Völkerbund

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Völkerbund

Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)

Die Idee einer Liga der Nationen, wie sie im Völkerbund ihren Ausdruck gefunden hat, wurde bereits mitten im Weltkrieg von Freimaurern propagiert. Der Kongreß von Vertretern von Entente- und neutralen Großlogen, der vom 28. bis 30. Juni 1917 in Paris stattfand, erörterte diesen Gedanken auf das gründlichste. Er wurde vom damaligen französischen Deputierten André Lebey Mitglied des Ordenerates des Großorients von Frankreich, als Referent des Kongresses vertreten. Im Augenblick, da das Eingreifen der amerikanischen Truppen in den Krieg diesem für die Alliierten ein ganz anderes Gesicht gegeben hatte, erklärte Lebey, auf die Dauer könne nur ein Bündnis Deutschland-Frankreich-England im Verein mit durchgreifender Abrüstung eine Gewähr für den Weltfrieden sein, der ja auch die Konsequenz des freimaurerischen Wollens darstelle. Es müsse ein Völkerbund geschaffen werden, der den Krieg achten werde. ("Der Krieg ist durch die Exzesse jener, die ihn auf die Höhe einer normalen Einrichtung gebracht haben, derart entehrt worden, das man hoffen darf, er habe eine tödliche Wunde erhalten.")

Dieser Plan, dem ein in allen Details ausgearbeiteter Grundriß für einen Völkerbundpakt beigegeben war, wurde vom Kongres einstimmig gutgeheißen. Es hieß u. a. darin:

"Die zivilisierten Völker stehen auf dem Boden der Solidarität, sie nehmen jedes innerhalb seiner Grenzen an dem gemeinsamen Werk der Humanität teil, daß Rechte und Pfichten gleichmäßig umreißt."
"Die Menschheit ist eine große Familie, von der sich nur diejenigen ausschließen, die deren nationale und internationale Gesetze verletzen."
"Einheit und Autonomie und Unabhängigkeit einer jeden Nationalität sind unverletzlich." "Wurden 1789 die Gesetzestafeln der Menschenrechte aufgestellt, so werden vom Völkerbund vor allem die Gesetzestafeln der Völkerrechte zu schaffen sein."
"Keine Nation hat das Recht, einer anderen den Krieg zu erklären, denn der Krieg ist ein Verbrechen gegen das ganze Menschengeschlecht. (Elf Jahre vor dem Kellogg-Pakt!) Jeder Streit zwischen Staaten muß vor das internationale Parlament gebracht werden. Die Nation, die dem zuwiderhandelt, stellt sich selbst außerhalb des Völkerbundes."

Dieses Bekenntnis zur Weltfriedensidee mitten im Kriege ist später der italienischen Freimaurerei vom Faschismuß sehr übel vermerkt worden. Man hat ihr den Vorwurf gemacht, daß sie durch ihre Mitwirkung an der Pariser Tagung Italien um die Früchte des Sieges habe bringen wollen. Auch von französischer Seite mußten sich die Freimaurer den Vorwurf des Defaitismus machen lassen. Immerhin bleibt die Tatsache bemerkenswert, daß romanische Freimaurer noch lange vor gefallener Entscheidung nicht nur an den Frieden dachten, sondern ihm auch in Form eines Völkerbundes gesicherte Gestalt geben wollten.

Mit den später von Wilson, der nicht Freimaurer war, entworfenen Gedanken eines Völkerbundes haben diese freimaurerischen Ideologien nichts zu tun gehabt. An der Gründung des Völkerbundes sind die Freimaurer als solche ebenso unbeteiligt gewesen wie an seiner weiteren Tätigkeit. Selbstverständlich werden besonders in Deutschland, aber auch von klerikaler Seite in Frankreich, alle Fehlschläge der Völkerbundpolitik immer wieder auf daß Freimaurerkonto gebucht. Wobei bemerkt werden muß, daß außer Stresemann und Benes (s. d. beide) keiner der großen Führer im Rate der Völker Freimaurer wurde. Ebensowenig wie es eine freimaurerische "diplomatische Geheimbündelei" gibt, besteht eine Einflußnahme der Freimaurerei auf daß Wirken des Völkerbundes. Die These von dessen "freimaurerischer Hörigkeit" gehört zu den absurdesten gegnerischen Legenden (vgl. auch Bluntschli-Ausschuß)

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