Christian Gottlob Neefe: 6 neue Freimaurerlieder, 1774

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Christian Gottlob Neefe: Sechs neue Freimaurerlieder, 1774

Ausarbeitung von Roland Müller


Freimaurerlieder
zum Gebrauch der gerechten und vollkommenen Loge zum drei H* * [zu den drei Hammern]
aufgesetzt von dem sehr ehrwürdigen Meister E* * S. herausgegeben von dem Bruder F.* F.
M.d.g.u.v.L.z.d.H.
Leipzig bey Bernhard Christoph Breitkopf und Sohn. 1774, 48 Seiten.

Das Vorwort an die „Ehrwürdigen Ordensbrüder“ ist unterschrieben mit:
Philadelphia, am 1sten August 1774 – ergebenster Fenee

August Wolfstieg vermutet in seiner „Bibliographie der freimaurerischen Literatur“ (Bd. 2, 1912, Nr. 39728) für:
E. ** S. Ernst Johann Georg Schmid [1724-1757]
F. * F. Friedrich Gotthilf Freitag [1723-1776, Stuhlmeister]
Melodien von Fenee

Die Angaben in deutschen Bibliotheken lauten:
Musik von Ferroe
Verfasser: Christian Gottlob Neefe [1748-1798]


Alle sechs neuen Lieder wurden aufgenommen in:
Vollständiges Liederbuch der Freymäurer mit Melodien, in Zwey Büchern.
Zweyter Band. Kopenhagen, Verlegts Christian Gottlob Proft, 1785


Die Eröfnung der Loge.


Auch in:
Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801, 96-97

Einer.
Eröfne dich, Loge, und bring das Vergnügen
Der güldenen Zeiten im Ueberfluß mit!
Der sinnlichen Freuden [1801. Freude] geschminktes Betrügen
Entferne sich plötzlich mit eiligem Schritt!
Die Ruhe der Seelen erfülle die Herzen;
Es weichen der Sorgen betäubende Schmerzen,
Sie scheuen der Loge geheiligtes Licht.

Chor.
Eröfne dich, Loge, und bring das Vergnügen
Der güldenen Zeiten im Ueberfluß mit.

Einer.
Es fühlen der Brüder gereinigte Seelen
Auf Erden den Vorschmack der künftigen Lust;
Was Tugend, und Eintracht, und Weisheit erwählen,
[1801: was Tugend, und Weisheit und Eintracht erwählen,]
Dem ist weder Wechsel noch Ende bewußt.
Durch Unschuld und Freude, durch Schönheit und Stärke,
Erweisen der Maurer gepriesene Werke,
Was Tugend, und Weisheit, und Eintracht vermag.
[1801: erbauet der Maurer geheiligte Werke,
die niemals Zerstörung noch Unfall bedroht.]

Chor.
Drum fühlen der Brüder gereinigte Seelen
Auf Erden den Vorschmack der künftigen Lust.

Einer.
O Eintracht, verknüpfe der Brüder [1801: Maurer] Gemüther!
O Eintracht, du schönstes und sicherstes Band,
Vertheile der Freundschaft geprüfete [1801: beglückende] Güter
Mt reiferem Urtheil, und billiger Hand!
O selige Stunden, o glückliche Zeiten,
Die Unschuld und Freuden als Schwestern begleiten,
Verzögert den schnellen und plötzlichen Lauf.

Chor
O Eintracht, verknüpfe der Brüder [1801: Maurer] Gemüther;
O Eintracht, du schönstes und sicherstes Band!

Einer.
Nun Schicksal, vergönne dem edelsten Orden,
Vergönn ihm der Loge befestigten Stand;
Durch dich sind die Logen gegründet worden,
Beschütze sie ferner mit mächtiger Hand!
So werden uns Tugend und Weisheit beleben,
Und unsere Werke den Meister erheben,
Bis Werke, und Logen, und Welten vergehn

Chor.
Nun Schicksal, vergönne dem edelsten Orden,
Vergönn ihm der Loge befestigten Stand;
Durch dich sind die Logen gegründet worden,
Beschütze sie ferner mit mächtiger Hand!


1801: veränderte vierte Strophe:

Einer.
Erhabener Meister, beschütze den Orden!
erhöh' und befest'ge der Logen Bestand.
Durch dich sind ja einstens die Logen geworden;
o leite uns ferner mit mächtiger Hand!
so werden uns Tugend und Weisheit beleben,
und unsere Werke dich, Ew'ger, erheben,
bis Werke und Logen und Welten vergehn.

Chor.
Erhabener Meister, beschütze den Orden,
erhöh‘ und befest'ge der Logen Bestand!
Durch dich sind einstens die Logen geworden;
o leite uns ferner mit mächtiger Hand!

Die Verschwiegenheit.


Auch in:
Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801, 93-94

Erhabne Tugend edler Brüder,
Verschwiegenheit, dich singen wir!
Den schönen Bau so vieler Glieder,
Geprießne Tugend, dankt man dir!
Wir folgen willig deinem Rathen:
Die ganze Welt sieht unsre Thaten,
Nur dein Geheimniß sieht sie nicht.

O Tugend, die aus blödem Scherze
Der Spötter Thorheit oft verlacht,
Du bist es, die ein männlich Herze
Mit Ruhm unüberwindlich macht;
Mit dir [1801: mit Treu] gesellig, und verschwiegen,
Erbauen wir uns ein Vergnügen,
Das uns vom blinden Haufen trennt.

Die Freundschaft, Gabe des Geschickes,
Ist stummer Tugend ächtes Kind,
Was fehlet uns zu mehrerm Glücke
[1801: entbehren wir auch eines Glückes]
Bey Freuden, die verschwiegen sind?
Ihr redlich Herz kennt unsre Herzen,
Mit Wehmuth sieht es unsre Schmerzen,
Mit Wollust unsre Freuden an.

Entfernet euch, ihr feigen[1801: feilen] Seelen,
Die ihr gar nichts verschweigen könnt!
Zu unsern Brüdern zu vermählen [1801: euch zu zählen,]
Ist eurer Schwachheit nicht vergönnt;
Durch Freunde niemals zu ergründen
Sich, und den Mund zu überwinden,
Diß ist der Maurer Tagewerk.

[1801: Sich und die Zunge überwinden,
nie lassen sich durch List ergründen,
dies ist der Maurer Tagewerk.]

Verbindlichkeit von [1801: in] unserm Orden,
Geprüfte Pflicht der Maurerey,
Daß wir durch dich beglückt geworden,
Stimmt uns die Wahrheit selbsten bey;
[1801: drin stimmt die Wahrheit selbst uns bei.]
Die Kette vieler tausend Glieder
Besteht durch euch, verschwiegne Brüder,
Besteht, und trotzt der Ewigkeit.


An das Frauenzimmer.

Sucht ihr Schönen zu begehren

siehe: 11 frühe Schwesternlieder, 1774

Die Eintracht.


Trieb, den die Natur geschenket,
Eintracht, dich besingen wir!
Was in unsre Brust versenket.
Das entspringt allein von dir.
Wenn wir uns in reinen Trieben
Als wahrhafte Maurer lieben,
Stellt sich uns dein Bildniß für.

Du entflohest mit den Schätzen
Einer güldnen Lebenszeit;
Statt Vergnügen und Ergötzen
Kam die Feindschaft und der Neid:
Brüder, die von einem Stamme,
Trennete der Zwietracht Flamme,
Sie erzeugte Krieg und Streit.

Ein betrübtes Angewöhnen
Trennte der Natur ihr Band,
Bis in Noahs ächten Söhnen
Sich die Eintracht wieder fand;
Brüder wurden wahre Brüder,
Eines Körpers schöne Glieder,
Fühlten gleicher Regung Brand.

O wie schön, wenn unsre Herzen
Der Natur Gefühle rührt!
Welcher Anmuth muntres Scherzen
Wird in dieser Lust verspürt!
Was für männlich schöne Stärke
Zieret die verbundnen Werke,
So die Eintracht aufgeführt!

O wie rein ist deine Klarheit,
Eintracht! o wie glänzet sie!
Du verträgst nur Licht und Wahrheit,
Liebest, und verkäst sie nie;
Niemals ist dein reines Wesen
Trug und Lügen hold gewesen.
Niemals lohnst du ihrer Müh.

Band, das uns der Himmel reichet,
Komm, verknüpf der Maurer Brust!
Laß dem Orden, dem nichts gleichet,
Keine Trennung seyn bewust!
Werkzeug von dem höchsten Meister,
Freyes Bündnis edler Geister,
Wir erwarten dich mit Lust.


Eine stark veränderte Version in:
Gesangbuch für Freymäurer. Königsberg 1787, 250-251,
unter dem Titel: Die Eintracht
Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801, 214-215

Schönster Grundtrieb schöner Seelen,
Eintracht, dich besingen wir:
Möcht' uns nie dein Einfluß fehlen!
Denn was gut ist, quillt aus dir.
Um die Menschen recht zu lieben
Muß man sich in Eintracht üben,
Heil und Freude kommt von ihr.

2. Du entflohest mit den Schätzen
Hochgepriesner goldner Zeit,
Deine Stäte zu besetzen,
Kamen Feindschaft, Haß und Neid;
Brüder, Volk von Einem Stamme,
Schied und fraß [1801: trennte oft] der Zwietracht Flamme
Ueberall war Krieg und Streit.

3. Sich des Friedens zu entwöhnen
Trennte Kunst [1801: lösten sie], Natur, dein Band,
Bis zu bessrer Nachwelt Söhnen
Sich die Eintracht wieder fand,
Bis der Schwarm von tausend Gliedern
In Ein Wesen zu verbrüdern
Wieder Kraft und Lust entstand.

4. O, wie wohl wird unserm Herzen
Wenn es Eintrachtsseegen spürt,
O, wie stumpfts den Dorn der Schmerzen
Wenn ihr Balsam ihn berührt.
Welche Schönheit, welche Stärke
Schmückt die hohen Meisterwerke,
Die die Eintracht ausgeführt!

5. Eintracht ist wie Himmelsklarheit,
Kein Gewölk umnebelt sie,
Licht und Recht, und Geist und Wahrheit
Liebt sie, und verläßt sie nie.
Truglos ist ihr reines Wesen,
Und von Fehlern zu genesen
Hilft die Bruderharmonie.

Das Lob der Baukunst.


Einer.
Edle Baukunst, dir zu Ehren
Stimmen wir ein Loblied an!
Kunst, die unsern Ruhm vermehren,
Und unsterblich machen kann!
Brüder, seyd darauf bedacht.
Rühmt der edlen Baukunst Pracht.

Chor.
Ja, wir wollen sie erheben.
Denn der Maurer schönste Pflicht
Ist auf diese Kunst gericht

Einer.
Kunst! wer kann die Werke meistern,
Die du klüglich aufgeführt?
Du kannst die Natur begeistern,
Wenn sie deine Arbeit ziert;
Stummer Steine blöder Mund,
Machet deine Ehre kund.

Chor.
Ja, wir wollen dich erheben,
Denn der Maurer schönste Pflicht
Ist auf diese Kunst gericht

Einer.
Tausend Stücke zu vereinen,
Edle Baukunst, dankt man dir;
Felsen von den rauhsten Steinen,
Stellst du uns in Säulen für,
Deren Theile Wunderpracht
Das beliebte Ganze macht.

Chor.
Ja, wir wollen dich erheben,
Denn der Maurer schönste Pflicht
Ist auf diese Kunst gericht

Einer.
Norden, Osten, Süden, Westen
Haben deinen Bau erblickt,
Durch dich wohnen in Palästen
Fürsten, die der Purpur schmückt;
Ja, der Gottheit irdisch Haus
Zieret deine Arbeit aus.

Chor.
Ja, wir wollen dich erheben,
Denn der Maurer schönste Pflicht
Ist auf diese Kunst gericht

Einer.
Helden, wenn sie satt von Kriegen
Lorberreich nach Hause ziehn,
Opfern dir nach ihren Siegen,
Und verehren dein Bemühn;
Was Perikles bauen kann.
Sieht Athen erstaunet an.

Chor.
Folgt, ihr Brüder, folgt den Helden!
Denn der Maurer schönste Pflicht,
Ist auf diese Kunst gericht.

Einer.
Auf ihr Maurer, auf zum Werke,
Macht der Baukunst Ruhm bekannt!
Eintracht, Weisheit, Schönheit, Stärke,
Leiten eure muntre Hand,
Weil dem Bauherrn dieser Welt
Eure Arbeit wohlgefällt.

Chor.
Auf ihr Brüder, auf zum Werke!
So vollführen wir die Pflicht,
Die auf diese Kunst gericht


Der Schluss der Loge.

<poem>

Auch in: Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801, 211-212

Einer. Schließt die Stunden mit Ergötzen, Schließt der Loge stille Lust; Keine Reu kann sie verletzen, Weil ihr [1801: ihr sind] Laster unbewußt. Laßt sich eure Arbeit enden, Legt das Werkzeug aus den Händen, Und empfangt für eure Treu, Ruhm und Lohn der Maurerey.

Chor. Laßt sich unsre Arbeit enden, Und empfangt [1801: wir empfahn] mit frohen Händen, Zur Bestärkung unsrer Treu, Ruhm und Lohn der. Maurerei.

Einer. Der Gebrauch von unsern Gütern Beibet schön nach dem Genuß; Er entfernt von den Gemüthern Ekelhafter Lust verdruss: [1801: ekelhaften Ueberdruß.] Brüder! dieses macht die Tugend, Sie ist stark, schön wie die Jugend, Muthig, standhaft, einerley [1801: immer frei], Und der Ruhm der Maurerei.

Chor. Drum so laßt mit frohen Händen Uns die schönste Arbeit enden, Es erwartet unsre Treu Ruhm und Lohn der Maurerey.

Einer. Setzet eurer Arbeit Schranken, Maurer, meßet eure Zeit, Gönnet Ruhe den Gedanken, Sammelt neuen [1801: eure] Munterkeit; Folgt, ihr Brüder, folgt der Würde, Legt die angenehme Bürde Eurer schönen Arbeit bey, Denn dieß will die Maurerey!

[1801: Folgt, ihr Brüder, folgt dem Rufe, ruhet auf des Tempels Stufe, macht durch Ruh die Kräfte neu: denn das will die Maurerei.]

Chor. Drum so laßt mit frohen Händen Uns die schönste Arbeit enden, Es erwartet unsre Treu Ruhm und Lohn der Maurerey. [1801: Ruhe macht die Kräfte neu, zu dem Werk der Maurerei.]

Einer. Wünschen, Hoffen und Verlangen Wählen die [1801: sich] Gelegenheit; Werke, die noch anzufangen, Spart man bis auf andre Zeit; Weisheit leite das Bemühen, Wahn und Lastern zu entfliehen, Mach uns [1801: euch] euch muthig, standhaft, treu, Fleißig in der Maurerey!

Chor. Weisheit leite das Bemühen, Wahn und Lastern zu entfliehen, Mach uns muthig, standhaft, treu, Fleißig in der Maurerey! <poem>

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