Freimaurerisches Gastrecht

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Freimaurerisches Gastrecht

Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)

Als Regel gilt daß jeder reguläre Freimaurer in jeder regulären Freimaurerloge der Erde als Gast zugelassen werden muß. Diese Regel ist im Wesen der Freimaurerei als einer internationalen Einrichtung eingeschlossen.

Diese Regel hat aber insbesondere in den Jahren nach dem ersten Weltkriegs so zahlreiche Ausnahmen erfahren daß von einem allgemeinen Gastrecht nicht gesprochen werden kann. Voraussetzung eines Gastrechtes ist neben der unbestrittenen Regelmäßigkeit des Besuchers meist auch das Bestehen des Anerkennungsverhältnisses zwischen den in Betracht kommenden Großlogen.

Die Großloge von New York z. B. läßt Brr. der von ihr nicht anerkannten Grande Loge de France zum Besuch ihrer Logen zu.

Es kann das Freundschaftsverhältnis zwischen Großlogen abgebrochen sein wodurch auch das Gastrecht beschränkt wird, allerdings nicht immer. Es wird nicht selten ausdrücklich festgestellt daß nur die offiziellen Beziehungen eingestellt werden, nicht aber das private Besuchsrecht des einzelnen Brüder.

Der englische Stuhlmeister hat das Recht Personen deren Anwesenheit den Frieden seiner Loge bedrohen könnten, selbst wenn sie der Großloge von England angehören, vom Besuche auszuschließen. In einzelnen amerikanischen Logen werden Gäste ebenfalls nur in Auswahl zugelassen. Der Freimaurer des Grand Orient de France findet in angelsächsischen Logen derzeit keinen Einlaß.

Unter gewissen außerhalb der Freimaurerei gelegenen Verhältnissen sind Besucher bestimmter Nationalitäten, Rassen usw. nicht gerne gesehen. Die amerikanischen Großlogen lassen Neger [Anm.d.Red.: antiquierte Schreibweise, heute unzulässig] nicht zu. Über die Zulassung von Juden (auch in humanitären Logen) in Deutschland gab es jahrelange erbitterte Kämpfe. Heute gewähren auch die christlichen Systeme Deutschlands Andersgläubigen das Gastrecht, aber nicht die Mitgliedschaft.

Das Gastrecht soll ein uneingeschränktes sein. Umstände besonderer Art können Logen veranlassen das Gastrecht nur in beschränktem Ausmaße (dreimaliger Besuch) zu gewähren. Nur am Johannistage wird in einzelnen Logen unbeschränktes Gastrecht für alle regulären Freimaurer geübt. Diese Beschränkungen des Gastrecht sind sicherlich dem Gedanken der Freimaurerei nicht förderlich, sie können aber unter gewissen Umständen ihre berechtigten Gründe haben. Zum großen Teile sind sie allerdings mehr formalistischer Natur. Besucher fremder Logen tun daher gut daran sich vorher bei ihrer Großloge über diese besonderen Verhältnisse zu erkundigen.

Beispiel

Freimaurerische Hilfsbereitschaft im Falle einer Notlage wird allerdings durch diese Beschränkungen nur in den seltensten Fällen berührt. Als schönes Beispiel sei hier ein Fall angeführt in dem sich der freimaurerische Hilfswille ohne Rücksicht auf Anerkennungsfragen usw. bewährt hat: ein Freimaurer aus Übersee der in einem westböhmischen Badeorte schwer erkrankte, äußerte den Wunsch, in seiner Heimat zu sterben. Er wurde durch eine ganze Kette von Brr. (auch der Schiffskapitän war Freimaurer) noch lebend in seine Heimat gebracht wo ihm sein letzter trauriger Wunsch im Kreise seiner Logenbrüder in Erfüllung ging.

Siehe auch