Freimaurerverhör

Aus Freimaurer-Wiki
Preston RMImage001.jpg


Das umstrittene Freimaurerverhör von 1753

Bearbeitet von Roland Müller

Aus:
Erläuterung der Freymäurerey.
Aus dem Englischen des Bruder Preston übersetzet von J. H. C. Meyer,
1. Aufl. 1776, 77-126
eod: Wienbibliothek im Rathaus

Zwote vermehrte Auflage.
Stendal,
bey D. C. Franzen und J. C. Grosse. 1780, 63-119
Universitätsbibliothek der LMU München, 8 Sc.latom. 107


ähnlich umstrittene Dokumente siehe:
Die Kölner Urkunde (1535)
Die umstrittene Yorker Urkunde von 1806


Die
erläuterten Grundsätze
der Maurer,
in
einem Briefe des gelehrten Herrn Locke an seine Herrlichkeit dem Graf v. Pembroke.
[The Fundamental Principles of Masonry Explained]


Das Dokument und die verschiedenen deutschen Übersetzungen

Das Dokument läuft unter den Bezeichnungen Freimaurerverhör, Freimaurerexamen, Lockes Brief, Locke-Manuskript, Leland-Manuskript, englisch häufig: Leland-Locke Ms.
Krause (1810) benennt es al die erste Kunsturkunde der Freimaurerbrüderschaft und spricht häufig von Fragstück.

Die erste englische Ausgabe erschien in „The Gentleman’s Magazine, 1753, 417-421
(Faksimile bei Google Books)

Seit Baron Chefdebien (1785 – siehe dazu Thory, 1815, 12) und Lessing (1789/90 – siehe dazu Krause, 1810, 103-105) wird es meistens als Fälschung angesehen. In England allerdings wurde das Dokument bis zu den kritischen Betrachtungen von (James Orchard Halliwell-Phillips: Early History of Freemasonry in England, 1840, 39-41) und (George Sloane, 1849) unfraglich für echt angesehen.
Laut Josef Schauberg (Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, I, 1861, 368) hielten es in Deutschland für echt: „Krause, Fessler, Seebass, Heldmann, Mossdorf, Polak und Andere“

Häufig zitiert wird ein Artikel von Albert G. Mackey in der „Encyclopaedia of Freemasonry“ aus dem Jahre 1871 oder 1874, 462-464 über das Leland Manuscript,
oder gar eine Fassung aus dem Jahre 1929:
http://www.vrijmetselaarsgilde.eu/Maconnieke%20Encyclopedie/LMAP~1/Lmac-07.htm#lmac-01
oder eine längere Version aus Mackeys postum erschienenen „History of Freemasonry“ (1898, Chapter XLIV), z. B.
http://www.themasonictrowel.com/new_files_to_file/the_leland_manuscript.htm
http://www.freemasons-freemasonry.com/mackeyph11.html
und über Pythagoras und die Freimaurerei: Chapter XXXVII:
http://www.co-masonry.org/History/Pythagoras.aspx
http://www.vrijmetselaarsgilde.eu/Maconnieke%20Encyclopedie/Mhfmap/mhf-37.htm
http://www.freemasons-freemasonry.com/mackeyph10.html

Seither gibt es keine grösseren Untersuchungen des Dokuments.
Margeret C. Jacob: Living the Enlightenment. Oxford University Press 1991, 63, bezeichnet es ohne Begründung als „forgery“.

Eine französische Übersetzung bot Claude-Antoine Thory in „Acta Latoromum“, II, 1815, 4-11 (mit „Observations critiques sur ce manuscrit“ von Thory).
Für echt hält es dagegen neuerdings ein englischer Autor (Mather Walker, 2010):
http://www.sirbacon.org/Mather_Walker/mwLeland.html

Der englische Text (die Fragen und Antworten mit den Anmerkungen von John Locke) jüngst wieder auf der Site der „Regular Grand Lodge of England“ – unter der Nummer VI:
http://www.rgle.org.uk/RGLE_Old_Charges.htm
sowie bei der Masonicpaedia (Prestons Ausgabe von 1796):
http://masonicpaedia.org/showarticle.asp?id=213


Neben der vorliegenden ersten deutschen Übersetzung gibt es weitere in:

William Hutchinson
Der Geist der Maurerey. 1780, 200-218 (engl. und dt. mit den Anmerkungen von John Locke (das hat Krause, 1810, 79 übersehen) - ohne die „Anmerkungen des Herausgebers“ und „Bemerkungen über obige Fragen, und des Herrn Locke Noten“)
Magazin für Freimaurer. Leipzig 1805,70-81
Fessler‘s sämmtliche Schriften über Freymaurerey, Dritter Band, 1807, 157-201 (mit bissigen Kommentaren von Fessler; vgl. auch 127-134)
Karl Christian Friedrich Krause
Die drei ältesten Kunsturkunden der Freimaurerbrüderschaft. 1810, 50-65 (engl. und dt.- mit den 19 Anmerkungen von John Locke); auch 2. Aufl., Erster Band, erste Abtheilung, 1820, 20-38
C. Lenning
Encyclopädie der Freimaurerei. Zweiter Band, 1824, 9-13 (nur die 12 Fragen und Antworten, mit Anmerkungen von Lenning = Mossdorf))
Mozes Polak
Die Tapis in ihrer historisch-paedagogischen, wissenschaftlichen und moralischen Bedeutung. 1855, 251-252 (bringt auf Deutsch die ersten 6 Fragen und Antworten.
Wilhelm Keller
Geschichte des eklektischen Freimaurerbundes. 1857, 33-38 (nur die 12 Fragen und Antworten - er vermutet als Urheber der Fälschung Laurence Dermott)
Wilhelm Keller
Kurzgefasste Allgemeingeschichte der Freimaurerei. 1860, 59-64
C. Lenning
Allgemeines Handbuch der Freimaurerei. Erster Band 1863, 446-448 (diesmal auch mit den 19 Anmerkungen von John Locke – eingebettet in ausführliche Erläuterungen des Lexikonautors)
Josef Gabriel Findel
Geschichte der Freimaurerei. 1878, 101-104 (bietet in Fussnoten an: Fragen und Antworten: 2, 5 und 6, 8, 10-12 – bezeichnet das Dokument als Machwerk)
Josef Gabriel Findel
Der freimaurerische Gedanke und seine Berechtigung. 1898, 153.
Ferdinand Runkel
Geschichte der Freimaurerei in Deutschland. Erster Band, 1931, 44-46 (nur die 12 Fragen und Antworten - unter dem Titel: „Unechte Überlieferungen“)

Vorbericht.

[von William Preston]

Diesem Briefe ist eine Copie eines alten Manuscripts aus der Bodleianischen Bibliothek, dessen Gegenstand die Maurerey ist, und in welchen die Grundsätze dieses Instituts genau dargestellet sind, beygefüget. Es ist mit verschiedenen gelehrten Noten und Anmerkungen des Herrn Locke bereichert, welcher, ob er gleich zu der Zeit noch nicht Maurer war, jedennoch Muthmassungen, die Geschichte und Tradition der Maurer betreffend vorträgt, welche nicht allein wahr, sondern auch sehr scharfsinnig sind.

Ein jeder Leser wird ein Vergnügen bey Durchlesung dieses alten Manuscripts empfinden, vorzüglich aber der wahre und ächte Maurer, welchen es näher angehet; ich halte es für unnöthig, eine Entschuldigung wegen der Bekanntmachung desselben beyzubringen; die Empfehlung des berühmten Herrn Locke, (eines Philosophen von so vielen Verdienst und Scharfsinn, als diese Nation jemahls hervorgebracht hat,) zu dem Werth des Stückes selbst gerechnet, muß es, nicht allein rechtfertigen, sondern ihm auch noch eine ernsthafte und gütige Untersuchung erwerben.
Doch wird es hier schicklich seyn, einige Nachricht von dem Zustande zu geben, worinnen sich die Maurerey zu der Zeit befand, da dieses Stück wahrscheinlich geschrieben wurde; ich werde derohalben eine kurze Nachricht und Auszug aus dem Constitutions-Buche, und andere Bekanntmachungen, welche von dieser Sache gehandelt haben voran schicken.

Während der Minderjährlichkeit Heinrich des sechsten hielte, das Unterhaus die Maurer ihrer Aufmerksamkeit würdig: Man stellte Versuche an ihre Logen und Zusammenkünfte zu unterdrücken, und die folgende Acte passierte, um dadurch ihren Versammlungen Einhalt zu thun.


[siehe auch Krause, 1810, 67, und:
http://freemasonry.bcy.ca/history/statutes/henry_vi.html]


3 Hen. VI. Cap. !. A. D. 1425.

Maurer sollen keine Zusammenkünfte,
oder Versammlungen halten.

„Da durch die jährlichen Versammlungen und Zusammenkünfte der Maurer, der gute Fortgang und Zweck der Statute der Arbeiter öffentlich verletzet und gebrochen wird, den Gesetzen sowol zuwider, als auch zum grossen Nachtheil aller Gemeinen, so hat unser Beherrscher der König, auf Anrathen und mit Einstimmung der oben benannten, und auf das besondere Ansuchen der Gemeinen, befohlen und festgesetzet: daß dergleichen Zusammenkünfte und Conföderationen von nun an nicht sollen gehalten werden, und widrigenfalls solches, dennoch geschehen sollte, so sollen die, welche dergleichen Zusammenkünfte veranlasset haben oder halten, und desselben überwiesen werden, der Felonie schuldig erkannt; andere Maurer aber, welche sich zu dergleichen Versammlungen begeben, mit der Gefängniß-Strafe, oder nach des Königs Gutbefinden an Gelde bestrafet werden.“


Jedoch wurde dieser strenge Befehl nie zur Ausführung gebracht, schreckte auch die Maurer im mindesten nicht ab ihre Versammlungen zu halten. Sie wandten sich nie an ihre edle Beschützer um die Widerruffung dieser Acte zu bewürken.
Ihrer eigenen Rechtschaffenheit bewußt, befürchteten sie deren Stärke nicht. Ihr kluges und aufrichtiges Betragen, die Regulmässigkeit ihres Verfahrens und die Vortreflichkeit ihrer Gesetze und Anordnungen hatten ihren Ruf bestimmt, und ihnen eine allgemeine Achtung erworben.
Dieses Edicts ohngeachtet (die Würkung der Vorurtheile und des Uebelwollens einer gewissen Art Menschen) wurden in verschiedenen Theilen des Königreichs Logen errichtet, und Ruhe, Friede und Glückseeligkeit herrschte in der Brüderschaft. Im Jahr 1429 wurde während der Minderjährigkeit dieses Prinzen eine ansehnliche Loge zu Canterbury gehalten, und zwar unter dem Schutze des Erzbischofs Henry Chicherley bey welcher sich gegenwärtig befanden, Thomas Stapylton als Logen-Meister, John Morris, Custos der Loge Lathomorum, oder Vorsteher der Loge der Maurer, nebst 15 Brüder-Gesellen, und 3 angehenden Lehrlingen, welche alle in dem lateinischen Register des Priors von Canterbury William Molart, in dem Manuscripte pag 88., welches den Titul führt:
„Liberatio generalis Domini Gulielmi Prioris Eclesiae Christi Cantuariensis, erga fastum. Natalis Domini 1429"
besonders benannt sind.

[siehe auch Krause, 1810, 72-74]

Eine Nachricht aus den Zeiten Eduards des vierten lautet folgendergestalt:
„Die Gesellschaft der Maurer, sonst auch Freymaurer genannt, von alten Ursprünge und guten Ruf, da sie sich wie Bruderliebe pflegt, zu gewissen Zeiten freundschaftlich und zärtlich versammlen, begaben sich oft in diese Gesellschaft zu den Zeiten Heinrich Vl. im 12ten Jahre seiner gütigen Regierung A. D. 1434.“

Eben diese Nachricht sagt ferner:
„Die Reguln und Gesetze der Maurer sind von dem Könige Heinrich VI. und den Lords des geheimen Raths gesehen und gelesen, welche sie gebilligt und dabey erkläret haben, daß es recht und löblich wäre selbige zu halten, da sie aus denen ältesten Urkunden gesammlet und ausgezogen wären etc."


Aus diesem erhellet, daß vor den Unruhen, welche während der Regierung dieses Unglücklichen Prinzen entstanden, die Freymäurer in großer Achtung waren. Die obige Nachricht beschreibt auch ein Siegel, welches beynahe eben dasselbe ist, dessen sich die Maurerzunft in London noch anjetzo bedienet; aus diesem Grunde wird es auch allgemein geglaubet, daß diese Zunft von der alten Brüderschaft abstammt, und daß ehemahlen in derselben keiner ausgeschrieben wurde, ehe er nicht in einer der Logen der freyen und angenommenen Maurer war aufgenommen worden.
Dieser Gebrauch herrschet noch in Schottland unter denen operativischen Maurern. Man wird aus nachfolgenden sehen, wie sehr der: König Heinrich VI. sich bemühete eine allgemeine Kenntniß von denen ursprünglichen Grundreguln der Maurer zu erhalten, und dieses noch vorher, ehe er selbst in den Orden war aufgenommen worden, welches wahrscheinlich 1442 geschahe.

Viele Lords und Herren des Hofes, folgeten zu der Zeit seiner Majestät Beyspiel, und die Societät blühete, bis der Friede des Reichs durch den blutigen bürgerlichen Krieg zwischen denen beyden Häusern York und Lancaster unterbrochen wurde, als wodurch denn auch die Maurerey fast in eine allgemeine Vergessenheit fiel.

Schreiben des Herrn Locke an Sr. Herrlichkeit

den Graf Pembrock, nebst einen alten Manuscript, die Freymäurerey betreffend.

[1753: A Letter from the lerned Mr. John Locke to the Rt. Hon. *** Earl of ****, with an old Manuscript on the Subject of Free-Masonry]

den 6. May 1696.

My Lord!

Endlich habe ich durch Hülfe des Herrn Collins eine Copie von dem Manuscript aus der Bodlejanischen Bibliothek erhalten, welches zu sehen Sie so neugierig waren, und den Befehlen Ew. Herrlichkeit zu folge, übersende ich es Ihnen.
Die mehrsten der beygefügten Noten, habe ich gestern zum Gebrauch der Lady Masham aufgeschrieben; diese Dame ist so voll von der Maurerey, daß sie sagt, sie hätte nie mehr als jetzo gewünscht ein Mann zu seyn, hauptsächlich um dadurch fähig zu seyn in diese Brüderschaft aufgenommen zu werden.

Das Manuscript, von welchen dieses eine Copie ist, scheinet ohngefehr 160 Jahr alt zu seyn, (wie Ew. Herrlichkeit dies auf dem Titulblatte sehen werden) doch ist dies gleichfalls eine Copie eines noch um ohngefehr 100 Jahr ältern; denn man behauptet, daß das Original von der eigenen Hand des Königs Heinrich Vl. ist geschrieben worden.
Woher dieser Prinz es bekommen habe ist ungewiß, es scheint mir aber, als ob es ein Verhör [Examination] irgend jemandes der Brüderschaft sey, (vielleicht in Gegenwart des Königs gehalten) in welchen Orden er denn auch, so bald er nur mündig wurde, selbst trat, und dadurch den Verfolgungen, welche gegen diesen erreget worden waren, Einhalt that.

Allein ich muß Ew. Herrlichkeit durch meine Vorrede nicht länger von der Sache selbst abhalten.

[Der nächste Absatz des Briefes kommt 1753 erst am Schluss der Anmerkungen von John Locke]

Was der Anblick dieses alten Papiers auf Ew. Herrlichkeit für Würkung haben wird, weiß ich nicht; allein ich vor mein Theil kann nicht läugnen, daß es meine Neugier genug gereitzet hat mich zu bewegen, selbst in die Brüderschaft zu treten, welches ich auch zu thun geneigt bin, (wenn ich nehmlich zugelassen werde) so bald ich nach London gehe, und dies geschiehet nächstens.

Ich bin
My Lord!
Ew. Herrlichkeit
gehorsamster Diener,
John Locke.

Verschiedene Fragen,

nebst deren Beantwortung, die Geheimnisse der Maurer betreffend; geschrieben von der Hand des Königs Heinrichs des VIten, und getreulich abgeschrieben, von mir Johann Leyland (1) Antiquarius, auf Befehl Seiner Hoheit. (2)


[Certayne Questyons, wyth Awnsweres to the same,
Concernynge the
Mystery of Maconrye]


Sie sind wie folget:

Fr. Was mag es seyn? (3)
Ant. Es ist die Kenntniß der Natur; die Erkenntniß der Kräfte derselben, und deren sonderbaren Würkungen; besonders der Zahlen, Schwere und Maaßen; der wahren Methode, alle Sachen zum Nutzen der Menschen einzurichten; Wohnungen und Gebäude aller Arten, nebst ändern Dingen, welche zum Besten der Menschen gereichen.

Fr. Wo entstand sie?
Ant. Mit dem ersten Mann in Osten (4), welcher vor dem ersten Mann in Westen (5) war, und da sie sich westlich verbreitete, brachte sie allen Trost mit sich zu den Wilden und Trostlosen.

Fr. Wer brachte sie westlich?
Ant. Die Venetianer (6), welche, da sie große Kaufleute waren, zuerst von Osten nach Venedig kamen; und dieses der Bequemlichkeit des Handels in Osten und Westen (vermöge der rothen und mittelländischen See) wegen.

Fr. Wie kam sie nach England?
Ant. Peter Gower (7), ein Grieche, reisete der Wissenschaften wegen nach Egypten, Syrien und in alle die Länder, in welche die Venetianer die Maurerey ausgebreitet hatten; da er nun in allen Logen der Maurer Zutritt bekam, so lernete er viel, kehrete zurück, wohnete in groß Griechenland (8), wuchs, und wurde ein grosser Weiser; er wurde höchst berühmt, stiftete eine grosse Loge zu Groton (9), und machte viel Maurer, von denen einige nach Frankreich giengen, und auch dort viel Maurer machten, von wannen denn endlich diese Kunst nach England überbracht wurde.

Fr. Entdecken die Maurer ihre Künste andern?
Ant. Peter Gower, als er zuerst der Kenntniß wegen reisete, wurde (10) zuerst gemacht, und nachhero gelehret (11) eben so sollte es auch mit Andern gehalten werden. Jedennoch haben die Maurer nach und nach dem Menschengeschlechts solche ihrer Geheimnisse mitgetheilt, welche im Ganzen nutzbar sind; sie haben nur bloß solche zurück behalten, welche, wenn sie in üble Hände geriethen, schädlich seyn könnten; oder solche, welche ohne den Unterricht, welcher in den Logen darüber ertheilt wird, von keinen Nutzen sind; oder aber solche, wodurch die Brüder desto fester verbunden werden; und dies thun sie der Bequemlichkeit und des Nutzens wegen, der der Brüderschaft daraus zuwächset.

Fr. Welche Künste haben die Maurer die Menschen gelehret?
Ant. (12) Folgende: Den Landbau, Baukunst,, Sternkunde, Meßkunst, Rechenkunst, Musik, Dichtkunst, Chemie, Regierungskunst und Religion.

Fr. Woher sind die Maurer mehr Lehrer als andre Menschen?
Ant. Weil sie allein (13) die Kunst andere Künste zu erfinden besitzen, welche die ersten Maurer von Gott selbst empfingen; hiedurch erfinden sie jede Kunst die ihnen nur gefällt, und auch die beste Art sie zu lehren. Was andre, erfinden, ist nur bloß durch Zufall, und folglich von keinem großen Belange.

Fr. Was verheelen und verbergen denn die Maurer?
Ant. Sie verhehlen die Kunst neue Künste zu erfinden, und dieses zu ihrem eignen Nutzen und Lobe (14), sie verhehlen die Kunst Geheimnisse zu bewahren (15), obgleich die Welt vor ihnen nichts verbergen kann. Sie verhehlen die Kunst der Wunderwerke und der Vorhersagung, damit diese benannte Dinge nicht von Boßhaften zu bösen Zwecken gebraucht werden mögen; ebenmässig verhehlen sie die Kunst des Verwandelns (Chaunges) (16), die. Methode, die Fähigkeit von Abrac (17) zu erlangen; die Geschicklichkeit gut und vollkommen zu werden, ohne der Triebfedern Furcht und Hofnung dabey von nöthen. zu haben; und die allgemeine Sprache der Maurer. (18)

Fr. Wollt ihr mich die ebenbenannten Künste lehren? (19)
Ant. Man wird es thun, wenn sie dessen würdig und fähig sind.

Fr. Können alle Maurer mehr als andre Menschen? (20)
Ant. Nicht so, allein sie haben Gelegenheit mehr zu wissen als andre Menschen, nur vielen fehlt es an Fähigkeit, und vielen andern an Scharfsinn, der doch durchaus nothwendig ist, wenn man Kenntnisse erlangen will.

Fr. Sind die Maurer bessere Menschen, als andere? (21)
Ant. Einige Maurer sind nicht so tugendhaft, wie -es einige unter andern Menschen giebt, allein, im Ganzen genommen, sind sie doch allemahl weit besser, als sie seyn würden, wenn sie nicht Maurer wären.

Fr. Lieben die Maurer einer den andern so gewaltig, wie man sagt? (22)
Ant. Ja wirklich, und dies kann auch nicht anders seyn. Denn gute und redliche Männer, die einer von dem andern überzeugt sind, daß sie gut und redlich sind, müssen sich allezeit um destomehr lieben, je rechtschaffener und besser sie sind.


Noten und Bemerkungen

über vorgehende Fragen und Antworten, von Herrn John Locke.


(1) Johann Leyland. wurde bey der Einziehung der Klöster von Heinrich dem 8ten dazu bestimmt, die alten geschätzten Schriften und Nachrichten so sich in selbigen befanden, aufzusuchen und zu retten. Er war ein sehr arbeitsamer, scharfsinniger Mann.

(2) Seine Hoheit) Hiedurch meynet er Heinrich den 8ten, denn die Könige von Englands hatten damahlen noch nicht, den Titul Majestät.

(3) Was mag es seyn) Dieses bedeutet so viel, als was mag dies Geheimniß der Maurer seyn? Die Antwort sagt, es bestehe in natürlichen, mathematischen und mechanischen Kenntnissen, von welchen die Maurer (wie aus dem was folget erhellet) vieles das Menschengeschlecht gelehret haben wollen, und von welchen sie noch einen Theil verhehlen.

(4, 5) Erste Männer in Osten) Es sollte bald scheinen, als ob die Maurer der Meynung sind, daß vor Adam Menschen in Osten gewesen sind (weil sie ihn den ersten Mann in Westen nennen) und daß Künste und Wissenschaften ihren Anfang in Osten genommen. Einige ihrer Gelehrsamkeit wegen bekannte Schriftsteller haben eben dasselbe geglaubt, und es ist gewiß, daß Europa und Africa, welche in Rücksicht auf Asien wohl westliche Gegenden genannt werden können, noch lange nachhero roh und wild waren, als Künste und Wissenschaften-bereits in China-und Indien sehr cultiviret wurden.

(6) Die Venetianer) Es ist kein Wunder, daß in den-Zeiten der Unwissenheit die Phönizier und Venetianer verwechselt wurden. Oder daß vielleicht, wenn dieser Irrthum auch nicht allgemein gewesen, doch wahrscheinlich die Aehnlichkeit des Schalles, den Schreiber der das Protocoll führet, verführen konnte. Die Phönizier reiseten unter allen alten Völkern am allermehrsten; man halt sie in Europa für die Erfinder der Buchstaben, welche Kunst sie vielleicht nebst noch andern aus dem Morgenlande mit sich brachten.

(7) Peter Gower) Dies muß ebenfalls ein Versehen des Schreibers seyn. Es fiel mir anfänglich schwer zu errathen, wer dieser Peter Gower seyn möchte, oder wie ein Grieche zu einem Namen kommen könnte, der vollkommen englisch ist, so bald ich aber an Pythagoras gedachte, konnte ich mich kaum enthalten über die Metempsychosis zu lächeln, die dieser Philosophe erlitten, und von welcher er sich wohl nie hat etwas träumen lassen. Man braucht nur die französische Aussprache des Namens Pythagore zu bemerken, so wird man sich bald überzeugen können, wie leicht ein ungelehrter Schreiber sich hier versehen konnte. Daß Pythagoras der Wissenschaften wegen nach Egypten gereiset, ist jedem Gelehrten bekannt; und daß er in verschiedene Orten der Priester, als welche zu der Zeit alle ihre Gelehrsamkeit vor dem gemeinen Mann geheim hielten, ausgenommen wurde, ist eben so bekannt. Er machte gleichfalls jedes geometrisches Theorema zu einem Geheimnisse, und theilte sie nur bloß denen mit, welche sich ein fünfjähriges Stillschweigen hatten gefallen lassen.
Man hält ihn für den Erfinder der 47stenAufgabe des ersten Buchs Euclides, und man sagt, daß er aus Freuden über die Erfindung desselben eine Hecatombe geopfert habe. Er kannte gleichfalls das wahre Weltsystem, welches Copernicus in neuern Zeiten wieder hervorgebracht hat, und war außer allen Zweifel ein bewundernswürdiger Mann. Sein Leben findet man beym Dyon. hal.

(8) Groß Griechenland) Ist ein Theil Italiens, welcher oftmahlen so genannt wurde, und in welchen die Griechen viele mächtige Colonien etabliret hatten.

(9) Groton) Dies ist der Name eines Orts in England, der aber, welcher hier gemeynet wird, ist Crotona, eine Stadt in Groß-Griechenland, welche zu der Zeit sehr volkreich war.

(10) Zu erst gemacht) Das Wort machen, hat, wie ich vermuthe, unter denen Maurern eine besondre Bedeutung; vielleicht heißt es soviel als eingeweihet.

(11) Dieser Paragraph enthalt etwas bemerkungswürdiges, nehmlich eine Rechtfertigung der von den Maurern so hoch gepriesenen, von andern aber an ihnen so sehr getadelten Verschwiegenheit. Sie führen für sich an, daß sie in allen Zeitaltern nützliche Dinge bekannt gemacht haben, nur aber solche verborgen halten, welche entweder der Welt, oder ihnen selbst nachtheilig seyn konnten. Was diese Geheimnisse nun sind, sehen wir nachhero.

(12) Die Künste, Feldbau etc.) Es scheinet ein kühnes Vorgeben der Maurer zu seyn, alle diese Künste die Menschen gelehret zu haben; allein da sie es behaupten, so weiß ich nicht wie wir sie widerlegen sollen. Allein das scheint mir äusserst seltsam, daß sie die Religion mit unter die Künste rechnen.

(13) Kunst, neue Künste zu erfinden) Dies muß ohnstreitig eine sehr nutzbare Kunst seyn. My Lord Bacons Novum Organum ist ein diesem so etwas ähnlicher Versuch. Allein ich zweifle sehr, ob die Maurer, wenn sie selbige auch jemahls besessen haben, sie anjetzo noch bewahren, und nicht verlohren haben, denn es sind in neuern Zeiten nur wenige Künste erfunden, und verschiedene verlohren gegangen.
Der Begriff den ich mir von einer solchen Kunst mache, ist, daß es so etwas seyn muß, was sich auf alle Künste im Ganzen ohngefehr so anwenden lässet, als die Algebra auf Rechnungen, als durch deren Hülfe neue Reguln der Arithmetik gefunden sind, und noch erfunden werden können.

(14) Lobe etc.) Es scheint, als wären die Maurer auf den Ruff sowohl, als auf den Vortheil ihrer Societät ausserordentlich aufmerksam, denn sie machen dies zu einer Haupt-Ursach, eine Kunst nicht allgemein zu machen, nur allein, damit sie denen die selbige besitzen, desto mehr Ehre bringe. Ich glaube, was diesen Fall anbetrift, so zeigen sie etwas zu viel Achtung für ihre Societät, und zu wenig für den übrigen Theil des Menschengeschlechts.

(15) Kunst Geheimnisse zu bewahren) Was für eine Art Kunst dies ist, kann ich auf keine Weise begreifen; doch müssen die Maurer gewiß eine solche Kunst besitzen, denn, wenn gleich (wie verschiedene behaupten) sie ganz und gar keine Geheimnisse haben, so muß auch selbst dies ein Geheimniß seyn, welches, wenn es entdeckt würde, sie im höchsten Grade lächerlich machen würde, und derohalben erfordert die Geheimhaltung desselben die grösseste Sorgfalt.

(16) Kunst des Verwandelns) Was dieses bedeutet weiß ich nicht, wenn es nicht allenfalls die Verwandlung der Metalle ist.

(17) Die Fähigkeit von Abrac) Hier bin ich gänzlich in der Dunkelheit.

(18) Allgemeine Sprache der Maurer) Die Gelehrten aller Zeitalter, haben eine allgemeine Sprache sehr gewünschet; es ist eine Sache die eher zu wünschen, als zu hoffen ist. Es scheint aber, als ob die Maurer so etwas unter sich haben; wenn es wahr ist, so muthmasse ich, daß es so etwas ist, wie Vorzeiten die Sprache der Pantominen unter den Römern, von welchen man sagt, daß sie fähig waren ganze Reden bloß durch Zeichen so auszudrücken, daß Menschen aller Nationen und Sprachen selbige begreifen konnten.

Ein Mann, welcher diese Künste und Kenntnisse hat, ist gewiß beneidenswerth, allein man sagt, daß alle Maurer sich nicht in diesem Fall befinden, denn ob sie gleich diese Künste unter sich haben, und alle ein Recht darauf, und auch die Gelegenheit sie zu erlernen haben, so fehlet doch vielen die Fähigkeit, und andern der Scharfsinn sie zu erlangen. Jedennoch, daß was ich von ihren Künsten und Geheimnissen zu wissen wünsche, ist die Kunst gut und vollkommen zu werden, und ich wünschte, daß dies allen Menschen mitgetheilt würde, weil nichts wahrers seyn kann, als die letzte schöne Antwort, daß Menschen nur desto mehr einander lieben, je besser sie sind. Die Tugend selbst hat schon so viel Reitze, das Herz dessen der sie anblickt zu entzücken.

[hier folgt im englischen Original, 127-128, ein kurzes
Glossary
To explain the old words in the foregoing Manuscript]

Anmerkungen des Herausgebers.

[von William Preston]


Da während der Minderjährigkeit Heinrich VI. eine Parlaments-Acte abgefasset wurde, vermöge welcher die Logen und Zusammenkünfte der Maurer untersagt und verboten wurden, so würde es wohl hier nicht übel angebracht seyn, einige der Umstände anzuführen, welche zu dem strengen Edicte Gelegenheit gaben.

Da der damalige Regent, der Herzog von Bedford, sich zu der Zeit in Frankreich aufhielt, so befand sich die königliche Gewalt in den Händen seines Bruders Humphrey, Herzogs von Gloucester, welcher diesen zu Folge, Protector und Vormund des Reichs benannt wurde. Die Sorge für die Person und Erziehung des jungen Königs aber, war Heinrich Beaufort, Bischofs von Winchester, dem Oncle des Herzogs, anvertrauet. Dieser Bischoff war ein Mann von grossen Gaben, und hatte viel Erfahrung; allein er war unternehmend, und ein gefährlicher Mensch. Da er nun gerne die Regierung an sich gerissen hätte, so hatte er beständige Zwistigkeiten mit seinem Neffen den Protektor, über welchen er auch wegen der Heftigkeit und rauhen Temperament dieses Prinzen vielen Vortheil erhielt. So bald er mehrere Gewalt bekam, fieng er auch an seinen Stolz zu zeigen, und es fehlete nicht an Leuten, welche seinen Einfluß stets zu vermehren geschäftig waren.

In einem Parlamente, welches zu Westmünster den 17. Nov. 1423. gehalten wurde, wurde befohlen und verordnet:
„daß wenn irgend eine Person wegen hoch- oder klein Verrath (1) angeklagt wäre, und mit Vorsaz aus dem Gefängniß bräche, um zu entwischen, so sollte es angesehen werden, als ob er des klein Verraths schuldig sey, und seine Güter confiscirt werden.“

(1) Klein Verrath (petty treason) ist, wenn ein Knecht seinem Herrn, eine Frau ihren Mann, oder ein Priester oder Laye seinen Bischoff tödtet.
[im englischen Original fehlt diese Erklärung; da steht nur:
Wolfe’s Chronicle, published by Stowe.]

Ohngefähr um die Zeit gab ein gewisser Bediente bey dem Lieutenant des Towers, Herrn Robert Scott, aus Yorckshire gebürtig, mit Namen William King an: wie Herr John Mortimer, Vetter des verstorbenen Eduard Mortimer Grafen v. March, der nächste Cron Erbe, damals ein Gefangener in Tower, ihm, Will. King, 10 Pf. St. sich Kleider zu kauffen, nebst einer jährlichen Pension von 40 Pf. St. angeboten, darneben noch versprochen habe, ihn in den Grafenstand zu erheben, so bald er ihm, Mortimern, zur Flucht behülflich seyn würde. Ferner, daß Mortimer gesagt habe, er wolle, so bald er entwischt wäre, 40000 Mann auf die Beine bringen, und. dem reichen Bischofs von Winchester, dem Herzog von Gloucester und mehrern die Köpfe abschlagen lassen. Dieser Kerl erboth sich, diese seine Aussage zu beschwören.
Man machte kurze Zeit hierauf den Entwurf, den Mortimer aus dem Wege zu räumen, und eine Gelegenheit es bewerkstelligen zu können zeigte sich gar bald, denn da er nehmlich eines Tages die Erlaubniß erhielt, ausser dem Tower am Strande spazieren zu gehen, so ward er plötzlich verfolgt, ergriffen, zurückgebracht und angeklagt, daß er aus dem Gefängniß gegangen, in der Absicht zu entwischen. Er wurde vor Gericht gestellet, Kings Aussage angenommen, und er, nach letztem Gesetze verurtheilt und enthauptet. Diese Verurtheilung und Hinrichtung des Mortimers verursachte vieles Murren und Mißvergnügen unter dem Volk, und es drohete öffentlich den Urhebern derselben den Untergang. Sowol öffentlich als in besondern Gesellschaften fand man viele Anzeigen und Nachrichten ausgestreuet, und man hatte Ursach zu fürchten, daß diese Gährung von übeln Folgen seyn möchte.
Der stolze Prälat wurde durch den erstaunenden Fortgang dieses allgemeinen Mißvergnügens sehr beunruhiget, und sparete keine Mühe, sowol seine Gewalt zu zeigen, als auch selbige auszuüben. Die Feindschaft zwischen den Bischoff und seinen Neffen wuchs nun noch täglich, so daß endlich das Parlament seine Authorität zeigen mußte. Am letztem Tage des Aprills 1425 kam dasselbe zu Westmünster zusammen. Die Bediente und Begleiter der Pairs, die sich dahin begaben, waren alle mit Stangen und Keulen bewafnet, und dieser Umstand brachte dem Parlamente den Beynamen, das Knüttel-Parlament [The Batt Parliament], zuwege. In dieser Sitzung nun wurden viele Gesetze gemacht, und unter andern auch die Acte entworfen, die Gesellschaft der Maurer zu zerstöhren, oder wenigstens ihre Zusammenkünfte und Versammlungen zu verhüten.
Da diese ihre Zusammenkünfte aber sehr heimlich gehalten wurden, so wird man sich nicht wundern, daß sie die Aufmerksamkeit des Prälaten auf sich zogen, seine Besorgnisse und Argwohn vermehreten, und seinen Unwillen ihnen aufs neue zuzog. Es wurde jedennoch diese Acte niemahls gegen sie in Ausübung gebracht, man machte auch keinen Versuch ihre Versammlungen zu stöhren, denn der Bischoff wurde von der Verfolgung der Maurer durch eine Geschichte abgehalten, die ihn selbst etwas näher betraf.

Nachdem der Lord-Mayor am Tage Simon. Jud des Morgens von Westmünster nach der Stadt zurückgekehret war, erhielt er von dem Herzog von Gloucester einen ausdrücklichen Befehl demselben sogleich aufzuwarten. Da er nun bey der Ankunft des Abgeordneten so eben an der Tafel saß, so antwortete er, daß er seiner Hoheit sogleich gehorsamen wolle, begab sich auch sogleich zu denselben. Der Herzog befahl darauf seiner Herrlichkeit, sorgfältig darauf Acht zu haben, daß die Stadt in der folgenden Nacht gehörig bewachet würde, weil er vermuthete, daß der Bischof sich bemühen würde, sich derselben mit Gewalt zu bemächtigen, und daß man zu dem Ende diensame Mittel anwenden müsse, seine Absicht zu vereiteln.

Es wurde dieser Befehl genau ausgeführet, und des andern Morgens um 9 Uhr versuchte der Bischof mit seinen Bedienten und Begleitern von der Seite der Brücke in die Stadt [1780: Sadt] zu dringen; sie wurden aber durch die Wachsamkeit der Bürger davon abgehalten, welche sie denn, da ihre Absichten ihnen vorhero bekannt waren, mit Gewalt zurücktrieben. Dieser unerwartete Widerstand brachte diesen stolzen Prälaten so auf, daß er sogleich einen ansehnlichen Haufen Bogenschützen zusammen brachte, und ihnen befahl, nebst der Hülfe mehrerer Bewafneter sich des Thores mit Gewalt zu bemächtigen. Augenblicklich verschlossen die Bürger ihre Laden, und versammleten sich in grosser Menge bey der Brücke, woselbst ohne Zweifel ein blutiger Auftritt erfolgt seyn würde, wenn nicht die zeitige Darzwischenkunft, und das kluge Betragen des Lord-Mayors, und der Aldermänner alle Gewaltthätigkeiten hintertrieben, und aller Wahrscheinlichkeit nach ein grosses Blutvergiessen verhütet hätte.
Der Erzbischof von Canterbury bemühete sich nebst Petern Herzog von Coimbra [Conimbra], ältesten Sohn des Königs von Portugal, und verschiedenen andern, die Wuth der beyden streitenden Partheyen zu besänftigen, und wo möglich sie zu einer Aussöhnung zu bewegen, allein es war vergebens; kein Theil wollte nachgeben.
Sie ritten wol 8 oder 10 mal von einem zum andern, und thaten, weitern Gewaltthätigkeiten vorzubeugen, alle nur erdenkliche Vorschläge, ehe sie ihren Zweck erreichen, und beyde Partheyen vergleichen konnten; endlich wurde an beyden Seiten beschlossen, daß alle Feindseeligkeiten aufhören und die Sache dem Ausspruche des Herzogs von Bedford sollte überlassen werden.
Hierauf wurde der Friede wieder hergestellt, und die Stadt blieb vor das mal in Ruhe. Der Bischofs verlohr keine Zeit die Sache dem Herzog von Bedford seiner Seits vorzustellen, und um es mit den besten Farben zu überkleistern, schrieb er folgenden Brief an denselben:

Hoher und mächtiger Prinz,
nächst einem, mein edler, und irrdischer Gebieter!

„Ich empfehle mich Ihrer Gnade von ganzem Herzen. Wenn Sie die Wohlfarth des Königs unsers grossen Herrn, das Wohl sowol seiner Reiche Frankreich und England, als auch das Ihrige und aller der Ihrigen wünschen, so eilen Sie hieher, denn bey meiner Treue, wenn Sie lange zögern, so müssen wir dies Land im Felde auf das Spiel setzen, einen solchen Bruder haben Sie hier. Gott mache ihn zu einen guten Mann."
Es ist Ihrer Weisheit bekannt, wie das Wohl von Frankreich von der Wohlfarth Englands abhängt, etc. Die heilige Dreyeinigkeit bewahre Sie.
Geschrieben in grosser Eile, zu London, am Allerheiligen Abend, den 31sten Oct. 1425.“
Von Ihrem Knecht, so lange er lebet,
Henry Winchester.

Dieser fürchterliche Brief that die gehofte Würkung, und beschleunigte die Rückkunft des. Herzogs nach London, allwo selbiger denn auch am 10ten Jenner 1426 ankam. Den 21sten Febr. hielt er eine grosse Rathsversammlung zu St. Albans, setzte selbige nochmals auf den 15ten März zu Northampton an, den 25sten Jun. Wurde sie aber zu Leicester gehalten.

Da nun auch die Prügel und Stangen verbothen waren, so führeten dagegen die Begleiter der Parlaments-Herren Schleudern, nebst Steinen und Bleykugeln bey sich. Der Herzog von Bedford wandte die ganze Authorität des Parlaments an, die sich geäusserten Zwistigkeiten wieder beyzulegen, und allen fernem Gewaltthätigkeiten zwischen seinem Bruder und dem Bischofs von Winchester vorzubeugen, er brachte auch diese zween Nebenbuhler dahin, daß sie vor dieser Versammlung versprachen, allen Zank in Vergessenheit zu begraben. Solchergestalt war nun der so lange gewünschte Friede zwischen diesen beyden hohen Personen zu Stande gebracht.


Der Herzog von Gloucester brachte unter andern 5 Beschwerden gegen den Bischoff, auch diese mit vor das Parlament: daß er in seinem Briefe (an den Herzog von Bedford nach Frankreich geschrieben) hinreichend seine boßhafte Absicht, das Volk zu versammlen, und wieder den Reichsfrieden eine Rebellion unter dem Volke und der Nation anzuzetteln, geäussert hätte.
Die Antwort des Bischoffs auf diese Anklage war, daß er niemalen die Absicht gehabt, den Frieden der Nation zu stöhren, oder einen Aufruhr zu erregen, daß er aber an den Herzog von Bedford geschrieben, er möchte seine Rückreise beschleunigen, um die Zwistigkeiten beyzulegen, welche der Ruhe des Reichs so nachtheilig wären. Er könne nicht läugnen folgendes geschrieben zu haben:
„Wenn sie zögern, müssen wir das Land im Felde auf das Spiel setzen, einen solchen Bruder haben sie hier;"
allein er habe dabey keine ihm selbst betreffende Absicht gehabt, es bezöge sich nur auf die Aufwiegelung Und mäutereyähnliche Versammlung der Maurer, Zimmerleute, Ziegelbrenner und Pflasterer, welche, da sie durch die kürzliche Parlaments-Acte, wegen gar zu hohen Arbeitslohns eingeschränkt worden wären, sich aufrührische Reden und Drohungen gegen gewisse Grosse hätten verlauten lassen, welche auf Aufruhr abzieleten. Daß der Herzog von Gloucester nicht seine Bemühung angewandt hätte, (wie er es in dessen Platz würde gethan haben,) solche gesetzwidrige Versammlungen zu unterdrücken; und daß er befürchtet hätte, der König und dessen getreue Unterthanen würden vielleicht, um sie zu bändigen, gegen sie zu Felde ziehen müssen; dieses aber zu verhüten, habe er an den Herzog von Bedford geschrieben, und vornehmlich ihn ersucht herüber zukommen.

Die Beschuldigung des Bischoffs gegen die Maurer ist so offenbar falsch, daß man der Beurtheilungskraft der Leser wenig Zutrauen müßte, wenn man es unternehmen wollte, Gründe zu dessen Widerlegung beyzubringen. Hinreichend sey die Bemerkung, daß die Maurer allezeit ruhige Leute und getreue Unterthanen gewesen sind, daß sie Friede und Freundschaft unter einander erreget, die nützlichen Künste befördert, die edelsten Grundsätze in Ausübung gebracht, sich aber nie in Staats- oder Kirchen-Sachen gemischet, sondern sich voller Ehrfurcht den Gesetzen und der Regierung des Landes unterworfen, in welchen der Himmel ihnen ihr Looß beschieden.
Die unschuldige Ursach aller der Verfolgung und Vorwürfe die sie erlitten haben, ist bloß die Verschwiegenheit welche sie beobachten; die Verschwiegenheit ist in Rücksicht auf das bürgerliche Leben eine Tugend die nicht allein wesentlich, sondern unumgänglich nothwendig ist. Die königliche Kunst lehret uns sowol die Treue gegen das uns Anvertrauete, als Klugheit und Bescheidenheit in unserer Aufführung; und unsere Geheimnisse sind weder der Religion, noch den Pflichten guter Unterthanen zuwider, sie widersprechen auch auf keinerley Weise irgend einem Gesetze, es sey göttlich oder menschlich.


Es ist wahrscheinlich, daß der Prälat da er diese Beschuldigung gegen die Brüder vorbrachte, sein Absehen auf den Lord-Mayor, die Aldermänner und Gemeinen von London gerichtet hatte, und daß dieses eigentlich die Maurer waren, die er verderben wollte. Der Herzog von Gloucester erhielt nunmehro wieder als Beschützer des Reichs die oberste Gewalt; Vollziehung der Gesetze, und überhaupt alles, was zur weltlichen Regierung gehöret, war in ihm vereiniget, und dies war ein glücklicher Umstand für die Maurer, welche nicht allein fälschlich angeklaget, sondern auch niederträchtiger Weise verläumdet, und der Vorrechte, sich zu ihrer gemeinschaftlichen Belehrung und Besserung zu versammlen, durch eine harte Parlaments-Acte beraubet waren, und zwar bloß durch den mächtigen Einfluß des Bischoffs von Winchester und seiner Anhänger.
Der Herzog von Gloucester begünstigte vorzüglich die Maurer in diesem kritischen Zeitpuncte, denn es war ihm bekannt, daß die Beschuldigungen die ihnen zur Last gelegt wurden falsch waren; er beschützte sie nicht allein, sondern schob den Vorwurf des Aufruhrs, Aufwiegelung und der Verrätherey von ihnen auf den Bischoff und seine Anhänger, als welche die Ersten gewesen wären, die öffentliche Ruhe zu stöhren, und bürgerlichen Zwist zu erregen.

Man sagt von diesem Prinzen, daß er eine gelehrtere Erziehung genossen habe, wie zu der Zeit gebräuchlich war; daß er die erste öffentliche Bibliothek angelegt, und ein grösser Beschützer der Gelehrten gewesen sey. Eine solche ehrwürdige Gesellschaft als die der Maurer, mußte nothwendig seine Aufmerksamkeit auf sich ziehen, und wenn unsere Nachrichten richtig sind, so darf man glauben, daß er in den Orden ausgenommen wurde, und daß er bey der Aufnahme Königs Heinrich VI. Anno 1442 zugegen gewesen.

Da nun der Bischoff von Winchester überzeugt war, daß seine Handlungen sich auf keine Weise in Rücksicht auf die Gesetze des Landes rechtfertigen ließen, so vermochte er den König, durch Vermittelung des Parlaments, (welches hauptsächlich durch seine Reichthümer geblendet wurde) dahin, daß er ihm einen Pardon-Brief, wegen aller Vergehungen deren er sich je schuldig gemacht, ausfertigen ließ; und dieses wider alle die Statute und Acten die sich darauf beziehen. Fünf Jahre nachhero wußte er sich einen andern Pardon unter dem grossen Siegel zu erschleichen, worinn er wegen aller Vergehungen vom Anfang der Welt bis auf den 26sten Jul. 1437 frey gesprochen wurde.

Allein ohngeachtet aller dieser Vorsicht des Cardinals, setzte der Herzog von Gloucester 1442 eine Anklage aus verschiedenen Articuln bestehend gegen ihn auf, überreichte selbige mit eigner Hand dem Könige, und verlangte, daß seinen Verbrechen gemäß gegen ihm möchte verfahren werden.
Der König übergab diese Sache dem Rathe zur Untersuchung, allein da dieser fast aus lauter Geistlichen bestand, so begünstigten sie den Cardinal. Ermüdet durch das lange Zögern und widerrechtliche Verfahren der Richter, ließ der Herzog endlich die Klage liegen, und der Cardinal kam glücklich davon. Da nun nichts den Haß, welchen er gegen den Herzog hegete, mildern konnte, so entschloß er sich einen Mann zu verderben, dessen Popularität ihm schädlich seyn konnte, und dessen Ahndung er so viele Ursach zu fürchten hatte. Der Herzog hatte sich allezeit eifrig denen Maaßreguln widersetzet, welche wider das gemeine Beste waren; sowol durch seine Klugheit, wie auch durch das Ansehen was ihm seine Geburth und Rang gab, hatte er sich allezeit der absoluten uneingeschränkten Gewalt in der Person des Königs widersetzet; dies setzte Winchester in den Stand sich viele Anhänger zu verschaffen, welche er denn auch leicht dahin brachte, das ihrige zum Verderben dieses Prinzen beyzutragen.

Die Gemahlin des Herzogs, eine Tochter Reginalds, Lord Cobham, wurde des Lasters der Zauberey beschuldiget, und man gab vor, daß man bey ihr das Bildniß des Königs von Wachs gefunden, welches sie nebst ihren Gehülfen den Roger Bolingbroke eines Geistlichen, und Margery Jordan, auf eine magische Art vor einem schwachen Feuer geschmolzen, um dadurch die Stärke und das Vermögen Heinrichs auf eben solche uns merkliche Weise zu schwächen. Die Anklage war gut ausgesonnen die schwache und leichtgläubige Seele des Königs zu hintergehen, und in einem unwissenden Zeitalter Glauben zu finden.

Die Herzogin ward mit ihren Gehülfen vor Gericht gefordert, und alle wurden schuldig erkläret; die Herzogin wurde verurtheilt drey Tage in London öffentlich Busse zu thun, und darauf Lebenslang im Kerker zu bleiben, die andern aber wurden hingerichtet. Der Herzog, durch diese seiner Gemahlin erwiesenen Mißhandlung äusserst aufgebracht, that zwar gegen dieses schändliche und verabscheuungswürdige Verfahren allen Widerstand der nur zu erdenken war, allein es schlug zu seinen eignen Verderben aus.
Um nun den Plan ihn zu ermorden, welchen seine Feinde entworfen hatten, ausführen zu können, wurde 1447 zu St. Edmondsbury ein Parlament zusammen berufen; hier hoften sie ihn nehmlich ganz in ihrer Gewalt zu haben. So bald er nur erschien, wurde er auch schon am 2ten Tage der Sitzung der Verrätherey wegen angeklagt und ins Gefängniß geworfen, in welchen man ihm Tages darauf schändlich ermordet fand. Man gab zwar vor, er wäre eines natürlichen Todes gestorben, und sein Körper, welcher öffentlich ausgestellt wurde,, zeigte nicht die mindesten Zeichen der an ihm verübten Gewaltthätigkeit, allein kein Mensch zweifelte, daß er nicht der Wuth seiner Feinde zum Opfer hatte dienen müssen. Fünfe seiner Bedienten wurden angeklagt, als ob sie ihm in seinen verrätherischen Unternehmungen beygestanden, und darauf verurtheilt, erst gehangen, darauf lebendig wieder abgeschnitten und geviertheilt zu werden. Sie wurden auch würklich gehangen, noch lebend herunter genommen, nackend ausgezogen, und mit einem Messer bezeichnet geviertheilt zu werden, als der Marquis vom Suffolk ihren Pardon hervorzog, und ihr Leben rettete; die allerbarbarischste Gnade die sich nur erdenken lässet.


So fiel dieser große Prinz, der Herzog von Gloucester; sein Tod wurde im ganzen Königreiche durchgängig beklaget; schon lange hatte er sich den Zunahmen des Guten erworben, und verdiente denselben auch. Er liebte sein Vaterland, war ein Freund aller Rechtschaffenen, ein Beschützer der Maurer, ein Gönner der Gelehrten, und Aufmuntrer jeder der Nachwelt würdigen nützlichen Sache.

Sein verhärteter Nachfolger, der scheinheilige Bischoff, von Gewissensbissen gequält, überlebte ihn kaum um zween Monathe; Er sank, nach einem langen Leben, daß er mit Falschheit und Arglist bezeichnet hatte, in Vergessenheit, und alle Vorempfindungen der göttlichen Rache marterten ihn. Die Gottlosigkeit seines Lebens, und sein niedriger und unmännlicher Tod, wird allezeit ein Riegel gegen alle das Gute seyn, was zu seiner Rechtfertigung allenfalls noch zu sagen wäre, und welches er während seines Lebens ausgeübet. Auch konnte das Gute, was 'ein nachgelaßner grosser Reichthum noch nach seinem Tode stiftete, dieses nicht ersetzen.
Man hörte in denen letzten Augenblicken seines Lebens noch folgende Worte von ihm:
„Wie soll ich sterben! ich, der ich so vielen Reichthum besitze? Könnte das Königreich mein Leben retten, so bin ich durch meine Staatsklugheit im Stande es zu bewerkstelligen, oder durch Geld es zu erkaufen. Lässet sich der Tod denn nicht bestechen! und vermag das Gold denn nicht alles!"


Der unnachahmliche Shakespear, nachdem er das scheußliche Bild der Verzweiflung und des gemarterten Gewissens des Cardinals geschildert, führt den König Heinrich zu ihm, der ihm diese scharfe und beissende Worte sagt:

Lord Cardinal! hoffest du auf die Gnade
des Himmels, so hebe die Hand auf, gieb
ein Zeichen dieser Erwartung. -- -- Er
stirbt, und macht kein Zeichen.

Henr. VI. Act. 3.

„Das Andenken des Bösen wird vergehen, allein des ungerecht Verfolgten wird man sich ewig erinnern."



Nachdem ich nun dergestalt bemühet gewesen bin, die Umstände welche zu der Acte des Parlaments (die während der Minderjährigkeit des Königs abgefasset wurde) die Gelegenheit gaben, anzuführen, so will ich nun fortfahren, das Urtheil zu zeigen, was der Richter Loke [judge Coke] darüber fället.

[siehe auch Krause, 1810, 68]

„Alle Statute worauf sich diese Acte beziehet, die vor derselben abgefasset sind und die Handwerker betreffen, sind ohngefehr um das Jahr 1562 aufgehoben worden; hiedurch ist nun schon die Ursach und der Zweck warum sie gemacht wurde verschwunden, folglich die Acte entkräftet,, denn Cessante ratione Legis, cessat ipsa Lex. Und wenn die Uebertretung dieses Gesetzes der Felonie gleich geachtet wurde, so war es nur so lange, als diese Zusammenkünfte und Versammlungen dem guten Fortgange und Aufrechterhaltung der Statute der Handwerker zuwider waren, welches aber jetzo nicht angeführet werden kann, da sie aufgehoben sind. Derohalben muß auch dieses aus denen Instructionen der Friedensrichter ausgestrichen werden."
Instit. Part. 3. Fo. 19.

Aus obiger Meynung erhellet also, daß diese Acte, ob sie gleich nicht ausdrücklich aufgehoben worden, dennoch gegenwärtig nicht mehr von Gültigkeit seyn kann. Die Maurer können ruhig fortfahren ihre Versammlungen zu halten, und ihre Geheimnisse so lange fortpflanzen, als ihr Betragen den Grundsätzen, zu welchen sie sich bekennen, entspricht, und sie zu dem Schutz der Regierung berechtiget. In diesem Lande ist die Maurerey zu sehr bekannt, als daß sie der Gesetzgebenden Macht irgend einen Verdacht erwecken sollte. Die vornehmsten Personen haben der Societät vorgestanden, und unter ihrer glücklichen Regierung hat sie zu verschiedenen Zeiten sich viele Gönner und Beschützer, beydes hohe und edle Personen erworben Es würde derohalben ungereimt seyn, wenn man sich einbildete, daß je auch nur irgend ein Versuch gemacht werden dürfte, den Frieden und die Harmonie einer Societät zu unterbrechen, die so wahrhaftig schätzbar ist, und so sehr geachtet wird.


Und nun bitte ich um die Erlaubniß, auch einige Anmerkungen über das Manuskript beyzubringen, welches der Herr Locke [1780: Loke] so getreulich copiiret hat, und welches seine Aufmerksamkeit [1780: Aufmersamkeit] so sehr an sich zu ziehen schien, daß er es mit vielen artigen und nützlichen Erläuterungen bereicherte. Seine Muthmaßung, als ob es das Verhör eines Bruders, in Gegenwart des Königs gehalten, wäre, ist gegründet.

Die strenge Acte, welche zu der Zeit gegen die Brüderschaft abgefasset wurde, und der Haß des Bischoffs von Winchester und seiner Anhänger gegen die Maurer verursachte, daß dieser Prinz bey reifem Jahren eine genaue Kenntniß von der Art des Instituts der Maurer zu haben wünschte, welches denn auch glücklicher Weise demselben seine Gunst erwarb, und seinen Schutz gewann. Hätten nicht die Unruhen und die bürgerlichen Zwistigkeiten, welche sich in dem Königreiche während seiner Regierung zeigten, die ganze Aufmerksamkeit der Regierung beschäftigt erhalten, so ist es mehr als wahrscheinlich, daß diese Acte durch Vorsprache des Herzogs von Gloucester wieder würde aufgehoben seyn, denn seine Zuneigung gegen die Societät war, wie wir bereits bemerkt haben zu sichtbar und zu augenscheinlich.

Bemerkungen über obige Fragen, und des Herrn Locke Noten.

[von William Preston]

[in der 2. dt. Aufl. 1780 wird in diesem Kapitel stets „Loke“ statt Locke geschrieben]


(3) Was mag es seyn?) Herr Loke bemerkt in seiner Note, die Antwort sey, der Maurerey, viel natürliche — mathematische und mechanische Kenntnisse zuzuschreiben; daß ferner die Maurer vorgäben vieles davon die übrigen Menschen gelehret zu haben, und einen Theil derselben noch zu verhehlen. Die den Menschen mitgetheilte Kenntnisse sind besonders in einer andern Antwort auf eine folgende Frage benannt, so wie auch die, welche sie aus weisen Absichten zurück gehalten haben. In dieser Antwort hätte auch die Moralität mit angeführet werden können, da sie nehmlich einen Haupttheil des maurerischen Systems ausmacht, da alle von den Maurern angenommene Charactere, Figuren und Sinnbilder einen moralischen Zweck haben, und nur dazu dienen, die Ausübung der Tugend einzuschärfen.

(4) Wo entstand sie?) Lokens Anmerkung bey dieser Frage, daß die Maurer glaubten, als ob vor Adam Menschen in Osten gewesen, ist in der That nur eine blosse Muthmaßung. Viele gelehrte Schriftsteller mögen dieses behaupten, allein die Maurer wissen was es sagen will; die Maurerey habe in Osten ihren Anfang genommen und sich westlich verbreitet, ohne zu den Prae-Adamiten ihre Zuflucht zu nehmen. Osten und Westen sind Ausdrücke, die der Maurerey besonders eigen sind, und maurerisch gebraucht, sind sie nur Maurern verständlich, da sie sich auf gewisse unter ihnen festgesetzte Gebräuche beziehen.

(7) Wie kam sie nach England?) Pythagoras war ordentlich in die Societät der Maurer ausgenommen worden, da er nun in den Geheimnissen der Kunst wohl unterrichtet war, und sehr zugenommen hatte, so pflanzte er die Grundsätze des Ordens auch in andere Gegenden, in die er nachhero reisete, fort. Die Annalen der Brüderschaft lehren uns, daß die Gebräuche und Sitten der Maurer, allezeit mit denen der alten Egyptier übereinkomrnen, als welchen sie sehr ähnlich sind. Diese Philosophen, welche ihre Geheimnisse nicht den gemeinen Haufen mittheilen wollten, versteckten ihre besondern Lehren und Grundsätze, die Art ihrer neuern Verfassung, unter Hieroglyphen, und drückten die Begriffe, die sie sich davon machten, durch Zeichen und Sinnbilder aus, welche sie nur bloß ihren Magis mittheileten, und diese waren durch einen Eid gebunden sie nie zu entdecken. Dahero entstand das pythagorische System, und viel andere ähnliche Sachen, neuern Ursprungs.
Diese Methode, erhabene Wahrheiten und wichtige Kenntnisse durch Allegorien einzuprägen, sicherte sie, daß selbige nicht einem jeden unaufmerksamen und unvorbereiteten Neuling zu Theil wurden, von welchen sie nie wären wahrhaft geschätzt worden. Ein ähnlicher Gebrauch herrschet noch unter einigen der östlichen Völker.

(10, 11) Entdecken die Maurer ihre Künste andern?)
[hier überspringt Meyer einen Abschnitt (V., 162-163);
der dt. Text bei Krause, 1810, 76-77]

Die Künste, welche die Maurer öffentlich gelehret haben, sind hier angezeiget. Es scheint als habe sich der gelehrte Notenmacher gewundert, daß die Religion mit unter die Künste gezählet worden, welche bis Brüderschaft verbreitet hat. Die Maurer haben von je her den Inhalt dessen, wozu sie sich bekannten gemäß, dem moralischen Gesetz, den grössesten Gehorsam bewiesen, und haben die Vorschriften desselben allen ihren Nachfolgern mit nachdrücklicher Stärke eingeflösset. Die Lehre von. einem Gott, dem Schöpfer und Erhalter des Weltgebäudes, ist von je her von ihnen geglaubet worden. Der Einfluß, welchen diese Lehre auf das Betragen der Brüderschaft diese ganze lange Zeit gehabt hat, ist bekannt.

Nachdem der Fortgang der Wissenschaften und Philosophie, welcher die Offenbahrung zu Hülfe kam, vieles von dem alten Aberglauben verdrungen hatte, und die Seelen der Menschen durch die Erkenntniß des wahren Gottes und der heiligen Geheimnisse des christlichen Glaubens erleuchtete, so pflichteten auch die Maurer derselben bey, und eifrig begriffen sie alle Maaßreguln, welche dazu dienen konnten, eine so heilige Religion, wodurch die Menschen so wahrhaftig glücklich seyn konnten, zu befördern. In jenen Gegenden aber, welche das Evangelium nicht erreichte, und in welche das Christenthum seine Schönheiten nicht verbreitete, folgten die Maurer allezeit der allgemeinen, nehmlich der natürlichen Religion [the universal religion or the religion of nature]. Sie bemühen sich nehmlich gute und rechtschaffne Männer zu seyn, durch welchen Namen oder Benennung sie auch sonst unterschieden seyn mögen.
In allen ihren Versammlungen wird eine getreue Befolgung der Religion des Landes in welchen sie wohnen, (in so fern es nehmlich mit denen Grundreguln der Maurerey übereinkömmt, und diesen nicht widerspricht) ernstlich angepriesen. Diese allgemeine Gleichförmigkeit (aller besondern Meynungen der Menschen ohngeachtet), befördert den edlen Zweck, wahre Freundschaft unter den Menschen zu erregen, und ist eine Kunst, welche wenige zu lernen, noch wenigere aber zu lehren geschickt sind.

(13) Woher können die Maurer mehr lehren als andre Menschen?) Aus der Antwort erhellet, daß da die Maurer mehr Gelegenheit ihre Naturgaben auszubilden haben, sie folglich auch dadurch besser geschickt werden andre zu lehren. Lokens Bemerkung über die Kunst neue Künste zu erfinden ist sehr vernünftig und seine Erklärung recht. Die Brüderschaft hat von je her das Studium der Künste zu ihren Hauptzweck gemacht, in ihren Versammlungen sind schwere und wichtige Theorien getreulich erkläret und untersuchet, neue Entdeckungen vorgezeiget, und die bereits bekannten genauer erläutert worden.
Die verschiedene festgesetzte Grade, und die stuffenweise Zunahme an Kenntnissen, benebst der Regulmässigkeit, welche sich in dem ganzen Umfange ihrer Verfassung zeigt, ist ein handgreifliger Beweis davon. Diejenigen, welche zu den Geheimnissen der Kunst eingeweihet worden sind, entdecken bald, daß die Maurer die Kunst besitzen neue Künste zu erfinden, und zu dieser Wissenschaft gelangen sie stuffenweise durch Unterricht und Umgang mit Leuten von Genie und Geschicklichkeit.

(14) Was verheelen Sie Maurer?) Die Antwort heißt; Die Kunst neue Künste zu erfinden, und dieses zu ihren eignen Lobe und Nutzen; und darauf beschreibt sie besonders die verschiedenen Künste, welche sie sorgfältig, verheelen. Lokens Anmerkung, als ob dieses zu viel Achtung für die Societät, und zu wenig für die übrigen Menschen zeige, ist fast zu hart, da er vorher selbst gesagt hat, daß man der Welt das, was nicht von allgemeinen und wirklichen Nutzen sey, verbergen könne; und dieses, damit wenn es etwa zu übeln Zwecken gebraucht würde, es der Societät selbst nicht von nachtheiligen Folgen wäre.
Durch das Wort Lob, wird hier nur Ehre und Achtung verstanden, als zu welchen die Maurer allezeit berechtiget waren; und dieses war ihnen nothwendig, die weisen Lehren des Instituts fortzupflanzen, und zu verbreiten. Ihre Treue hat sie allezeit zur Achtung berechtiget, und die Rechtschaffenheit ihrer Sitten hat allezeit Verehrung verdient. Herr Loke hat verschiedene artige Anmerkungen über die Antwort dieser Frage gemacht.
Daß er aber die Kenntniß von Abrac betreffend ganz in der Dunkelheit ist, setzet mich in keine Verwunderung, ich würde mich wundern, wenn er es nicht wäre. Abrac ist eine Abkürzung des Wortes Abracadabra; in denen Zeiten der Unwissenheit und des Aberglaubens hatte dieses Wort eine magische Bedeutung, und wurde auf eine den Maurern eigene Art geschrieben. Die Erklärung desselben aber ist verlohren.

Unser berühmte Annotator hat die Kunst der Maurer, Wunderwerke zu verrichten, und zukünftige Dinge vorher zu sagen nicht bemerkt. Die Astrologie wurde als eine Kunst angesehen, die ihren Schutz verdiente, und die guten Folgen, welche das Studium dieser Kunst hatte, mag es rechtfertigen, daß die Maurer diese Teuscherey beförderten. Die alten Philosophen legten sich mit unermüdeten Fleiß auf die Kenntniß der Aspecten, der Grössen, Entfernungen, Bewegung, und Revolution der himmlischen Körper; und aus den Entdeckungen die sie machten, glaubten sie künftige Dinge vorher sagen zu können, und die Geheimnisse der Vorsehung zu entfalten: Hiedurch wurde dieses Studium in einiger Zeit eine ordentliche Wissenschaft, und unter andre Künste der Maurer mit aufgenommen.
Man muß es bekennen, daß das Studium der Astrologie (so vergebens und thöricht sie auch immer seyn mag) doch eben dadurch den Menschen ausserordentlich wichtig geworden ist, daß sie die Astronomie, und das Studium derselben erleichtert hat. Die eitle Hofnung, die Schicksale der Menschen und den Erfolg ihrer Unternehmungen zu sagen, war in allen Ländern eine der stärksten Triebfedern, sie zu einer aufmerksamen Betrachtung der himmlischen Körper zu bewegen; dahero lernten sie die Zeit richtig abzumessen, die Dauer der Jahrszeiten bestimmen, und die Geschäfte des Landbaues darnach zu ordnen.

(19)) Wollt ihr mich diese Künste lehren?) Aus der Antwort auf diese Frage sehen wir die nöthigen Eigenschaften eines Canditaten [!] zur Maurerey: einen guten Character, und fähigen Kopf.

(20) Können alle Maurer mehr als andre Menschen?) Aus der Antwort erhellet, daß die Maurer mehr und bessere Gelegenheit wie andre Menschen haben, in nutzbaren Kenntnissen zuzunehmen.

(21) Sind die Maurer beßre Menschen?) Man muß hiedurch nicht verstehen, als ob alle Maurer in ihrem Leben und Wandel tugendhafter wie alle andre Menschen wären; allein dies ist eine ausgemachte Sache, daß eine genaue Befolgung der Reguln des Ordens sie zu weit bessern Menschen macht, als sie sonst ausser demselben seyn würden.

(22) Lieben die Maurer einander so herzlich?) Die Antwort auf diese Frage ist wahrhaftig edel und vernunftmässig, es merkt dies auch Loke an.

Durch die Antwort auf die 3 letzten Fragen ist die Maurerey gegen alle Einwürfe und Sophisterey gerechtfertiget, die Vortrefflichkeit derselben erwiesen, und jeder Tadel, welchen man von den Vergehungen einiger hernehmen könnte, gänzlich aus dem Wege geräumet.

Es kann unter uns kein böser Mensch aufgenommen werden, falls er bereits als ein solcher bekannt ist; sollten aber die Brüder betrogen worden seyn, und ihn unversehens aufgenommen haben, so gehet unser Bemühen dahin ihn zu bessern; und es bleibt allemal gewiß, daß dadurch, daß er ein Maurer ist, er auch ein besserer Unterthan, und ein nützlicher Mitglied des Staats seyn wird.


Ueberhaupt, verdienen Lokens Bemerkungen über dieses alte Manuscript eine ernstliche und sorgfältige Untersuchung, und es ist kein Zweifel, daß die günstige Meynung, welche er vor seiner Aufnahme von der Brüderschaft hegete, sich nicht nach derselben noch sollte vermehret haben.


Unter allen obenbenannten Künsten der Maurer, zeichnet sich die Verschwiegenheit vorzüglich aus. Verschwiegenheit ist eine Probe der Weisheit, und in denen verschiedenen Zufällen des menschlichen Lebens, ist sie von der äußersten Wichtigkeit.
Die heilige sowol, als die Profan-Geschichte, hat sie für eine Kunst von unschätzbaren Werth erkläret; ja selbst der Gottheit ist sie angenehm, sie, die (indem sie uns die Geheimnisse der Vorsehung verbirget) uns das glänzende Beyspiel giebt, daß die Weisesten der Menschen nicht in die Geheimnisse des Himmels dringen, noch heute errathen können, was Morgen geschehen wird.

Ich könnte hier viel Beispiele aus der Geschichte beybringen, wie sehr die Alten diese Kunst verehreten. Zur Unterhaltung der Leser will ich doch nur einige hersetzen; Plinius erzählet uns, daß man den Anaxarchus in der Absicht in das Gefängniß gesetzt hatte, um ein gewisses ihn anvertrauetes Geheimniß von ihm zu erpressen. Er, welcher befürchtete, daß man ihn vielleicht durch die Heftigkeit der Martern zu der Entdeckung desselben zwingen könnte, biß sich die Zunge in der Mitte ab, und warf sie den Nicocreon, den Tyrannen von Cypern ins Gesicht. — — — Keine Martern konnten die Bediente des Plancus dahin bringen, die Geheimnisse ihres Herrn zu verrathen, mit aller nur möglichen Standhaftigkeit ertrugen sie jede Pein, und blieben standhaft und ihrer Pflicht getreu, bis der Tod ihrem Leiden ein Ende machte. — Die Athenienser erzeigten einer Statue von Kupfer, göttliche Ehre; sie stellte die Verschwiegenheit vor, und hatte keine Zunge. Die Egyptier, beteten den Harpocrates, den Gott der Verschwiegenheit an, er wurde allezeit mit dem Finger auf den Mund vorgestellet. -- -- Die Römer hatten gleichfalls ihre Göttin der Verschwiegenheit, deren Name Angerona war, und welcher sie auch opferten. — -— Kurz, die Menge der Beweise welche wir anzuführen hätten, daß schon in den frühesten Zeiten der Welt diese Tugend ausserordentlich geschätzet wurde, würde den Plan dieses Werks weit über das vorgesetzte Maaß ausdehnen.


Hinreichend sey es noch zu bemerken, daß Lykurgus, der berühmte Gesetzgeber, sowol als Pythagoras, der grosse Gelehrte, diese Tugend vorzüglich angepriesen. Vorzüglich der letzte, welcher seine Schüler ganzer 7 Jahre schweigen ließ, damit sie die schätzbaren Lehren, die er ihnen mittheilen wollte, lernen möchten; und hiedurch zeigte man, daß die Verschwiegenheit die schönste und edelste Kunst sey.


Ich will meine Anmerkungen mit einer so unterhaltenden, als lehrreichen Geschichte beschliessen; ein römischer Geschichtschreiber erzählt sie, und ich werde sie ihrer ganzen Länge nach hersetzen.

[siehe dazu:
http://silverandexact.com/2010/07/16/the-story-of-papirius-domenico-beccafumi-1520/
Diese Geschichte wird bereits von Laurence Dermott am Anfang von „Ahiman Rezon“ (1756) nacherzählt.]


Der römische Senat hatte befohlen, daß während der im Senathause zu haltenden Versammlungen, die Senatoren ein jeder für sich die Erlaubniß haben sollte, seinen Sohn mitzubringen, allein diese sollten, wenn es die Gelegenheit erforderte, abtreten. Jedoch war diese Erlaubniß nicht allgemein, sondern schränkte sich bloß auf die Söhne der Edeln ein, weil diese von ihrer Kindheit an in der Tugend der Verschwiegenheit geübet wurden, und derohalben in ihren reifern Jahren geschickt waren, die allerwichtigste Regierungsgeschäfte mit Treue und Weisheit zu verrichten.
Von ohngefehr trug es sich um diese Zeit zu, daß der Senat wegen einer äußerst wichtigen Sache zusammen kam, und da dieselbe eine reife Ueberlegung erforderte, so wurden sie dadurch etwas länger bey einander zu bleiben gezwungen, musten jedoch den zu fassenden Schluß bis auf den folgenden Tag verschieben.
Während dessen, aber verbanden sich alle Senatoren, die Sache, worüber berathschlaget worden war, äußerst geheim zu halten. Unter andern. Söhnen der Edeln, welche zugegen gewesen waren, befand sich nun auch der Sohn des ernsten Papyrus, aus einer sehr berühmten und glänzenden Familie; dieser junge Papyrus wurde seines Genies sowol, als auch der Klugheit wegen, die in seinem Betragen herrschte, merkwürdig. Bey seiner Zuhausekunft fand er, daß seine Mutter ausserordentlich neugierig war, die Ursach zu wissen, welche die Senatoren so lange über die gewöhnliche Zeit der Berathschlagungen aufgehalten hatte; sie lag ihn sehr an, ihr das, was vorgenommen worden, zu erzählen.
Der edle und tugendhafte Jüngling sagte ihr, daß es eine Sache wäre, die, weil er auf die feyerlichste Art zur Verschwiegenheit verbunden wäre, er ihr nicht sagen dürfte. Sie aber, da sie dies hörte, drang nur desto heftiger in ihm, und ihre Fragen vermehrten sich. Ihre Neugier wollte befriediget seyn, alle Ausflüchte waren vergebens.
Sie war anfänglich bemühet, das Geheimniß durch glatte Worte und Versprechungen ans ihm herauszulocken, allein wie sie fand, daß ihre Versuche vergebens waren, so nahm sie zu strengen Mitteln ihre Zuflucht, und wandte nicht allein heftige Drohungen, sondern auch Schläge an. Sie zweifelte nicht, daß sie das mit Gewalt von ihm erfahren würde. was die Güte nicht bewerkstelligen konnte.
Der Jüngling, welcher seiner Mutter Drohungen zwar nachdrücklich, allein die Schlage noch härter empfand, verglich die Liebe, die er zu ihr, als seiner Mutter, trug, mit der Pflicht, die er gegen den Vater-ausüben mußte; erstere war stark, allein die letzte belebte ihn weit stärker; er wog gleichsam Ersteres, nebst dem heftigen Verlangen seiner Mutter, gegen seinen Vater, seine Ehre, und dem feierlichen Versprechen der Verschwiegenheit ab, und da bey ihm das Letztere sehr das Uebergewichte bekam, so erhielt er mit einem edeln und heroischen Geist seine Ehre, obgleich auf Unkosten seiner Mutter, und auf folgende Weise fing er an, ihre Ungeduld zu befriedigen:
„Meine theureste Mutter, wohl mögen Sie den Senat tadeln, daß sie sich noch lange über eine solche offenbar ungereimte Sache berathschlagen können; es ist keine Hofnung eines Entschlusses da, wenn nicht die Frauen der Senatoren die Erlaubniß erhalten, an der Berathschlagung Antheil zu nehmen. Doch sage ich dieses nur bloß als meine eigene Meynung. Ich weis zwar, daß meine jugendliche Furcht leicht durch den Ernst derselben kann aus dem Wege geräumet werden, allein ich kann es nicht sagen, ob es die Natur oder die Pflicht ist, die mich antreibt, so zu sprechen.
Sie halten es zur Beförderung der Bevölkerung sowol, wie zum gemeinen, Besten für nöthig, daß jeder der Senatoren die Erlaubniß erhalte, zwo Frauen zu nehmen, oder aber jeder ihrer Frauen zween Männer. Schwerlich würde ich mich geneigt finden, zween Menschen unter einem Dache den Namen Vater beyzulegen, lieber wollt ich mit vergnügtem Herzen zwo Frauen als Mutter begrüßen. Dies, Mutter ist die Sache, und Morgen soll sie entschieden werden."
Da die Mutter dies hörte, und sahe, wie äußerst schwer er dazu zu bewegen gewesen war, es zu entdecken, so hielt sie es für eine gewisse Wahrheit; ihr Blut erhitzte sich, und setzte sie in Wuth.
Ohne alle weitere Nachforschung, sandte sie Bothschafter an alle Frauen und Matronen Roms, und machte ihnen die wichtige Sache, über welche man sich jetzo berathschlagte, und welche die Freude und die Wohlfarth des Lebens aller so nahe betraf, bekannt.
Diese traurige Neuigkeit verursachte in Rom plötzlich eine allgemeine Unruhe; tausend Entwürfe wurden gemacht, und die Damen beschlossen, bey der Entscheidung dieser wichtigen Sache mit zu rathen. Des andern Morgens versammleten sie sich alle, und von der Mutter des jungen Papyrus angeführet, verfügten sie sich nach dem Senathause. Ob man gleich die Anmerkung gemacht hat, daß ein weibliches Parlament selten von einem Sprecher geleitet wird, so mußte doch hier die, welche das Geheimniß entdecket hatte, für alle das Wort führen; denn die Sache war zu dringend, von der äussersten Wichtigkeit, und erforderte geschwinde Hülfe. Diese nun sollte es als eine Nothwendigkeit fordern, das die Frauen der Senatoren, (wenn die Rede von einem Gesetz, das sie so nahe beträfe, wäre,) ein Wort mit reden dürften.

Sobald sie zum Senathause kamen, entstand ein solcher Lärmen, daß es schien, als ob ganz Rom im Aufruhr begriffen wäre, denn sie verlangten, den Berathschlagungen ihrer Männer beyzuwohnen. Es mußte jedoch, ehe sie vorgelassen werden konnten, ihr Anliegen erst vorgetragen werden. Als nun dieses geschahe, so hielt diese Rednerin zum Besten ihres Geschlechts eine solche ausgearbeitete Rede, daß alle Senatoren darüber erstaunten.
Sie ersuchte, daß die Sache nach Gerechtigkeit und Billigkeit behandelt werden möchte, und zeigte den festen Entschluß aller ihrer Mitschwestern an, sich allen Constitutionswidrigen Maaßreguln zu widersetzen; vorzüglich einer solchen, da einem Manne, welcher kaum eine Frau vergnügen konnte, erlaubt seyn sollte, deren zwo zu haben. Sie that den Vorschlag, daß, wenn ja eine Veränderung in den bisherigen Gebräuchen Roms gemacht werden sollte, es jeder Frau erlaubt werden möchte, zween Männer zu haben. — Als nun hierauf das Rätzel erkläret wurde, so geriethen die Schönen in grosse Verwirrung, und entfernten sich mit erröthenden Gesichtern; der edle Jüngling aber wurde, da er sich des Vertrauens des Senats so würdig gemacht hatte, wegen seiner bewiesenen Treue höchlichst gelobet.
Um jedennoch. künftig allen dergleichen Unordnungen vorzubeugen, so beschloß der Senat, den Gebrauch, ihre Söhne mit sich in die Versammlung zu führen, künftig abzuschaffen; den jungen Papyrus hingegen wegen seiner bewiesenen Treue und seines klugen Verhaltens frey zuzulassen; ja selbst ihn nachhero zu belohnen und zu schätzen.

Die Tugend und Treue des jungen Papyrus ist der Nachahmung werth; allein Maurer haben unter sich noch ein glänzenderes Beyspiel, das eines in allen Künsten vollkommenen Bruders (Hiram abbiff), als welcher eher durch die Hand barbarischer Mörder fallen, als seine Ehre verlieren, oder das ihm anvertrauete verrathen wollte.

Lob der Maurerey.

{Eulogium]

Für eine Übersetzung durch Karl Christian Friedrich Krause, 1821, siehe:
William Preston:
Anrede bei der Einweihung in den ersten Grad, 1772 [1]
ganz am Schluss


Die Maurerey drücket ein unauslöschliches Zeichen der Hoheit auf alle ihre Bekenner, welches weder Zufall, Macht noch Glück denen, welche nicht zu diesem Geheimnisse eingeweihet worden sind, mitzutheilen vermag. Es ist der gewisseste Grund der Beruhigung in allen Widerwärtigkeiten des Lebens; ein Freund, welcher uns nicht allein nicht betrüget, sondern uns tröstet und beystehet, sowol im Glück, als im Unglück. Ein Segen, welcher zu allen Zeiten, an allen Orten, und unter allen Umständen bleibt; zu ihm kann man seine Zuflucht nehmen, wenn aller andre irdische Trost mangelt.
Sie verleihet den Menschen wahre und innerliche Würde, und macht ihn zur Ausübung der Pflichten im geselligen Leben geschickt. Sie dämpfet Zank und Streit, ist uns Gesellschaft in der Einsamkeit, giebt Lebhaftigkeit, Mannigfaltigkeit und Stärke den geselligen Unterhaltungen. In der Jugend zähmt sie die Leidenschaften, und lehret uns unsre Kräfte auf eine nutzbare Weise gebrauchen; und im Alter, wenn Krankheiten, Abnahme der Kräfte und Schwachheiten alle Sinne stumpf machen, und die Vereinigung des Leibes und der Seele uns zur Last wird, gewähret sie uns einen unerschöpflichen Reichthum des Trostes und der Zufriedenheit.

Dies sind die Hauptvortheile der Maurerey; sie alle besonders anzuzeigen, würde eine unendliche Arbeit seyn; hinreichend sey es zu sagen, daß der, welcher diese wahrhafte Wissenschaft besitzet, und dem Character, welchen er führet, gemäß handelt, in sich selbst die Quelle jeder geselligen Tugend hat; einen Gegenstand der Betrachtung, welcher die Seele erweitert, und alle ihre Kräfte belebet, einen nie zu erschöpfenden, allezeit neuen und wichtigen Gegenstand.

Siehe auch: