Vergissmeinnicht: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 7. März 2011, 18:35 Uhr
Zum ersten Mal wurde das kleine blaue Vergissmeinnicht 1926 von der Großloge Zur Sonne als freimaurerisches Emblem in Bremen zur Jahresversammlung verwendet. Als 1934 die Nazis das Winterhilfswerk gründeten, erhielt jeder Spender ein Abzeichen, das sich jährlich änderte. Im März 1938 wurde als Abzeichen das Vergissmeinnicht ausgewählt - hergestellt von derselben Fabrik wie das freimaurerische Emblem 1926. Dies ermöglichte es den Freimaurern, das Vergissmeinnicht als geheimes Zeichen zu verwenden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Vergissmeinnicht erneut 1948 von den Vereinigten Großlogen von Deutschland als freimaurerisches Emblem auf der ersten Jahresversammlung verwendet. Noch heute wird das Emblem als Erkennungszeichen und in Erinnerung an die Nazizeit von Freimaurern getragen.
Inhaltsverzeichnis
Das Vergißmeinnicht-Abzeichen und die Freimaurerei
Quelle: Internetloge
- Die wahre Geschichte -
Allgemein dient ein Abzeichen dazu, Mitmenschen einen Rang, einen Dienstgrad, eine erbrachte Leistung oder die Zugehörigkeit zu einer Stadt, Gruppe, Meinung, Stamm, Verein oder einer Organisation zu zeigen. In diesen Funktionsbereich gehören die Anstecknadeln bzw. Pins. Zur Zierde getragen sind sie allerdings nur als Schmuckgegenstand einzuordnen.
Die Großloge "Zur Sonne" gab 1926 die Vergißmeinnicht-Anstecknadel als Tagungsabzeichen für ihren Großlogentag 1926 in Bremen aus. Das Abzeichen, welches die Porzellanmanufaktur in Selb/Oberfranken herstellte, wurde später noch vereinzelt von ehemaligen Tagungsteilnehmern getragen.
Im "Dritten Reich" war dann allgemein das Tragen eines Abzeichens irgendeiner Gemeinschaft verboten. Die alleinige Nutzung ihrer Symbolfunktion war den Abzeichen der NS-Gliederungen vorbehalten. Bereits im April 1934 verbot die Münchner Polizeidirektion das Tragen von Uniformen und Abzeichen. Dieses wurde mit aller Härte durchgesetzt. Der katholischen Jugendorganisation wurde z. B. untersagt, am Fronleichnam mit ihren Bannern und Wimpeln an den Prozessionen teilzunehmen.
Die letzten Freimaurerlogen wurden 1935 von dem Nazi-Regime geschlossen. Wie kam es nun dazu, daß später die Vergißmeinnicht-Anstecknadel als ein geheimes Abzeichen für die Zugehörigkeit zum Bund der Freimaurer unangefochten getragen werden konnte? Diese Möglichkeit wurde vom Regime ungewollt im Zusammenhang mit dem Winterhilfswerk selbst eröffnet:
Winterhilfswerk
Das Winterhilfswerk des Deutschen Volkes (Abkürzung WHW - von Zeitgenossen später umgedeutet in WaffenHilfsWerk) war eine, in Anlehnung an eine ähnliche Institution zur Zeit der Weltwirtschaftskrise 1929, am 13. September 1933 zur Entlastung der staatlichen Arbeitslosenfürsorge im Dritten Reich gegründete Stiftung, die vom Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda Goebbels geleitet und von der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt e. V. organisatorisch getragen wurde. Sie sollte die sogenannte "Volksgemeinschaft" stärken, den Staat finanziell entlasten und als Nothilfeaktion schnell sichtbare Erfolge bei der Bekämpfung der Folgen von Arbeitslosigkeit und Armut vorweisen. Zur Unterstützung von Arbeitslosen und Bedürftigen wurde ein System von Sammlungen, Spenden, Lohnverzicht und freiwilligen Arbeits- und Dienstleistungen in der Bevölkerung organisiert. Von 1933 bis 1939 kamen so Spenden im Wert von 2,5 Mrd. RM zusammen. Danach wurde das WHW als Kriegswinterhilfswerk zur Linderung der Kriegsfolgen weitergeführt. Die allgegenwärtige Sammeltätigkeit des WHW wirkte finanzpolitsch über Geldabschöpfung preisstabilisierend auf die Warenmärkte ein. Der rechtliche Rahmen wurde mit dem "Gesetz zur Regelung der öffentlichen Sammlungen und sammlungsähnlichen Veranstaltungen" (Sammlungsgesetz) vom 5. November 1934 und dem "Gesetz über das Winterhilfswerk des Deutschen Volkes" vom 1. Dezember 1936 abgesteckt.
Das Winterhilfswerk veranstaltete vor dem Kriege regelmäßig sogenannte Eintopfessen. Diese fanden in der Zeit von Oktober bis März statt. Die Menschen wurden aufgefordert, einmal im Monat zugunsten des Winterhilfswerks auf Fleisch zu verzichten und dafür ein Eintopfgericht am Sonntag zu kochen und die Ersparnisse dem Winterhilfswerk zu spenden. Mit dieser Aktion verschafften sich die sammelnden Männer und Kinder an diesem Sonntag Zutritt zu jeder Familie.
Die monatlichen Straßen- und von Haus zu Haus-Geldsammlungen waren so nur eine der vielfältigen Aktionen, bei denen Abzeichen als Spendenbeleg ausgegeben wurden. Obwohl die Spenden offiziell immer als absolut freiwillig galten, wurde die Spendenfreudigkeit doch häufig durch mehr oder weniger sanften Druck gefördert, wobei das Tragen der Abzeichen während der Sammlungstage auch einer gewissen Kontrollfunktion diente. Jeder trug also die Anstecknadeln als eine Art öffentlich sichtbaren Ausweis, damit er nicht an der nächsten Straßenecke erneut zum Spenden aufgefordert wurde.
Die Herstellung der Abzeichen mit den verschiedensten Motiven und Materialien wurde heimischen Handwerksbetrieben übertragen, um damit auch der Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken. Da die Anstecknadeln alle Bevölkerungskreise erreichen sollten, waren die Auflagen entsprechend hoch und lagen zwischen 10 und 50 Millionen Stück je Abzeichen. Etwa 8.000 verschiedene Abzeichen, die meist in Serien von fünf bis zwanzig Stück jährlich erschienen, was Sammler und Kinder zum mehrfachen Kauf verlocken sollte, wurden von Oktober 1933 bis März 1943 in unterschiedlichsten Ausführungen und Materialien zu den monatlichen Sammlungen und lokalen Anlässen herausgegeben.
Zur Sonne
Als Abzeichen zur Sammlung vom 17. - 26. März 1938 hatte das Winterhilfswerk ein Vergißmeinnicht gewählt, wie es in Selb schon 1926 für die Großloge "Zur Sonne" hergestellt worden war. Diese Edition machten sich die wenigen Brüder, die damals noch einen Zusammenhalt hatten, sofort in Erinnerung an den Großlogentag in Bremen zu ihrem Erkennungszeichen. Es war ja ein amtliches Zeichen vom Winterhilfswerk, das zwar zur nächsten Sammlung wieder abgelegt werden mußte, was dann aber doch mit dem Hinweis, daß es so besonders schön wäre, dennoch weiter getragen werden konnte, aber nicht als offizielles Abzeichen sondern als "Schmuckstück".
Theodor Vogel
Nach dem Krieg gibt Theodor Vogel der Geschichte des Vergißmeinnicht-Abzeichens wesentliche Impulse. Theodor Vogel (1901-1977, wurde 1926 in die Schweinfurter Freimaurerloge "Brudertreue am Main" aufgenommen; wirkte als Meister vom Stuhl der "Brudertreue am Main" 1946, als Großmeister der Großloge "Zur Sonne" 1948, der "Vereinigten Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland" 1949, der "Vereinigten Großlogen von Deutschland" 1958; führte mit seiner Arbeit die deutschen Freimaurer in den 50er Jahren wieder in die weltumspannende Bruderkette zurück) erinnerte sich 1948 bei der Einsetzung der Loge "Zum weißen Gold am Kornberg" in Selb, die ihr Konstitutionspatent am 2. April 1948 erhalten hatte, an dieses Vergißmeinnicht-Abzeichen. Da in der Porzellanmanufaktur die Formen noch vorhanden waren, ließ er eine größere Menge von diesen "kleinen blauen Blüten" herstellen. In den USA ist es üblich, beim Besuch einer Loge in einem anderen Staat, als Dank für die Gastfreundschaft das Ansteckabzeichen seiner Loge oder Großloge (Siegel) dem Gastgeber zu überreichen. Daher nahm Theodor Vogel die Vergißmeinnicht-Abzeichen 1948 zur Großmeisterkonferenz in die USA und auf seinen weiteren Reisen in Sachen Freimaurerei mit. So wurden viele Brüder im Ausland mit diesem Zeichen bekannt. Man hielt es dadurch bald für das offizielle deutsche Freimaurer-Abzeichen.
Heute wird ein aus lackiertem Metall hergestelltes Vergißmeinnicht allgemein als inoffizielles Erkennungszeichen zu Ehren der Brüder getragen, die unter schwierigsten Bedingungen die freimaurerische Flamme in ihren Herzen bewahrt haben. Um aus dieser Erinnerung anzuzeigen, daß sie durch ihre Arbeit Liebe und Einheit unter den Menschen in Europa fördern möchten, haben bei der Logengründung 1997 die Brüder der Freimaurerloge "Zur Morgenlandfahrt" in Brüssel das Vergißmeinnicht als Logenbijou auserwählt.
Videos
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Literatur
Geppert, Das Vergißmeinnicht, TAU I/1996, S. 110
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