Freymäurer-Bibliothek

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Freymäurer-Bibliothek

Recherche Roland Müller

Freimaurerei 1725-1742: rasch ausgebreitet – sofort verboten


Freymäurer-Bibliothek.
Erstes Stück.
Zweyte Auflage.
Berlin, bey Christian Ludewig Stahlbaum, 1782
(1. Aufl. 1778; 3. Aufl. 1792)


Inhalt

Übersicht 1725-1736 Verschiedene Länder 1731-1740: Holland 1725-1738: Frankreich 1733-1739: Italien 1731-1742: Deutschland 1735-1741: Schweiz - Schweden - und andere Länder 1740: Spanien


6-7

Ueberdies will ich noch die verschiedenen Schicksale und Verfolgungen, welche den äussern Theil unserer Gesellschaft (denn unser Inners ist über alle Wuth und Bosheit der Menschen erhaben,) in verschiedenen Ländern betroffen, erzählen, und zugleich die obrigkeitlichen Verordnungen, welche wider uns ergangen, anführen.
Zu eben der Zeit, da ein Theil des Publici uns kaum Menschenverstand zutrauete, und uns als Kinder ansah, welche sich mit Tändeleyen beschäftigen, glaubten die Priester aller Confessionen, daß wir erklärte Feinde der christlichen Religion wären, welche nichts weniger als den Umsturz derselben zur Absicht hätten. Der Römische Bischof suchte uns mit Bannstrahlen zu zerschmettern. Die grausame Inquisition verfolgte uns mit der äussersten Wuth, und protestantische Geistliche verdammten und verketzerten uns von ihren Lehrstühlen. Politiker hielten uns für Stöhrer der allgemeinen Sicherheit und für Feinde des Staats, und endlich das schöne Geschlecht beschuldigte uns aus Rache der unnatürlichsten Laster, weil wir ihnen aus den wichtigsten Gründen den Eintritt in unser Heiligthum nicht gestatten konnten. *

* Kurz, in Rom beschuldigte man uns des Epicurismus, in Florenz des Molinismus, in Paris haßten uns die Jesuiten weil sie uns für Jansenisten hielten. In Holland waren wir Anhänger des Hauses Oranien, im protestantischen Deutschland Atheisten, und in dem catholischen geschah es durch unser Anstiften, daß einige Ungläubige der Mutter Maria das salve Regina abdisputiren wollten.


Diese Zeiten sind vorbey: Man ist endlich in den mehresten Ländern von der Unschuld und Reinigkeit unserer Gesellschaft durch die Erfahrung überzeugt, und niemand glaubt mehr, daß (wie ein gewisser Schriftsteller sagt) hinter einer Wolke, welche Segen auf das Land träufelt, ein feindseliger Dämon verborgen sey. Wir genießen in den meisten Ländern den Schutz der Gesetze, und die weisesten Regenten Europens ehren uns als die treuesten, die gehorsamsten ihrer Unterthanen.

Die Verfolgung, welche nur noch vor kurzem einige unserer Brüder in Neapel [1775] erduldet, (und von welcher wir zur Ehre unserer aufgeklärten Zeiten hoffen, daß sie die letzte seyn wird,) ist zu unserm Vortheil ausgeschlagen. Der Staat hat eingesehen, daß es unbillig ist, diejenigen zu unterdrücken, welche sich zur Ausübung aller bürgerlichen und gesellschaftlichen Tugenden verbunden haben, und sie genießen jetzt nach überstandenen Leiden, Ruhe, Sicherheit und Schutz der Gesetze.

Selbst die Priester haben sich mit uns ausgesöhnt, da sie unter unsern Gliedern so viele eifrige Bekenner der Religion gefunden. Allein, da die Bosheit nie müßig seyn kann, so sucht sie uns von einer andern Seite zu verwunden. Ehemals hielt man uns für Feinde der Religion, und itzt fängt man an uns als Enthusiasten, Fanatiker und Schwärmer auszuschreyen, da wir doch überall aufrichtige, eifrige und treue Bekenner und Freunde des Christenthums sind. Aber auch über diesen Punkt wird uns die Zeit rechtfertigen.


1725-1736 Verschiedene Länder

18-23

1725

Der Orden hatte sich in diesem und dem vorigen Jahre schon ausser England in vielen Ländern verbreitet.

[jedenfalls in Irland und Schottland; vermutlich auch seit 1721 in Rotterdam - und angeblich seit 1721 ebenfalls in Belgien (Mons Gent) und Frankreich (Dunkerque) sowie in Istanbul.
In Gibraltar arbeitete eine Loge vermutlich schon 1724.
Der Beginn in Griechenland ist dagegen statt auf 1724 eher auf 1740 (Korfu, Zakynthos), wenn nicht später, anzusetzen, desgleichen der Beginn in der Türkei. Auch die erste Loge in Prag ist 1726 nicht nachgewiesen, sondern erst 1741.].


1726

wurden die ersten Provinzial-Großmeister unter dem Großmeister Carl [eher: William O‘Brien] von Inchiquin bestellt. Ihr Amt ist, daß sie in den ihm angewiesenen Provinzen die unmittelbaren Repräsentanten des Großmeisters sind, und zu gleicher Zeit die Macht, Logen zu errichten, besitzen.


1727

wurde die Autorität der großen englischen Loge, unter der Großmeisterschaft des Lords Coleraine, durch ganz Europa allgemein anerkannt; und auch eine Deputation nach Madrid gesandt, um daselbst eine Loge zu stiften, welche noch bis auf den heutigen Tag, von der großen englischen Loge unabhängig, fortarbeitet.


1728

Dieses und das folgende Jahr war Lord Kingston Großmeister. Den 26 November wurde das Amt der Stewards wieder hergestellt und ihre Anzahl auf zwölf gesetzt; und den 25. November eben dieses Jahres schenkte der gedachte Großmeister, Lord Kingston verschiedene Utensilien an die Loge, und sandte auch das erste Constitutionspatent nach Ostindien [Kalkutta].


1730

war der Herzog von Norfolk Großmeister, und unter seiner Großmeisterschaft wurden die ersten Logen in Ostindien und Amerika [erste Zusammenkunft einer Loge schon 1720 in Boston] gestiftet.


1731

war Lord Lovel Großmeister, und ertheilte ein Patent für die Loge in Haag. Der Herzog von Norfolk schickte von Venedig aus 20 Pfund Sterling Almosenbeytrag an die große englische Loge; desgleichen ein großes in blau und Gold gebundenes sehr prächtiges Logenbuch in Folio mit einem Titelblatt von Pergament.

In eben diesem Jahre wurde Herzog Franz von Lothringen, nachmaliger römischer Kaiser, in Haag in einer von der großen englischen Loge gestifteten Loge zum Freymäurer aufgenommen, und noch in eben demselben Jahre in Londen zum Meistergrade befördert … Die Brüder zu Hamburg bezeigten gleichfalls ihre Freude über den Beytritt dieses großen Fürsten zu unserer Gesellschaft, und der Secretair der Loge Acidalius las in einer feyerlichen Versammlung ein zu dieser Absicht verfertigtes Lobgedicht ab.

1733

war Jacob Lyon, Graf von Strathmore, Großmeister. Er ertheilte elf Hamburger Brüdern die Erlaubniß, in ihrem Vaterlande eine Loge zu errichten, die erste welche in Deutschland gestiftet worden: und Lord Carl Sackville, Herzog von Midlesex, ein Sohn des Herzogs von Dorset, stiftete zu Florenz eine Loge.


Der berühmte Lorenz Natter verfertigte auf diese Gelegenheit eine Gedächtnißmünze, wo sich auf der einen Seite des Lords Bildniß in Römischem Kostume, mit der Umschrift:
Carolus Sackville Magister Florentinus
befindet.
Auf der andern Seite ist Harpocrates mit einer Blume auf dem Haupte. Er legt einen Finger der rechten Hand auf den Mund, und stütz sich mit der Linken, in welcher er ein Füllhorn hält, auf eine abgebrochene Säule. Auf der rechten Seite befindet sich unten zu seinen Füssen ein kubischer Stein mit Maurer-Werkzeugen, und auf der andern der geheime eleusinische Kasten mit der Schlange, an welchem ein Thyrsus und Steinhammer liegt, nebst der Legende ab origine.
Abbildungen findet man in Köhlers Münzbelustigungen *, desgleichen auch in dem Taschenbuch für die Brüder Freymäurer 1777 auf der ersten Tafel.

[* Der Wöchentlichen Historischen Münz-Belustigung. 17. Stück, den 25. Aprilis 1736: Eine Medaille auf die berühmte Englische Frey-Maurer-Brüderschafft, von A. 1733, 129-136.
Der Autor der Freymäurer-Bibliothek, zitiert – S. 22-28 - sehr ausgiebig aus diesem langen Bericht und scheut, als Freimaurer, auch bissige Kommentare dazu nicht.]


38

1736

Der disjährige Großmeister war Graf von London. Unter ihm wurde ein Constitutionspatent nach Africa überschickt.


1731-1740: Holland

[Der Bericht lehnt sich anfolgende Schrift an: Der neu-aufgesteckte Brennende Leuchter des Freymäurer-Ordens, 1746, 73-75.

Der Inhalt der Resolution vom 30. November 1735 in Holland deckt sich stellenweise wörtlich mit demjenigen in Zedlers Grossem vollständigen Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste, 1739, unter dem Stichwort „Maurer (Frey-)“.]


29-37

1735

Da der Orden wegen der innern Vortreflichkeit seiner Grundgesetze, welche auch sogar auf das Herz des allerunempfindlichsten Menschen eine unwiderstehliche Zauberkraft äussern, sich in kurzer Zeit mit mächtigem Fluge über alle Länder Europens und der übrigen Welttheile erstreckt hatte, und an allen Orten durch seine wohlthätigen Ausflüsse Segen verbreitete; so erregte dieser schnelle Wachsthum den Argwohn und Haß aller bösgesinnten Menschen:

Je dickere Nebel von Dummheit, Vorurtheil und Priestergewalt ein Land umhüllen, desto argwöhnischer und schwächer ist immer die Regierung, und alle diejenigen, welche gemeinschaftlich etwas für die Glückseligkeit ihrer Nebengeschöpfe unternehmen, können sicher darauf rechnen, als Feinde des Landes und des Staats angesehen zu werden; vorzüglich, wenn, wie bey unserer Gesellschaft, undurchdringliche Wolken das Triebwerk verhüllen, wodurch so viele gute, löbliche und gewöhnlichen Menschen eben nicht geläufige Handlungen bewürket werden.

Ungewitter thürmten sich von allen Seiten, und droheten Untergang und Verderben. Nicht nur in katholischen Staaten suchte man uns zu vertilgen, sondern auch einige aufgeklärte Länder konnten sich von dem allgemeinen Vorurtheil auf einige Zeit verblenden lassen, unsere Gesellschaft verderblicher Absichten zu beschuldigen; und die erste Verfolgung wider unsern Orden brach gerade in einem Lande aus, welches wegen seiner Freyheit und sanftten toleranten Regierung berühmt ist.

In Holland waren schon seit einiger Zeit [1731] verschiedene Logen von England aus gestiftet worden. In Haag war eine Holländische und Englische, und in Amsterdam eine Englische und Französische Loge, welche in der Stille Gutes thaten, und fleissig mit England korrespondirten. In Amsterdam wurden sie zuerst entdeckt, und der Pöbel war, von der Geistlichkeit aufgehetzt, so erbittert daß er die eine Loge verbrennen wollte.
Weil nun den 3 November in der Amsterdammer Französischen Gazette eine Nachricht eingerückt wurde, daß in Haag eine neue Loge installirt worden; so wurde die Regierung aufmerksam, besonders da man erfuhr, daß sehr viele vornehme Personen von dem Hofe des Prinzen von Oranien sich in der Gesellschaft befänden. Man gerieth auf den Verdacht, es könnte unter dem Vorwande der Freymäurerey leicht ein Bündniß für das Haus Oranien geschlossen werden, welches dem Staate zum Nachtheil gereichte; da die mehresten Glieder, wie das öffentliche Gerücht sagte, dieser Partey ergeben wären.
Um hierüber näheres Licht zu bekommen, wurde Befehl gegeben, in aller Stille eine versammlete Loge aufzuheben. Man erstaunte über die große Anzahl vornehmer Personen, welche angetroffen wurden. Und weil man ausser einigen Dingen, welche zur Zierde der Loge dienten, nichts erhebliches fand, so hatte dieses eine doppelte Würkung. Die Einbildungskraft der Neugierigen suchte aus diesen gleichgültigen Geräthen und Zierrathen, welche völlig willkührlich sind und von den Geschmack einer jeden Loge abhangen, die Absicht und den Endzweck unserer Gesellschaft zu entziefern, und weil sie sich nirgends an einen festen Punk halten konnte, so kann man sich leicht vorstellen, welcher abentheuerliche Roman von uns erdichtet ward: besonders war es unser Eid, von welchem man schon zuvor die schrecklichsten Vorstellungen hatte, woran sie ihre Phantasie übten, und ein Ding voll von schrecklichen abentheuerlichen und läppischen Floskeln zusammen stoppelten, welches gerade deswegen seines Zwecks verfehlte und vernünftigen Leuten unwahrscheinlich vorkam, weil man es allzu wahrscheinlich zu machen gesucht hatte.
Dem ungeachtet haben alle folgende sogenannte Entdecker unserer Geheimnisse das Geschwätz, welches sich damals ins Publikum verbreitete, zum Grunde gelegt, und es nur in Nebendingen mit neuem Unsinn verbrämt.

Bey der Regierung that dies eine ganz verschiedene Würkung. Da ihr die vorgefundenen wenigen architektonischen Zierrathen nicht die gehofte Erläuterung verschaften, so wurde sie in ihrem Verdachte bestärkt, daß etwas mehr als Architektur der Gegenstand unserer Beschäftigung seyn müsse, und ob sie gleich nicht das geringste Verdächtige gefunden, so wurde dem ungeachtet folgender Befehl bekannt gemacht:

„Nachdem der Magistrat der Stadt Amsterdam in Erfahrung gebracht, daß sich in dieser Stadt gwisse Leute befinden, welche unter dem Vorwande, als wären sie Glieder einer sogenannten Societät der Freymäurer, sich unterfangen, bey dieser Gelegenheit Conventicula und verbothene Zusammenkünfte anzufangen und zu besuchen, oder ihre Häuser und Zimmer zu dergleichen verbothenen Zusammenkünften einzuräumen: Also hat eine hohe Obrigkeit, welcher es obliegt, für die Ruhe und Sicherheit dieser Stadt Sorge zu tragen, für nöthig und diensam erachtet, allen und jeden, welche sich in dieser Stadt oder deren Jurisdiction befinden, ernstlich zu untersagen und zu verbiethen, gleichwie sie hiermit durch gegenwärtiges Patent untersaget und verbiethet, keine dergleichen verbothene Winkelzusammenkünfte, unter dem Namen Freymäurer oder einem andern scheinbaren Prätexte, zu halten oder zu besuchen, noch auch zu Haltung dieser Versammlungen ihre Häuser, Stuben, Böden, Keller oder andere Hausplätze zu vermiethen, herzuleihen oder gebrauchen zu lassen, unter der Strafe, daß sie als Stöhrer der gemeinen Ruhe ernstlich angesehen werden sollen.

Zu gleicher Zeit wurde auch am 30. November folgende Resolution in der Versammlung der Herren Staaten von Holland und Westfrießland abgefaßt: Der Rathpensionarius hat im Namen und auf Befehl der Herren des kommittirten Raths vorgetragen, daß nachdem sie in der Amsterdammer Französischen Gazette, unter dem 3. dieses Monaths eine gewisse Stelle gefunden, folgenden Inhalts: Am 24sten abgewichenen Monaths hat man allhier mit gehörigen Ceremonien in dem also genannten Neuen Dölle [eher: Doele, ein Haus der Schützengilde] eine Holländische Loge der alten und berühmten Brüderschaft der Freymäurer in Gegenwart des Großmeisters Herrn Johann Cornelius Rademacher [besser: Radermacher], Generalschatzmeisters Ihro Hoheit des Herrn Prinzen von Oranien, desgleichen in Gegenwart des Herrn Johann Keune [Kenne?] als Viceregentens, wie auch anderer Bedienten und vornehmen Glieder dieser Gesellschaft aufgerichtet, und bey dieser Gelegenheit zugleich viele neue Brüder dieser Holländischen Loge aufgenommen —
haben sie sich schuldig erachtet, über den Inhalt dieser Periode genaue Information einzuholen, und folglich in Erfahrung gebracht, daß gedachte Periode auf Requisition eines gewissen Ludwig Dagran, Tuchhändlers in Haag, in gedachte Zeitungen eingerückt worden; und hierauf dieser Mann den dazu gesetzten Commissarien auf Befragen eröfnet:
Er sey ein Mitbruder dieser Gesellschaft, von welcher in obiger Periode geredet worden, und habe auf Befehl aller seiner Mitbrüder, jedoch ohne Vorwissen des Großmeisters, dieserhalb an einen seiner guten Freunde nach Amsterdam geschrieben; dieser Mann auch ferner auf geschehenes Befragen: was denn die Beschaffenheit und der Zweck der schon gedachten Brüderschaft sey? zur Antwort gegeben: welchergestalt er sich auf ihre 1723 zu London bey William Hunter gedruckte Constitutionen beziehe, als davon er den Commissarien zugleich ein Exemplar eingeliefert,
und denn solchen Constitutionen zufolge die Architektur das Objekt oder die Materie dieser Brüderschaft zwar zu seyn schiene; gleichwohl, es möge auch in England um diese Brüderschaft oder das überreichte Buch beschaffen seyn wie es wolle, nur allein in der einzigen Stadt London und in deren Gegend 20 verschiedene Logen anzutreffen sind, worin die Mitbrüder sich versammlen, deren jede eine Gattung Dechanten und Aeltesten, alle aber ein allgemeines Oberhaupt oder General, unter dem Titel eines Großmeisters, haben, der alle Jahre in einer haltenden Generalversammlung entweder anderweitig bestätigt oder abgewechselt wird; hiernächst die Particulierbrüderschaften, die sich nach diesem Exempel und Vorbilde seit einiger Zeit in unsern Provinzen formirt, also beschaffen sind, daß keinesweges zu glauben, ob sey die Architektur der einzige und vornehmste Gegenstand ihrer Versammlungen;
ausser diesem allem aber aus obigen ihren Constitutionen und aus andern von den Commissarien angezogenen Nachrichten erscheinet, daß die Mitbrüder oder Glieder dieser Gesellschaft solche Sachen mit einander verhandeln, die niemanden als nur den Mitgliedern zu wissen erlaubt sind; daß sie sich auf das stärkste verbinden, solche geheim zu halten, und solches zwar, so viel man in Erfahrung gebracht, durch einen Eid, der so viel härtere und grössere Strafen in sich faßt, als Niemanden ausser dem Landesherrn zu statuiren zukömmt;
gleichergestalt auch gesagt wird, daß diese Mitbrüder gewisse Kennzeichen an sich haben, daran sie einander erkennen, auch durch Zeichen einander ihre Gedanken eröfnen können; über dieses die Thüren und die Eingänge des Orts ihrer Versammlungen durch Jemanden aus ihrem Mittel, mit dem entblößten Degen in der Hand, bewachen, und dadurch hindern, damit kein Fremder hinein kommen könne; ferner unter den Constitutionen vornemlich zwey befindlich, welche verdienen attendirt zu werden, vermöge der ersten die Personen von allen Religionen und Sekten, wenn sie nur die Regeln der Moral als gültig erkennen, und übrigens als ehrliche Leute leben, nur allein die Atheisten und Verächter der Gesetze ausgenommen, aufgenommen werden mögen; in Kraft der andern aber die Mitbrüder zwar in Wahrheit gehalten seyn sollen, sich als ruhige Unterthanen gegen die bürgerliche Obrigkeit zu verhalten, hingegen aber ein des Aufruhrs wider den Staat überführter, wenn er nur sonst keine andere Verbrechen auf sich habe, nicht aus der Brüderschaft zu stoßen sey, ohngeachtet diese Brüderschaft gehalten ist, die Rebellion zu verwerfen, und der Regierung keinen Verdacht oder Ursache zu Argwohn zu geben;

übrigens aber sie die committirten Räthe zwar wegen der Brüderschaft nichts in Erfahrung gebracht, was der guten Ordnung und den Pflichten guter Unterthanen zuwider sey, gleichwohl nicht unerinnert lassen können, daß ordentlicher Weise und nach den Gesetzen alle Brüderschaften und Collegia, ausgenommen die welche die Regierung authorisirt hat, unerlaubt sind, und allemal für Pflanzschulen der Faktionen und Debauschen angesehen werden, welcherhalben man Anton. Matthaeum in seinem Buche de criminibus und andere berühmte Rechtsgelehrte nachlesen kann;
daher denn folglich sie die committirten Räthe ihrer schuldigen Pflicht gemäß erachtet, an Ihro Edle und Großmögende Herren alles obstehende anzuzeigen, um darüber Reflexion zu machen, und solche Maßregeln zu ergreifen, welche sie diensam finden möchten.

Nachdem die Sache in Deliberation genommen worden, hat man für gut befunden und gewollt: Es solle dem Präsidenten und den Räthen des Hofgerichts so wohl, als auch den Bürgermeistern und Regenten der Städte, respective den Haag mit darunter begriffen, anbefohlen werden, daß sie die obgedachten Brüderschaften, die sich des Namens der Freymäurer anmaßen, aller Orten, wo sie möchten als eine bloße unzuläßige Neuerung eingeführt oder aufgerichtet seyn, würklich aufhören machen, und in Kraft dieses gegenwärtigen Resultats durch die respective Officiers wider alle und jede procediren lassen, die sich erkühnten zu weigern, daß sie dem Befehl Ihro Edlen und Großmögenden sich nicht unterwerfen wollten, wenn ihnen solche gehörig angedeutet worden: allermaßen denn wider diejenigen, die sich auf die Befehle der Landesherrschaft ungehorsam erwiesen, verfahren, und zu gehöriger Zeit an Ihro Edlen und Großmögenden, wie sie dem allenthalben nachgegangen, gebührender Bericht erstattet werden solle.

[Der gesamte Bericht über diese Affäre in Holland ist zitiert nach:
Anhang Zu den Actis Historico-Ecclesiastici und derselben Ersten Band. Weimar, Bey Siegmund Heinrich Hofmann, 1736, 105-113;
oder nach:
Kurtz-gefasster Historischer Nachrichten Zum Behuf der Neuern Europäischen Begebenheiten, Auf das Jahr 1736; Nachtrag Istes Stück, 12-15.]


Weil nun eine Loge sehr rechtschaffner Freymäurer in Amsterdam fortfuhr, sich heimlich zu versammlen, und der Magistrat davon Nachricht erhielt, so ließ er die ganze Loge gefänglich einziehn: den folgenden Tag wurde der Logenmeister nebst seinen beyden Aufsehern vor den versammleten Rath geführt, wo sie öffentlich durch einen Eid bekräftigten, daß die Freymäurer sehr friedliche, und ihrem Vaterlande und dem Landesherrn mit unwandelbarer Treue ergebene Unterthanen wären; daß sie in der größten Einigkeit lebten, Heucheley und Betrug verabscheueten; daß ihre verschiedenen Gesellschaften nichts als die Ausübung menschenfreundlicher Handlungen zum Gegenstande hätten, und die Einsetzung ihres Ordens sehr alt und höchstverehrungswürdig wäre.
Die besondern Gebräuche und Geheimnisse ihres Ordens bekannt zu machen, sey ihnen zwar nicht möglich; doch versicherten sie auf das heiligste, daß sie weder den göttlichen noch menschlichen Gesetzen zuwider waren, und daß sie willig und gern eine von den Magistratspersonen aufnehmen wollten, welche ihnen dieses hernach ebenfalls bekräftigen würde.

Hierauf wurden die Brüder wieder auf freuen Fuß gestellt, und der Stadtsecretair abgesendet, um in den Orden aufgenommen zu werden. Die Brüder kamen ihrem Versprechen nach, und er stattete hernach, bey seiner Zurückkunft auf das Rathaus, einen solchen vortheilhaften Bericht ab, daß sich kurz darnach der ganze Magistrat zu Freymäurern aufnehmen ließ.


79-81

1740

In Holland war zwar die Regierung von unsern guten Absichten überzeugt: aber die Geistlichen verfolgten uns demohnerachtet auf das äusserste, und waren fest entschlossen, das wohlthätigste Institut auszurotten; und es war gewiß nicht ihre Schuld, daß nicht alle Holländische Logen niedergerissen wurden. Sie griffen unsere Gesellschaft nicht nur von den Kanzeln an, sondern sie maßten sich auch sogar in ihrem blinden Eifer das Recht an, alle unsere Glieder aus der Gemeinschaft der Kirche auszuschliessen.

Aus Achtung für einen ehrwürdigen Stand, übergehe ich diese heftigen und ihm gewiß nicht zur Ehre gereichenden Kontroversen mit Stillschweigen, und begnüge mich an folgender Anekdote, welche mehr als hinlänglich ist, darzuthun, wie weit sich die Geistlichen von ihrem blinden Eifer hinreissen ließen.
Zwey junge Officier von sehr guter Familie, beyde Freymäurer, baten den Prediger ihres Kirchsprengels, daß er sie nach dem Heidelberger Catechismus in ihren Glaubenslehren eraminiren, und ihnen alsdann ein Certificat ertheilen möchte, daß sie zum Tisch des Herrn zugelassen würden. Nachdem das Examen vorüber, und der Prediger mit ihrem Glaubensbekenntniß zufrieden war, fragte er sie, ob sie Freymäurer wären? Als sie es bejaheten, schlug er ihnen das verlangte Certificat ab. Eben so wurde auch ein anderer abgewiesen, bloß weil er dem Prediger nicht angeloben wollte, niemals ein Freymäurer zu werden.

Dies verursachte ein großes Aufsehen, und es erschien eine Menge von Schriften für und wider den Orden, welche ich aus den schon angeführten Ursachen mit Stillschweigen übergehe.

Endlich nahmen sich die versammleten Generalstaaten selbst der Sache an, und befahlen: daß künftig kein Geistlicher mehr bey seinen Amtsgeschäften dergleichen die Freymäurerey betreffende Fragen an seine Beichtkinder thun sollte. Und eben demselben Geistlichen, welcher die beyden jungen Officier examinirt hatte, wurde auferlegt, ihnen die verlangten Certificate sogleich auszustellen.

Dieser zum Vortheil der Freymäurerey ertheilte Ausspruch trug ungemein viel zur Ausbreitung der guten Sache in Holland bey. In wenig Jahren wurde eine beträchtliche Anzahl neuer Logen in den vereinigten Provinzen errichtet, welche ihre Constitutionen theils aus England, theils aus Schottland bekamen.


1725-1738: Frankreich

39

1736

In Frankreich hatten sich unsere Brüder schon seit vielen Jahren [1725 in Paris] versammlet, und unter der Großmeisterschaft des Schottischen Ritters Jacob Hector Macleane [besser: Hector Maclean], ihre Arbeiten in aller Stille und unbemerkt betrieben: Allein in diesem Jahre wurde der Orden nunmehro öffentlich bekannt, und ein Gegenstand der Neugier des Publicums.
Es waren schon zu Ende dieses Jahres in Paris 5 Logen errichtet, und Carl Ratcliff Graf von Deventvater [besser: Charles Radclyffe, Earl of Derwentwater] wurde auf das folgende Jahr zum Großmeister erwählt. Es traten viele vornehme Personen in den Orden, und unter diesen vorzüglich der Marschall [Victor-Marie] von Estrées und der letztverstorbene Prinz von Condé [Henri II. de Bourbon].


40-44

1737

In Frankreich verschaffte uns die Neuheit der Sache eine sehr große Menge von Anhängern, und das Verbot des Hofes diente nur, um täglich die Zahl unserer Glieder zu vermehren. Die Jesuiten, welche damals in Frankreich unumschränkt regierten, ließen durch ihre Kreaturen dem Königlichen Rathe vorstellen, daß alle geheime Versammlungen, so unschuldig sie auch seyn möchten, in Ansehung ihrer Folgen dem Staat niemals zum Vortheil, sondern immer zum Nachtheil gereichten: daß ferner alle Gesellschaften, welche vom Könige nicht authorisirt, an sich verbothen wären, und daß es also die Erhaltung der Ruhe erforderte, diese Gesellschaft eben so, wie bereits in Holland geschehen, zu unterdrücken.

Der Hauptgrund ihres Hasses beruhte darin, weil sie uns für Anhänger des Jansenismus hielten. Sie waren zu verschlagen, um nicht sogleich einzusehen, daß die elenden Kindereyen, welche das Publicum von uns erzählte, nicht der Gegenstand unserer Beschäftigungen seyn konnten; sondern daß ein tiefes Geheimniß dahinter stecken müßte, und konnte dies nicht der ihnen so verhaßte Jansenismus seyn? Aus diesem Verdacht waren sie unsere erklärtesten Feinde, und suchten alle Triebfedern, uns zu schaden, in Bewegung zu setzen.

Der Polizeylieutenant Herault ließ daher in allen Wirthshäusern im Namen des Königs anbefehlen, den Freymaurern keine Zusammenkünfte zu verstatten, und es mußte eine öffentliche Feyerlichkeit, welche die Brüder bereits veranstaltet hatten, unterbleiben. Ein vornehmer englischer Lord hatte eine solenne Loge zur Wahl eines Neuen Großmeisters angesetzt; der Hof ließ aber sogleich bekanntmachen, daß, wenn die Wahl einen Franzosen treffen würde, sollte er sogleich in die Bastille gesetzt werden, und kein französischer Unterthan, welcher ein Mitglied dieser Gesellschaft sey, sollte sich unterstehen, an Hof zu kommen.
Dieser strenge Befehl würkte zwar so viel, daß die Wahl unterblieb; allein sie fuhren dennoch fort, sich heimlich zu versammlen. Der Polizeylieutenant, welcher durch seine Spions abermals hievon Nachricht bekam, ließ einigen Herren vom ersten Range sagen: sie möchten aufhören, dem Befehl des Königs zuwider zu leben, weil er die schärfste Ordre habe, einen jeden ohne Unterschied der Person zu arretiren. Man berief sich zwar auf die Engländer, welchen die Besuchung der Logen nicht verbothen sey: Allein hierauf wurde geantwortet, daß ein Unterthan keinen Anspruch auf dasjenige machen könne, was die Regierung einem Fremden aus gewissen Absichten erlaube; und daß ihre Versammlungen, sobald, sie Paris verließen, von selbst aufhörten.

Indessen war weder die Wachsamkeit der Polizey, noch die Ungnade des Königs im Stande, den Orden zu unterdrücken. Alles, was man dadurch ausrichtete, war weiter nichts als daß die Brüder ihre Versammlungen mit mehrerer Verschwiegenheit und Vorsicht anstellten. Ein Bruder schrieb bey diesen betrübten Umständen unter dem erdichteten Namen Procopius in Versen eine sehr schöne Apologie für den Orden, welche ich, da sie sehr kurz ist, hier in einer Uebersetzung einrücken will.

siehe
Frühe Berichte über die Freimaurerei


Alle vernünftige Leute von Paris lasen diese artige Schutzschrift mit Vergnügen, und waren von ganzer Seele von unserer Unschuld und guten Absichten überzeugt. Aber diese gute Meinung war zu schwach, unser Schicksal zu erleichtern: der königliche Beichtvater und die königliche Maitresse glaubten das Gegentheil; und was vermag die Stimme einer ganzen Nation gegen Personen von solcher Wichtigkeit!

Die Polizey fuhr fort, uns zu verfolgen. Im Junius wurde die Wohnung eines englischen Bruders durchsucht, und verschiedene Logengeräthe und andere Sachen von weniger Bedeutung weggenommen. Den 14. September wurde das Edikt an die Haus- und Gastwirthe, in ihren Häusern keine Freymäurer-Zusammenkünfte zu dulden, nochmals wiederholt, und den Uebertretern die schärfste Strafe gedrohet.

Ein Gastwirth Namens Chapelot, bediente sich dem ungeachtet der List, und ließ die gewöhnliche Thür eines Zimmers vermauren, und durch den Fußboden eine heimliche Thür brechen. Sechs ganze Monathe blieb dieses geheime Versammlungszimmer unentdeckt; endlich aber wurde es verrathen, und Herr Chapelot mußte für seinen sinnreichen Einfall tausend Livres bezahlen.


48-51

1738

Da in Frankreich die bisherige Unterdrückung nur dazu gedienet hatte, dem Orden immer mehr und mehr Anhänger zu verschaffen; so verfiel man jetzt auf ein anderes Mittel, und hoffte von demselben, da es große Beziehung auf den französischen Nationalcharacter hatte, bessere Würkung. Bisher hatte man die Sache ernsthaft behandelt, und nunmehr suchte man sie lächerlich zu machen. Es wurde in den Zeitungen eine weitläuftige Nachricht bekannt gemacht, welche das ganze Geheimniß der Freymäurer enthalten sollte, und diese Entdeckung hatte die Liebe gemacht.

Die Sache wird also erzählt: Eine berufene Operistin, Namens Carton, gerieth auf den Einfall, das Geheimniß der Freymäurer, es koste was es wolle, zu entdecken. Es both sich hiezu bald eine gute Gelegenheit an, indem sich ein junger Ritter, welcher Freymäurer war, in sie verliebte. Durch die ausgesuchtesten Kunstgriffe einer geübten Phryne setzte sie erst seine Leidenschaft in die heftigste Flamme, und als sie gewiß überzeugt war, daß es nicht mehr in seinem Vermögen stehe, zurück zu gehen, so nahm sie auf einmal eine kalte und ernsthafte Miene an, und versicherte ihren Liebhaber, daß er nie seinen Endzweck erreichen würde, wenn er ihr nicht zuvor das Geheimniß seiner Gesellschaft entdeckte. Diese unerwartete Forderung setzte den ungeduldigen Liebhaber ausser aller Fassung: einige Zeit kämpfte seine Pflicht wider die Liebe; allein was kann dieser allmächtigen Gottheit widerstehen? Er gab seiner Geliebten eine Schrift, in welcher das ganze Geheimmß der Freymäurer enthalten seyn sollte, und diese säumte nicht, sie dem Potizeylieutenant zuzustellen, um sie sobald als möglich allgemein bekannt zu machen: ohne sich weiter um das Schicksal ihres betrogenen Liebhabers zu bekümmern, welchen sie durch diese Entdeckung der strengsten Rache seiner erzürnten Brüder aussetzte.

Wer konnte nunmehr wohl an der Wahrheit einer Sache zweifeln, welche mit so wahrscheinlichen Umständen erzählt wurde? Ganz Paris machte der Mamsell Carton Komplimente, daß sie Witz genug besessen, ein so tief verborgenes Geheimniß zu entdecken, welches selbst der argusäugigen Polizey nicht möglich gewesen sey, und belustigte sich an der Verwirrung und Beschämung, in welche die Freymäurer nach dieser Entdeckung nothwendigerweise gerathen müßten.
Um die Wahrheit der erstern noch mehr zu befestigen, hatte man gleich wieder folgende neue Anekdote bey der Hand: Ein Freund des armen Ritters habe der Operistinn, um sich wegen ihrer Waschhaftigkeit zu rächen, auf dem Theater folgende Verse vorgesungen:

Il faudroit dans Paris,
Ville en peuple féconde,
Qu'on connût aux habits
La qualité du monde;
Et sur la mantille
Des Filles de l'Opera
On brodâr la Bequille
Du — — — Barnabas.

Doch die Operistinn habe ihn sogleich wieder beschämt, indem sie ihm eine tüchtige Maulschelle mit den Worten portez cela au Brodeur, versetzt.

Die wichtige Entdeckung selbst bestand in nichts mehr oder weniger als in den lächerlichen Ceremonien und einfältigen Handwerksgebräuchen, welche indem, beym Jahr 1732 angeführten Werke des Prichard enthalten sind, und welche man nur hin und wieder abgeändert und verziert hatte.

Und nachdem der erste Taumel der Neuheit vorüber war, erklärte man es für das, was es würklich ist, nemlich für ein in der Absicht erfundenes Märchen, um die Freymäurer lächerlich zu machen. Vernünftige Leute konnten sich nicht überreden, daß sich gesetzte ernsthafte Männer mit solchen Possen und abgeschmackten Ceremonien beschäftigen könnten, als sie die Demoiselle Carton beschuldigte. Man fand es ferner höchst unwahrscheinlich, daß die Freymäurer einem Menschen, der so wenig Geistesstärke besitzt, daß er sich's von der ersten besten Buhlschwester wieder ablocken läßt, ein Geheimniß von einigem Belange würden entdeckt haben.

Diese Geschichte gab unterdessen zu einer der besten Schutzschriften Gelegenheit, welche jemals für den Orden geschrieben worden, und welche unter folgendem Titel herauskam: Relation apologique et historique de la Société des Franc-maçons, par I. G. D. M. F. M. à Dublin chez Patrice Odonoko 1738. 8. Eine deutsche Uebersetzung dieser Schrift findet man in dem Anhange des neuen Constitutionsbuchs (Frkft. 1762 p. 78); desgleichen in dem Buche: Gründliche Nachricht von den Freymäurern (Frkft. 1740 p. 89).

[81. Ein Hinweis auf die deutsche Übersetzung:
Die historische Schutzschrift ist eine Uebersetzung des Werks, welches ich S. 51 angezeigt habe. Der Verfasser ist kein Glied unserer Gesellschaft, und sein Werk hat keine weitere Absicht, als die Neubegierde der Welt in etwas zu stillen: dem ungeachtet ist er so billig, kein Urtheil über eine ihm unbekannte Sache zu wagen; er trägt seine Nachrichten vor, wie er sie bekommen, und läßt sich in keine weitere Entscheidung ein.]


Mit Laune und Ironie zeigt der Verfasser das Lächerliche und Ungereimte derjenigen Märchen, welche man dem Publico unter dem Namen unsers Geheimnisses aufgeheftet, und legt hierauf die wahren Lehren, Grundsätze und Absichten unserer Gesellschaft der Welt vor Augen; und da eine gute Sache nie zu oft gesagt werden kann, so will ich sie hier nochmals in einem kurzen Auszuge darstellen.

siehe
Historische Vertheidigung der Frey-Maurer-Gesellschafft, frz. 1738; dt. 1738

[Die Geschichte mit der Operistin ist kürzer auch beschrieben in:
Historisches Jahr-Buch vom Jahr Christi 1738, 618-619, gefolgt von der Rede Ramsays, bis 635.
ferner in Gänze und mit dem Text von Hérault in:
Europäischer Staats-Secretarius, 1738, 360, 465-470.]
„la Charton“ heisst es bei
Siegismund Justus Erhardt: Kurzgefaßte Geschichte und gerettete Ehre des erlauchten Freymaurer-Ordens, 1754, 55.]


1733-1739: Italien

44-48

1737

In Italien war der Orden zuerst unter dem Namen Ia Cucchiara (eine Mauerkelle) bekannt, und da er sich in Florenz, Livorno und andern großen Städten ausbreitete, so erregte dies nothwendig den Arwohn des römischen Hofes.

Die Loge zu Florenz, deren Stiftung ich schon oben angeführt [1733], hatte schon verschiedene Drangsale erduldet; der letztere Großherzog aus dem Mediceischen Hause hatte ihre Zusammenkünfte durch ein Edikt verbothen, und man ging schon damit um, einige Untersuchungen wider die Freymäurer anzustellen. Allein der Großherzog starb vor dem würklichen Ausbruche der Verfolgung, und daß Ungewitter wurde auf einige Zeit abgewandt. Die Brüder versammleten sich wieder, weil sie auf den Schutz des neuen Großherzogs Rechnung machten.

Die Geistlichen berichteten diesen Vorgang unterdessen nach Rom, und der Pabst hielt nach dem Beschluß der Congregation des heiligen Officii mit den Kardinälen Ottoboni, Spinola und Zondedari eine besondere Unterredung über die Mittel, unsere Gesellschaft, welche sie der Kirche so gefährlich glaubten, auszurotten. Der Pater Inquisitor wurde sogleich nach Florenz abgesandt; die gerichtliche Verfolgung nahm ihren Anfang, und es wurden verschiedene angesehene Personen gefänglich eingezogen.
Der Großherzog schlug sich aber ins Mittel, weil er am besten von der Unschuld unserer Gesellschaft überzeugt war. Die Gefangenen wurden wieder auf freyen Fuß gesetzt, der geistlichen Tyranney Einhalt gethan, und die Logen wieder hergestellt.

Das Hauptverbrechen, welches man uns in Florenz beschuldigte, war der Molinismus und Quietismus; denn in den Sätzen dieser von der Inquisition verdammten Systeme, glaubte man, bestünde unser Geheimniß.
In Rom selbst wollte man weiter sehen, und beschuldigte uns des Epikurismus und der ausgelassensten Freygeisterey. Der einige Grund, worauf sich diese Muthmaßung gründete, war, weil alle Gattungen von Menschen ohne allen Unterschied der Religion unter uns aufgenommen würden, und um dies noch mehr zu bekräftigen, behauptete man, daß wir sogar Mahometanern den Zutritt verstatteten.

[Sehr viel kürzer berichtet auch in:
Historisches Jahr-Buch vom Jahr Christi 1737
Franckfurth und Lepizig bey Christoph Riegel, Seiten 588-589.
Europäischer Staats-Secretarius, 1737, 1029 und ausführlich, mit der Bulle, 1738, 797-800. ]


Keine Grausamkeit war daher zu groß, und kein Mittel zu niedrig, dessen man sich nicht mit gutem Gewissen bedienen zu können glaubte, um solche verstockte Ketzer auszurotten. An dem einen Orte waren wir also andächtige Schwärmer: denn der Quietismus ist im Grunde nicht sehr von der Herrnhutherey verschieden; und an dem andern Freygeister, welche alle Religion verspotteten.
Welches Chamäleon von Menschen müßte derjenige seyn, wenn man ihn nach seinem Betragen zu gleicher Zeit für einen Freygeist und Herrnhuther halten könnte? und wie widersinnig müßte sich endlich eine ganze Gesellschaft verhalten, wenn man in ihrer Aufführung Data fände, woraus sich sicher schließen ließe, daß sie nach diesen gerade einander entgegengesetzten Grundsätzen handelte.. Gewiß, dies widerspricht allem gesunden Menschenverstande, und nur die heilige Inquisition und der unfehlbare Stadthalter Christi auf Erden waren fähig, ein solch widersinnig Gemisch von Grundsätzen für möglich zu halten.


1738

Der Schutz, welchen man uns in Florenz angedeyen ließ, und der tägliche Wachsthum unsers Ordens, des Verboths Sr. Heiligkeit ungeachtet, bewegte den römischen Hof, seine Zuflucht zu strengeren Mitteln zu nehmen: Der Orden wurde also zu Anfang besagten Jahres förmlich excommunicirt, und folgende Bulle bekannt gemacht.

Clemens der XII. etc.

„Mitten unter den Sorgen unsers apostolischen Amts, und unter unserer beständigen Aufmerksamkeit, die Ketzerey zu vertilgen, und den Weinberg des Herrn in seiner völligen Reinigkeit zu erhalten, haben Wir mit Schmerzen und Betrübniß erfahren, daß eine gewisse Gesellschaft, die sich für eine Brüderschaft der Freymäurer ausgibt, nachdem sie in verschiedenen Europäischen Staaten eingerissen, sich auch in Italien ausgebreitet habe, und sogar beträchtlich angewachsen sey.
Da Wir nun bemerkt, daß das unerforschliche Geheimniß dieser geheimnißvollen Gesellschaft das wesentliche Stück ihres Vorhabens, und gleichsam die Stütze davon sey; daß verschiedene weltliche Mächte, denen sie eben daher billig verdächtig geworden, dieselbe aus ihren Staaten verwiesen, und daß selbige noch aus wichtigern Ursachen der geistlichen Macht, welcher zukömmt, über dasjenige ohne Unterlaß zu wachen, was der Seelen Seligkeit angehen kann, verdächtig seyn muß; So haben Wir um dieser Ursache willen, und durch unsere Hirtensorgfalt aufgemuntert, die Gesellschaft der Freymäurer verdammt, und verdammen sie durch gegenwärtige Bulle, als eine verkehrte, der gemeinen Ordnung zuwider laufende, und solche Gesellschaft, welche sich des großen Bannes schuldig gemacht. Verbiethen demnach allen und jeden, von was für Rang, Amt oder Stand sie seyn mögen, welche die katholische, apostolische und römische Religion bekennen, sich in diese Gesellschaft einschreiben oder aufnehmen zu lassen, eines ihrer Mitglieder zu besuchen, oder Gemeinschaft mit ihnen zu haben, und in ihren Häusern eine Versammlung der Freymäurer zu dulden, bey Strafe des gedachten Bannes gegen diejenigen so dawider handeln. Wobey Wir uns allein, ausgenommen im Fall des Todes, das Recht vorbehalten, diesen Bann aufzuheben.

Rom, den 29 May 1738.

[Der gesamte, viel längere, Text der Bulle lateinisch bei:
Siegismund Justus Erhardt: Kurzgefaßte Geschichte und gerettete Ehre des erlauchten Freymaurer-Ordens, 1754, 46-51.


Als die Regierung von Florenz diese Bulle erhalten, so wurde sie sogleich an den Großherzog nach Wien abgeschickt, um Verhaltungsbefehle einzuholen. Und diese sielen folgendergestalt aus: man sollte die Bulle, um den päbstlichen Stuhl nicht geradezu zu beleidigen, zwar annehmen, aber sie weiter nicht in Ausübung setzen; indem die Regierung die Freymäurerloge, welche sich ruhig und stille halten würde, gänzlich ignoriren sollte.


[Einschub aus:
Historisches Jahr-Buch vom Jahr Christi 1738
Franckfurth und Lepizig bey Christoph Riegel, Seite 420-421
(wo der Text der obigen Bulle in leicht anderer Übersetzung auf Seite 419-420 zu finden ist)

Ein Nonnen-Aufstand zu Viterbo.

So übel nun diese mystische Freymaurer-Zufft in Italien ankam, so schlimm gieng es auch bey nahe einigen würcklichen Maurern in dem Päbstl. Gebiet zu Viterbo. Denn als diese zu dem Findel- und Waysen-Hauß daselbst noch einen Flügel zu bauen anfiengen, kamen die Nonnen aus ihrem daran stossenden Bernhardiner-Closter mit Stecken, Gabeln, Bratspiessen und dergleichen Hauß-Instrumenten, und jagten die Maurer unter dem Vorwand, dass solche Neuerung ihrem Closter-Bau schädlich wäre, davon;
Was aber auf des Gouverneurs von Viterbo Namens Caraffa, an den Pabst dießfalls abgestatteten Bericht, mit diesen Heldinnen fürgenommen worden, hat man nicht erfahren.]


Fortsetzung aus:
Freymäurer-Bibliothek
64-65

1739

In Florenz hatten unsere geschwornen Feinde, die Geistlichen, nicht unterlassen, alles zu unserm Verderben anzuwenden. Die heilige Inquisition sah es als eine Beleidigung an, daß ihre mörderische Klaue gebunden, und daß sie nicht im Stande war, ihre Wuth an uns auszulassen.

Durch verschiedene Ränke hatte sie endlich einen Befehl bey der Abwesenheit des Großherzogs erschlichen, gerichtlich wider die Freymäurer nach Inhalt der päbstlichen Bulle zu verfahren. Es wurde also den 19 May der D. Crudeli in seinem Hause unvermuthet überfallen, in Verhaft genommen, und nach dem Gefängniß des heiligen Officii gebracht, (*) weil er in dem Verdachte war, daß er zu unserm Orden gehörte. Der Vikarius der Inquisition begab sich kurz hernach in sein Haus, und ließ alles auf das genaueste durchsuchen, um vielleicht etwas zu entdecken, was zur Aufklärung unserer Geheimnisse dienlich seyn könnte. Zum größten Glück aber hatte ein Bruder vom ersten Range, gleich nach der Gefangennehmung des Doktors, alle diejenigen Schriften in Sicherheit gebracht, welche den Orden betrafen, und welche, wenn man sie gefunden hätte, nicht nur dem Gefangenen, sondern auch den übrigen Brüdern sehr viel Nachtheil hätten verursachen können.

Es wurden noch mehrere Brüder eingezogen, und man begegnete ihnen mit der größten Strenge, um in aller Geschwindigkeit ihr Geheimniß von ihnen herauszupressen, weil die Inquisition wohl wußte, daß ihre Tyranney sogleich aufhören würde, sobald nur der Großherzog von der eigentlichen Lage der Sache unterrichtet wäre. Dies geschah auch in kurzem: die Gefangenen mußten wieder auf freyen Fuß gestellt werden, und die Inquisition hatte abermals den Verdruß, ihrer Absicht, uns gänzlich zu vertilgen, zu verfehlen.

In Rom selbst wurde mit der Verfolgung auf das strengste fortgefahren, und eine Belohnung von hundert Scudi darauf gesetzt, wer ein Mitglied dieser Gesellschaft, oder eine ihrer Versammlungen anzeigen würde; und selbst Freymäurern, welche die Gesellschaft verlassen wollten, wurde Gnade und Absolution vom Kirchenbann angebothen.


1731-1742: Deutschland

1737

[Einschub aus:
Historisches Jahr-Buch vom Jahr Christi 1737
Franckfurth und Lepizig bey Christoph Riegel, Seite 257-258:]

Die Frey-Mäurer schleichen sich auch in Mannheim ein.

Die teutsche Nation hält nunmehr bey der seit wenigen Jahrhunderten eingeführten Gewohnheit, alles, was müssige Köpfe in fremden Lande erfunden, auch in seinen Gräntzen bekandt zu machen, allzustrenge, als daß die in Engelland ausgeheckte, und immer weiter sich ausbreitende Frey-Mäurer, nicht auch in unserm Vatterlande hätten eingeführet werden sollen.
In Mannheim thate sich in der Mitte deises Jahres eine solche Gesellschafft hervor, die, wie andere ihrer Brüder, auch ihren Ursprung von dem Thurn zu Babel herleiten wollte. Sie muste aber hier gleichfalls das Schicksal erfahren, welches sie in andern, auf dergleichen Gesellschafften aufmercksamen Staaten gehabt. Der Chur-Fürst befahl nehmlich, diese ohne Erlaubniß eingeschlichene Zunfft auszurotten, und verbote allen Officieren und Soldaten, wie auch allen übrigen Bedienten und Unterthanen, bey Verlust ihrer Bedienungen, und der Churfürstlichen Gnade, an demselben Theil zu nehmen.]


56-59

1738

In eben diesem Jahre ließ sich der jetzt regierende König von Preussen, als Kronprinz, in den Orden aufnehmen. Es ist dies eine der wichtigsten und interessantesten Epochen des Ordens, welcher er seinen jetzigen blühenden Zustand in Deutschland zum Theil zu verdanken hat.

Die Veranlassung war folgende: Bey einem Besuche, welchen Friedrich Wilhelm, in Begleitung des Kronprinzen, zu Loo bey dem Prinzen von Oranien ablegte, fiel das Gespräch bey der Tafel von ungefähr auf die Freymäurerey. Der König sprach ziemlich nachtheilig von derselben: allein der regierende Graf von der Lippe-Bückeburg vertheidigte sie mit einer edlen Freymüthigkeit, und erklärte sich selbst für einen Freymäurer. Dies männliche Betragen rührte den Prinzen dergestalt, daß er gleich nach der Tafel dem Grafen seinen Entschluß bekannt machte, in den Orden zu treten. Braunschweig wurde zu dem Ort der Aufnahme ausersehen, weil der König in kurzem dahin zu reisen gedachte, und weil während der Messe unter der Menge von Fremden die Sache, ohne Verdacht zu erwecken, vorgenommen werden konnte.
Es wurde also den 10. August eine Deputation von Hamburg aus mit den nöthigen Geräthen abgeordnet, welche aber vor dem Thore vor Braunschweig in eine nicht geringe Verlegenheit gerieth, als der Acciseeinnehmer Anstalt machte, ihre Reise-Geräthe zu visitiren: schon dachten sie auf Ausflüchte, als sie der Acciseeinnehmer vermittelst eines heimlich in die Hand gedrückten Dukatens auf einmal von der Furcht befreyete, und sie unvisitirt passiren ließ. Sie stiegen im Kornschen Gasthofe, dem vornehmsten Wirthshause der Stadt, ab, und der Graf von Lippe nebst einigen andern Brüdern vom Stande trafen fast zu gleicher Zeit ein.

Den folgenden Tag traf auch der König von Preussen ein, und der Graf von der Lippe zeigte sich bey Hofe, um von dem Prinzen wegen der Zeit und des Orts der Aufnahme Befehl einzuholen. Es wurde hiezu die Nacht zwischen dem 14. und 15. gewählt, und es war kein schicklicherer Ort zu finden, als das Quartier der Brüder. Es war groß und geraumig; nur hatte es die einzige Unbequemlichkeit, daß ein Herr von W*** ein Zimmer inne hatte, welches von dem Saale nur durch eine bretterne Wand unterschieden war, so daß er alles hätte hören und verstehen können.
Aber auch diese Schwierigkeit wurde gehoben: Da einige Hannöverische Brüder sein glückliches Naturell kannten, daß er seine traurige Vernunft gern im Weine zu ersäufen pflegte: so griffen ihn einige des Nachmittags bey seiner Schwäche an, und setzten ihn gegen Abend in einen solchen Zustand, daß er auch an der Seite einer Batterie, ohne zu erwachen, gar sanft würde geschlafen haben.

Die Aufnahme geschah nunmehr zur gesetzten Zeit mit allen gehörigen und erforderlichen Gebräuchen, und der Königliche Prinz bezeugte über alles seine Zufriedenheit.

Da nunmehr unsere Gesellschaft in Deutschland immer mehr bekannt, und ein Gegenstand der allgemeinen Neubegierde wurde; so entlehnten auch unsern Namen einige Schriftsteller zu dem Titel einer Wochenschrift, um ihr dadurch mehr Leser zu verschaffen. Sie kam zu Anfange gedachten Jahres unter dem Titel: der Freymäurer zu Leipzig bey Breitkopf heraus, und wurde mit dem 52. Stück wieder geschlossen. Sie unterscheidet sich durch nichts besonders von andern deutschen Wochenschriften, und ist nach dem gewöhnlichen Zuschnitt derselben gemacht: Langweilige moralische Chrien und Predigten, unbeseelte Schilderungen, Charaktere nach französischem Modell, und kraftlose Satyre, ist alles was sich von ihrem Inhalt sagen läßt; am allerschlechtesten ist der Charakter des Freymäurers, welcher der Schrift doch die Individualität geben sollte, beobachtet.


[Einschub aus:
Historisches Jahr-Buch vom Jahr Christi 1738
Franckfurth und Lepizig bey Christoph Riegel, Seite 308:]

Die Frey-Maurer werden nicht da geduldet.

Nachdem die Frey-Maurer-Zufft auch in dieser Stadt [Hamburg] sich in kurzer Zeit stark vermehret hatte: so hielt es der Magistrat für nöthig, derselben auf alle Art Abbruch zu thun, zu welchem Ende etlichen davon, die unter der Stadt-Jurisdiction stunden, angedeutet wurde, sich bey willkührlicher Straffe nichtweiter zu solcher Gesellschafft zu halten, noch bey einer Loge sich einzufinden.]


66

1740

Oben schon [1733] habe ich die Stiftung der ersten Loge zu Hamburg erwähnt, desgleichen auch einige Verfolgungen welche sie ausgestanden; nunmehr will ich ihre fernere Geschichte erzählen.

Die erste Loge blieb eine Zeitlang unbemerkt: als aber mehrere dazu kamen, welche solches bekannt machten, und der Ruf von einigen besondern Geheimnissen der Freymäurer sich durch die ganze Welt sehr geschwind ausbreitete, so wurde auch hier diese Gesellschaft auf eine nicht gar vortheilhafte Weise bekannt; indem das Vorur theil die Laster und die Ausschweifungen, einiger unwürdigen Mitglieder, der ganzen Gesellschaft zur Last legen wollte. Es waren sogar einige Zusammenkünfte unter dem Namen Freymäurer, die es doch nicht waren; und dies gab auch zu dem S. 59 gedachten Verbothe des Raths Anlaß.

Die wahren hiesigen Freymäurer erhielten daher einen Provinzial-Großmeister von Hamburg und Niedersachsen, welcher durch ein förmliches Patent aus London von dem obengedachten Großmeister [Graf von Kintore] den 30. October dieses Jahres ernannt war. Dieser richtete darauf die große Loge zu Hamburg ein, und konstituirte die Loge Absalon. Es wurden bey dieser Gelegenheit verschiedene Münzen geschlagen.


70-71

In diesem Jahre wurde auch unsere Mutterloge zu den drey Weltkugeln errichtet. Gleich nach der Thronbesteigung äusserten Seine Majestät das Verlangen, daß in Berlin eine Freymäurerloge gestiftet werden möchte. Im Junius wurde eine sehr prächtige Loge gehalten, wo Se. Majestät selbst den Meisterstuhl einnahmen, und es wurden in derselben Se. Königl. Hoheit der Prinz Wilhelm, der Marggraf Carl und der Herzog von Holstein zu Freymäurern eingeweihet. Der geheime Rath Baron von Bielefeld und der geheime Rath Jordan gaben ihr hierauf die gehörige Form, und legten ihr den Namen zu den drey Weltkugeln bey.
Ihr Ansehen wuchs in kurzer Zeit dergestalt, daß sich die vornehmsten Personen in derselben aufnehmen ließen. Man versammlete sich alle Monath viermal, und die Arbeiten geschahen wechselseitig deutsch und französisch.


91-93

1742

Deutschland war nach England nunmehr das einzige Land, wo der Orden sein Haupt empor heben, und sich in seinem völligen Glanze zeigen konnte. Weise Fürsten ließen ihm nicht nur ihren Schutz angedeihen, sondern viele begaben sich in seinen Schooß, und beförderten hernach aus allen Kräften die Ausbreitung eines Instituts, von welchen sie aus eigener Ueberzeugung wußten, wie viel es zur menschlichen Glückseligkeit beyträgt.


In Bareuth wurden in diesem Jahre von dem regierenden Fürsten selbst zwey neue Logen gestiftet, und durch einen öffentlichen feyerlichen Aufzug eingeweihet. Die Mutterloge hatte sich bisher auf dem fürstlichen Schlosse versammlet, und von hier aus ging die Prozession in folgender Ordnung nach dem goldenen Adler, woselbst die neuen Logen errichtet wurden.

Den Zug eröfneten
1) zwey Pförtner der Loge mit bloßen Schwertern,
2) die Stuarts mit ihren Ordenszeichen und weissen Stäben,
3) der Großschwertträger der Mutterloge allein,
4) der Secretär der Loge mit dem Gesetzbuche auf einem blausamtenen Küssen mit goldenen Spitzen besetzt,
5) Seine Hochfürstliche Durchlaucht als Ordensmeister der Mutterloge zwischen den beyden Vorstehern,
6) der Meister der neuen Loge mit seinen beyden Vorstehern,
7) die übrigen Brüder Paar und Paar funfzig an der Zahl.


Ein anderer deutscher Fürst, der Herzog Ernst August von Sachsen Weimar, verkannte, ob er gleich kein Glied unserer Gesellschaft war, dennoch unsere edlen Absichten nicht, und fällte von einem Orden, welcher fast in ganz Europa des Atheismus beschuldigt wurde, folgendes Urtheil:

„Zu solchen Gesellschaften, welche die Liebe vereint, ist allerdings zu rechnen, eine gewisse gar besonders ansehnlich werdende Gesellschaft, und fast durch ganz Europa in hohe Consideration kommende Brüderschaft. Was diese in großer Achtung stehende Gesellschaft eigentlich für Absichten habe, ist ausser ihnen bis jetzt noch niemanden bekannt, und die allgemeine Verschwiegenheit der Brüder über diesen Punct ist mehr als einmal bewundert worden.
Wir unsers Orts halten dafür, daß Gott in unsern bedenklichen Zeiten, auch vielleicht durch diese Gesellschaft etwas sonderbares auszuführen gedenket: welches aber auf eine erstaunende Art und Weise noch zur Zeit ein tiefes Geheimniß bleiben muß, darin wir nicht zu schauen vermögen, bis es Gott und die Zeit entdecken wird. Wir hoffen aber demungeachtet, daß diese hochberühmte Brüderschaft allerdings Gottes Ehre, und einen heilsamen Endzweck haben möge."

Vielleicht sah dieser gottselige Fürst im prophetischen Geiste etwas voraus, welches in der Folge der Zeit wahrscheinlich in Erfüllung gehen könnte etc.

Die Wege des Herrn sind wunderbar! Priester traten das Heiligthum mit Füssen, suchen Christi Lehre zu untergraben und zu einem kraftlosen Moralgeschwätze herunter zu setzen; wer kann bestimmen, welche Werkzeuge der Herr erwählen wird, sein Heiligthum zu beschützenl


1735-1741: Schweiz – Schweden – und andere Länder

59-60

1738

In Genf machte man sich die bisherigen Unruhen zu Nutze, und es wurden während derselben einige Logen errichtet, welche sich in kurzer Zeit sehr schnell ausbreiteten; sie wurden aber sogleich von dem Rathe wieder unterdrückt, weil er sich gefährliche Vorstellungen von unserer Gesellschaft gemacht hatte.

Es verdient bemerkt zu werden, daß die Ausbreitung unsers Ordens, ausser den catholischen Ländern, in solchen kleinen Freystaaten die mehreste Schwierigkeit fand. Denn auch in Hamburg ließ der Magistrat in diesem Jahre seinen Bürgern anbefehlen, bey strenger Strafe unsern Orden zu meiden, und von andern solchen kleinen Republiken werden in der Folge dieses Werks noch mehrere Beyspiele vorkommen.

In jenen Ländern hassen und fürchten viele Priester eine jede Unternehmung, welche das Ansehen der Vorurtheile und des Aberglaubens zu schwächen scheint, weil dies die festen Pfeiler ihrer Macht und Gewalt sind. In solchen kleinern Staaten hingegen ist wohl eine gewisse Eingeschränktheit des Geistes die Ursache. Eine jede neue Erscheinung erregt Verdacht, sie mag so unschuldig seyn als sie immer will, daß sie der Grundverfassung gefährlich werden könnte, und das bloß aus der Ursache, weil sie nicht auch bey ihren Vätern gebräuchlich war.


In Schweden [erste Loge 1735 in Stockholm] wurde in diesem Jahre ebenfalls ein Verboth wider den Orden bekannt: Allein, war's wohl möglich, daß eine so aufgeklärte Nation wie die Schwedische sich lange von dem allgemeinen Vorurtheil konnte blenden lassen? Man erkannte gar bald die großen menschenfreundlichen und patriotischen Absichten unserer Gesellschaft: das Verboth wurde eben so geschwind wieder aufgehoben, und in keinem Lande stehet der Orden in grösserer Achtung, und wird von den weisesten und tugendhaftesten mehr geehrt, als in diesem. —


Ausserdem verbreitete sich auch der Orden in verschiedenen anderen Ländern, und es wurden in diesem Jahr in Smirna, Constantinopel und Aleppo Logen errichtet.


65-66

1739

Auch in Pohlen hatte sich der Orden stark ausgebreitet, und es wurde in diesem Jahre die päpstliche Exkommunikationsbulle von allen Kanzeln abgelesen.


67

1740

In Salzburg wurde unser Orden durch die Dummheit der Mönche in eine sehr hitzige theologische Streitigkeit, an welcher er doch ganz unschuldig war, eingeflochten; und welche beynahe, so lächerlich sie auch im Grunde war, in öffentliche Empörungen ausgebrochen wäre.

71

Der Orden hatte sich nun auch in verschiedenen Schweizerischen Kantons [seit 1736] ausgebreitet, und weil er auch hier, so wie an allen Orten Haß, Verläumdungen, heimliche und öffentliche Verfolgungen erdulden mußte, und seine edelsten Handlungen auf der gehässigsten Seite vorgestellt wurden; so ließen einige Brüder folgende Schutzschrift für ihre gute Sache in dem Brachmann bekannt machen:

siehe:
Auch in der Schweiz wurde die Freimaurerei sofort verboten und verteidigt

79

Dem allem ungeachtet war diese Vertheidigung nicht hinreichend, die Nebel der Vorurtheile zu zerstreuen, und Leute, welche wider uns eingenommen, auf bessere Gedanken zu bringen. Auch hier mußte unser Orden, wie ich in der Folge anführen werde, Verfolgung und Unterdrückung erdulden, und durch Leiden bewähret werden.


82

1741

Auf der Insel Malta hatte der Orden ebenfalls Wurzel gefaßt: aber die Brüder konnten ihre Arbeiten nur unter dem Schleyer der dicksten Nacht ausüben. Sechs Ritter wurden entdeckt, daß sie Freymaurer waren; sie wurden aber sogleich auf Antrieb der Inquisition von dem Großmeister von der Insel verwiesen, mit dem ausdrücklichen Befehl, dies Land nie wieder zu betreten.


1740: Spanien

67

1740

In Spanien entdeckte die Inquisition nun auch die Loge zu Madrid, deren Stiftung [1727] oben angeführt ist, und es wurden alle und jede, auf welche sie nur den geringsten Verdacht halte, ohne Ansehen des Standes eingezogen.

In Portugall nahm die Inquisition gleichfalls achtzehn Freymäurer in Verhaft, und da ich unten Gelegenheit habe, die unmenschlichen Grausamkeiten, welche dies Gericht gegen unsere Brüder ausübte, um sie zur Verletzung ihrer Pflicht zu zwingen, aus der Erzählung eines Augenzeugens anzuführen; so will ich sie hier mit Stillschweigen übergehen, und nur dies berühren, daß die mehresten, weil sie nichts verrathen wollten, zur ewigen Gefängnißstrafe, auf die Galeeren, und auch einige zum Feuer verdammt worden.

Zu den Verfolgungen in Portugal siehe:
Zur Geschichte der Freimaurerei

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