Weißes Buch

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Buch, Weißes

Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)

Um der Einrichtung der Loge jede dogmatische Deutung zu nehmen und den reinen allverbindenden Humanitätsgedanken im Sinne der "Alten Pflichten", I. Hauptstück herauszuarbeiten, stellte Ficke - Freiburg der Großloge "Zur Sonne" in Bayreuth den Antrag, an Stelle der Bibel ein Buch mit leeren Blättern mit der Goldinschrift "Gott" auf den Altar zu legen. Dieser Antrag wurde 1872 von der Großloge "Zur Sonne" angenommen, indem sie es ihren Logen freistellte, nach dem Fickeschen, sogenannten "Freiburger Rituale" zu arbeiten. Dieser Brauch erhielt sich bis 1930, in welchem Jahre die betreffenden Logen zur Bibel zurückkehrten. Den Anlaß dazu bot der 1928 von der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland beschlossene Abbruch der Beziehungen.

Die G. L. L. erklärte, die Bayreuther Großloge "nicht mehr als freimaurerische Großkörperschaft gelten zu lassen, weil sie ihren Tochterlogen die Freiheit gebe, die Bibel vom Altar zu entfernen". Eine Beseitigung der Bibel komme einem Widerruf des Gottbekenntnisses gleich und rüttle an dem Fundament der auf dem Glauben an Gott gegründeten Freimaurerei. Daraufhin beschloß Bayreuth, daß in Zukunft das Weiße Buch nur noch neben der Bibel aufliegen dürfe. Auch die Schweizerische Großloge "Alpina" war 1930 genötigt, sich anläßlich einer Anfrage aus New York mit dem Problem des Weißen Buches zu befassen. Im Verlaufe der Diskussion zwischen der G. L. L. und Bayreuth interpretierte der evangelische Pfarrer Otto Kaiser in Freiburg im Breisgau das Weiße Buch folgendermaßen:

"Das Weiße Buch ist das ausgesprochenste Symbol der humanitären Freimaurerei. Die Frage aufwerfen, ob die Gründer der Freimaurerei und die Vertreter der gegenwärtigen christlichen Freimaurerei die Bibel als dogmatische Autorität auf den Altar legten und legen und ob sie die Hand des Suchenden auf die Bibel legen lassen, damit er auf den Buchstaben der Bibel schwöre, heißt die Frage verneinen. Solche Auffassungen widerstreiten dem ureigensten Geist der Freimaurerei.
Die Königliche Kunst will uns frei machen von jedem religiösen, politischen, ethischen und ästhetischen Dogma und uns auf die mühsame Suche nach der Wahrheit schicken, die wir als eigene Überzeugung vertreten können. Die Bibel liegt auf dem Altar der Freimaurerei nicht als dogmatische Autorität, sondern als Symbol höchster Wahrheit und ewiger Gottesoffenbarung. Das Weiße Buch wurde nicht als Gegensatz, in Ablehnung der Bibel an deren Stelle gesetzt, nicht als Symbol der Negation, sondern der Position. Das Weiße Buch schließt die Bibel ein. Die Bibel ist als Symbol der Wahrheit zeitlich und persönlich zu eng. Wir erkennen keine zeitliche Beschränktheit der ewigen göttlichen Wahrheit an, und wir suchen die Körner fruchtbringender Wahrheit nicht nur auf dem Feld eines auserwählten Volkes und einer der positiven Religionen. Wir sind weit hinaus über den engen Horizont, der die Tugend der Antike als blendende Last sieht, weil die Träger dieser Tugend Heiden waren. So wenig aber auch das jüdische Volk als der einzige Vermittler ethischen Gottesglaubens anerkannt werden kann, so töricht erscheint das Bemühen, die Propheten und Jesus darum nicht als Semiten gelten zu lassen, weil sie Verkünder weltbezwingender Wahrheiten gewesen sind. Es gibt nicht nur arisches Weistum, auch nicht nur christliche Wahrheit. Jesus und Buddha, Laotse und Platon und Mohammed sind Führer zu einem Ziel. Das Weiße Buch ist das Symbol unerschöpfter und unerschöpflicher Offenbarung der Wahrheit. Die Bibel auf dem Altar der Freimaurer ist eines der drei großen Lichter, das Weiße Buch umfaßt das Ganze. In Zahlen: 3x3: "Gott, Mensch, Johannislicht; Religion, Moral und Verdienst; Weisheit, Stärke und Schönheit."

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