Traktat: Das Logenleben der Freimaurerbrüder im Orient Dresden

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Inhaltsverzeichnis

Das Logenleben der Freimaurerbrüder im Orient Dresden

Karl-Dieter Holz


Der Versuch einer Näherung. Am 29.Oktober 1993 erhielt sie das Licht und seitdem gibt es sie wieder, die altehrwürdige Loge „Zu den drei Schwertern und Asträa zur grünenden Raute“, Nr. 3, gegründet 1738 im Orient von Dresden. Dieser Name ist mit einer besonderen Art von Verpflichtung verbunden. Aber niemand weiss, worin genau diese Verpflichtung besteht. Die Sachverhalte sind einfach nicht mehr bekannt, denn allzu lange ruhte die Arbeit in dieser Loge, endgültig seit 1935 schon. In der immer noch neuen jungen unerfahrenen Loge wird aber wiederholt und mit Nachdruck die Frage nach den Brüdern vor uns in der Kette der Herzen gestellt.

Bisher haben wir dazu die Zusammenstellung von Zahlen und Fakten aus der Geschichte der Dresdner Logen benutzt. Dabei war es uns angelegen, die Entwicklung der Logen in Dresden im Gleichschritt mit allen anderen deutschen Logen zu sehen. Die punktuelle Auswahl, die zum Teil statische Betrachtung und die nicht hergestellten Zusammenhänge sind die Nachteile dieser Schrift (Titel: Geschichte Dresdner Logen), die ich als Historikerlaie angefertigt habe. Das Anliegen dieser Schrift ist es, eine solche Auswahl und Vielzahl von Statistiken, Vorgängen und Zeitreihen aus unserem Logenleben bereitzustellen, dass eine individuelle Vorstellung vom Leben der Freimaurer in den Logen möglich ist und die der Wahrheit nahe kommt.

Zweitälteste arbeitende Loge

Die Schwerterloge ist heute wieder die zweitälteste arbeitende Loge in Deutschland.

Die unmittelbare Anregung für Logengründungen hat sie weder aus London noch aus Paris, sondern aus Warschau und beruhte dennoch auf den altenglischen Konstitutionen. Zu den besonderen Umständen des Dresdner Logenlebens gehören der frühe Beginn und die lange historische Wegstrecke sowie die Kontinuität und die Qualität des Logenlebens.

Sanktionierte Abspaltung

Die Herausforderungen des 19. und 20. Jahrhunderts haben die Logen aktiv angenommen und ausgerechnet in dieser Zeit entwickelten sie sich zu den zahlenmäßig größten und zu den vitalsten Logen in Sachsen und darüber hinaus.

Von den zusammen rund 400 Jahren Logentätigkeit sind uns rund 4300 archivalische Verzeichnungseinheiten überliefert, allein von der Schwerterloge (1048), von der Apfelloge (2878) und von der Säulenloge (316). Letztere ist eine sanktionierte Abspaltung der Apfel – und der Schwerterloge im Jahre 1863. Natürlich stehen gültige Antworten auf heutige Fragen nicht unmittelbar in den Archivalien drin.

Archivalien

Bis heute gibt es niemand, der eine Übersicht über den Inhalt dieser Archivalien hat, geschweige denn ihren Inhalt gelesen hätte. Zusammen mit den anderen Dresdner Logen und der Großen Landesloge von Sachsen beträgt der heute noch existierende Fundus ca. 5.300 Archivakten plus ca 25.000 Blatt sächsische Logen- Betreffe, die sich noch in russischen Archiven befinden.

Von den beiden ältesten Dresdner Logen wurden Samenkörner im ganzen Land Sachsen verstreut, wodurch ein dichtes Netz befreundeter Logen erwuchs. Obwohl andererseits die Loge schon 13 Jahre wieder arbeitet, sind die elementaren historischen Zusammenhänge selbst innerhalb der Loge noch nicht sehr weit verbreitet. Aber es geht dabei auch nicht um Standardfragen.

Fragen an die Geschichte

Heutige Fragen an die Geschichte sind präziser auf die Hauptsachen gerichtet, tragen Prozesscharakter und fragen nach Motivationen und Geisteshaltungen. Und solche Fragen sind denkbar: Mit welcher Motivation strebten früher und heute die Menschen danach, in den Bund der Freimaurer aufgenommen zu werden? Was hat das Logenleben früher vermocht und was soll es heute erbringen? Wie ging früher eine Loge mit der heranwachsenden Jugend um? In welchem Alter und in was für einer wirtschaftlichen Verfassung strebte man die Mitgliedschaft in einer Loge an? Für unsere Zukunft bedürfen wir einer der Wahrheit nahe kommenden Kenntnis unserer Herkunft.

Um darauf schlüssiger Antworten finden zu können, soll diese Arbeit dienen. Alles das, was die Altehrwürdigkeit ausmacht, kennen wir nicht aus erster Hand. Zeitzeugen waren zu der Zeit nicht mehr unter den Lebenden. Im amtlichen Sprachgebrauch heißt das, wir haben nicht die persönliche Nachfolge, sondern die Funktionsnachfolge der Loge angetreten. Unsere Kenntnis bis zum heutigen Tage haben wir ausschließlich aus den Dokumenten geschöpft, die die Brüder zu ihrer Zeit aufgeschrieben haben. Das taten die Brüder mit dem Verstand ihrer Zeit, für deren Zwecke und Ziele. Selbst die müssen wir uns mühselig aus der schriftlichen Hinterlassenschaft wieder erarbeiten. Dafür steht uns auch nur der erreichbare und auswertbare Umfang von Dokumenten zur Verfügung.

Umfangreiches Quellenmaterial ist von den Nazis vernichtet oder verbracht worden, Quellenmaterial in nur teilweise bekanntem Umfang befindet sich noch in fremden Archiven und andere Teile sind definitiv Kriegsverluste. Da es keinen Soll-Ist- Vergleich gibt (registrierte Aktenstücke „alte“ Signatur-Soll- zu vorh. Aktenstücke „neue“ Signatur-Ist-) arbeiten wir also nur mit dem verbliebenen „Rest“-Posten und wähnen ihn als vollständig.

(1.) Grundlagen

Nicht neu, aber hier realisiert ist die Betrachtungsweise, für den gesamten Orient Dresden auch eine Gesamtaussage zu erarbeiten. Das Fenster einer Dresdner Loge, selbst wenn es sich um eine von den großen Dresdner Logen handelt, ist zu klein für eine gültige Aussage den Orient Dresden betreffend. Dazu bedarf es dann aber auch der Einbeziehung von ca. 10 Logen mit insgesamt ca. 3.000 Freimaurern.

Für eine umfassende Betrachtung ist selbst diese Sicht noch zu eingeschränkt. Unter der Obedienz der Großen Landesloge von Sachsen arbeiteten zuletzt 48 Logen. Innerhalb eines gedachten Umkreis von ca. 100 km Luftlinie um den Orient Dresden arbeiteten mehr als 63 Logen aller Obedienzen mit ca. 10.000 Freimaurern. Der sächsische Maßstab ist zwar für die Ergebnis- Höffigkeit am besten geeignet, er ist aber einstweilen nicht machbar. Deshalb hält sich diese Arbeit an den Maßstab des Orient von Dresden. Alle Grundlagen müssen selbstverständlich für alle in Frage kommenden Dresdner Logen durchgearbeitet werden.

Bürger mosaischen Glaubens

Bekannt, aber nicht dokumentiert ist darüber hinaus die Loge „Fraternitas“, in der sich Dresdner Bürger mosaischen Glaubens zusammenfanden. Diese Dresdner Loge wurde 1885 gegründet und existierte bis 1933. Sie hatte ca. 80 Mitglieder. Deutschlandweit lassen sich ca. 80 von den insgesamt 103 Logen des U.O.B.B (Unabhängiger Orden B'nai B'rith)nachweisen, siehe dazu Anlage 0.2. Ihre Entstehungsgeschichte weist andere Merkmale auf, als die von der englischen Großloge abstammenden Logen. Zwar wurden sie von den anderen Logen nicht anerkannt, die Mitglieder leisteten jedoch eine sehr nachhaltige Arbeit, der der Freimaurer sehr ähnlich. Diese Nähe sollte gewahrt und anerkannt bleiben. Obwohl in den Dresdner Logen einige Juden zu den Mitgliedern gehörten (Alphonse, Emmanuel und Hermann Levy, sowie der Vorsitzende des deutschen Mozartkomitees E. Ginsberg u. a.), waren die jüdischen Logen eine Art Antwort auf nicht gebesserte Freundlichkeit ihnen gegenüber, Nichtakzeptanz von Integrationsbestrebungen der Juden sowie wachsendes Misstrauen ohne gerechtfertigte Gründe. Diese Arbeit befasst sich vor allem mit der Zeit des 19. und dem Beginn des 20. Jahrhunderts.

(1.1.) Mitgliederverzeichnisse

Jede Loge legte stets großen Wert auf Anfertigung eines wahrhaftigen Verzeichnisses ihrer Mitglieder. Sie sind damit authentische Grundlage für alle nachfolgenden Statistiken. Die beim Autor vorhandenen Verzeichnisse, Matrikel und besonderen Listen (insbes. Strikte Observanz) sind zusammengefasst in der „Bibliographie Mitgliederverzeichnisse“.

(1.2.) Hilfsmittel

Verzeichnis einer 2-stelligen Schlüssel- Nr. für alle Branchen Für eine retrospektive Betrachtung von einzelnen Berufsgruppen ist ein eigenständiges Hilfsmittel entwickelt worden. Danach sind alle Berufsgruppen einem zweistelligen Ziffernsystem zugeordnet. Es stellt zunächst die einheitliche Grundlage für die Verschlüsselung für alle Mitglieder aller Logen und alle Zeiten (1738 – 1935) im Orient von Dresden dar. Danach dient es als Auswahlkatalog für die Recherchetätigkeit mit ihren Möglichkeiten und Grenzen.

Es wurde vom Autor zum Zweck der freimaurerischen Forschung im Orient Dresden entwickelt.

Dabei durften die Wünsche nicht größer sein, als die Möglichkeiten der Umsetzung. Seit es sie gibt, traten in die Logen Menschen unterschiedlichster Schichten, Milieus und Professionen ein. Trotz dieser Unterschiede konstituierten sie Gemeinschaften, die auch schweren Stürmen in ihrem Innern wie auch in ihrem äußeren Umfeld überwiegend standhielten; denn sie pflegten Menschenliebe, übten sich in der Toleranz persönlicher Anschauungen (politischer Art, Konfession) und entwickelten untereinander ein brüderliches Verhältnis. Alle Logenmitglieder, in welcher Loge und zu welcher Zeit auch immer, die sich darum bemühten, machten Geschichte, ja, sie sind die Geschichte der Freimaurerei.


Für unsere Fragestellungen, die wir heutigentags an diese Geschichte stellen, bilden personenkundliche Daten elementar den Kernpunkt. Der Autor hat sie zum Ausgangspunkt umfangreicher und detaillierter Betrachtungen benutzt

(1.3.) Dresdner Logenblatt und weitere Periodika

Das Dresdner Logenblatt erschien von Jahrgang 1 (1871) bis Jahrgang 52 (1923). Herausgeber war zunächst die Schwerter-Loge, später gemeinsam die Apfel-, Säulen- und Schwerterloge. Neun Ausgaben pro Maurerjahr und ein Umfang von anfangs 8, später bis zu 16 Seiten pro Ausgabe berichteten über das Logenleben. Es war als „Handschrift für die Brüder“ der Dresdner Logen gedacht. Tatsächlich gingen Verbreitung und Bedeutung weit darüber hinaus. Eine vollständige Sammlung aller Ausgaben existiert heute nirgendwo mehr. Beim Autor existiert eine Sammlung derjenigen Ausgaben (einschl. Beilagen und Sonderausgaben) des Logenblatts, die Jahresberichte oder Nekrologe veröffentlichten. Die Bestandsliste wird als Anlage 1.3. geführt. Sie enthält auch Auflistungen zu weiteren Periodika im eigenen Bestand.

Dresdner Logenblatt

Das Periodikum „Dresdner Logenblatt“ vermittelt einen geschlossenen Blick auf das weit verzweigte Logenleben in einem zusammenhängenden Zeitraum von über 52 Jahren, genau in der Zeit, in der Wirtschaft und Wissenschaft sowie Handel und Verkehr sich dynamisch entwickelten. Die hohe Aussagekraft eines Jahresberichtes legt zeitgerecht die Themen offen, die die Brüder bewegte und wie sie betrachtet und gelöst wurden. Wir gehen heute der Frage nach, wie es den Logen in dieser Zeit gelang, dass sie sowohl einer dynamischen Entwicklung wie auch einer jähen Zäsur sowohl einer raschen Entwicklung als auch einer altersmäßig nicht begrenzten Mitgliedschaft gerecht wurden, so dass sich Veränderungen und Entwicklungen im Großen auch in der „kleinen“ Loge zeigten. Die veröffentlichten Nekrologe wiederum geben Auskunft über ein Freimaurerleben, das sich bis zu diesem Zeitpunkt vollendet hat. Immerhin wurden über 600 Nachrufe im Logenblatt veröffentlicht.

(1.4.) Festschriften

Seit jeher haben die Brüder den Tag ihrer Stiftung festlich begangen. Je weiter sie sich damit von dem Jahr ihrer Lichteinbringung entfernten, gerieten die Aufgaben , Arbeitsergebnisse und besondere Umstände dabei schon mal in Vergessenheit. Dem wurde entgegengewirkt, indem die Brüder runde Jahreszahlen ihrer Existenz zum Anlass für Rückschau und Bewertung ihrer Arbeit nahmen. Deshalb stellen Festschriften von Fall zu Fall Wegmarken mit wahrhaften und wertvollen Aussagen das Logenleben betreffend dar.

(1.5.) Quellen ausserhalb der Logen

Vergangenes Logenleben heute nachzuvollziehen, beruht keineswegs nur auf dem Bearbeiten logeninterner Belege. Vielmehr ist es die komplexe Herangehensweise, auch alle Quellen ausserhalb der Logen für Erkenntnisse logeninterner Art zu nutzen. Folgende Archive und Bibliotheken hat der Autor vorrangig genutzt.

  • Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden (16-mm-Filmrollen: Sächsische Betreffe in russischen Archiven. Zirka 30.000 bis 40.000 Blatt Dokumente ausserhalb ihres Zusammenhangs und unaufbereitet, d.h. ohne Findbuch und ohne Kopiererlaubnis.

Die Betreffe teilen sich auf in ca.:

  • Sächsische Landesbibliothek- Staats- und Universitätsbibliothek(SLUB), insbes. die sächs. Bibliographie, sowie die Sondersammlungen, die Musikabteilung und die Fotothek.
  • Stadtarchiv Dresden
  • Spezialbibliotheken von Museen und Instituten, sowie Behörden (Hygienemuseum, Hochschule für Bildende Künste, Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen u.a.)

(2.) Mitgliederstärke und soziale Zusammensetzung der Logen im Orient

Dresden

(2.1.) Vorgang kontinuierlicher Erhöhung der Mitgliederstärke

Der jeweils logen- und jahrgangsbezogene Verlauf der Mitgliederzahl geht aus Anlage 1.1. hervor. Die Benennung der Mitglieder wurde wie folgt vorgenommen: Einheimische Mitglieder -mussten ihren Wohnsitz in der Stadt Dresden haben Auswärtige Mitgl. – hatten einen Wohnsitz außerhalb von Dresden. Ständig besuchende Brr. – Wer mehr als einmal eine Gastloge besuchte , musste sich bei ihr melden und erhielt diesen Status. Eine Untersuchung in Dresden ergababer auch, dass sich in der Stadt zu dem Zeitpunkt ca. 200 nicht besuchende Brüder aufhielten.

Ehrenmitglieder – Brr., die anderen Logen tätige Unterstützung gaben, bekamen von diesen als eine Form des Dankes die Ehrenmitgliedschaft angetragen. Solche Vorgänge konnten aus der Sicht einer Loge sowohl aktive als auch passive Ereignisse in der Schwerterloge sein. Das war in der Schwerterloge 365mal und in der Apfelloge 197mal zu verzeichnen.

Für die Schwerterloge wurden aus den Angaben der Jahresberichte detaillierte Aspekte der Mitglieder-Entwicklung über 35 zusammenhängende Jahre ermittelt und als Anlage 2.1.1. beigefügt. Aus dieser Anlage gehen hervor die Anzahl der ausgeschiedenen und die der neu hinzugekommenen Brüder, der erreichte Bestand an Meistern, Gesellen und Lehrlingen, sowie die jährlich eingehende Anzahl von Vorgängen, die wegen ihrer Bedeutung zu registrieren waren und die jährliche Anzahl von Jungen und Mädchen, die für die Christbescherung und die Konfirmandeneinkleidung ausgewählt worden waren. Es wurden stets nur die Felder ausgefüllt, die durch entsprechende Angaben in den Jahresberichten gedeckt sind. Man kann davon ausgehen, dass dabei jährlich fast doppelt so viele Gesuche eingingen, wie durch die Möglichkeiten der Finanzierung genehmigungsfähig waren. Alle Gesuche wurden einzeln behandelt und zu Hause aufgesucht, bevor darüber entschieden wurde. Der Konfirmandenausschuß verfügte auch über einen eigenen Posteingang. Die Gesuche belasteten also noch nicht einmal die zu registrierenden Vorgänge.

Aus der Addition der Anzahl der Mitglieder aller Dresdner Logen um 1930 bei gleichzeitiger Zuordnung aller Mitglieder jeder Loge zu einer Berufsgruppe ist die Anlage 2.1.2. entstanden. Es handelt sich dabei um die vollständige Berufsstruktur aller Freimaurer im Orient von Dresden Ungefähr im Jahr 1930. Die Möglichkeiten der Interpretation dieser Ergebnisse sind so neu wie umfassend, das das dem geneigten Leser anheim gestellt wird.

(2.2.) Veränderung der sozialen Zusammensetzung während des 19. und zu Beginn des 20.Jahrhunderts – Schwerterloge

(2.3.) dto. – Loge zum goldenen Apfel

Während die Betrachtung unter 2.1.einen festgeschriebenen Zustand betrifft, ist auch der Zustand der Veränderung der sozialen Zusammensetzung einer Loge nachvollziehbar zu machen. Das ist für die Schwerterloge, Anlage 2.2., und für die Apfelloge, Anlage 2.3., ausgeführt. In die Gesamtrechnung ist die Loge Eintracht, der Grossloge 3WK angehörend, wegen fehlenden Mitgliederverzeichnissen nicht eingegangen.

Es fehlt auch die Loge Fraternitas XI , Nr. 356 i.O. Dresden, gegr. 1885; eine Loge des Unabhängigen Ordens B'nai B'rith(U.O.B.B.). Die Existenz dieser Loge war zum Zeitpunkt der Ausarbeitung noch völlig unbekannt. In der uns bekannten Literatur ist sie niemals und nirgendwo erwähnt. Lt. Lexikon wird sie nicht als Loge anerkannt, obwohl sie Ziele und Zwecke wie eine gerechte und vollkommene Loge aufweist. Denn sie wurde von dem Hamburger Maschinenbauer Heinrich Jonas 1843 in New York zuerst gegründet.

Obwohl Apfel- und Schwerter- Loge gemeinsam ein Logenhaus gebaut und genutzt hatten, waren sie in ihrer Tätigkeit völlig selbständig. So lässt sich auch die Veränderung der sozialen Entwicklung beider Logen durchaus vergleichen.

(2.4.) Exorbitante Benennung von Berufen, Titeln und Tätigkeiten

Die Anlage 2.4. ist als Zufallsprodukt entstanden. Immerhin sind 60 verschiedene Berufsbezeichnungen so auffällig, dass sie in diese Liste aufgenommen wurden. Der Spass, der als Ernst daherkommt, stellt an unser historisches Wissen und Deutungsvermögen erhebliche Anforderungen. Vielleicht ist es gar als ein Themenvorschlag geeignet für diejenigen, die „Millionär“ werden möchten?. Die Liste (Anlage 2.4.) ist aus sich selbst nicht erklärbar. Sie verdankt ihre Existenz dem allgemeinen und umfassenden Ziel, das Logenleben im Orient Dresden aus heutiger Sicht und für anstehenden Bedarf aufzuhellen. Immerhin betrifft das einen Zeitraum von 1738 bis ca. 1935, in dem ca. 22 Logen gegründet und gelebt wurden. Einerseits musste die berufliche Zusammensetzung für alle Dresdner Logen ermittelt werden, damit für den Orient Dresden eine logenübergreifende Aussage möglich wird. Als Zeitpunkt für eine solche Aussage habe ich das Jahr 1930 gewählt, den spätesten Zeitpunkt für ein Logenleben, das sich aus sich selbst begründete. Andererseits bestand die Absicht unter anderem darin, die Veränderung der beruflichen Zusammensetzung der Logen über längere Zeiträume nachvollziehbar zu machen. Zu dem Zweck habe ich das berufliche Spektrum aller Zeiten und aller Logen in ein Ziffernsystem eingebracht, das mit Ziffern zwischen 00 und 99 alle Berufsbezeichnungen abdeckt.

Das ist für den Orient Dresden über 5400mal erfolgt. Dabei entstand passiv diese Liste exorbitanter Benennungen. Die Quelle dafür sind ausschließlich die Mitgliederverzeichnisse, insbesondere die der Schwerter-, Apfel- und Säulenloge. Zeitpunkte und Zeiträume, zu denen solche Benennungen gebräuchlich waren, vielleicht sogar zum Selbstverständnis gehörten, sind zweifellos lokal geprägt. Der Abstand bis zum Verständnis von heute ist für alle Brüder annähernd gleich groß. Deshalb lege ich auch diese Liste offen. Ich verbinde damit das Eingeständnis, mir nicht in allen Fällen einer richtigen Deutung sicher zu sein. Weiterhin hege ich die Erwartung, Aufklärendes sowie Vorder- oder auch Hintergründiges zu diesen Benennungen in Erfahrung zu bringen.


Zum Schmunzeln regt uns heute an, dass es früher, als ohnehin alles besser gewesen sein soll als heute, es sogar Ärzte gab für Tierarten, die heute ausgestorben sind: Oberrösser und Grenztiere.


Gelegentlich ist es aber auch ein schleichend vor sich gegangener Bedeutungswandel, der uns heute bei der Deutung einer Berufsbezeichnung zunächst auf eine falsche Fährte hetzt, zum Beispiel beim schwarz – und schönfärben. Hoffentlich kommt nicht noch ein Wanderer des Wegs und mokiert sich darüber, dass die freien Maurer früher sogar Berufe hatten, um Untugenden perfekt auszuführen. Auffällig bei der Liste ist die Neigung zur Latinisierung von Berufsbezeichnungen in vielen Graden und Nuancen: licentiatus juris, Präpositus, das Officin. Ebenso auffällig ist die Entlehnung francophoner Begriffe: Auditeur, Aumonier, Joualleur.

Völlig im Dunkeln tappen wir heute beim Negotiant, dem Traiteur, dem Tertius und beim Partikulier. Kaum noch zu steigern ist das gefällige Geheimnis, das den Adjunkt des Entrepreneurs umgibt. Auch der „Amtsverweser und Actuarius im Procuraamt“ scheint eine bedeutende Stellung gewesen zu sein. Häufig macht sich jedoch Ernüchterung breit, wenn sich ein so wohlklingender „Beruf“ als einfache Beschäftigung herausstellt. Schaut da nicht das Werk eines Schönfärbers heutiger Prägung zwischen den Buchstaben hindurch?

Bei Kombination von bekannteren und unbekannten Benennungen besteht entweder die Möglichkeit einer ungefähren Deutung (z.B. Börsensensal, Lotterie- Comtoir, Hoftrapeur), oder aber, dass sich angesichts der Undeutbarkeit eines Teils des Begriffs gerade die Gesamtbenennung nicht erkennbar werden lässt, z.B. Oberbauamts- Chirurgus, Drost von Wittenberg.

Die Vergänglichkeit alles Irdischen manifestiert sich auch in zeitgeprägten Tätigkeiten und deren Benennungen. Dazu zähle ich auch einen Lehrer für Probierkunst, einen Zubus- und Ausbeutboten, einen Stadtphysikus , Riemer und Stall-Apotheker.

Im Übrigen ist es ja für einen Historiker eine Herausforderung, die Geschichte mit den Voraussetzungen und Kenntnissen ihrer Zeit zu betrachten. Deshalb wird es auch immer so sein, dass wir vieles neu hinzulernen müssen, obwohl es etwas Altes ist, das auch nicht wiederkommen wird: Quatembersteuereinnehmer, Premierleutnant, Viertelsmeister, Zwölfer. Ob es im Fall der „Quatembersteuer“ nur zu erhofften Regungen kommt, bleibt ungewiss.

Sollte ein solches Fantasieprodukt auf einen „ungefestigten“ Staatsbediensteten treffen, könnte es ja sein, dass der aktiv wird und eine allgemeine phantastische Steuererhöhung in Gang bringt. Aber, eine so große Gefahr geht von einem Amt denn doch nicht aus. Beamte fühlen sich wie Träger der Nation, da ist einer immer träger als der andere.

(3.) Lebens- und Freimaureralter sowie deren Entwicklung in den Dresdner Logen

Beginnend in etwa mit dem Jahr 1812 werden in den Mitgliederverzeichnissen auch das Geburtsdatum und das Aufnahmedatum angegeben. Auf dieser Grundlage sind für subjektiv ausgewählte Logen und Jahrgänge folgende Durchschnittsalter ermittelt:

  • Lebensalter bei Aufnahme
  • Freimaurerisches Alter
  • Lebensalter des Bruders im Stich-Jahr der Ermittlung

Eine zusammenfassende Liste ist als Anlage 3.1. beigefügt.

(4.) Brüder im ewigen Osten

(4.1.) Statistische Aufbereitung des Lebensalters

Für die Quellensuche war es eine Sternstunde, im Archivbestand der Loge „Zum goldenen Apfel“ das Erinnerungsbuch aufzufinden. Darin sind alle Brüder der Loge eingetragen, die zu Logenzeiten in den ewigen Osten hinüberwechselten, und zwar in der Reihenfolge ihres Sterbedatums. Das Erinnerungsbuch enthält die Namen von insgesamt 1570 Brüdern, darunter 232 Ehrenmitglieder. Für alle 1570 Brüder sind dieselben Daten ermittelt wie unter Punkt 3.)

(4.2.) Statistische Aufbereitung des Logenalters

Die statistischen Grössen wurden einzeln für drei gleiche aufeinander folgende Zeit- Perioden ermittelt und ein Durchschnitt insgesamt errechnet. Die Zusammenfassung der Ergebnisse siehe Anlage 4.1.(Lebensalter) und Anlage 4.2. (Logenalter)

(4.3.) Vornamen-Häufigkeit in der Apfelloge

Die Grundlage für diese Statistik ist das „Erinnerungsbuch“ der Loge Zum goldenen Apfel. Sowohl die Gunst seiner definierten Konstitution, als auch die Gunst, eine dokumentarische Sorgfalt hinsichtlich der Art und der Anzahl der Vornamen hinreichend voraussetzen zu können, begründen die Möglichkeit dieser Liste .Die statistische Ermittlung der Vornamen-Häufigkeit ist in Intervalle von je 25 Jahren aufgeteilt. In der Statistik wird Anlage 4.3.1/4.3.2. In den Jahren zwischen 1871 und 1907 sind 605 Brüder i.d.e.O. übergewechselt. Die Aufstellung derjenigen Brüder, die zwischen 1871 und 1907 i.d.e.O. vorausgingen.

Umfang: Namen und Lebensdaten von 605 Brüdern der Schwerterloge.

Umfang: ca. 35 Seiten

Darüber hinaus existiert für jeden dieser Brüder ein Nekrolog, jeweils verfasst von einem hinterbliebenen Bruder.

Quelle: Dresdner Logenblatt, Sign. – Nr. 5.2. D 40/1008

(5.) Logendichte und Besucherhäufigkeit

(5.1.) Logendichte

Die frühen Logengründungen in Dresden und Leipzig bewirkten auch freimaurerische Aktivitäten im ganzen Land Sachsen. Dadurch entstand eine deutliche Logendichte Eine Auflistung derjenigen deutschen Logen, die ca. 1930 in Dresden und in einem Umkreis von ca. 100 km (Luftlinie ) existierten, bietet Anlage 5.1. Die Namenliste nennt 62 Logen in 33 Orienten.

In diesen Logen arbeiteten 1930 zusammen etwa 9300 Mitglieder. Nicht einbezogen sind die Logen des UOBB wegen ungenügendem Erkenntnisstand. Es handelt sich „lediglich“ um eine Auflistung der nächsten Logen im und um den Orient Dresden. Dafür wurde ausschließlich die auf Seite 2 angegebene Quelle benutzt.

Wohlklang

Ein noch uneingeweihter Leser dieser Liste ist überrascht von der Vielfalt der Logennamen und deren Wohlklang. Die Oriente und die Logennamen in die im Gedächtnis verfügbare Landkarte Sachsens eingeordnet, lässt sehr schnell erkennen, wo sich die Freimaurer am stärksten konzentrierten und wo frühzeitig große Logen entstehen und arbeiten konnten. Angesichts dieser Liste wird auch die Praxis vieler Brüder verständlicher, ihre Heimatloge nicht zu verlassen und als ständiger Gast am Ort ihrer Wirksamkeit registriert zu sein. Nach seinem zweiten Besuch in der Gastloge werden Beiträge erhoben.

Als das Wichtigste: Die ins Auge springende Logendichte im sächsischen Raum ist entstanden der Wirtschaftsstruktur, so wie sie sich Ende 18. / Beginn 19. Jahrh. herausbildete. Die Vielzahl sächsischer Logen, die die dichte und prosperierende Wirtschaft und das dichte Verkehrsnetz beförderten einen regen Besucher- und Informationsaustausch von Brüdern und Logen.

Liste 2 - Besucher der Schwerterloge vor ca. 100 Jahren, d.h. 1902 und 1903. Freimaurerische Höflichkeit geht beim Ansprechen einer Loge davon aus, dass ihre Ehrwürdigkeit nicht in Zweifel steht. Aber auch dieses Sockelmass an Würdigkeit wird der Loge nicht verliehen. Sie wird daran gemessen, wie sie einen erreichten Stand sichert und sich weiter nach vorn orientiert. Alles muss erarbeitet werden. Indessen ist die Loge darum bemüht, ihr Selbstverständnis und dessen Entsprechung weiter zu entwickeln. Im Verlauf vieler Jahre baut sich dabei ein aktives , vitales Logenklima auf, das Schritt um Schritt achtungsvolle Wertschätzung der Brüder anderer Logen erfährt. Wie kann man nun einen solchen Prozeß auch noch sichtbar / vergleichbar machen?

(5.2.) Besucher und Besucherhäufigkeit

Die geringen Entfernungen zwischen den Logen, die wirtschaftliche und kulturelle Anziehungskraft des Orient Dresden sowie der gute Ruf eines vitalen Logenlebens brachten es mit sich, dass vielfach Brüder die Mitgliedschaft in ihrer Heimatloge zwar nicht aufgaben, sich aber in der Residenzstadt Dresden als besuchende Brüder oder als ständige Gäste betätigten. Ihre Rechte waren im Gesetzbuch der Loge eindeutig geregelt und sie zahlten einen verminderten Beitragssatz. Darüber hinaus soll es in Dresden auch eine annähernd gleich bleibende Anzahl von ungefähr 200 „nicht besuchenden Brüdern“ gegeben haben.

Aufstellung für besuchende Brüder, die in den Kalenderjahren 1902 und 1903 die 27 durchgeführten Tempelarbeiten der Schwerterloge besuchten. Obwohl die Matrix genau gerechnet ist, die Eintragungen im Anwesenheitsbuch für Besucher sind weit weniger genau bzw. leserlich.

In den zwei Kalenderjahren 1902 und 1903 wurden in der Schwerterloge insges. 27 TAI -III durchgeführt. Lt. Protokollbücher haben daran insgesamt 657 Brüder teilgenommen, die nicht Mitglied der Schwerterloge waren, also Besucher, die aus 348 Logen kamen. Im Verlauf der zwei Jahre waren es immerhin 76 verschiedene Logen, die die Dresdner besuchten, siehe Anlage 5.2.

(5.3.) Ehrenmitgliedschaften

So viele Tage ein Jahr hat, so viele Ehrenmitglieder hat die Schwerterloge im Verlauf ihres Lebens aufgenommen. Im Durchschnitt wurden sie auch älter als der Durchschnitt der Logenmitglieder, deshalb haben sie in den Statistischen Betrachtungen ein Gewicht, das die Durchschnitte beeinflusst. Zusammengenommen hatten die drei größten Logen in Dresden 650 Ehrenmitglieder. Diese Zahl steht für besondere Nähe zur Herkunftsloge und zu dem Bruder der ehrenden Loge. Häufig ist diese Nähe zustande gekommen durch den Austausch von Zeichnungen und Rednern.

(6.) Titelliste

der in den Maurerjahren 1881/82 bis 1907/08 in der Schwerterloge aufgelegten Zeichnungen (241 Themen). (Anlage 6.)

(7.) Dresdner Stuhlmeister

Tüchtige Küchen – und Kellermeister waren und sind für ein vitales Logenleben wichtig, aber der Stuhlmeister prägt die Brüder der Loge nachhaltig. Von allem Anfang bis zur Gegenwart waren in Dresdner Logen mindestens

08 Stuhlmeister

tätig. Siehe Anlage 7. Darunter befinden sich auch die 12 Grossmeister der Grossen Landesloge von Sachsen(GLLvS)1811-1933.

(8.) Freimaurerisches Kommunikationsbedürfnis und Identitätsnachweis. Vom Logenzertifikat zum Mitgliederausweis.

Erläuterungen zum Bestand an Zertifikaten

Erläuterungen zum Bestand an Zertifikaten in den Archiven von Dresdner Logen us dem Archiv der Schwerterloge kennen wir die vollständige Liste der Zertifikate der Loge. Sie beginnt mit dem Jahr 1764 und führt 95 Zertifikate auf. Aber nicht ein einziges Stück davon können wir vorweisen. Diese Sammlung wird bis heute vollständig vermisst, ohne auch nur irgendeine Spur hinterlassen zu haben.

Der Bestand an Zertifikaten im Orient Dresden wird also lediglich durch den Fundus der Loge Zum goldenen Apfel repräsentiert, denn auch in den anderen Dresdner Logen sind keine Zertifikate nachgewiesen.

Die Loge Zum goldenen Apfel hat mit schöner Akribie ihre Zertifikate gesammelt. Sie sind dokumentiert im GStA PK, Bestand Freimaurer-Archive 5.2. D 34 die Nr. 264 – 348 und 368, insgesamt ca. 90 Zertifikate enthaltend. 1770 wurden bereits mehrere Entwürfe benutzt. Unter den Mitgliedern der Dresdner Logen befanden sich sowohl Kupferstecher , als auch Kunst- und Steindrucker. Zertifikat-aktiv waren vor allem die Kupferstecher Matthias Balzer und J. G. Seiffert. Dank ihrer Urheberschaft ähneln die frühen Zertifikate und die sonstigen Entwürfe eher einem eigenständigen Kunstwerk als einem Verbrauchsobjekt eines erst beginnenden Besucherverkehrs unter den Logen.

Erkennbar ist das allein schon an dem Größenverhältnis der Fläche, die der Künstler für seine Botschaft beansprucht und der Fläche, die der Künstler für die Mitteilungen vorsieht. Schon frühzeitig wurden zwei gegensätzliche Entwicklungsrichtungen erkennbar, die eine steigerte die Symbolik bis zur Überladung und die andere steigerte die Verknappung der Symbolik bis auf einen funktionalen „Restposten“. Dieser funktionale „Restposten“ ist der einzige Zweck eines Zertifikates: Der Nachweis (Ausweis) für die Mitgliedschaft des Inhabers/Überbringers in einer gerechten und vollkommenen Bruderloge mit hinlänglicher Sicherheit seiner Authentizität. Das Zertifikat sollte die Wirkung haben, den Grad von Vertrautheit der Logenbrüder auch dem Gast zuteil werden zu lassen. Immerhin war ein besuchender Bruder für die besuchten Brüder eine bislang unbekannte Person. Auf jeden Fall war es legitim, höheres Wissen und höhere Weihen zu schützen vor Verrat und Entdeckung, Scharlatanerie und Beliebigkeit..

Aus der Entstehung der ersten Logen in Deutschland konstituierte sich auch erstmals ein Bedarf nach einer neuartigen Kommunikation. Das Verfahren, einen auf Reisen gehenden Besucher mit dem Zertifikat seiner Loge auszustatten, hatte so ganz im Vorbeigehen auch die Be- kanntmachung der eigenen Loge bei möglichst vielen anderen Logen zum Ziel, arbeitend zu werben und werbend zu arbeiten. Eine besuchte Loge machte jedoch aus ihrer Besorgnis keinen Hehl, Scharlatanen, „Selbsternannten“ und Irregulären den Zutritt zu verwehren. Deshalb wurden Besucher und Zertifikate gehörig geprüft. Das erforderte Zeit und Akzeptanz für Besucher wie Besuchte. Unsere Vorstellungen von heute reichen bestimmt nicht aus, um die Schärfe und Konsequenz nachzuempfinden, mit der die Legitimationsprüfung betrieben werden musste. Trotzdem muss alles in allem das Zertifikat seinem Zweck durchaus entsprochen haben, denn die Anzahl der Besucher der besuchten Logen nahm rasant zu. Welche Dimension das in Dresden angenommen hatte, ist für die Apfelloge und den zusammenhängenden Zeitraum der Jahre 1902/1903 dargestellt und statistisch aufbereitet.

Das Leben spielte sich ab in dem Spannungsfeld zwischen den Polen Bedürfnis nach Kommunikation und dem elementaren Schutz dieser K. Für die besonderen Bedürfnisse hinsichtlich Deckung und Verschwiegenheit, um geheim tagende und verschwiegen arbeitende Logenbrüder musste von ihresgleichen aus anderen Orienten.

Zertifikate gab es also nicht immer. In der Schwerterloge taucht das erste Zertifikat 1764 auf. Die vorhandenen Zertifikate stammen aber ausschließlich aus dem Bestand mit der Signatur 5.2. D 34 - Loge zum goldenen Apfel. Zertifikate sind für sich das schöne Äußere der frühen Zeit der Frei-maurerlogen. In den Archiven schlummern diese Zeugnisse frühen Maurerfleißes doch vor allem wegen Bedeutungsarmut im großen und ganzen. Erst bei entsprechender Auswahl aus größeren Zusammen-führungen und genauerem Hinsehen geben sie ein Quentchen her von dem, was tatsächlich in ihnen steckt. Das Archiv der Apfelloge hat ungewöhnlich viele Zertifikate in ihrem Bestand. Über Gründe dafür lässt sich nur mutmaßen. Deshalb soll sie lieber unbeantwortet bleiben.

Von ca. 85 Titeln sind hier zunächst 55 ausgewählt. Für die Anfertigung der Liste habe ich auch die gleichen 13 Merkmale angesetzt, wie sie Br. Klaus T. O. Weigel zuerst verwendet hat. Die Modalitäten der Akteneinsicht gestatteten es mir nicht, den Gesamtbestand zu überblicken , in Augenschein zu nehmen und eine Auswahl nach Rang- und Reihenfolge vorzunehmen. Den größten Mangel sehe ich darin, dass die Augenscheinnahme vor Bekanntsein der Beschreibungs – Fakten stattfand. Ungenau sind deshalb die Angaben zur Größe der Zertifikate. Nachprüfung und Korrektur sind erforderlich. Das älteste von der Loge Zum goldenen Apfel ausgefertigte Certifikat ist datiert :den 28. Tag des X. Monats und in dem Jahr 1777. Es ist auf den Namen des Br. Johann Friedrich Reichel ausgestellt.

Das älteste Zertifikat

Das älteste Zertifikat, mit dem der Bruder einer befreundeten Loge als Besucher von der Loge zum goldenen Apfel aufgenommen wurde, ist ausgestellt von der Loge Zum Balduin im Orient von Leipzig auf den Namen Johann Albrecht Freyberger und ist wie folgt datiert:: Leipzig, den XXI. Tag des XI. Monats im Jahr der Maurerey Fünf Tausend Siebenhundert und Acht und Siebzig. Übersehe ich die Entwicklung der Zertifikate und ziehe ich dazu die sich entwickelnden Zwecke mit ein , dann führt das auf geradem Wege zum allseits bekannten und heute nicht mehr wegzudenkenden Mitgliederausweis.

Folgende Zertifikat- Angaben sind von Interesse:

1. Name der ausstellenden Loge
2. GL bzw. Obödienz
3. ausgestellt für
4. Ort und Datum der Ausstellung
5. Sprache
6. Material: Pergament/Papier, Technik: Druck/Hand
7. Größe: HxB Blatt, HxB Platte
8. Siegel: Wachs, Prägung, Farbe, Band
9. Signaturen: Zeichner, Stecher, Drucker
10. Variante
11. Sichtvermerke
12. Literatur: zu diesem Zertifikat, zu den Künstlern
13. Aufbewahrungsort, dortige Inventarnummer.

Logen-Patente

Eine ganz eigenständige Disziplin graphischer Kunstfertigkeit stellen die Logen- Patente dar. Der Anlass, die Laufzeit, für die es ein Ende nicht geben soll, das kulturelle Selbstverständnis der Gründungsmitglieder und die Verfügbarkeit von ausführenden Künstlern- Graphiker und Posamentiers - führen in der Euphorie eines jeden Anfangs zu einem nach oben unbegrenzten künstlerischen Anspruch. Allein die Finanzkraft zum Zeitpunkt der Logengründung gebietet darüber, was die Wirklichkeit hergibt. Aber selbst das, was unter solchen Verknapp-ungen entstand, war und ist so attraktiv, dass es schon zu allen Zeiten vielfältig Begehrlichkeiten geweckt hat..

Deshalb ist es nur schwer realisierbar, solche Kulturzeugnisse einem breiteren Kreis von Interessierten nahe zu bringen. Hervorragend gelungen ist das der SLUB Dresden mit der von ihr initiierten und durchgeführten Ausstellung „Brüder reicht die Hand zum Bunde“

Anlage 1 – Liste der Zertifikate, für die eine Abbildung vorliegt
Anlage 2 – CD mit den digitalisierten Daten aller Positionen der Liste
Anlage 3 – Kopie der Liste Zertifikate der Schwerterloge
Anlage 4 – Kupferstecher, die Mitglied einer Dresdner Loge waren:

Kupferstecher

Anlage 5 – „Beschreibung des bey der Loge zu den drey Schwerdtern und wahren Freunden zu Dresden, eingeführten Logen- Certifikats“, datiert vom 1ßten May, 1798 .
Siehe Archiv der Schwerterloge , alte Signatur DM 17 b
Anlage 6 – „Nota über die N...Scheine und Certifikate“ der Schwerterloge, handschriftlich, 1 Seite
Alte Signatur: DM 17 b / 2
Anlage 7 – Mitgliederverzeichnis der Loge „Zu den drey gekrönten Sternen“ im Orient Prag, Jahrgang 5785, zeigt auf der Titelseite einen Kupferstich von Matthias Balzer
Anlage 8 – Kopien von Logen- Patenten:
a. Farbkopie des Patents der Loge „Zu den wahren Freunden“
b. S/w – Kopie des Patents der Loge „Aufrecht und treu“, gegeben im Orient Berlin, am 14. September 1929
c. Lichteinbringung Loge Zum goldenen Apfel am 8.3.1999

(9.) Strassennamen – nach Freimaurern benannnt

Bedeutung der Ziffern lt. Spalte 2

1 - ungeprüfter zutreffender Straßenname, unaufklärbarer Namensbezug
2 - Recherche zum Namensbezug Karl-Dieter Holz, Dresden 12.02.2007
3 - geprüfter Bezug des Namen mit nicht eindeutiger Aussage
4 - geprüfter Bezug des Namen mit eindeutigem Ergebnis
5 - Freimaurer- Bezug nicht aufklärbar
6 - Freimaurer-Bezug zu 3) und/oder 4) in Arbeit
7 - Zu 3)/4) nicht eindeutig zuzuordnender Freim. Bezug
8 - Namen-Bezug und Freim.-Bezug eindeutig, aber nicht deckungsgleich.
9 - Zu 4) eindeutig zuzuordnender freim. Bezug!

Strassen in Dresden, die nach Freimaurern benannt sind (Anlage 9)

Dresden – eine große Stadt mit einer großartigen Tradition auf zahlreichen Gebieten und auf verschiedenen Ebenen. Es sind die Einwohner dieser Stadt und deren Vorfahren, die mit ihrem prägnanten Willen und mit Bienenfleiss das Leben in der Stadt beförderten. Wer schlecht darüber spricht, zeigt nur sein eigenes Unverständnis an.

Jede Generation hatte jeweils auch ihre Probleme zu meistern, und zwar ohne die Mittel und Erfahrungen, die uns heute dafür zur Verfügung stehen. Zu jeder Zeit hatten sich die Generationen neu heranreifenden Entwicklungen stellen müssen. Das taten sie ja auch, aber ihr Vertrauensvorschuss in obrigkeitliche Handlungsgebote wurde zu häufig, zu gründlich und zu verbreitet nicht honoriert, eher leichtfertig getäuscht. Je nach dem Stadium solcher Entwicklungen handelte es sich mal um eine Erfolgs-Hysterie und zu andrer Zeit um eine jähe politische Wandlung. Die Akteure waren meist einseitige Betrachter, Eiferer oder Ignoranten. Die Bürgerschaft fühlte sich teils unverstanden, teils genasführt und hielt sich zurück mit der Vergabe ihres Vertrauens. Den übergeordneten Gesetzen der Natur und des Lebens folgend, wollen sie nicht untätig sein. So stimmen sie viel eher darin überein, etwas zu tun, als darin, etwas zu glauben.

In dieser großen und großartigen Stadt, deren Einwohner größtenteils sehr genau begründen können, warum sie sie ihre „Heimatstadt“ nennen, haben die politischen Wandlungen zu großflächigen Umbenennungen von Straßennamen geführt. Mindestens 7 (sieben) Wellen grundlegender Veränderung von Straßennamen erfolgten, seit es die Freimaurer nicht mehr gab, also seit 1933. Unschwer vorstellbar ist bei jeder dieser Wellen, dass von den 7 Todsünden nicht nur diese oder jene dabei die Feder führte, mal offen, in der Regel aber verdeckt. Aber auch bis zu diesem Zeitpunkt gab es noch keinen Zeitabschnitt, während dem die Freimaurer ohne Vorbehalte betrachtet wurden. Eher lag es näher, dass Verdächtigungen, haltlose Behauptungen oder aus der Luft gegriffene „Tatsachen“ immer wieder neu in Umlauf gebracht wurden. Daran hatten die Freimaurer selbst auch ihren Anteil, denn die „Pflege“ ihres „Geheimnisses“ war breiter angelegt, als deren Substanz dazu verlangte. Das hatte durchaus seine Auswirkungen auch die Namenbenennung Dresdner Strassen bis in die heutigen Tage. Das sei hier nur festgestellt und nicht kommentiert.

Wenn es dennoch bis heute (Jahrgang 2006) mindestens 111 Strassennamen in Dresden mit der Wertigkeit „9“ o.ä. gibt und die nach Freimaurern benannt sind, dann spricht das in jedem einzelnen Fall für die Leistung dieses Namengebers und insgesamt spricht das ausdrücklich für die Freimaurerei. In weiteren Fällen (12 mindestens) ist der Name identisch mit dem eines „bekannten“ Freimaureres, obwohl der Stassenname tatsächlich einen anderen Namengeber verehrt, zum Beispiel im Falle Ammonstr., ...-Zwintscher-Str., Oehmestr. Siehe dazu die entsprechende Namen –Liste. Kein Mensch hat je gezählt, wieviel Brüder aus unserer Kette der Herzen ebenso würdig gewesen wären, auch auf solche Weise genannt zu werden.

Es könnte sich wer auch der Frage annehmen, welche Freimaurerischen Lebensleistungen per Strassenname „gestrichen“ wurden zugunsten welcher „neuen“. Der Arbeitsstand von derzeit 111 Straßennamen ist dabei noch nicht einmal endgültig. Am Ende könnte es sich um mehr als 130 solcher Straßennamen handeln. Die eindeutige Zuordnung der Namengeber zu den Strassennamen ist dabei nicht immer gegeben. Dazu wirkt sich aber schon sehr positiv die Anbringung von Hinweistafeln unter dem Strassennamen-Schild aus, auf denen der Namengeber, seine Verdienste für die Allgemeinheit und seine Lebensdaten genannt werden. Weitere branchenspezifische Aufstellungen von Freimaurer-Persönlichkeiten könnten auch über den Kreis der Freimaurer-Brüder hinaus interessant sein. Produkt- und Industrieentwicklung haben in Dresden eine solche frühe, breite und über Sachsen hinausgehende Tradition, dass sich darum auch ganze Legenden ranken.

Beispiele:

  1. Die Idee, die Initiative und die Realisierung einer industriellen Neuansiedlung, sowie dessen Aufstieg zur Weltmarke: Glashütter Uhren! siehe Liste der Uhrmacher- Brüder
  2. Wenn in Dresden die erste Milchschokolade der Welt produziert wurde, dann haben viele Produkte und produktrelevante Technologien hier ihre Urquelle (Schokolade, Kakao-Mühlen und Verpackungen). siehe Liste „Schoko-Industrie“)
  3. Fahrzeugbau in Sachsen; Schienenfahrzeuge Straßenfahrzeuge
  4. Foto- und Fotopapier- Industrie
  5. Zigaretten- und Zigarren- Produktion(ca. 30% des deutschen Gesamtbedarfs) sowie Zigarettenmaschinenbau und spektakuläre Investitionen/Bauwerke, siehe YENIDSE):
  6. Maschinenbau überhaupt, parallell zur Entwicklung von neuen Konsumgütern.
  7. Textilindustrie (Plauener Spitze)
  8. Chemie- und Lebensmitttelindustrie(Gehe, Gebr. Hörmann, Helfenberg).

Kann es sein, dass bei der Vergabe der Straßennamen die Leistungen der Industrie unterrepräsentiert sind? Wenn ja, dann muß das ja nicht so bleiben!

Übrigens: Einen Straßennamen, der den Gründer der ersten Freimaurerloge in Dresden und der zweiten in ganz Deutschland gewidmet ist , gibt es schon, aber nicht in Dresden , sondern in Kesselsdorf: von – Rutowski- Straße.

Siehe auch