Traktat: Vom Suchen und vom Sichfindenlassen

Aus Freimaurer-Wiki

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Vom Suchen und vom Sichfindenlassen

--Jens Rusch (Diskussion) 10:23, 19. Jan. 2016 (CET)

Den bislang noch geltenden Kriterien der freimaurerischen Verschwiegenheit, die hinlänglich als "Geheimnis" kolportiert werden, peitscht ein kontinuierlich zunehmender Wind ins Gesicht. Hauptgrund: Ein vielerorts bedrohlicher Mitgliederschwund und ein spürbarer Mangel an aktuellem Interesse. Gestandene Männer und Frauen von gutem Ruf befinden sich im idealen Selbstfindungsalter in einer Spirale von Lebenserhaltung, familiärer Anspannung und beruflicher Reizüberflutung. Jüngere Sinnsucher /innen erliegen einem medientechnischen Dauerfeuer und nie gekannten Suchtelementen allgegenwärtiger Offerten und der voraussetzungsfreien Forderung nach ständiger Verfügbarkeit.

In dieser sozialen Brandung eine Frage wie "Wer bin ich?" oder "Wohin will ich mich eigentlich entwickeln ?" überhaupt zu stellen, kann für einen dominanten Teil etwaiger Interessenten unzeitgemäß romantisch und irgendwie deplaziert klingen.

Dabei wäre die Selbsterziehung zu ethischer und moralischer Würde nicht nur ein narzistischer Anspruch an das eigene Ego, es hätte sogar eine soziale Relevanz: "Mit der Moral eines Volkes geht auch sein Schaffensdrang verloren" sagte Thomas Jefferson. Ein Satz von aktueller Bedeutung.

Eigentlich dürfte es keine freimaurerische Öffentlichkeitsarbeit geben. Jedenfalls dann nicht, wenn man auf ältere Brüder hört. Diesen einen Kompromiss abzuringen, um zumindest eine Formel wie "... aber dann lasst doch wenigstens zu, dass man uns findet" in unser zeitgenössisches Selbstverständnis zu implantieren, ist bereits ein rauher Stein aus schwer formbarem Granit. Innovative Versuche bleiben daher zunächst noch seltene Alleingänge, Weitsicht und einzelne Visonäre müssen sich harter Kritik stellen. Diese jedoch hat es in der Geschichte immer gegeben und es war nicht selten eine Frage eines fatalistischen, oft autodestruktiven Beharrungsvermögens.

Als wir vor sechs Jahren das Freimaurer-Wiki als wirksames Gegeninstrument angesichts einer sich unkontrollierbar ausbreitenden Demagogie in den neuen Medien einrichteten, war unser Hauptziel noch, einen kraftvollen Gegenpol zu bilden. Die Systematik von Suchmaschinenrelevanz und Aufmerksamkeit folgt den gleichen Kriterien wie Konspiration und Verleumdung - man müsste lediglich präsenter sein und nachvollziehbar glaubwürdiger.

Man musste das Rad auch gar kein zweites Mal erfinden, es drehte sich bereits vor unseren Augen: Das Mutterschiff Wikipedia durchkreuzt die Weltmeere der Information längst erfolgreich genug, um das Kielwasser für ein freimaurerisches Großprojekt zu nutzen. Und der Plan ging auf. Wer heute als Suchender einen entsprechenden Begriff bei Google, Firefox oder Internet-Explorer eingibt, landet früher oder später unweigerlich im Freimaurer-Wiki. Es gibt aktuell weltweit kein vergleichbares Instrument dieser Informationsdichte zu diesem Thema. Dafür ist auch die interne Themenverlinkung verantwortlich, die eine Syntax wie Media-Wiki uns gewährt. Weit über 4600 Inhaltsseiten bieten eine kaum zu überbietende Informationsfülle, weitab von Verrat und Arkanum.

Für eine zeitgemäße Öffentlichkeitsarbeit ist hier also eine unvergleichliche Plattform entstanden, deren Nutzen längst außer Frage steht. Aber fasziniert man auf diese Weise wirklich das völlig unterschiedlich ausgeprägte Spektrum von Sinnsuchern? Erreicht man Menschen, die sich auch für eine Logen-Mitgliedschaft interessieren könnten? Informations-Magazine wie National Geographic, GEO, PM-Magazin oder HÖR ZU Wissen haben ein Informationsschema entwickelt, dem das Freimaurer-Wiki versucht, virtuell zu entsprechen. Eine Frage, die in ihrer Beantwortung das wunderbare Gefühl birgt, ein wenig klüger geworden zu sein, wirkt wie ein intellektuelles Überraschungsei. Suchende, die diese Reise antreten, sind ideale Lehrlinge. Aber zu den fast zwanzig Millionen Besuchern des Freimaurer-Wiki´s gehören ganz sicher auch ebendiese Konspirationsfanatiker, vor denen es Fragesteller und Suchende ja eigentlich schützen soll, hinzu kommen vermutlich Robots und WebCrawler. Statistiken sollte man also skeptisch betrachten.

Aus diesem Grunde ist es für uns immer wieder erfreulich, wenn sich junge Brüder mit kurzen Schilderungen ihrer ersten geistigen Tuchfühlung mit der Freimaurerei positiv über den Eindruck unseres Freimaurer-Wiki´s äussern. Diese Beispiele mögen dieses ein wenig verdeutlichen:

Beim Besuch der Frankfurter Loge "Zur Einigkeit" erzählten mir zwei junge Brüder zur Begrüssung, dass sie auf diesem Weg zu ihrer Loge gefunden hätten: Die zunächst unbestimmte Suche hätte sie über Youtube zu äußerst fragwürdigen Darstellungen von Weltverschwörung und Ritualmorden geführt, die ihnen in ihrer hasserfüllten Überzogenheit wenig glaubwürdig erschienen. Aber dadurch waren Fragen geweckt worden, die eine Antwort suchten - und die fanden sie dann wesentlich realitätsbezogener und glaubwürdig im Freimaurer-Wiki. Ein dritter Lehrling erzählte ergänzend, er wäre in der Heimat seiner Eltern, in der Türkei, auf das Freimaurer-Wiki aufmerksam gemacht worden. Dort absolvierte er bei einem Onkel ein Praktikum zur Ausbildung zum Exportkaufmann. Türkische Brüder baten ihn, seiner deutschen Sprachkenntnisse wegen, ihnen Inhalte des Freimaurer-Wiki´s zu erläutern, die dann auch sein eigenes Interesse weckten. Verschlungene Pfade können also zur Freimaurerei führen.

Inzwischen hören wir immer häufiger ganz ähnliche Schilderungen vom Suchen und Finden.

Weitsichtige Logenmeister nutzen in zunehmendem Maße die Link-Buttons in unserer sogenannten "rechten Navigationsleiste" des Freimaurer-Wiki´s, mit guten Erfolgen.

Das Jahr 2017 soll nach der Vorstellung der stimmgewaltigen UGLE, der Großloge von England, ein Jahr des verjüngten Aufbruches werden. Eine neue Offenheit wird propagiert, eine mediengerechte Transparenz. Immerhin schaut die Weltbruderkette dann auf gut 300 Jahre zaghafter Entwicklung zurück. "Gute Dinge braucht man nicht zu ändern" stand bisher über allen Tempeln. Eine Sprachregelung, die der Generation, die mit neuen Medien aufgewachsen ist, nicht mehr entspricht. Gewiss, es gibt junge Sinnsucher, die Respekt vor Altersweisheit und Lebenserfahrung haben. Aber können sie diese auch auf ihr eigenes Leben beziehen ? Welchen Wert hat Geschichte, hinaus über die bloße Erkenntnis darüber ? Erreicht die Botschaft erfahrener Brüder auch jene Sinnsucher, die erst ein Drittel ihres eigenen Weges abgeschritten haben?

Freimaurerei ist sinnvoll und gerade in unserer moralisch deprimierenden Gegenwart notweniger denn je. Wir haben eine Verpflichtung übernommen, ethische Wege zur Selbsterziehung zu offerieren. Die können wir aber nur erfüllen, wenn sich überhaupt jemand dafür interessiert. Da kann es unter Umständen nicht mehr ausreichen, sich lediglich "finden" zu lassen.