verkünden,

Soll er falscher Behauptung sich unterwinden,

Und um keinen Gewinn aus solchem Werke

Er Andre in solcher Sünde bestärke,

Und lasse sie zu falschem Eide,

Aus Furcht daß ihre Seele leide.

Sonst trifft die Zunft gar große Schand

Und er wird bitter zu tadeln genannt.


Plures constituciones

In der Versammlung ward noch mancher Satz gesetzt

Von großen Herren und Meistern; höret jetzt:

Wer die Zunft will erlernen und drin gedeihn

Muß Gott wohl lieben und die Kirche sein;

Auch seinen Meister, zu dem er sich hält,

Wohin er geh, über Meer oder Feld;

Auch soll er lieben die Nebengesellen

Denn das thut ihm die Zunft befehlen.


Secundus punctus

Der zweite Punct ist, wie ich Euch sage:

Der Meister arbeit am Werkeltage

So eifrig wie er kann und mag


Den Lohn zu verdienen für Feiertag;

Wer aber die Arbeit verrichtet wohl

Seinen richtigen Lohn auch empfangen soll.


Tercius punctus

Der dritte Punct enthält Mancherlei

Was dem Lehrling zu wissen nöthig sey:

Von seines Meisters Geschäften sprech er nicht

Oder seiner Genossen, das ist ihm Pflicht;

Was im Zimmer wird und in der Hütte berathen

Das soll er keinem Fremden verrathen;

Was dort Ihr höret oder seht

Das sagt Niemandem, wohin Ihr auch geht.

Was in Halle oder Gemach Ihr erfahren


In großen Ehren müsst Ihr's bewahren,

Sonst werdet Ihr zu tadeln genannt

Und Eure Zunft trifft große Schand.


Quartus punctus

Der vierte Punct belehrt uns fein

Gegen die Zunft soll keiner unwahr seyn;

Auf Irrthum soll Niemand je beharren,

Der Zunft gegenüber ihn lassen fahren;

Auch soll er keinen Schaden anstellen

Dem Meister nicht, und nicht den Gesellen;

Und muß auch der Lehrling der Zunft sich bequemen,

Gleiches Recht darf auch er in Anspruch nehmen.


Quintus punctus

Im fünften Punct ist fest verhängt:

Wenn der Maurer seinen Lohn empfängt

Vom Meister, der ihm verordnet ist,

Er nehm' ihn bescheidentlich, wie Ihr wisst;

Doch muß auch der Meister aus gutem Grund

Ihm gehörig künd'gen vor Mittagsstund,

Will er nicht ihn behalten ferner mehr

Wie er gethan hat bis hieher.

Dieser Ordnung darf nicht er zuwider seyn

Gedenkt er in seinem Geschäft zu gedeihn.


Sextus punctus

Den sechsten Punct muß Jeder kennen

Ihr mögt ihn hoch oder niedrig nennen;


Denn es könnte ja einst vorfallen

Unter den Maurern, Einigen oder Allen,

Daß aus tödtlichem Haß oder Neid

Sich entspänne ein großer Streit.

Dann soll der Maurer, sobald er mag,

Beiden Theilen setzen einen Tag;

Zum Liebesfest sollt Ihr jedoch nicht gehen

Als bis die Arbeit ist geschehen.

Ihr habt ja wohl an Feiertagen

Noch Zeit genug Euch zu vertragen,

Damit Ihr Eure Arbeitszeit

Nicht gar verliert um solchen Streit.

Doch Jene sind vor Euch beschieden


Auf dass sie halten Gottes Frieden.


Septimus punctus

Den siebenten Punct mag der bedenken

Dem Gott soll langes Leben schenken:

Denn er befiehlt uns offenbar

Bei Deines Meisters Weib lieg nimmerdar!

Auch nicht bei Deines Genossen, das nimm in Acht,

Damit Dich nicht die Zunft veracht;

Und auch bei Deinem Kebsweibe nicht

Wie Du nicht willst dass Dir geschicht.

Die Straf darauf die ist gar schwer,

Sieben Jahre soll man gehen zur Lehr;

Denn wer dergleichen je verschuldet


Die Strafe er mit Recht erduldet:

Drum mag sich Jeder wohl vorsehn

Solche Todsünde nicht zu begehn.


Octavus punctus

Der achte Punct sey wohl erwogen:

Hast Du 'nem Amt Dich unterzogen

Vollzieh es Deinem Meister treu

Das schützt Dich sicherlich vor Reu.

Ein treuer Vermittler sollst Du seyn

Dem Meister und den Genossen Dein;

Mit Wahrheit mußt Du danach streben

Jedem Theile sein Recht zu geben.


Nonus punctus

Zum Neunten, hören wir von Allen

Schaffner sind in unsern Hallen:

Daß Jeder der sich dort einstellt

Vom Andern Speis und Trank erhält;

Wackre Gesellen, Euch ists bekannt,

Zu Schaffnern seyd nach der Reih Ihr ernannt;

Woche nach Woche, daß ihr's wisst

Als Schaffner Ihr Allen dienen müßt.

Liebend reich Einer dem Andern Labsal

Als wären wir Brüder und Schwestern zumal;

Auch soll Keiner auf des Andern Zechen

Sich selber einen Vortheil berechnen;

Jeder vielmehr sey dem Andern gleich


In allen Kosten, das merket Euch.

Sieh zu daß Jeder alsbald sein Geld

Für was er Dir verkauft erhält,

Daß niemals Mahner sich einstellen

Dich drängend oder die Gesellen;

Wer er auch sey, Weib oder Mann,

Bezahl ihn redlich, merk Dir's an;

Doch für die Zahlung die Du gemacht

Sey auf 'nes Gesellen Zeugniß bedacht

Daß nicht ein Schimpf die Andern äffe,

Und großer Tadel Dich nicht treffe.

Von Andrer Gut das Du verwaltest


Daß richtig Buch Du stets ja haltest;

Wo, und wie, zu welchem End

Solches Gut Du hast verwendt;

Du mußt, so oft sie es begehren,

Rechnung Deinen Gesellen gewähren.


Decimus punctus

Der zehnte Punct lehrt uns zu handeln

Um ohne Zweitracht durchs Leben zu wandeln.

Denn wenn ein Maurer der Missethat

Und falschem Werk sich ergeben hat,

Kann durch solch fälschliches Vorwenden

Seine Genossen er entsetzlich schänden;

Und weil ein Einziger ist zu schelten


Muß es die ganze Zunft entgelten.

Doch thut der Zunft er solchen Trutz

Bestärkt ihn nicht und gebt ihm Schutz,

Im Sündenleben zu beharren,

Wollt Ihr vor Zwist und Streit Euch wahren;

Doch sollt Ihr ihn nicht gleich verlassen.

Vielmehr ihm erst befehlen lassen

Daß er erschein, nach Eurem Willen,

Sey's öffentlich, sey es im Stillen

Beruft ihn vor den nächsten Verein

Daß er vor allen Genossen erschein;

Doch weigert er sich Euch zu hören


So muß die Zunft er wohl abschwören

Und die Strafe des Gesetzes tragen

Das gegeben ward in alten Tagen.


Punctus undecimus

Der eilfte Punct ist gar verständig

Das seyd Ihr sicherlich geständig:

Wenn Einer je, selbst wohlgeschickt,

Einen Andern den Stein behauen erblickt,

Nahe daran ihn zu vernichten,

Soll bessernd schnell er ihn zurichten,

Daneben Jenen auch belehren

Wie er das Werk vollend mit Ehren:

Mit sanften Worten belehren ihn


Lieblich, wie Gott sie ihm verliehn.

Um Seinetwillen, der droben thronet

Uebt Sanftmuth, daß Euch Liebe lohnet.


Punctus duodecimus

Der zwölfte Punct ist von hohem Bedeuten:

Gilts Eure Versammlung zu bereiten,

So kommen Meister allzumal

Und vornehme Herren in großer Zahl;

Auch der Scheriff der Graffschaft komme zum Rath

Und der Bürgermeister der Stadt;

Ritter und Freie erscheinen, traun!

Und andere Rathmänner mögt Ihr schaun;

Welcherlei Ordnung wird hier gemacht,


Die seyd zu halten wohl bedacht;

Gegen wen es auch sey, gegen jeglichen Mann

Der der freien und schönen Kunst gehört an.

Und will er sich solchem Gesetz nicht bequemen

Sollt Ihr ihn in Euren Gewahrsam nehmen.


Xiijus punctus

Zum dreizehnten sollt Ihr dann hören:

Kein Dieb zu seyn soll Jeder schwören,

Nie solch falsches Gewerbe zu schützen

Um der gestohlenen Güter eins zu besitzen,

Aller Theilnahm' und Kenntniß ledig und los,

Sein Gut oder Sippschaft sey noch so groß.


Xiiijus punctus

Im vierzehnten Punct ist wohl ersonnen

Wie Ehrfurcht wird dem Gesetz gewonnen;

Einen hohen wahrhaften Eid soll er schwören

Daß der Meister und alle Genossen es hören;

Treu woll' er und unwandelbar

Alle Puncte befolgen immerdar,

Und seinem hohen Herrn und König

In allen Dingen seyn unterthänig.

Was hiebevor Euch worden kund

Beschwört Ihr fest mit Herz und Mund.

Alle müssen leisten denselben Schwur

Der Maurer, sey's gern oder ungern nur,

Zu gehorchen den Puncten hievor gemeld't;


So ist es mit gutem Bedacht bestellt.

Auch soll man Jeden fleißig befragen

Nach seinem Wissen und seinem Betragen;

Und wird dann Einer schuldig erkannt

In einem der Puncte vorbenannt

Den suche man auf, wer er auch sey

Und bring ihn in die Versammlung herbei.


Quindecimus punctus

Der funfzehnte Punct ist wohl erkoren:

Für Alle, die den Eid geschworen,

Ist von den Herren und Meistern auch

In ihrer Versammlung geordnet der Brauch,

Daß wer sich jemals böslicher Weis


Auflehne gegen ausdrücklich Geheiß

Von diesen Artikeln, den führ man zur Stund

Vor der Herren und Meister versammelten Bund.

Ist ihnen dann im offnen Rath

Verwiesen worden die Missethat

Und wollen zur Abbitt sich nicht bequemen,

So müssen sofort sie Entlassung nehmen;

Der Maurer Zunft müssen dann fremd sie bleiben

Und schwören die Kunst nicht ferner zu treiben.

Wollt er auch zur Buße sich wenden alsdann

Die Zunft nehme nimmer ihn wieder an;

Doch wollte er nicht dazu sich bequemen

So soll der Scheriff ihn zu sich nehmen,


Ihn selber bring er an sicheren Ort,

Für solchen Frevel, gefangen fort,

Seine fahrende Hab' und auch sein Land

Die geb' er in des Königes Hand,

Der dann so lange sie behält

Als es seinem fürstlichen Willen gefällt.


Alia ordinacio artis Geometriae

Sie ordnen noch: jährlich solle die Zunft

An belieb'gem Ort halten Zusammenkunft.

Die Mängel, wenn etwa allerhand

Sich zeigen, zu bessern mit Verstand.

Sie halten sie jährlich oder alle drei Jahr


An jeglichem Orte hie oder dar.

Doch Zeit und Ort sie verkünden sollen

Wo sie zusammenkommen wollen.

Die Zunftmeister müssen dann alle kommen

Und große Herren, wie Ihr vernommen,

Zu bessern, was man dort anspricht

Und zu achten daß Keiner die Regel bricht.

Dort sollen alle auch beschwören

Die Regeln die der Zunft gehören,

Und all die Statuten zu haben in Acht

Die König Adelstan hat gemacht.

»Was hier ich für Gesetz hab' erkannt


Das haltet fest in meinem ganzen Land,

Daß meine Königsgewalt Ihr ehrt

Kraft der die Krone mir gehört.

Versammelt Ihr künftig Euch zu Hauf

Und treten vor Euren König drauf,

Von seiner hohen Gnade zu erflehen

Zu jeder Stunde bei Euch zu stehen,

Laßt Euch bestät'gen was mit weisem Rath

König Adelstan für Eure Zunft gesatzet hat.«

Die Verse 497-794 sind von C. W. Asher nicht wörtlich übersetzt, sondern nur sehr knapp nacherzählt worden. Anschliessend weist er nach, dass das sog. Freimaurererverhör rsp. Locke-Manuskript „geschmiedet ist“- „Im Ganzen ist es nur ein sehr plumper Versuch des Betruges“.


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ESOTERIK bei Dr. phil. Roland Müller

Siehe auch