Traktat: Distrikts-Johannisfest Hamburg 2015

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Ansprache

Distriktsmeister Br Thomas Stuwe


Meine lieben Brüder, im Internationalen Freimaurerlexikon steht:

„Johanni ist das Bundesfest der Freimaurerei, an dem JEDER Freimaurer zum Zweck der Bekundung SEINER Zugehörigkeit zu einem die Erde umspannenden Bund teilnehmen SOLL.“1

Ich begrüße Euch, die Ihr dem entsprochen habt, zur Festarbeit im „Jahr des Lichtes“ der „VEREINTEN Nationen“.

Heut ist kein Stuhlmeistertag. Vorgegeben ist „Ansprache mit Rechenschaftsbericht“. Gleichwohl gebe ich Gedanken den Vorzug. Eure Stuhlmeister sollten Euch von ihren Versammlungen berichten.

Erwähnenswert in MEINEM Bericht wären EURE eigenen Logenleistungen. Ich durfte da sehr viel Eindrucksvolles erleben.

Es gab auch Versäumnisse und Fehleinschätzungen, ja Fehler. Keiner bedauert die mehr als der, der dafür verantwortlich ist. Da ärgere ich mich schon über mich selbst genug. Gehört sich auch so. Haltet Ihr bestimmt genauso. Gern bin ich Distriktsmeister aller Brüder. Auch derer, deren Sympathien und Zustimmung ich nicht habe.

Der „Große Hamburger Meisterzirkel“ verharrt entgegen meinem eigenen Ziel, ihn noch weiter zu entwickeln, bei den – guten, sinnvollen - Ferien-Logen.

Neben der Selbstkritik gibt es auch Punkte die mich selbst besorgt machen. Einer ist die Beobachtung dessen, was Ludwig Erhard abwertend mit „ParteiUNGEN“ charakterisierte. Ich spreche diesen Ausnahme-Tatbestand an, wissend, dass es die absolute Minderheit tangiert. Und auch, dass das einige, Wenige hier nicht live hören wollen. - Das werden wir dann nachholen.

„Ändert Euren Sinn“ bedeutet das blanke Gegenteil von Fortsetzung. Das betrifft auch das Insistieren auf eigene Sichtweisen wie deren rigorose Durchsetzung.

Unser Schutzpatron, heißt es, „verachtet die Selbstgerechten“.

Ich habe - nachdem wir heute das Stück „Wandlung“ hörten – für die Trauerloge „Wandel der Zeit“ von Dedeking angeregt. Das Stück wurde beim Staatsakt für Richard von Weizsäcker vorgetragen. Es beginnt:

„Wir sind ein Traum der Zeiten, - ein Bild der Eitelkeiten.“

In meinem ersten, noch handschriftlichen Zeugnis stand: „Thomas braucht stark das Lob des Lehrers.“ Ich sehe das als eine Form von Eitelkeit an.

Die Schröder-Logen kennen den Begriff gut aus der Aufnahme-Erläuterung: „Alle Symbole und Formen sinken zu einem eitlen Spiele herab, wenn nicht die rechte Gesinnung und die lebendige Tat aus ihnen hervor geht.“

Dann wäre das Spiel gleich Lippenbekenntnis. Für Winnetou vielleicht sogar die „gespaltene Zunge“.

„Poesie ist die Suche nach Glanz“ heißt das Gedicht des Krakauer’s Adam Zagajewski. – POESIE (!) - ist die Suche nach Glanz.

Und für Victor de Kowa ist „Eitelkeit die Gabe, sich noch wichtiger zu nehmen, als man sich fühlt.“

Dabei gilt doch bei uns (hoffentlich)

„Bescheidenheit als die letzte Raffinesse der Eitelkeit“ – wenn der Moralist unter den französischen Klassikern, Jean de la Bruyère, richtig liegen sollte.

„Jede gute Zeitung muss mit 51 Prozent gegen die Regierung sein, allein deswegen, weil sie die Macht hat.“1 Tja, der Satz von Rudolf Augstein kann natürlich Maxime sein. Nur sind wir a) keine Zeitung, b) sprechen doch regelmäßig nach, dass wir uns auf der Winkelwaage begegnen c) und die Macht müsste mir erläutert werden.

Ich meine keinesfalls das Kritik die Hauptschuld von Spannungen sein muss - wie es der Historiker Koselleck sieht. Sie ist sogar angebracht.

Harry Rowohlt hatte Recht:

„Sagen, was man denkt.

Und vorher was gedacht haben.“

Ich erweitere das um „bedacht“ haben. Bedenken was unsere Worte leider auch bewirken können. Unser Bundespräsident zitierte gestern bei Tisch die Seefahrerweisheit: „Zwischen dem Seemann und der Ewigkeit liegt nur eine Planke."

„Der Ton macht die Musik“ gilt!

Unsere Streitkultur lässt oft zu wünschen übrig. Nur gut „das wir zumeist in Sicherheit sind“.

Bissig ist nicht zwangsläufig überzeugend.

Finesse kein Lob wert.

Ein‘s Auswischen der Fehltritt auf’s morsche Siegertreppchen.

Wir wollen doch anders sein, wir wollen doch besser sein!

Und das auf der Höhe der Zeit.

Prima das sich das Großlogentreffen dem Thema „Versteh ich noch die Welt?“ - offiziell „Freimaurerei im Innovationszeitalter“ gewidmet hatte. Zumal bei einem Zeitgeist, der „Geheimnisse sind Lügen“ als Parole herausgibt.

Markierten für Jürgen Habermas einst die Kaffeehäuser den Beginn, was wir unter Öffentlichkeit verstehen, so ist es heute anders. Ob es uns gefällt oder nicht.

Überall wird von Innovation geredet, aber wirkliche Veränderungen sind oft gar nicht gewollt. Innovationen sind neues Wissen. Dadurch wird altes Wissen entwertet. Neue Ideen werden deshalb oft als Bedrohung empfunden und ihre Umsetzung wird behindert oder auch verhindert. Wir sind da keine Ausnahme.

DIE ZEIT schrieb: „Das Wacken Open Air Festival hat Tradition und feiert seit Jahren das Gegenteil von Fortschritt.“ - Ich musste an uns denken.

Sicher können wir so wie wir sind noch eine gute Weile Überwintern. Aber wäre das im Interesse der verdienten, erfahrenen Brüder einfach nur den Stiefel so weiter zu machen und den nachfolgenden Freimauer-Generationen erst einmal ein Vakuum zu hinterlassen, bevor sie Anschluss an ihre Zeit fänden? Wir sind doch immer vorangegangen!

Bitte sorgt für einen guten Übergang der uns am Herzen liegenden Freimaurerei. Wissen und Erfahrungen sind geschätzt. Ausdrücklich von mir. Ich bin gewiss konservativer als es die progressiven Sätze nahelegen. Aber ein Generelles weiter so wie gehabt, kann doch nicht gut sein. Natürlich alles umsichtig.

Heißt es doch: „Wenn das urbane Prinzip Heterogenität ist - warum sehen denn dann die Innenstädte und die Menschen, die sich in ihnen bewegen, alle gleich aus?“ Das wollen wir auf keinen Fall. Weder hier, noch im Abgleich zum Profanen.

Mir ist dabei bewußt:

Natürlich gibt es Bedenken. Stellvertretend nehme ich die Öffnung nach außen. „Natürlich gibt es Bedenken, diese Öffnung nach außen birgt, auch ein gewisses Risiko.“

Zitat einer Aktivistin der Roten Flora die sich gerade öffnet und sich dabei pfiffig 50 Wandergesellen geschnappt hat. Die übrigens dort ehrenamtlich restaurieren.1

Uns allen ist bekannt, dem ersten „Wozu soll das gut sein? folgt regelmäßig die Frage: „Wer will denn so was?“.

Argumente mit denen der US-Präsident Hayes 1876 das Telefon abqualifizierte. Oder „Wer um Gottes willen, will denn Schauspieler sprechen hören?“ als es um die Einführung des Tonfilms ging. Stammt übrigens von Studiochef Warner.2

Johanni bietet sich an, um Einiges etwas anders anzugehen. Gilt auch für mich. Glasklar.

Wir haben beste Voraussetzungen – Aufnahmeerlebnis, Rituale, wahrhaftige Bruderkreise – um unsere unterschiedlichen Standpunkte und Vorstellungen ohne das Kultivieren von Eitelkeit für unsere gute Sache in Einklang zu bringen.

Der 200. Todestag Schröder’s steht bevor. Wie ich erfuhr, haben sich unsere V5-Logen dessen jetzt angenommen. Ob das auch raumgreifender hätte sein können sei dahingestellt.

Unsere Großloge wird anlässlich des 300. Jubiläums dezentrale Chancen bevorzugen. Unsere MvSt. haben dankenswerter Weise einstimmig für die Idee eines gemeinsamen Johannisfestes aller hier ansässigen Großlogen auf ihrem Stuhlmeistertag - ich habe da übrigens keine Stimmkarte - votiert. Dabei verzichtet Ihr vielleicht sogar auf eigene Festarbeiten. Danke.

Da steht der Große Hamburger Meisterzirkel jetzt für eine gute, zusätzliche, konkrete Aufgabe in Startblock und Pflicht.

Wie schön Maurerei weiterhin ist, haben mir allein sechs Johannisfeste in der letzten Woche gezeigt. Danke für Eure Einladungen (in jeglicher Form), Zustimmung, Freundlichkeiten, insbesondere aber konstruktive Reaktionen auf meine Interessensbekundungen via Fragen. Alles bei Harmonie und Qualität.

Bis auf weiteres bleiben wir ein Männerbund. Das dürfen wir auch mannhaft beweisen! Ich empfehle uns daher erneut weniger Eitelkeit und ein offenes Visier im Umgang miteinander.

„Ändert Euren Sinn!“ ist ein Appell.

Dieser mahnt nicht nur an, sondern schließt wunderbar das Zuversichtliche, nämlich die Möglichkeit hierzu ein, wie auch den Optimismus dafür noch ausreichende Zeit zu besitzen. - Auf dass es sich lohnt.

Kehren wir (wo angebracht) im „Jahr des Lichts“ und 100 Jahren Relativitätstheorie, Albert Einstein entsprechend, um. Einstein meint:

„Das Streben nach Wahrheit und Erkenntnis

gehören zum Schönsten, dessen der Mensch fähig ist.“

Wir können das.

Davon bin ich überzeugt und spreche Euch meine herzlichen Johannisgrüße aus.

Siehe auch: