Loge Zur Weißen Taube

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1764 bestand in Hessen-Darmstadt eine Freimaurerloge namens »Zur weißen Taube« die der Strikten Observanz angehörte. Wie sein Vater und sein Großvater war Prinz Ludwig Georg Karl von Hessen-Darmstadt ebenfalls Freimaurer und sein Leben lang an hermetischen Themen wie Rosenkreuzertum, Templertum und Alchemie interessiert. Prinz Ludwig Georg Karl begann seine Freimaurerlaufbahn schon mit 15 Jahren. Er fand Aufnahme in die Gesellschaft der Arkadier, einer Jugendloge der Freimaurer. Am 30.08.1768 wurde er Freimaurer und zwar in der Freimaurerloge »Zu den drei Disteln« im Wolfsgarten bei Darmstadt/Langen (Hessen).

Von Mainz nach Frankfurt am Main

Die am 23.09.1765 in Mainz von Hamburg aus unter der Einwirkung Johann Christian Schubart gestiftete Loge Zu den drei Disteln, die der Strikten Observanz angehörte, musste schon 1767 infolge heftiger Anfeindungen durch die Geistlichkeit ihren Sitz von Mainz nach Frankfurt am Main verlegen. Sie bestand hauptsächlich aus hohen katholischen Würdenträger wie Domherr Philipp Freiherr von Zobel, Domherr Carl Wilhelm Freiherr von Hohenfeld und Domcellar Graf von Eltz. Obwohl die Freimaurerei offiziell damals in Mainz verboten war, zählte sie in kürzester Zeit 44 Mitglieder. Kurz nach ihrer Stiftung verlangte das Domkapitel von allen Domherren, sich nicht weiter mit der Freimaurerei zu beschäftigen. Daraufhin wurde die Loge »Zu den drei Disteln« (16.02.1767) nach Frankfurt am Main verlegt und am 28.12.1783 gingen,[1] ein Teil der Brüder sowie das Logeninventar und der Logenbesitz zur »Loge zur Einigkeit« über.[2] Einige handschriftliche Dokumente sowie der »Ökonomische Plan« des Gründers der Strikten Observanz Karl Gotthelf von Hund und Altengrotkau finden sich deshalb heute im Archiv der Loge Zur Einigkeit in Frankfurt am Main. 1771 wechselte Prinz Ludwig Georg Karl in die Freimaurerloge »Zur weißen Taube« in Darmstadt.[3] Am 27.03.1772 ging sie zur »Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland - Freimaurerorden« über und Prinz Ludwig Georg Karl wurde ihr Vorsitzender Meister.[4] Durch seinen und den Übertritt der Loge »Zur weißen Taube« wurde es möglich, dass er als Kandidat für das Amt des Landesgroßmeisters der Großen Landesloge in Betracht kam. Was weitreichende Auswirkungen auf die deutsche Freimaurerei haben sollte.

Landesgroßmeister Prinz Ludwig Georg Karl (1773/1774)

Zitat: Der erste Großmeister der Großen Landesloge, der pensionierte, kränkelnde Generalmünzdirektor Martin Kröncke, führte den Bund bis zum 10. Juni 1773; er starb 1774. Auf Anraten der Großen Loge von England gewann Zinnendorf das Mitglied eines regierenden Hauses, den vierundzwanzigjährigen Prinzen Ludwig Georg Karl von Hessen-Darmstadt (1749–1823), Stifter und Logenmeister der Filiale Zur weißen Taube in Darmstadt als Nachfolger. (Wald: Geschichte der Großen Landesloge, S. 258f.) Die Loswahl erfolgte am 10. Juni 1773 in der Wohnung v. Zinnendorfs. In seiner Ansprache an den Prinzen legte v. Zinnendorf ihm ans Herz, er möge „auf Maurer Eid, Treue und Glaube, auch vermittelst Handschlags versprechen und allhier öffentlich geloben, dass Sie das Amt des Landesgroßmeisters der teutschen Bruderschaft in keinem Stücke, so wenig überhaupt als besonders, anders gebrauchen und verwenden wollen, als es unsere alten ehrwürdigen Gesetze, Gebräuche und Gewohnheiten auf jeden Fall anmerken und vorschreiben. Sie werden sich, wie ich dessen gewiss bin, bei dieser Dero feierlichen Zusage nicht in den Sinn kommen lassen, dass die Verbindungen, welche Religion und Moral vorschreiben, nur insoweit zu erfüllen seien, als daraus ein viel bedeutender oder auch nur ein geringerer Nutzen zu ziehen sei.“ (Wald: v. Zinnendorfs Ansprache an den zum Landesgroßmeister erwählten Br. Ludwig Georg Karl Prinzen zu Hessen-Darmstadt, S. 375.) Prinz Louis leistete den Eid und erhielt das Zeichen seiner Würde. Zinnendorf hoffte, dass der Prinz der Großen Landesloge großes gesellschaftliches Ansehen verschaffen könne, wurde aber enttäuscht. Der Prinz führte ein verschwenderisches Leben, verschuldete sich hoch und erhoffte Hilfe von der Alchemie. Nachdem er sich von Ernst Werner v. Raven, einst Mitglied der Hallenser Loge Aux trois Clefs d’Or und dann Subprior der Präfektur Ratzeburg der Strikten Observanz, in das Klerikat hatte aufnehmen lassen, war der Bruch mit der Berliner Großen Loge unausbleiblich. Er amtierte lediglich ein Jahr, bis zum 27. September 1774. [5]

Die geheimen Oberen der Strikten Observanz

Im Herbst 1775 reiste Prinz Ludwig Georg Karl zusammen mit seinem jüngeren Bruder Georg nach Frankreich und Italien, wo sie Freiherrn Gottlieb von Gugomos kennenlernen und nach Deutschland mitbrachten. Gugomos machte sie anscheinend mit einem Geheimen Oberen der Strikten Observanz bekannt.[6] In Italien trafen sie zudem auf Peter Christian Tayssen, der sie nach Heilbronn begleitete, wo sich Prinz Louis ab 1776 niederließ. Tayssen diente Ludwig Georg Karl bis 1778 als geistiger Lehrer.

Am 12. August 1774 wurde Matthias Claudius in die Hamburger Freimaurerloge »Zu den drei Rosen« aufgenommen. Durch Vermittlung Johann Gottfried Herders ging Matthias Claudius 1776 als Obercommissarius zur Oberlandkommission nach Darmstadt. Ab Anfang 1777 war er auch Redakteur der Hessen-Darmstädtischen privilegirten Land-Zeitung. Claudius kehrte jedoch bereits nach einem Jahr mit seiner Familie nach Wandsbeck zurück. Zinnendorf, der Gründer der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland, besuchte Anfang 1777 die Freimaurerloge »Zur weißen Taube« und zeitgleich Matthias Claudius.

Bund für Rechtschaffenheit

1778 brach Ludwig Georg Karl mit der Freimaurerei, nachdem ein von ihm in Heilbronn einberufener Freimaurerkongress, auf dem er erfolglos ein an die Rosenkreuzer angelehntes neues System, das auf den Lehren von Gugomos und Tayssen fußte, vorgestellt und zum Beitritt aufgerufen hatte. Im Anschluss daran gründete er im Oktober 1779 in Heilbronn eine »Winkelloge« mit dem Namen Bund für Rechtschaffenheit, die auch Frauen aufnahm, aber schließlich vom »Karl Eugen, Herzog von Württemberg« verboten wurde. Der Hauptzweck der Winkelloge war, über die Aufnahmegebühren dem durch seinen Umgang mit dem angeblichen Grafen Trourouvre, der im Jahr 1778 in Heilbronn auftauchte, sich chronisch in Geldverlegenheiten befindenden Prinzen zu neuen Mitteln zu verhelfen. Der ursprünglich in der feinen Gesellschaft angesiedelte Bund öffnete sich mehr und mehr Handwerkern und Weinbauern. Erst die Intervention des Herzogs von Württemberg veranlasste den Prinzen, wenigstens dessen Untertanen ihr Geld zurückzugeben, wodurch er sich erheblich verschuldete. Danach vorlor sich jede Spur des Grafen Trourouvre. Prinz Ludwig Georg Karl wurde auf dem »Alten Friedhof« in Darmstadt bestattet (Grabstelle: I Mauer 54/55).

Johann August von Starck

Sein Bruder Georg übernahm nach seiner Rückkehr aus Italien die Führung der Freimaurerloge »Zur weißen Taube« in Darmstadt. Prinz Georg wurde aber unehrenhaft aus der Armee entlassen, heiratete bürgerlich und musste daraufhin in die Verbannung nach Ober-Ungarn gehen, wo er sich in der deutschen Verwaltungsenklave Schüttrisberg-Schemnitz niederließ. Das Amt des Vorsitzenden Meisters ging an Johann August von Starck (1741-1816) über, der 1781 nach Darmstadt übergesiedelt war.

Johann August von Starck war ein deutscher Schriftsteller, Freimaurer, lutherischer Theologe und Generalsuperintendent zu Königsberg in Preußen. 1777 verließ Johann August von Starck Preußen und ging an das Gymnasium von Mitau - ein Zentrum der damaligen Freimaurerei. Aufgrund seiner Ansichten und möglicherweise auch seiner Persönlichkeit wurde er dort bald unbeliebt und siedelte 1781 nach Darmstadt über, wo er den Rest seines Lebens als Hofkaplan und Generalsuperintendent für die Schulen von Gießen und Darmstadt zubrachte.

Am 25. April 1778 wurde durch v. Ditfurth in Gießen die Loge »Ludwig zu den drei goldenen Löwen« gegründet. Am 21.10.1785 schloss sich die Loge dem »Eklektischen Bund« an, trotz der Versuche, die der Stifter des »Klerikalen Systems«, Johann August von Starck in Darmstadt, machte, den Anschluss zu hintertreiben.

Ludiwg I. - Großherzog von Hessen

Ludwig X. wurde 1774 in Moskau Freimaurer durch Aufnahme in die Freimaurerloge »Zur gekrönten Fahne«, die dem System der Strikten Observanz angehörte. Er nahm allmählich die Freimaurerei nicht mehr so wohlwollend wahr, weil sein Schwager u.a. durch angebliche Mitglieder ruiniert wurde und weil die Strikte Observanz als freimaurerisches System gescheitert war. Ungünstig wirkte sich des Weiteren das Verhältnis des Hauses Hessen-Darmstadt zu Preußen aus, was immer wieder den Versuch unternahm Hessen-Darmstadt zu annektieren. Ludwig X. zog sich deshalb aus allen freimaurerischen Tätigkeiten zurück und nahm eine kritische Haltung ein. Am 13. August 1806 trat Ludwig X. dem Rheinbund bei, nahm den Titel eines Großherzogs von Hessen an und benannte sich in Ludwig I. um.

Wilhelmsbader Konvent

Der Wilhelmsbader Konvent von 1782 führte zu einer enormen Schwächung der Strikten Observanz, weil sie sich von der Templermaurerei-Legende loslöste. Die nahtlose und historische Abstammung der Freimaurer von den Tempelrittern, eine Kernfrage des Konvents, musste mangels Beweise verworfen werden. Starck konnte gewisse Spannungen in seiner Loge, die aus dem Konvent erfolgt waren, noch bis Anfang des 19. Jahrhunderts kompensieren, jedoch verlor er Mitglieder. Als Reaktion auf den Konvent gründete sich der Eklektische Bund ab 1783, der zunehmen erstarkte im Rhein-Main-Gebiet.

Eklektischen Bund

Starck war der Verfasser eines 1785 mit heftigen Angriffen gegen die Führer der Strikten Observanz gerichteten Romans namens Saint Nicaise, womit er sich öffentlich von der »Strikten Observanz« distanzierte. Am 21.10.1785 schloss sich die Gießener Freimaurerloge »Ludwig zu den drei goldenen Löwen«, die am 25.04.1778 durch den Freimaurer »Franz Dietrich von Ditfurth« gegründet wurde, dem Eklektischen Bund an. Starck versuchte von Darmstadt aus, den Anschluss zu hintertreiben, was aber nicht mit Erfolg beschieden war. 1811 erfolgte ein Versuch zur Neugründung einer weiteren Freimaurerloge in Darmstadt, die aufgrund des Hauses Hessen-Darmstadt nicht mehr unter der Konstitution der Großen Landesloge stehen durfte.

Quellenangaben

  1. vgl. Carl Bröcker: Die Freimaurer-Logen Deutschlands von 1737 bis einschließlich 1893 Berlin 1894: S. 92; vgl. Winfried Dolzauer (Hg.): Quellen zur Geschichte der deutschen Freimaurerei im 18. Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung des Systems der Strikten Observanz, Frankfurt am Main 1991, S. 343-345.
  2. vgl. Georg Franz Burkhard Kloss: Annalen der Loge zur Einigkeit: (der Englischen Provincial-Loge, so wie der Provincial- und Directorial-Loge des eclectischen Bundes zu Frankfurt am Main. 1742-1811. Eine Festgabe, ausgetheilt bei d. Säcularfeier d. Loge zur Einigkeit am 27. Juni 1842.). Neuauflage. Akadem. Druck- u. Verlagsanst., 1972. S. 192 f.
  3. vgl. Uta Motschmann (Hg.): Handbuch der Berliner Vereine und Gesellschaften 1786-1815, Berlin 2015, S. 271.
  4. vgl. Carl Bröcker: Die Freimaurer-Logen Deutschlands von 1737 bis einschließlich 1893, Berlin 1894: S. 77.
  5. vgl. Karlheinz Gerlach: Die Freimaurer im Alten Preußen 1738-1806 – Die Logen in Berlin, StudienVerlag, Innsbruck 2014: S. 599.
  6. vgl. Carl Bröcker: Die Freimaurer-Logen Deutschlands von 1737 bis einschliesslich 1893, Berlin 1894: S. 78.