Lehrlingfragstück nach Browne 4

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Vorbemerkungen

Ausarbeitung: Roland Müller

John Browne:

The Master-Key through all the Degrees of a Free-mason's Lodge. To which are added, eulogiums and illustrations upon free-masonry; theology ... &c. With a ... list of all the modern regular lodges. London 1798; 2. Aufl. 1802;
Reprint Gale Ecco, Print Editions 2010;
dt. Übersetzung der 2. Aufl.: Meisterschlüssel. Browne’s Master Key. Übersetzt von Felix Sonnenkalb, Berlin: Mittler 1922.


Übersetzung (mit englischem Text) des grössten Teils, ausser dem Meistergrad, nach der Auflage von 1802
bei Karl Christian Friedrich Krause: Die drei ältesten Kunsturkunden der Freimaurerbrüderschaft. 2. Aufl. Erster Band, zweite Abtheilung, 1820, 84-274.

Titelangabe Seite 97:
Browne’s masonischer Haupt-Schlüssel durch die drei Grade, vermittelst einer Polyglottenschrift.

[ ] Anmerkungen von Krause in eckigen Klammern
Da Krause die Auszeichnungen nicht konsequent handhabt, wurden nur die Wörter, die im englischen Original gesperrt gedruckt sind, in der Übersetzung kursiv gesetzt.

Vierter Abschnitt

Der vierte Abschnitt giebt vernünftige Rechenschaft über den Ursprung unseres hieroglyphischen Unterrichtes (Lehrbegriffes), und setzt die Vortheile auseinander, welche die getreue Beobachtung unserer Schuldigkeit begleiten; er erläutert zu gleicher Zeit gewisse Einzelheiten, deren Unkunde uns in Irthum führen könnte, und welche zu kennen wir als Maurer unerlässlich verbunden sind.

Täglichen Fortschritt in der Kunst zu machen, ist eine beständige und durch unsere allgemeinen Gesetze ausdrücklich geforderte Pflicht. Welcher Endzweck kann edler sein, als das Streben nach Tugend? welcher Beweggrund anlokkender, als die Ausübung der Gerechtigkeit? oder welcher Unterricht wohlthätiger, als eine genaue Beleuchtung von Lehrzeichen (Symbolen), welche dahin abzielen, den Geist zu erheben (bekräftigen) und zu verschönen? Jedes Ding, welches das Auge rührt, nimmt die Aufmerksamkeit unmittelbar in Anspruch, und prägt dem Gedächtnisse ernste und feierliche Wahrheiten ein. Desshalb haben die Maurer allgemein den Plan angenommen, die Vorschriften ihres Ordens in vorbildlichen Gestaltnissen (Figuren), und allegorischen Emblemen (gegenähnliсhеп Sinnbildern) einzuschärfen, um zu verhüten, dass ihre Mysterien in den gemeinleblichen Bereich unaufmerksamer und unvorbereiteter Neulinge herabsinken, von welchen sie nicht die schuldige Verehrung erhalten würden.

Die Gebräuche und Gewohnheiten der Maurer haben immer mit denen der alten Egypter übereingestimmt, mit denen sie eine nahe Verwandtschaft haben. Indem diese Philosophen nicht Willens waren, ihre Mysterien gemeinen Augen blosszustellen, verbargen sie ihre besondern Vorschriften und Grundsätze der Regierungkunst und Philosophie unter hieroglyphische Figuren, und drückten ihre Vorstellungen über Staatverwaltung durch Zeichen und Lehrbilder aus, welche sie allein ihren Magi (Eingeweiheten) mittheilten, welche durch einen Eid verpflichtet waren, sie nicht zu entdekken. Pythagoras scheint sein System auf einen ähnlichen Plan gegründet zu. haben, und viele Orden eines neueren Ursprunges haben dieses Beispiel nachgebildet. Indess ist die Maurerei nicht allein die älteste, sondern auch die am meisten auf Sittlichkeit gerichtete Anstalt, welche jemals bestanden hat; indem jeder Zug (Strich), Figur und Lehrzeichen (jeder Character, Figur, und Emblem), das in der Loge abgebildet ist, ein sittliches (lebwirkliches) Absehen hat, und dahin zielt, die Ausübung der Tugend einzuschärfen.

(Dieser Abschnitt schließt mit einer Begriffbestimmniss der allgemeinen Liebe, welche sich weiter unten befindet.)


113) Bruder älterer Aufseher, auf was für Grunde nimmt man an, dass die Loge stehe?
Auf heiligem Grunde.
114) Warum auf heiligem Grunde?
Weil die erste regelmässig eingesetzte (constituirte) Loge auf jenem heiligen, geweihten Grunde gehalten wurde, worauf die ersten drei grossen Opfer dargebracht wurden, welche hernach Gottes Billigung erhielten.
115) Nennen Sie die drei ersten grossen Opfer!

Warum die drei ersten grossen Opfer, an welchen Gott Gefallen hatte, den Grundbau der Maurerei heilig machen?

(Genes. Kap. XXII; — 2. Buch Samuel's Kap. XXIV; — 1. B. der Könige Kap. VIII.)

Erstens. — Wegen der geschwinden Ergebung Abraham's in den Willen des Allmächtigen, indem er sich nicht weigerte, seinen einzigen Sohn Isaak zum Brandopfer darzubieten; da es denn dem Herrn gefiel, ein angemesseneres Opfer an seiner Statt zu stellen, nehmlich einen Widder, der in einem Dickicht aufgefangen wurde.

Zweitens. — Wegen der vielen frommen Gebete und Seufzer, von dem Könige David zum Opfer dargebracht, welche den Zorn Gottes vollkommen stilleten, sodass er die Pestilenz aufhören liess, die unter dessen Volke wüthete, und die David's Unbedachtsamkeit beizumessen war, nach Welcher er dasselbe hatte zählen lassen.

Drittens. — Wegen der unzähligen Danksagungen und köstlichen Opfer, die der König Salomon bei der Vollendung des Tempels, und dessen Einweihung zum Dienste Gottes, darbrachte.

Da nun jene drei grossen Opfer auf dem nehmlichen Grund und Boden dargebracht wurden, wo der Tempel von Jerusalem erbauet war, und wo König Salomon die erste regelmassig eingesetzte (constituirte) Loge hielt: so macht Diess den Grundbau der Maurerei heilig.

116) Wie soll eines Maurers Loge gelegen sein?
Genau Ost und West.
117) Warum so?
Weil alle der Gottesverehrung gewidmete Orte so gelegen sind oder sein sollten.
118) Wir haben dafür drei Gründe; geben Sie mir den ersten!
Die Sonne ging zuerst in Osten auf, und verbreitete ihren göttlichen Einfluss nach Westen.
119) Es giebt einen zweiten Grund.
Evangelische und sittliche (moralische) Erkenntniss wurde zuerst in Osten gepredigt und vonda nach Westen verpflanzt.
120) Es giebt einen dritten und letzten Hauptgrund.

Die glückliche Erlösung der Kinder Israel's aus ihrer Gefangenschaft in Egypten

(Exod. Kap. 13, 14, 15, 19.)

Seit der frühesten Zeitperiode hatte das menschliche Geschlecht immer die überzeugendsten Beweise von dem Dasein eines höchsten Wesens. Indess finden wir bei den ältesten und besten Geschichtschreibern keine Spur einer Nachricht, dass irgend ein Ort zur Verehrung des wahren Gottes ausersehen worden sei, als nach glücklicher Erlösung der Kinder Israel's aus ihrer egyptischen Gefangenschaft; da denn die Zeit gekommen war, dass der Allmächtige sich selbst offenbarte unter den Menschen auf eine so wunderbare Weise, dass dadurch sein Name verherrlicht wurde unter allen Völkern.

Er leitete die Kinder Israel's nicht durch das Land der Philister, ob es wohl ein viel näherer Weg war, sondern durch die Wüste; wodurch er seine grosse Weisheit und Barmherzigkeit an den Tag legte, indem ihnen, bei denen der Geist der Freiheit nur erst erweckt worden war, bei der Erscheinung eines so streitbaren Volkes, als die Philister, der Muth hätte sinken und sie in ihre vorige Sclaverei hatten zurückkehren mögen.

Er befahl daher seinem treuen Diener Moses, sie zu fuhren durch die Wüste an das Gestade des rothen Meeres, auf ihrem Wege in das gelobte Land; worauf es den König Pharao von Egypten gereuete, dass er so viele nützliche Sclaven, „wie er sie zu nennen beliebte," aus seinen Besitzungen hatte ziehen lassen; und er befahl, dass 600 auserlesene Wagen ihnen nachjagen sollten, mit allen den Wagen und Heerführern, die sich in Egypten befanden; denn er hatte beschlossen, sie entweder in ihre vorige Gefangenschaft zurückzubringen, oder bei dieser Unternehmung umzukommen; und im Nachsetzen ereilte er sie bei Pihahiroth, vor Baalzephon.

Als nun die Kinder Israel's sich eingeschlossen sahen, vor sich vom rоthen Meere, zur Rechten und Linken von unersteiglichen Gebirgen, und im Rükken von dem Heere der Egypter; so überfiel sie ein Schrekken, und sie murreten in ihrer Verzweiflung heftig wider Moses, indem sie sagten: „Warum hast du uns hieher in die Wüste gebracht, um erschlagen zu werden? Waren nicht Gräber genug in Egypten, dass wir dort hätten beerdiget werden können?"

Hierauf sprach Moses ihnen Trost zu und sagte: sie sollten sich nicht fürchten; denn sie würden noch an dem nämlichen Tage erfahren das Heil des Herrn, der für sie streiten würde. Damit er nun seine Behauptung wahrmachte, streckte er, auf Gottes Befehl, seine geheiligte Hand aus über die Wellen des rothen Meeres; und es erhob sich ein starker Ostwind, der das Gewässer theilte, sodass es auf jeder Seite ein Wall zu sein schien; und die Kinder Israel's gingen hindurch auf trocknem Boden.

Als Pharao Diess gewahr wurde, verstockte sich sein Herz; und er versuchte, ihnen nachzufolgen; allein der Allmächtige fuhr fort, sie zu beschirmen, vermittelst einer wunderbaren Säule von doppelter bewundernswürdiger Wirkung: sie erschien eines Theils zur Nachtzeit den Israeliten leuchtend, um dieselben durch das rothe Meer zu führen, und andern Theils als eine Wolken- und Rauchsäule bei Tage, welche für die Egypter Finsterniss hervorbrachte und ihr Nachsetzen verhinderte. Auch fügte der Allmächtige diesen noch eine andere Plage zu; denn er sendete in der Nacht einen Engel, der mit mächtiger Hand und ausgestrecktem Arme ihre Wagenräder zerschlug, dass sie nur mit Mühe weiter fahren konnten, und beide Heere in dieser ganzen Nacht nicht aneinanderkámen.

Bei'm Anbruche des Morgens gewahrte Pharao die Hand Gottes, die ihm mächtig entgegenwirkte, und versuchte, umzukehren: allein nunmehr war es zu spät; indem die Israeliten bereits die entgegengesetzte Küste erreichet hatten; da denn Moses sie zurückschauen hiess auf ihren seit so langer Zeit gefürchteten Feind, die Egypter, weil sie dieselben vonnunan nicht mehr sehen würden. Hierauf streckte er, auf Gottes Befehl, nochmals seine geheiligte Hand aus über das rothe Meer: und das Gewässer kehrte in sein ursprüngliches Bette zurück, und überströmte Pharao und sein ganzes Heer.

Und zum Gedächtniss einer so glücklichen und glorreichen Rettung liess Moses die Kinder Israel's drei Tage lang in der Wüste ziehen, Loblieder singend, und Lieder des Preises und Dankes dem Höchsten. Auch richteten sie ein Gezelt oder Stifthütte auf in der Wüste, dem Grundrisse gemäss, der dem Moses gegeben worden war auf dem Berge Sinai, und der in der Folge das Model oder der Grundriss jenes prächtigen Tempels sein sollte, der erbaut ward zu Jerusalem durch den König Salomon mit einem solchen königlichen Glänze und so unvergleichlichen schimmerreichen Ansehen, dass es alle unsere Vorstellungen übersteigt.

Diess ist der dritte und letzte Hauptgrund, warum alle der Gottesverehrung gewidmete Orte sowohl, als alle regelmässig eingesetzte Logen, genau von Osten nach Westen gelegen sind oder sein sollen.

Das erste zur Gottesverehrung ausschliesslich bestimmte Gebäude

(Genesis, Kap. 4, 6, З2; Exodus, Kap. 13, 20; 1ste B. der Könige, Kap. 8.)

Wenn wir die göttliche Weisheit des Schöpfers in den glorreichen Werken der Schöpfung betrachten, und alle Dinge, welche darin und darauf erschaffen worden sind: sollten wir nicht mit willigem Herzen und frohem Muthe den weisen Lenker des Verhängnisses bewundern, der seit dem frühesten Zeitraume sich nie ohne ein lebendiges Zeugniss von sich unter den Menschen erwiesen hat?

Wir lesen von Abel, dass er dem Herrn ein ihm angenehmes Opfer brachte; von Noah, dass er ein frommer und rechtschaffener (aufrichtiger) Mann war, der demüthig wandelte vor Gott unter seinem Geschlechte, und von Jacob, dass er mit einem Engel kämpfte und ihn überwältigte; wofür er von ihm gesegnet ward; aber wir hören nirgend früher von einem Orte, der zu feierlichen Gottesverehrungen ausschliesslich bestimmt worden wäre, als nach der glücklichen Erlösung der Kinder Israel's aus ihrem lästigen Stande der Sclaverei und Knechtschaft in Egypten; da es dem Herrn gefiel, sie daraus fortzuführen mit erhobener Hand und ausgestrecktem Arme unter seinem treuen Diener Moses.

Und als die Israeliten ein grosses und mächtiges Volk wurden, und in den Besitz der Zugänge zu den Wohnorten ihrer Feinde kamen, fand der Herr für gut, ihnen zu offenbaren die beiden folgenden Einsetzungen, nehmlich die Moral-, Ceremonial- und Rechts-Gesetze; und zur bessern Feier der Gottesverehrungen wurde eine Lade der Gesetztafeln, ein Gezelt, oder Stifthütte, errichtet in der Wüste, welches in der Folge sein sollte das Model, oder der Grundriss, jenes prächtigen Tempels, der erbauet ward durch den König Salomon zu Jerusalem.

121) Was unterstützt eines Maurers Loge?
Drei grosse Pfeiler.
122) Wie werden sie genannt?
Weisheit, Stärke und Schönheit.
123) Warum Weisheit, Stärke und Schönheit?
Weisheit, um zu entwerfen; Stärke, um zu unterstützen; und Schönheit, um zu zieren.
124) Belieben Sie, dieselben geistig (lebwirkig, moralisch) auszulegen!
Weisheit, um bei allen unsern Handlungen den Entwurf zu machen; Stärke, um uns in allen unsern schwierigen Lagen (Verlegenheiten) aufrecht zu erhalten (zu unterstützen); und Schönheit, um den Geist des Menschen zu verschönen, und ihn zum Ebenbilde seines göttlichen Schöpfers zu machen.
125) Nach welchen Ordnungen der Baukunst sagt man, dass diese Säulen zusammengesetzt sind?
Nach den dreien, die bei'm Tempelbau die berühmtesten waren; nehmlich der toscanischen, dorischen und corinthischen.
126) Wen sagt man, dass sie vorstellen?
Salomon König von Israel, wegen seiner Weisheit, womit er den Tempel zum Dienste Gottes baute; Hiram, König von Tyrus, wegen des grossen Nachdrukkes womit er König Salomon mit Leuten und Baustoffen unterstützte; und Hiram Abiff, weil er ein so erfahrner und sinnreicher Arbeiter in Gold, Silber, Erz und andern Metallen war, um den Tempel damit zu verschönen und zu schmükken.
127) Was ist die Bedekkung der Loge des Maurers?
Ein Thronhimmel (himmlisches Gezelt) von Verschiedenen Farben.
128) Wie hoffen wir diesen zu erreichen?
Mit Hülfe einer Leiter.
129) Wie wird sie in der Schrift genannt?
Jacob-Leiter.


Erklärung der Jacob-Leiter

(Gen. Kap. 27, 28, 41.)

Rebekka, das geliebte Weib Isaak's, die wohl wusste, dass in der Seele ihres Ehegatten ein besonderer Segen ruhete, beschloss, denselben für ihren jüngsten Sohn Jacob zu erlangen zu suchen, wiewohl er, nach dem Rechte der Erstgeburt, dem Esau, ihrem Erstgebornen, gebührte. Sie hatten diesen Segen nicht sobald mit List erlanget, als Jacob genöthiget war, zu entfliehen vor dem Grimme seines Bruders, der sich vornahm, ihn zu erschlagen.

Und er wanderte nach Padanaram, in das Land von Mesopotamien, wohin er zu gehen durch den ausdrücklichen Befehl seiner Eltern angewiesen war, und kam auf eine wüste Ebene. Da nun die Sonne untergegangen war, so sah er sich genöthiget, für die Nacht seinen Aufenthalt dort zu nehmen, wo der kalte Erdboden sein Bette, ein Stein sein Hauptkissen und das Zelt des Himmels seine Dekke war. Nach seinem Entschlummern sah' er im Traum’ eine Leiter, deren unterster Theil auf der Erde stand, und deren Spitze an den Himmel reichte. Auf ihr stiegen die Engel Gottes auf und nieder; die hinaufsteigenden Engel gingen, um die göttlichen Befehle au empfangen, und die herabsteigenden kamen hernieder, um jene Gebote zur Ausführung zu bringen.

Zn dieser Zeit und an diesem Orte errichtete der Allmächtige einen feierlichen Vertrag mit Jacob, dass Wenn er beharren würde in seinen Geboten und seine Befehle vollführen, er ihn nicht nur in seines Vaters Haus in Frieden und Überfluss zurückbringen, sondern auch ein grosses und mächtiges Volk aus ihm entspringen lassen wolle. Und so ward in der Folge Joseph, Jacob's Sohn, von Pharao zum zweiten Befehlhaber in Egypten bestellt, und die Israeliten wurden das grösseste und mächtigste Volk unter dem Himmel.

130) Aus wievielen Sprossen oder Stäben besteht diese Leiter?
Aus vielen Sprossen oder Stäben, welche ebenso viel moralische Tugenden andeuten, vorzüglich aber drei Hauptstufen: Glaube, Hofnung und Liebe.
131) Erklären Sie mir den Glauben, die Hofnung und die allgemeine Liebe!
Glaube an Christum, Hofnung des ewigen Heils, und in Liebe zu leben mit allen Menschen.
132) Es giebt noch eine fernere Erklärung des Glaubens, der Hofnung und der allgemeinen Liebe, welche noch besonders in die Runde erklärt werden müssen.

Lobrede auf den Glauben, die Hofnung und die allgemeine Liebe

Glaube ist die Grundlage jeder Gerechtigkeit, das Band der Eintracht und die.erste Stütze der Gesellschaft. Wir leben nach (durch) dem Glauben; wir wandeln nach dem Glauben; durch den Glauben haben wir eine fortwährende Hofnung in der Anerkenntniss des (eines) höchsten Wesen; durch den Glauben werden wir gerechtfertiget, aufgenommen und endlich angenommen.

Ein echter christlicher Glaube ist das Wesen (die Substanz) von Dem, was man hoffet, die Überzeugung von Dem, was man nicht siehet. Diese, unserem maurerischen Berufe gemäss wohlbewahret, wird den Glauben in ein Schauen umwandeln, und uns bringen in jene seligen Wohnungen, wo wir ewig befriediget (glücklich) sein werden bei Gott, dem grossen Baumeister (Baukunster) des Weltall, Dessen Sohn für uns gestorben und wieder auferstanden ist, damit wir gerechtfertiget wurden durch den Glauben in seinem höchst kostbaren Blute.

Hofnung ist der Anker der Seele, ein ebenso zuverlässiger, als standfester, und dringt bis innerhalb des Vorhanges, l.asst festes Vertrauen in des Allmächtigen Treue unsere Unternehmungen beseelen, und uns belehren, dass wir unsere Hofnungen innerhalb der Grenzen seiner herrlichen Verheissungen erhalten: so wird ein glücklicher Erfolg unser warten. Halten wir Etwas für unmöglich. so mag wohl unsre Kleinmüthigkeit es uns so darstellen; allein, Wer ausharret, der wird alle Hindernisse überwinden.

Allgemeine Liebe! (Urliebe, Allliebe, Menschenliebe!) О wie lieblich ist die Aufgabe, über dich zu sprechen! Sie ist der glänzendste Edelstein, der unsern maurerischen Beruf schmùkken kann; sie ist das beste Prüfsal (Probierstein), und der beste Erweis der Religion. Wohlwollen, unterstützt von der himmelgebornen Liebe, gereicht zum Ruhm eines Volkes, von welchem sie entspriesst, und welches sie nähret und pflegt (hegt). Selig ist der Maurer, der den Samen des Wohlwollen in seine Brust gesäet hat! Die Saat derselben ist Liebinnigkeit (zartsinnige Liebe) und Weseninnigkeit. Er beneidet nicht seinen Nachbar; er horchet (lauschet) nicht einem Geschwätze, wenn es zu Dessen Verkleinerung abzielet; Rachgier oder Bosheit finden keine Stelle in seiner Brust; er vergiebt die Beleidigungen der Menschen, und bestrebt sich, sie aus seinem Gedächtnisse zu tilgen. Lasst uns also bedenken, dass wir Christen und Maurer sind, immer bereit, der Stimme Dessen zu lauschen, der unsern Beistand fordert, und Dem, der in Mangel ist, eine freigebige Hand nicht zu entziehen (vorzubehalten)! So wird herzinnige (herzgefühlte) Zufriedenheit der Lohn unsrer Arbeit sein, und die Früchte der Liebinnigkeit (zartsinnigen Liebe) und der allgemeinen Liebe werden gewisslich folgen.

Allgemeine Liebe (Menschenliebe), das unterscheidende Kennzeichen der Maurer

Allgemeine Liebe ist die erste jeder geselligen Tugend und das unterscheidende Kennzeichen der Maurer. Diese Tugend hält in sich den höchsten Grad der Liebe gegen den grossen Schöpfer und Regierer des Weltall, und eine unbegrenzte Zuneigung zu den (endlichen) Wesen seiner Schöpfung von jeder Eigenwesenheit (Art) und Benennung. Diese letztere Verpflichtung wird mächtig eingeschärft durch das Beispiel der Gottheit selbst, welche freígebig ihre Wohlthätigkeit ausbreitet an unzählige Welten.

Es gehört nicht zu unserem besonderen Berufe, in eine Untersuchung jedes Zweiges dieser liebwürdigen (liebevollen} Tugend einzugeben; wir wollen bloss die glücklichen Wirkungen einer wohlwollenden Gemüthanlage gegen das Menschengeschlecht kürzlich bestimmen, und zeigen, dass allgemeine Liebe (Menschenliebe), welche sich an schicklichen Gegenständen erweist, die grösste Wonne ist, welcher sich der Mensch möglicher Weise erfreuen kann.

Die Umgrenzen des grössten Volkes oder des ausgedehntesten Reiches können nicht den Edelsinn eines wohlgebildeten Gemüthes umschliessen. Menschen, in was immer für eine Lage sie versetzt sein mögen, sind doch zum grossen Theile Dieselben. Sie sind ähnlichen Gefahren und Unfällen ausgesetzt. Sie haben nicht Weisheit, die Übel, welche den Menschen befallen können, vorauszusehen, noch Macht, ihnen zu begegnen (sie zu vermeiden): Sie schweben gleichsam in beständiger Erwartung zwischen Hofnung und Furcht, Übelbefinden und Wohlbefinden, Fülle und Mangel. Eine wechselseitige Verkettung der Abhängigkeit besteht durch die ganze thierische Schöpfung. Die ganze menschliche Gattung besteht daher aus geeigneten Gegenständen für die Ausübung der allgemeinen Liebe.

Wesen, welche an derselben gemeinsamen Wesenheit (Natur) theilnehmen, sollten durch dieselben Beweggründe und Absichten in Thätigkeit gesetzt werden. Daher, die Unglücklichen zu beruhigen, indem wir ihre Unfälle mitfühlen, und Friede und Beruhigung in beunruhigten Seelen herstellen, macht die allgemeine und grosse Endabsicht des maurerischen Systemes aus. Diese liebreiche, diese grossherzige Anlage entflammt die Brust mit mannhaften Gefühlen, und belebet den Geist des Mitleidens (Mitgefühles), welcher die Glorie der menschlichen Bildung ist, und jedes andere Vergnügen, das der Geist zu empfinden vermag, nicht nur erreichet, sondern auch überleuchtet (verdunkelt).

Alle menschliche Leidenschaften, wenn sie durch das höhere (obere) Vermögen der Vernunft geleitet werden, zielen auf die Beförderung irgend eines nutzenvollen Vorhabens ab; aber Mitleid {theilnehmendes Mitgefühl) für dazu geeignete Gegenstände, ist die wohlthätigste von allen menschlichen Gemüthbewegungen, und erweckt umso höhere und dauerndere Glückseligkeit, als sie sich auf eine grössere Anzahl erstreckt, und die Schwachheiten und Übel erleichtert, denen das menschliche Leben ausgesetzt ist.

Belebt von dieser freundlichen, gottähnlichen Gemüthanlage, werden die Maurer ergriffen von jeglichem Elend unter jeder Form und Erscheinung. Erblikken sie einen Menschen, der sich unter dem Elend eines kranken Leibes oder Gemüthes abhärmt, so mildern die heilenden Töne, welche der Zunge entströmen, die Pein des unglückseligen Dulders, und geben selbst den Widerwärtigkeiten in ihrer traurigen Gestalt ein heileres Ansehen. Wenn ihr Mitleid erregt ist, so lindern sie den Kummer und erleichtern mit Freuden das Elend. Ist ein Bruder in Mangel, so wird jedes Herz dadurch bewegt; ist er hungrig, so speisen wir ihn; ist er nakkend, so kleiden wir ihn; ist er in Verlegenheit, so eilen wir ihm zu Hülfe. So erweisen wir die Eigenschaft (Wesenheit) des Titels, den wir tragen, und überführen die Welt überhaupt, dass Bruder unter Maurern mehr, als der Name, ist.

133) Biswohin reicht diese Leiter?
Zum Himmel.
134) Worauf ruht sie?
Auf der heiligen Bibel.
135) Warum auf diesem Buche?


Warum die Bibel die Jacob-Leiter unterstützt?

Vermittelst der Lehren, die in der heiligen Bibel enthalten sind, lernen wir der göttlichen Leitung der Vorsehung vertrauen; welche Überzeugung unsern Glauben stärkt, and uns geschickt macht, die erste Stufe zu besteigen.

Dieser Glaube erzeugt vonselbst in uns eine Hofnung, Theilnehmer zu werden an Einigen von den herrlichen Verheissungen, deren darin Erwähnung geschieht; welche Hofnung uns geschickt macht, die zweite Stufe zu beeteigen.

Aber die dritte und letzte, welche die allgemeine Liebe (Weseninnigkeit) ist, begreift das Ganze in sich; und man sagt von Dem, der im Besitze dieser Tugend in ihrem weiten Umfange ist, dass er erreicht habe den äussersten Gipfel seines Berufes, oder, figürlicher zu reden, eine ätherische Wohnung, die vor dem sterblichen Auge verhüllet ist durch das gestirnte Firmament.

Und sie wird ferner in unserer Loge lehrbildlich durch sieben Sterne vorgestellt, welche die sieben regelmässig aufgenommenen Maurer andeuten, ohne weichet keine Loge vollkommen sein, noch irgend Jemand bei unsern maurerischen Mysterien zugelassen werden kann.

Bruder älterer Aufseher, belieben Sie, laden zu lassen! — Haben Sie Alle geladen?
Alle haben in Westen gefüllt, S. E. Meister.
Brüder, belieben Sie, auf den Trinkspruch zu merken!
— Möge jeder Bruder Maurer zum Gipfel seines Berufs gelangen, wo die Gerechten sicher sind, ihre gebührenden Belohnungen zu empfangen!


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Siehe auch