Traktat: Comenius

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An dieser Stelle möchten wir auf die aktuelle Publikation von Petr Asrael Grambal hinweisen.
Die Veröffentlichung enthält eine Illustration (Radierung) von Br Jens Rusch.

EUROPAE LUMINA, VIRI DOCTI, PII, EMINENTES, SALVETE!

So sprach Comenius, zu der europäischen Elite in der Mitte des 17. Jahrhunderts: „IHR LEUCHTEN EUROPAS, GELEHRTE FROMME UND ERHABENE MÄNNER, SEID GEGRÜSST! Er lud sie hiermit ein, an einer „Allgemeinen Beratung über die Besserung der menschlichen Dinge“ teilzunehmen. Verbesserung der menschlichen Dinge war schon immer, und ist immer noch, wünschenswert. Was und Wie soll (kann) man jedoch verbessern, darüber zerbrachen sich den Kopf nicht nur die Leuchten Europas und nicht nur im 17.Jahrhundert. Bisher kam niemand mit einer universalen Lösung.

COMENIUS

Jan Amos Komenský (1592 – 1670), lateinisch gennant Comenius, war ein mährischer Gelehrter. Als Geistlicher der evangelischen Unität der Böhmischen Brüder in Mähren wurde er nach der Machtübernahme durch die katholischen Habsburger gezwungen, die Heimat im Jahre 1628 zu verlassen und ins Exil zu gehen. Er lebte abwechselnd in Polen, Ungarn, Schweden, England und Niederlande. Ich hoffte lange Jahre in die Heimat zurück zu kehren können. Dieser Wunsch wurde ihm nicht erfüll. Er starb 1670 in Amsterdam, 78 Jahre alt. Er wurde vor allem durch seine pädagogischen Werke berühmt. Die Grundlagen des Schulwesens, die er erarbeitete, sind immer noch aktuell. Er teilte den Schulunterricht in drei Stufen: Grundschule – Mittelschule – Hochschule. Gemäss seinen Vorschlägen wurden der Inhalt und die Methoden des Unterrichts standardisiert. Seine Anforderung, die Grundschule für alle Kinder (beider Geschlechter, aller Religionen, aus allen sozialen Schichten) zugänglich zu machen, war für die damaligen Verhältnisse revolutionär. Währens seines Studiums wurde Comenius von Gedanken Francis Bacons stark geprägt. Der englische Philosoph und Staatsmann Bacon (1561 – 1626) gilt als einer der Begründer der modernen Wissenschaften.. Comenius entwickelte die Idee des Pansophismus. Er führte den Begriff „Pansophie“ („Allweisheit“), eine religions-philosophische Lehre, in die Philosophie ein. Er warnte vor der Trennung des Glaubens und des Wissens. Pansophie sollte zu einer harmonischen Verbindung aller Welten der Wirklichkeit, der Erkenntnis und der Sprachen führen.

Comenius war auch politisch engagiert. Sein Leben wurde massgebend von den Ereignissen des 30-jährigen Krieges (1618 – 1648) geprägt. Am Anfang dieses Krieges stand die erste Prager Defenestration.

Die 1. Prager Defenestration

Sein politisches Hauptwerk war „Allgemeinen Beratung“ (um 1650). Es richtete sich vor allem an die Gelehrten, Theologen und Machthaben Europas. Die wichtigsten Thesen: Die Welt befindet sich in Disharmonie (Finsternis). Dieser Zustand muss durch menschliche Anstrengung korrigiert werden: Das Licht soll verbreitet werden. Ein universales Licht muss im menschlichen Verstand angezündet werden.

Comenius betrachtete, neben Materie und Geist, das Licht als drittes Prinzip der Weltgestaltung. Er verstand unter diesem Begriff nicht nur das sichtbare Licht, sondern auch die spirituelle Kraft, die auch Licht bezeichnet wird und mittels dessen Gott durch Jesus die Menschen erleuchtet, das Licht welches das Wesen des Lebens ist, das Licht das auch für Wahrheit steht: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben“, so redete Jesus.

Das Licht schuf Gott schon am ersten Tag der Schöpfung. Das Licht war die Urquelle der weiteren Entwicklung, die Grundlage des Lebens. Die für uns heute mächtigste Lichtquelle, die Sonne, wurde aber erst am vierten Tag kreiert. Ist das ein Widerspruch? Nein, denn dadurch wurde die Regierung des Tages und der Nacht etabliert. Anders formuliert: Die Zeit wurde strukturiert. Das Licht ermöglichte das Leben. Das Leben bedeutet Bewegung. Die Bewegung kann nur im Fluss der Zeit stattfinden.

Comenius akzeptierte nie das Heliozentrische Weltbild. 100 Jahre nach Kopernikus, als Zeitgenosse von Kepler und Galileo. Er war ein tief gläubiger Mensch. Gott, Bibel und Jesus waren für ihn die unerschütterlichen Fundamente seiner Weltanschauung. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Gott einen weniger bedeutsamen Aufenthaltsort als die Mitte des Universums für die Menschheit bestimmt hätte.

Von einem anderen Winkel her betrachtet, könnte die Vorstellung über die Erde als Mittelpunkt eines spirituellen Universums ganz richtig sein. Denn der menschliche Geist ist in unserer Weltanschauung mit der Erde eng verbunden. Und dieser Geist hat für uns eine zentrale Bedeutung. Für den Freimaurer ist es der von ihm zu bearbeitender virtuelle Stein - die individuelle Mitte der Welt. René Descartes (1596 – 1650) führte nach ihm genannten kartesischen Dualismus ein. Danach setzt sich der Mensch aus zwei völlig verschiedenen Substanzen zusammen: der körperlichen und der geistige. Comenius und Descartes begegneten sich nur einmal und während etwa 4 Stunden pflegten einen Meinungsaustausch. Angeblich verstanden sie sich nicht besonders gut. Zu unterschiedlich waren ihre Ausgangspositionen. Comenius vertrat die Einheit von Körper und Geist, vom Göttlichen und Menschlichen. Descartes setzte sich durch. Das hatte positiven Folgen für die Weiterentwicklung der Naturwissenschaften, aber unter den negativen Auswirkungen des Dualismus leiden wir auch heute noch – insbesondere in der Medizin. Es ist zu hoffen, dass sich der Trend zur comenianischen einheitlichen Auffassung des Menschen allmählich weiter durchsetzen wird.

VIA LUCIS

Eine vernunftgemäße Untersuchung darüber, auf welche Weise das geistige LICHT der Seelen, die WEISHEIT, nun endlich, zur Abendzeit der Welt, über den Geist aller Menschen und alle Völkerschaften erfolgreich verbreitet werden kann. So viel der Untertitel, vom Autor selbst verfasst.

Sein Werk war in den interessierten Kreisen bekannt und hoch geschätzt. Die Harward-University (damals noch in New England, in einer der britischen Kolonien in Nordamerika) bot nach ihrer Gründung im Jahre 1636 Comenius den Posten des Rektors an. Comenius lehnte aber ab, denn er wollte Europa nicht verlassen. Zu dieser Zeit hoffte auf die Rückkehr in die Heimat. Diese Hoffnung gab er erst nach dem Abschluss des Westfälischen Friedens im Jahre 1648 auf. Um die Wende 1641 und 1642 verbrachte Comenius 9 Monate in England. Er wurde von seinen Anhängern, einer Gruppe von englischen Intellektuellen eingeladen. Diese Reise organisierte Samuel Hartlib, der später Berater von Cromwell, dem Anführer der Opposition gegen König, wurde.

Dieser Aufenthalt war für Comenius von besonderer Bedeutung. Er hatte Kontakte zu vielen Gelehrten, die seinen Ideen der Toleranz und der Humanität nahe standen. Comenius war in England dabei, als sich die Vorgängerin der Royal Society konstituierte. Die Royal Society wurde dann im Jahre 1660 gegründet. Sein Werk VIA LUCIS fasste er während seines Aufenthaltes in England zusammen, konnte es jedoch dort nicht veröffentlichen. 1642 brach der Bürgerkrieg in England aus und Comenius musste das Land verlassen.

Royal Society: Selbstdarstellung

In der Sanskrit, der Urmutter aller indoeuropäischen Sprachen, ist die Verbindung zwischen den Begriffen Welt und Licht etymologisch dokumentiert. Diese Verbindung existiert immer noch in den westslawischen Sprachen. In der Muttersprache Comenius´, im Tschechischen heisst es: svět (die Welt) und světlo (das Licht). Die Welt ist keine Wirklichkeit, keine Realität, weder eine subjektive noch eine objektive, sondern sie ist dieses Licht, in dem wir die Dinge sehen. In Welt sein bedeutet im Licht sein. Comenius´ Absicht war „Die Universal-Erleuchtung“ der gesamten Menschheit durch Bildung, Erziehung und Aufklärung. In dem Buch VIA LUCIS zeigte Comenius den Weg, oder einen der denkbaren Wege, zu Besserung der menschlichen Dinge: Den Weg des Lichts. Er vergleicht die Welt mit der Schule der Weisheit Gottes. Gott stattete seine Schule mit seinen Büchern aus:

  • Das erste und grösste Gottes-Buch ist die sichtbare Welt.
  • Das zweite Buch ist der Mensch selbst, der nach dem Ebenbild Gottes geschaffen ist.
  • Das dritte Buch ist die Heilige Schrift. Die Menschheit soll aus diesen drei Büchern das wahre Licht der wahren Weisheit schöpfen.

Comenius analysiert den Zustand der Welt und stellt fest: Die Schule der Welt ist durch die Schuld der Menschen in grosse Verwirrung geraten. Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völker. Obgleich man auf verschiedenen Wegen Heilmittel für die menschlichen Verwirrungen gesucht hat, wurde bisher noch nicht gefunden, was kräftig genug wäre. Gibt es überhaupt noch ein Heilmittel zur Behebung der menschlichen Verwirrungen? Und von welcher Art muss es sein?

  • Gegen das universale Übel wurden immer nur partikuläre Heilmittel eingesetzt. Dabei wurde nicht beachtet, dass die Ratschläge Gottes stets auf eine universale Erneuerung abzielen.
  • Es werden gewaltsame, dem Wesen des Menschen zuwiderlaufende Mittel angewendet.
  • Oder es werden solche Mittel verwendet, die mit Gewissheit kraftlos sind und nicht dazu beitragen, das Übel zu beseitigen.

In der Tat fordert die Vernunft selbst, dass es etwas Universales sein muss, was alle und jeden angeht. Für die Finsternis der menschlichen Verwirrung kann es kein wirkungsvolleres Heilmittel geben als eine Art universales Licht. Ein universales, ansprechendes und kräftiges Mittel, das dem Licht ähnelt. Das Licht der Weisheit. Wenn das Licht der universalen Weisheit entfacht werden kann, wird es sich auch über den ganzen Bereich des menschlichen Verstandes verbreiten können. Wenn es also ein universelles Geisteslicht gibt, in dem alle Menschen die wahren Güter auch wahrhaft sehen und in dem alle klar erkennen, dass alles unter dem Himmel dem Himmel untergeordnet ist, dann werden die Menschen jene wahre Güter anstreben und die ihnen entgegen gesetzten Übel meiden.

Die erste Ausgabe

Wenn wir glauben, dass sich die Zeiten des universalen Lichtes nähern, dann sind wir auch gehalten, die Wege dieses Lichtes zu erforschen. Wir dürfen nicht auf den Gottes Willen warten, vielmehr müssen wir handeln und das universale Licht suchen. Gehen wir sogleich das Wesen des Lichtes ausfindig zu machen. Wir erhalten nirgendwo die Gelegenheit dafür, die Wege für das Licht kennen zu lernen, als von diesen Wegen des Lichtes selbst.

Was ist das Licht und in wie vielen Arten kommt es vor? Allgemein betrachtet ist das Licht ein Glanz, der sich über die Dinge verbreitet, sie sichtbar werden lässt und aufdeckt. Die Finsternis dagegen ist eine Dunkelheit, die die Dinge umhüllt und verdeckt.

Es gibt diese Arten von Licht:

Das ewige Licht: Es ist Licht Gottes, das denjenigen Geschöpfen zugeteilt wird, die Gott mit seiner Gemeinschaft beschenkt.
Das äussere Licht: Es ist jener Glanz, der sich mit körperlichen Augen wahrnehmen lässt, das Licht mit dem Gott sein Welttheater beleuchtet.
Das innere Licht: Es ist ein Glanz, der im Geiste eines vernunftbegabten Geschöpfes entfacht wurde und der diesen Geist beleuchtet.
Das Licht im Verstand ist die vernunftgemässe Erkenntnis der Dinge.

Über das Licht:

  • Der Zustand des menschlichen Geistes ähnelt der Bestimmung, der auch die Welt unterliegt: Sie beginnt in der Finsternis und übergeht ins Licht.
  • Es gibt stets ein Ringen des Lichtes mit der Finsternis.
  • Wenn einmal die Finsternis in der Welt oder im Geist die Oberhand gewinnt, dann kann dieser Zustand nur durch das Licht behoben werden.

- Das Licht geht aus dem Zusammentreffen mit der Finsternis stets als Sieger hervor.

  • Es gibt demnach für uns nichts anderes zu tun, als die Wege für das Licht zu erforschen und vorzubereiten.
  • Das Licht hat eine Quelle, von der es ausströmt, ein Mittleres Durchsichtiges und ein undurchsichtiges Objekt, in das es einströmt.
  • Das Wesen des Lichtes besteht im Dienen.

Die Panharmonie zeigt wie die diversen Kommunikationsmittel, die Wege des Lichtes (Beobachtung, Gespräch, Schrift, Buch) koordiniert und optimal engesetzt werden können. Die Zielsetzungen des universalen Weges des Lichtes: Wir alle wollen alles auf allseitige Weise verstehen. Dazu braucht es:

Die Menschen müssen über das Ewige belehrt werden
Die Menschen müssen über das Geistige belehrt werden.
Die Menschen müssen über das Himmlische belehrt werden.

Daher ist es auch notwendig jene irdischen Gegenstände zu verstehen. Dies sogar vorgängig zu allem anderen, damit wir mit ihrer Hilfe das Himmlische leichter begreifen.

Die Voraussetzungen des universalen Lichtes:

Universale Bücher,
Universale Schulen,
ein universales Kollegium,
eine universale Sprache.

Dies sind die Bücher des Lichtes, Schulen des Lichtes, Kollegium des Lichtes sowie Sprache des Lichtes. Sie sind dazu bestimmt, das Verstandes-Licht über den ganzen Bereich des menschlichen Verstandes zu verbreiten. Die Schulen sollen einheitlich strukturiert werden, der Unterricht einheitlich organisiert werden. Das Lehrmaterial und die Unterrichtsmethoden sollen standardisiert werden. Es soll ein Kollegium gegründet werden, das allgemein ist, und an welchem gebildeten Menschen aus aller Welt teilnehmen. Nur ein Kollegium guter und gelehrter Männer kann gewährleisten, dass derartige Schulen bei allen Völkerschaften errichtet werden.

Die Voraussetzungen für die Realisierung der gewünschten Zustände:

  1. Ein Herz voll ungeheuer grosser Zuversicht.
  2. Die glühendste Anrufung Gottes.
  3. Den Fleiss und die unermüdliche Anstrengung ziemlich vieler weiser Männer.
  4. Die Gunst der Hochgestellten.
  5. Klugheit und eine verlässliche Ordnung beiden Arbeiten.
  6. Die rasche Nutzanwendung all dessen, was erarbeitet worden ist.
  7. Eine kluge und stetige Ausdehnung von einer Gruppe auf eine andere, bis hin zur ersehnten universalen Weite.

VIA LUCIS wurde zum ersten Mal als Buch im Jahre 1668 in Amsterdam herausgegeben. Comenius schrieb ein umfangreiches Widmungsschreiben als Einleitung und widmete das Werk der Royal Society: DEN LICHTSPENDERN EINES ERLEUCHTETEN ZEITALTERS, der Königlichen Londoner Gesellschaft. Er nennt die Mitglieder Diener des Lichtes, die fleissig aus den tiefen Quellen der Wahrheit das Licht der Naturphilosophie schöpfen.

Die wohl gemeinten Ideen Comenius´ konnten natürlich auf diese Weise nie realisiert werden. Dafür waren sie zu theoretisch, ja – utopisch. Aber sie zeigten in eine bestimmte Richtung und dienten als Wegweiser. Zum Teil wurden sie (vielleicht in einer abgewandelten Form) sukzessive doch verwirklicht. Der universale, von Comenius projektierte, Menschheitsbund nimmt Gestallt in diversen weltweiten Institutionen an. Z.B.: als die UNO, oder aber auch als die freimaurerische Weltbruderkette. Und es wird an ihrer Verwirklichung weiter gearbeitet. Denn wir sind auch unserer Zeit mit gleichen Fragen, wie unsere Vorfahren damals, konfrontiert.

ROSENKREUZER und FREIMAURER

Die Rosenkreuzer erwähnen Comenius auf ihrer Mitgliederliste. Er stand dem Rosenkreuzertum tatsächlich sehr nahe. Er pflegte seinerzeit Korrespondenz mit Johann Valentin Andreae, dem Initiator der weltweiten rosenkreuzerischen Bewegung und Verfasser der grundlegenden rosenkreuzerischen Schriften (Anfang des 17. Jahrhunderts).

Comenius beschrieb den Orden der Rosenkreuzer in einem Kapitel seiner Schrift „Das Labyrinth der Welt“. Sein Werk „Prodomus Pansophiae“, in dem er die Idee der „Allweisheit“ darstellt, wurde zu einem der Ecksteine des Rosenkreuzertums. Es wurde 1639 in London herausgegeben. Bereits um diese Zeit gab es in England spekulative freimaurerische Logen. Die Rosenkreuzer und die Freimaurer beeinflussten sich gegenseitig. Comenius´ Humanitätsgedanken beeinflussten offensichtlich auch die Freimaurer.

In VIA LUCIS verwendete Comenius zahlreiche Gleichnisse, die mit dem Symbolgehalt der Freimaurerei vollkommen übereinstimmen. Wir können entdecken viele Parallelen im Comenius´ Werk und der Freimaurerei. „Tempel der Humanität“, Toleranz der Andersgläubigen und vor allem die Lichtsymbolik. Wurde Comenius vielleicht in eine Loge aufgenommen? Belege gibt es keine. Vermutlich eher nicht. Aber er kam ziemlich sicher in Kontakt mit den Freimaurern. Die Männer, die ihn nach England einluden, waren Vordenker der Aufklärung und der modernen Freimaurerei.

Ob Comenius in eine Loge in England aufgenommen wurde – das wissen wir nicht. Wir sollen es jedoch nicht ausschliessen, denn es war möglich. Und auch später, in Amsterdam, hatte er Möglichkeiten genug Freimaurer zu werden. Das zu prüfen, wie die Tatsachen waren, das wäre ein interessantes Forschungsthema. Wir können momentan nicht sagen, ob Comenius eingeweihter Freimaurer war. Wir können jedoch behaupten, aufgrund seines Gedankenguts und seiner Lebensweise: Er war ein Freimaurer ohne Schurz.

Die husitische Reformation hat in Böhmen und Mähren den Orden Die Unität der Böhmischen Brüder hervorgebracht. Dieser Orden wurde in der Mitte des 15. Jahrhunderts gegründet und Mitte des 17. Jahrhunderts aufgelöst. Comenius war der letzte Bischof dieser religiösen Gemeinschaft und beteiligte sich auch an den letzten Änderungen der Satzungen dieser Organisation. Gelegentlich können wir heute Meinungen treffen, die behaupten, dass diese Satzungen als Vorlage für die Niederschrift der freimaurerischen Alten Pflichten dienten. Wer aber die Originaltexte dieser beiden Dokumente vergleicht, findet nur wenig Übereinstimmung, die von einer besonderen Bedeutung sein könnte. Sie sind nur so weit ähnlich, wie sich Statuten von zwei beliebigen Vereinen ähneln. Eigentlich bloss das Schlusswort ist, in beiden Schriften und in beiden Sprachen, gleich: AMEN. Es ist aber wohl möglich, dass nicht die Statuten der Böhmischen Brüder, sondern die Ideen Comenius´, welche in seinen Schriften, allen voran in VIA LUCIS, Pate standen.

Im Mai 1919 entstand die Loge „Jan Amos Komenský“ („Comenius“) in der damaligen Tschechoslowakei. Nach der Besetzung der Tschechoslowakei von der deutschen Armee 1939, flüchteten viele tschechoslowakische Freimaurer aus dem Land und im Mai 1941 gründeten in London die „Czechoslovak Comenius in Exile Lodge“. Nach der Widerbelebung der Freimaurerei in der Tschechoslowakei 1990 ist die Loge „Komenský“ eine der Logen in Prag.

REMBRANDT

Im Jahre 1656 übersiedelte Comenius nach Amsterdam, wo er bis zu seinem Tod im Jahre 1670 lebte. Hier lebte er in der liberalen Atmosphäre der Stadt, schrieb und publizierte. Wortwörtlich „um die Ecke“, nur ein paar Hundert Meter von ihm, zog Rembrandt im gleichen Jahr 1656 ein und wohnte dort bis 1669, als er starb. Zwei sehr unterschiedliche Persönlichkeiten – doch im Geiste verwandt. Nicht nur dass diese zwei Genies sich kannten, sondern sie schlossen Freundschaft ein, die 13 Jahre dauerte. Rembrandt hat Comenius porträtiert. Das Bild befindet sich heute in Florenz, in der Galleria degli Uffizi. Comenius war um diese Zeit schon gegen 70 Jahre alt. Rembrandt malte den „Alten Mann“, wie das Bild heisst, in seiner typischen Manier. Rembrandt nutzte (vor allem beim Porträtieren) eine besondere Art der Lichtführung. Die Lichtquelle befand sich weit vom Hauptmotiv und es gab keine weitere Lichtquelle oder reflektierende Oberfläche im Raum. Dadurch war nur eine Seite der gemalten Person beleuchtet, während die andere Seite im Dunkeln beinahe verschwand. Diese Art der Beleuchtung ist auch heute in der Porträtfotografie beliebt und in der Branche als Rembrandt-Licht bekannt.

Rembrandt bediente sich beim Malen der Methode des Helldunkels und erreicht eine unübertreffbare Meisterschaft auf diesem Gebiet. Er bestimmte mit den Gegensätzen Hell und Dunkel Komposition und Wirkung des Bildes. Diese Technik ermöglicht fast bildhauerische Gestaltung des Gemäldes. In seinen Kupferstichen erzielt einen scharfen Kontrast zwischen Licht und Dunkelheit durch unterschiedlich verdichtete Linienführung.

Die Darstellung des Lichtes war eine bedeutende Komponente der barocken Malerei. Denn Licht das ist das, was wir empfangen und das, was uns die Information über die Gestaltung der physischen Umgebung übermittelt. Das Licht, von einer Lichtquelle (Sonne, Feuer) emittiert, fällt auf Gegenstände und wird entweder absorbiert oder reflektiert. Die Beschaffung des Materials der Gegenstände bedingt die Reflektion von unterschiedlichen Wellenlängen des für Menschen sichtbaren Lichts. Die Strahlung einer bestimmten Wellenlänge nehmen wir als Farbe wahr. Die Interpretation der Form und Farbe findet allerdings erst im unseren Gehirn statt. Das Auge dient nur als ein optisches Hilfsmittel.

Das Licht bedeutete Rembrandt mehr als die Farbe. Er setzte sich mit Licht und Schatten auseinander. Das Licht für uns ist das Licht, das wir in der Welt sehen. Das ist das Licht mit dem auch die Fotographie arbeitet. Es gibt jedoch auch andere Arten von Licht, die nur ein begabter Künstler festhalten kann. Rembrandt hatte ein Gespür für das Licht nicht nur in seinen natürlichen und künstlerischen Dimensionen, sondern auch in seiner spirituellen, symbolischen Eigenschaft. Der Beobachter seiner Werke ist herausgefordert, die verschiedenen Lichtarten zu empfangen.

Comenius und Rembrandt, zwei ausserordentliche Persönlichkeiten, trafen sich und gingen zusammen an den Grachten in Amsterdam zu spazieren und ihre Gedanken über Gott und die Welt zu erörtern. Worüber die zwei Leuchten Europas sprachen, darüber können wir heute nur spekulieren. Es gibt keine Aufzeichnungen davon. Aber ganz sicher diskutierten sie über ein besonderes Phänomen und seine vielen Gestalten und Einwirkungen: über das Licht.


Peter Valicek, November 6011 Anno Lucis


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