Diskussion:Rezension: Klaus-Jürgen Grün: Menschenähnlichkeit

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In der Edition Temmen ist das Essay "Menschenähnlichkeit - Zum Unterschied zwischen humanitärer Freimaurerei und Religion" von Klaus-Jürgen Grün erschienen.

Mit seinem Buch hat sich der Autor,, der amtierende Vorsitzende der freimaurerischen Forschungsgemeinschaft Quator Coronatti, laut Klappentext nicht mehr und nicht weniger vorgenommen, als den Unterschied zwischen Religion und Humanitärer Freimaurerei zu erläutern.

Im Folgenden werde ich versuchen zu klären, ob und inwieweit ihm das gelungen ist.

Klaus-Jürgen Grün startet sein gut 170 Seiten starkes Buch mit dem Versuch, die Katholische Kirche und in Ihrem Gefolge alle Religionen als Verursacher aller menschlichen Unfreiheit hinzustellen und deshalb auch die christlich orientierte Freimaurerei, wie sie in der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland praktiziert wird und die er mit einer Religion gleichstellt, zu verdammen.

Dabei wirft er den Religionen, die er als Atheist als Instrument menschlicher Überheblichkeit identifiziert, weil die Gläubigen zuerst einen höher gestellten Gott erfinden, dem Sie sich dann angleichen wollen, ansieht, vor, im Gegensatz zur Humanitären Freimaurerei nicht den Menschen, sondern die Macht über den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen.

Beweise dafür Sichtung findet er dabei in den Verlautbarungen der katholischen Kirche, unter anderem den Enzykliken, also den Lehrschriften der Päpste, Er spart auch nicht mit genüsslichen Hinweisen auf die angeblich kannibalistischen Anklänge im christlichen Abendmahl. Auch konstruiert er einen Unterschied zwischen Humanismus und Religion, explizit der christlichen Religion. Das ist nur folgerichtig, schöpft Grün doch allein aus vatikanischen also vorkonzilliaren oder das 2. Vatikanum ablehnenden Quellen, wie der Kurie selbst. Bei der Lektüre von Hans  "Christ sein", oder Küngs Gespräch mit dem Juden Pinchas Lapide über Jesus (Jesus im Widerstreit, Calwer/Kösel, 1975) hatten diese krasse Fehleinschätzung ebenso verhindert, wie Küngs neues Buch "Jesus".

Und statt das Thema umfassend und offen zu analysieren, arbeitet sich Klaus-Jürgen Grün an der katholischen Kirche und parallel dazu an der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland ab.

Dabei bedient er sich der selben Mittel, deren Nutzung er den Kirchen, Religionen sowie Ethik und Moral vorwirft: Er wertet sie ab, diffamiert sie gezielt.

So unterstellt er der katholischen Kirche mit Magie zu arbeiten (Seite 30ff) oder verdeckten Kannibalismus zu betreiben (Seite 24ff). Bei der GLL geht er sogar soweit,ihr Antisemitismus zu unterstellen, in dem er auf den Nachdruck des Buches " Die Geschichte der Freimaurerei bis 1932" von Ferdinand Runkel verweist, der von der Forschungsvereinigung Frederik beworben wird. Dabei übersieht er, dass der Runkel kein offizielles GLL-Lehrbuch ist und heute allenfalls als Zeitleiste taugt oder um "Name-Picking" zu betreiben.

Die Ablehnung allen Magischen stellt Klaus-Jürgen Grün jedoch vor einen scheinbar unlösbaren Konflikt. So lehnt er Magie zwar als Kennzeichen der Religion ab (S. 30ff) doch gleichzeitig interpretiert er z.B. den Verdacht zum Beispiel der ärmeren Bevölkerungsschichten, dass nur die Reichen noch reicher werden (nach dem Motto: Der Goldesel macht immer auf den größten Haufen oder Geld und Geld vermehrt sich gerne) als einer Art Glauben an einen Ähnlichkeitszauber. (Seite 64). Dies ist aber ein magischer Zusammenhang. Eine Begründung bleibt Grün dafür jedoch schuldig.

Dass mit der Annahme, dass Reichtum sich eher vermehrt, wo er schon ist, einer Lebenserfahrung und nicht einem magischen Formel-Glauben entspringt, erwägt der Autor nicht einmal.

Desweiteren ist für ihn zwar das Prinzip, dass das Kleinste mit dem Größen zusammenhängt und  sie sich beeinflussen, Unsinn - und dass,  obwohl die Physik dieses Phänomen sehr wohl kennt, Stichwort Gravitation - gleichwohl weiß er, dass das Prinzip in der Freimaurerei wirkt, wenn er schreibt:

Zitat "Der Freimaurer soll sich durch bescheidene Arbeit am rauen Stein das Bewusstsein dafür stärken, was es heißt, Mensch zu sein. Den Weg dorthin markieren Punkte, die zu sagen scheinen: Du brauchst keine Angst vor Dir und den anderen Menschen zu habe; (....); achte darauf, dass du das Leid in der Welt nicht unnötig vergrößerst; was du dem anderen antust, tust Du der Weltbruderkette an, der Mitglied Du bist." ( Seite 46, letzter Absatz) Zitat Ende

Ähnlich zweifelhaft geht Klaus-Jürgen Grün bei der Kritik an den von ihm angenommenen Inhalten der GLL vor, wenn er aus der sogenannten Ordensregel zitiert und dann unterstellt, dass die von ihm zitierte Textstelle die wörtliche Auslegung der Bibel per Gesetz verlange. Was meint er - wörtlich nehmen oder auslegen? (Seite 43 ff inklusive Fußnote auf Seite 43/44)

In der Ordensregel geht es nur um die "alleinige Lehre Jesu", wie sie in der Heiligen Schrift zu finden ist." Es ist ausdrücklich nicht von konfessionellen Festlegungen (Dogmen) oder von vom Orden vorgeschriebenen Interpretationen die Rede. Es geht dem Orden vielmehr um den Kern der Lehre, um nicht mehr, aber auch nicht weniger. Aber, und das habe ich bereits weiter oben angemerkt, in diesem Punkt folgt Klaus-Jürgen Grün einem offenbar nicht ganz so neuzeitlichem Verständnis von der christlichen Lehre bzw. Botschaft.

Deshalb wird auch seine, Grüns, Aussage, dass es sich von selbst verstehe, dass "den Mitgliedern dieser Religiösen Vereinigung solche Dogmen selbst peinlich sind und sie nicht es nicht wünschen, dass sie transparent für die Öffentlichkeit werden." völlig unsinnig. (Seite 43/44, Fußnote 5o). Denn selbst wenn einige Mitglieder der GLL es wollten, könnten Sie diesen Passage nicht vor der Öffentlichkeit geheim halten: In diesem Freimaurer-Wiki und bei Wikipedia wird diese Passage ausdrücklich und weltweit für alle Interessierten sichtbar zitiert.

Was jedoch schwerer wiegt, ist die Tatsache, dass Klaus-Jürgen Grün die Große Landesloge wider besseren Wissens als Religiöse Vereinigung bezeichnet und sie damit in die Gruppe einreiht, die nach seiner Meinung mit Freimaurerei unvereinbar sind: Religion, Kirchen, Moral und Ethik.

Kurzum: Dieses Buch hat, unter dem Deckmantel einer wissenschaftlichen Analyse, nichts Anderes im Sinn, als die Brüder der GLLFvD aus der Bruderkette zu verstoßen. Als Begründung muss dafür die Annahme herhalten, dass Religion und Freimaurerei unvereinbar sind.

Dabei vergisst Klaus-Jürgen Grün, und diese mangelnde Merkfähigkeit scheint eher eine Art Mittel zum Zweck, denn eine persönliche Eigenschaft zu sein, dass Religion im ursprünglichen Sinn, also die Suche des Menschen nach seinem Ursprung und nach Transzendenz, zusammengefasst in dem Begriff "die Religion, in der alle Menschen übereinstimmen", eine, wenn nicht, die Grundvoraussetzung für die Freimaurerei ist, wie sie die United Grand Lodge of England versteht. Dies bestätigt der Autor sogar in seinem Essay.

Auf Seite 49 schreibt er in der Fußnote Nummer 60: "Freemasons Must believe in Supreme Beeing", teilte im Januar 1989 die United Grand Lodge of England die Neufassung der Basic Principles von 1929 (...) mit." Um dann aber zu erklären, dass für die Charakterbildung nicht fromme Wünsche, sondern Stärke notwendig sind. (Seite 49)

Was darüber hinaus dazu dient, Charakter und Persönlichkeit zu bilden, bleibt Klaus-Jürgen Grün dem Leser schuldig. Anzunehmen, dass die von Klaus Jürgen Grün im Menschen vermutete Spielleidenschaft, als Mittel zum Lernen und zum ritualisierten Austragen von Konflikten sich aus dem Nichts ergeben hat und ohne transzendente Bezüge vonstatten ging, ist zumindest gewagt. Stattdessen erhebt er die humanitäre Freimaurerei über alle anderen Lehrarten, Weil sie das "richtige Denken" lehre. Was "richtiges Denken" ist bestimmt Klaus-Jürgen Grün allein. Ein für mein Empfinden zutiefst dogmatischer Ansatz.

Insofern ist das Buch "Menschenähnlichkeit " von Klaus-Jürgen Grün in meinen Augen der Versuch, eine ganze Gruppe von Brüdern, nämlich die rund 3000 Mitglieder der GLLFvD, auszugrenzen, um das eigene Unvermögen zu kaschieren, eine Lehrart zu akzeptieren oder auch nur zu dulden, die anders ist als die eigene.

Mit diesem Buch verleiht Klaus-Jürgen Grün für mich seiner Intoleranz beispielhaft Ausdruck. Insofern ist dieses Buch ein gutes Beispiel dafür, dass der Weg des Freimaurers nie endet und selbst nach Jahren der Übung das Ziel, die Toleranz und Brüderlichkeit gegenüber Andersdenkenden zu Vervollkommnung,, gelegentlich aus dem Blickfeld rückt.


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