Axel Springer

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Axel Cäsar Springer

Quelle: Wikipedia, Artikel dort: „Axel Springer“

(* 2. Mai 1912 in Altona bei Hamburg; † 22. September 1985 in West-Berlin) war ein deutscher Zeitungsverleger sowie Gründer und Inhaber der heutigen Axel Springer AG. Wegen der Machtfülle des Konzerns sowie der Art und Weise, wie Springer diese gebrauchte, gehört er zu den umstrittensten Persönlichkeiten der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Anfänge

Der Vater Axel Springers war der Verleger Hinrich Springer aus Altona, Inhaber des Verlages Hammerich & Lesser, Verleger der "Altonaer Nachrichten" und Schatzmeister der Deutschen Demokratischen Partei (DDP). Axel Springer machte nach dem Besuch eines Realgymnasiums in den Jahren 1928–1932 eine Lehre als Setzer und Drucker im Betrieb seines Vaters. Es folgte ein Volontariat in der Nachrichtenagentur Wolffsches Telegraphen Bureau und der "Bergedorfer Zeitung". 1933 heiratete er die Hamburger Kaufmannstochter Martha Else Meyer. Im selben Jahr kam die gemeinsame Tochter Barbara zur Welt. Die Ehe mit der „Halbjüdin“ Meyer wurde 1938 geschieden. 1933 kehrte Springer zur väterlichen Zeitung "Altonaer Nachrichten", später "Hamburger Neueste Zeitung", zurück. 1937 stieg er zum Chef vom Dienst und stellvertretenden Chefredakteur auf, ehe das Blatt 1941 auf Verfügung der Nationalsozialisten im Rahmen der ersten der drei großen Presse-Stillegungsaktionen aufgrund Papierverknappung eingestellt wurde. 1939 folgte die zweite Ehe mit der Berlinerin Erna Frieda Berta Holm. Ab 1941 arbeitete Axel Springer als Verleger für belletristische Literatur im familieneigenen Verlag. 1941 wurde sein Sohn Axel Junior geboren, der später unter dem Pseudonym Sven Simon als Fotojournalist und Chefredakteur der vom Vater verlegten "Welt am Sonntag" bekannt wurde. Axel Springer blieb aufgrund eines roten Ausmusterungsscheins (dauernde Wehrdienstunfähigkeit) von jeglichem Kriegseinsatz verschont.

Nachkriegszeit

Ende 1945 erhielt Axel Springer zusammen mit seinem Vater von der in Hamburg zuständigen englischen Militärregierung eine Lizenz zur Publikation von Büchern. Springers verlegten zunächst Kalender und ab 1946 die Nordwestdeutschen Hefte, in denen Beiträge des neu gegründeten Nordwestdeutschen Rundfunks (NWDR) gedruckt wurden. Mit der Gründung der Hörzu 1946 begann der Aufstieg seines Imperiums. Zusammen mit dem Verleger John Jahr senior erhielt Springer 1948 die Lizenz für die Zeitschrift Constanze, die ein weiterer Erfolg seines neu gegründeten Verlages wurde. Im selben Jahr gab er das Hamburger Abendblatt als erste vom Hamburger Senat lizenzierte Tageszeitung heraus.

Beim Aufbau des Zeitungsverlages kam es den Springers zupass, dass die Briten in Hamburg das Kommunikationszentrum für ihre Besatzungszone eingerichtet hatten. In Hamburg erschienen auch die ersten Parteizeitungen sowie die Wochenzeitung Die Zeit.

Ab 1950 wurde von Springer das Hamburger Verlagshaus in der Kaiser-Wilhelm-Straße errichtet. Springers Rundfunk- und Fernsehzeitschrift Hörzu erreichte erstmalig eine Auflage von über 1 Million. Im Jahr 1952 konzipierte er sein mediales Erfolgsrezept: Die erste Ausgabe der Boulevardzeitung BILD, die seither täglich erscheint. Die BILD-Zeitung prägt bis heute stark polarisierend das Meinungsbild einer Millionenleserschaft und gilt als auflagenstärkste Zeitung Europas.

1953 heiratete Springer seine dritte Frau Rosemarie Alsen, geborene Lorenz, Tochter von Werner Lorenz. Springers schnell wachsender Medienkonzern kaufte im selben Jahr von den Briten Die Welt, Das Neue Blatt und die Welt am Sonntag. 1956 erfolgte eine Beteiligung an dem Berliner Ullstein Verlag; im selben Jahr erschien die erste Ausgabe der Bild am Sonntag. Um im patriotischen Sinne eine Wiedervereinigung Deutschlands zu erreichen, traf sich Springer 1958 mit dem sowjetischen Staatschef Nikita Chruschtschow. Bis auf ein ausführliches Interview für die Welt blieb das Treffen allerdings ergebnislos.

Im Zuge des Kalten Krieges setzte Springer nun vermehrt Auslandskorrespondenten ein und gründete 1959 den Springer Auslandsdienst (SAD); gleichzeitig übernahm er die Mehrheit an der Ullstein-Gruppe mit den Tageszeitungen B.Z. und Berliner Morgenpost in der geteilten Hauptstadt Berlin.

1960er Jahre

1961 verkaufte Springer seine Anteile an der Zeitschrift Constanze an seinen Verlegerkollegen John Jahr. Im selben Jahr trennte er sich von seiner Frau Rosemarie, um 1962 die vierte Ehe mit Helga Alsen Ludewig-Sarre einzugehen. Aus dieser Ehe stammt Springers Sohn Raimund Nicolaus. In den Jahren 1964/65 übernahm Springer das Boulevardblatt Mittag, die Zeitschriften Bravo und twen, die Sportillustrierte kicker sowie den Münchner Verlag Kindler & Schiermeyer. Sein Generalbevollmächtigter wurde Christian Kracht. Sehr zum Missfallen Axel Springers wurde nun auch das seinem Verlag stets kritisch gegenüberstehende Magazin Der Spiegel in seinem Haus gedruckt. 1966 gründete er die Zeitschrift Eltern.

Privat wie publizistisch setzte sich Springer stark für eine Aussöhnung mit dem jüdischen Volk ein und unternahm mehrere Reisen nach Israel. 1966 eröffnete Springer im Beisein von Bundespräsident Heinrich Lübke sein neu errichtetes Verlagshaus an der Kochstraße (dort heute: Rudi-Dutschke-Straße) Ecke Lindenstraße (dort heute: Axel-Springer-Straße) in Berlin-Kreuzberg in unmittelbarer Nähe zur Berliner Mauer. Die Standortwahl des mehrstöckigen Gebäudes war eine deutliche Kampfansage des Verlegers und sein Fanal gegen das System der DDR. 1967 wurde der Hauptsitz des Verlages komplett dorthin verlegt. Dasselbe Jahr wurde indes auch zu einem der unbequemsten Jahre des Springerverlages: Während Springer im Ausland nach Frieden suchte, blies ihm im eigenen Land mit der Parole „Enteignet Springer!” ein heftiger Sturm entgegen und bildete den Auftakt zu den 68er Studentenunruhen. Überdies wuchs die Kritik an dem die Medien dominierenden Verleger, ausgehend von Intellektuellen und Schriftstellern, wie z. B. der Gruppe 47.

Verlagsintern gab Springer vier Grundsätze[5] aus:

Das unbedingte Eintreten für die friedliche Wiederherstellung der Deutschen Einheit in Freiheit.
Das Herbeiführen einer Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen, hierzu gehört auch die Unterstützung der Lebensrechte des israelischen Volkes.
Die Ablehnung jeglicher Art von politischem Totalitarismus.
Die Verteidigung der freien sozialen Marktwirtschaft.

Nach der Wiedervereinigung wurde der erste Grundsatzpunkt in „Das unbedingte Eintreten für den freiheitlichen Rechtsstaat Deutschland als Mitglied der westlichen Staatengemeinschaft und die Förderung der Einigungsbemühungen der Völker Europas.” geändert. Im Jahr 2001 wurde ein fünfter Grundsatz ergänzt: „Die Unterstützung des transatlantischen Bündnisses und die Solidarität in der freiheitlichen Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika.”[6] Um die Nichtanerkennung der DDR als zweiten deutschen Staat zu betonen, wurde sie in den Springer-Zeitungen auf Anweisung Axel Springers in Anführungszeichen geschrieben.[7]

Nach der Erschießung Benno Ohnesorgs 1967 und der einseitigen Berichterstattung der BILD diesbezüglich begannen die Demonstrationen und Proteste einer vorwiegend linksgerichteten Studentenschaft gegen die, von ihnen als „Springer-Presse” betitelten Publikationen aus dem Springerverlag, vor allem gegen die BILD-Zeitung, die ein eher bürgerliches und wertkonservatives Welt- und Politikbild vermittelte und den Kommunismus sowie die studentische APO sowie den SDS unter Rudi Dutschke entschieden bekämpfte. Weitere Studentenunruhen folgten nach dem Attentat auf Rudi Dutschke 1968. Eine der Parolen war „BILD schoss mit”. Axel Springer wurde „Anstiftung zu Straftaten”, Zensur und Entwürdigung der Studenten und ihrer Positionen vorgeworfen. Die Folge waren Brandanschläge auf Springers Firmenfahrzeuge. Springers engster Mitarbeiter Peter Boenisch schaffte es gerade noch, einen Ansturm von Demonstranten auf das Springergebäude in Hamburg zu verhindern.

1968 übte eine Kommission der Bundesregierung zusätzlichen Druck auf den Zeitungsmogul aus und kritisierte seine Aufweichung der Pressefreiheit in Deutschland. Als Zugeständnis verkaufte Springer daraufhin seine Anteile der Publikationen Bravo, Das Neue Blatt, Eltern, Jasmin, Kicker und twen. Der deutsche Verband der Zeitungsverleger BDZV würdigte dies mit einer Anerkennung. In den beiden Folgejahren trieb Springer die Fusion seiner Subunternehmen Ullstein, Hammerich & Lesser und Axel Springer & Sohn voran und wurde 1970 Alleinaktionär und Aufsichtsratsvorsitzender der Axel Springer Verlag AG, zudem erfolgte der Zukauf der Regionalzeitungen Bergedorfer Zeitung und Lübecker Nachrichten, was erneut den Missmut der Medienwächter erweckte.

1970er Jahre

Bei einem von der Rote Armee Fraktion (RAF) verübten Bombenanschlag auf das Hamburger Springer-Hochhaus 1972 wurden 17 Mitarbeiter verletzt. 1973 weihte Springer in Essen-Kettwig seine sechste Druckerei ein und somit zugleich die damalig größte Offsetdruckerei in Europa. Im selben Jahr wurden Brandanschläge auf Springers Gästehaus in Kampen auf Sylt und auf sein Chalet bei Gstaad verübt. Das Chalet brannte dabei vollständig nieder. Der Täter konnte nicht ermittelt werden, bis sich der Schweizer Autor Daniel de Roulet 2006 zum Anschlag bekannte. 1975 bekam Axel Springer für seine Bemühungen zur Annäherung der Bundesrepublik Deutschland mit Israel die Ehrendoktorwürde der israelischen Bar-Ilan-Universität in Ramat-Gan verliehen. In seinen Konterangriffen gegen den von Springer tief gehassten Kommunismus gründete der Verleger im Jahr 1976 die Zeitschrift Kontinent, in der verfolgte osteuropäische Regimekritiker und Schriftsteller sich äußern und publizieren dürfen. Im selben Jahr folgten die Neugründungen diverser „Special Interest” (Fachjargon für Fachzeitschriften) Publikationen wie Musikjoker, das Ski-Magazin und das Tennis magazin. Überdies kaufte Springer Anteile der Münchner Zeitungs-Verlag GmbH & Co KG. Springers Begehren auf einen Kauf der Mehrheitsanteile an dem Münchener Verlag wurde jedoch wie schon früher vom Bundeskartellamt untersagt, um einer Hegemonie in der deutschen Presselandschaft Einhalt zu gebieten. Im selben Jahr erfolgte eine erneute Auszeichnung Springers durch die Hebräische Universität von Jerusalem. Im folgenden Jahr, 1977, erhielt er die Auszeichnung der American Friendship Medal für die freundschaftliche Position seiner Presse zur USA. Zur selben Zeit demontierte der kritische Journalist und Schriftsteller Günter Wallraff mit seinem Enthüllungsbuch Der Aufmacher die BILD-Zeitung. Die sozialkritische Dokumentation Wallraffs deckte die Kehrseiten der Springerpresse und ihre Methoden auf und warf einen dunklen Schatten auf den Medienzaren. Der von der BILD-Zeitung gegen Wallraff geführte Prozess dauerte noch bis 1981 an und wurde am Ende zu Wallraffs Gunsten entschieden.

Weitere negative Nachrichten erreichten Axel Springer, als sein Verlag 1978 zu schätzungsweise 50.000 DM Schmerzensgeld verurteilt wurde, nachdem die BILD-Zeitung in ihrer Berichterstattung über den Mord am Chef der Dresdner Bank Jürgen Ponto die Studentin Eleonore Poensgen als Terroristin diffamiert hatte. Im gleichen Jahr gründete Springer das Journal für die Frau. 1978 heiratete er seine fünfte und letzte Frau Friede Riewerts. Für seine konsequente Unterstützung Israels bekam Springer viel Anerkennung aus Israel und er wurde der erste Träger der Leo-Baeck-Medaille für die Aussöhnung zwischen Deutschen und Juden.

1980er Jahre und Tod

Die 1980er Jahre begannen für Springer mit einem Trauerfall: Sein Sohn Axel Springer jr., der unter dem Namen Sven Simon als Sportfotograf und interim auch als Chefredakteur der Welt am Sonntag bekannt war, beging am 3. Januar 1980 auf einer Parkbank in Altona Suizid. Dieses Ereignis belastete den Vater schwer. In der Folgezeit zog sich der Verleger zunehmend auf sein Anwesen auf Sylt zurück und übergab nach und nach das Zepter für sein Zeitungsimperium an verlagsinterne Vertraute wie Peter Boenisch und Günter Prinz sowie an seine Frau Friede und stieß weitere Anteile seines Verlages ab. Im Folgejahr 1981 bekam Springer die Ehrendoktorwürde der Universität Boston und den Konrad-Adenauer-Preis der Deutschlandstiftung verliehen. 1982 erhielt er die Berliner Ernst-Reuter-Medaille. Ein erneutes Veto des Kartellamtes ließ zunächst den Verkauf von Springers eigenen Anteilen am Burda-Verlag scheitern; schließlich wurde dem Verkauf 1983 doch zugestimmt. Im selben Jahr gingen Springers letzte mitkonzipierte Publikationen Bild der Frau und die TV-Illustrierte Bildwoche (wiederum als Scheinkonkurrenz zur HÖRZU) an den Start. Als erster Deutscher erhielt der Verleger den Ehrentitel „Bewahrer Jerusalems”. In der Folgezeit wurde es ruhiger um Springer; der Publizist zog sich vom öffentlichen Publikum zurück. 1985 veräußerte er 49 Prozent des Gesamtkapitals seines Verlagsimperiums an verschiedene Interessenten; der Springerverlag ging an die Börse.

Am 22. September 1985 verstarb Axel Cäsar Springer in West-Berlin und wurde vom Bischof der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche, Jobst Schöne, auf dem Evangelischen Kirchhof Berlin-Nikolassee beerdigt.

Nachtrag und Anmerkungen

Heute wird das Erbe Axel Springers überwiegend von seiner fünften Ehefrau Friede Springer verwaltet.

Architektonisch interessant ist unter anderem eines seiner Wohnhäuser in Hamburg im Grotiusweg 79. Als „Claremont House“ (so getauft durch die heutige Eigentümerin Galathea Bisterfeld von Meer) bekannt, geisterte dessen Verkaufsangebot in den letzten Jahren mehrmals durch die Medien. Ehemals zu diesem Besitz gehörig ist das Objekt Grotiusweg 75–77, auch bekannt als Villa Michaelsen (Entwurf Karl Schneider), welche heute das Puppenmuseum Elke Dröscher beheimatet. Ein weiteres Wohnhaus aus den 1950er Jahren dient heute als Clubhaus des Segelclub Rhe.

Von Think Tanks und Brückenbauern: Axel Springer und sein »freimaurerisches Geheimnis« – ein ›prominentes Lehrstück‹?

Quelle: Blog Philip Militz


2012 jährt sich zum 100. mal der Geburtstag eines der umstrittensten Unternehmer unserer Zeit. Auch zu diesem Anlass ist über Axel Springer wieder viel geschrieben worden. Das Bundesfinanzministerium hat dem Mann, der u. a. die BILD-Zeitung erfunden hat, sogar eine Sonderbriefmarke gewidmet. Aber wie schon im letzten Jahr vermutet wurde eines mal wieder nicht erwähnt (und auch der Verleger selbst hat m. W. nie offen drüber gesprochen): Axel Springer war Freimaurer. Er wurde 1958 in die Hamburger Loge »Die Brückenbauer« aufgenommen – eine ›Verbindung‹, die Verschwörungstheoretiker elektrisieren dürfte.

Die Loge »Die Brückenbauer« ist in der Geschichte der deutschen Freimaurerei ziemlich einzigartig: Sie wurde vor 60 Jahren bewusst als eine Art ›Think Tank‹ gegründet. Auslöser waren angeblich Mitte 1949 zwei Sätze des Bruders und damaligen Bundesjustizministers Thomas Dehler:

Es müssten »Wege gefunden werden, um die DIE Persönlichkeiten für den Bund zu gewinnen, die hohe Verantwortung in Staat und Wirtschaft trügen. Dies sei für das Land nach der Zeit des NS-Regimes notwendig.« wird Dehler im Gespräch mit Theodor Vogel, dem Initiator des ersten Dachverbands der Deutschen Großlogen, in einer Festschrift der Brückenbauer zitiert. Und weiter: »Wir müssen in den Aufbau der Bundesrepublik freimaurerisches Gedankengut einbringen. Am besten wäre, wir würden unsere Verantwortlichen in einer Loge zusammenschließen.«

1952/53 wurde dann genau zu diesem Zweck die Loge »die Brückenbauer« gegründet und Theodor Vogel zum Meister erkoren. Der umtriebige Freimaurer und Unternehmer arbeitete auch hier wieder außerordentlich effektiv und nahm die ›BRD-Prominenz‹ ins Visier:

1958 gelang Vogel der wahrscheinlich größte ›Coup‹: Die Aufnahme des Verlegers Axel Springer und des Vizepräsidenten des Weltärztebundes Dr. Ernst Fromm. Es folgten ein seinerzeitiger Opernstar namens Lawrence Winters, der FDP Bundesfinanzminister Fritz Dahlgrün sowie der Leiter der Deutschen Presseagentur und SPD-Bundestagsabgeordnete Fritz Sänger.

Die ursprüngliche Rechnung schien damit zunächst aufzugehen: Sänger soll bspw. angeblich bei der Erarbeitung des »Godesberger Programms« freimaurerische Ideen und Ideale eingebracht haben. Er wird jedenfalls in einem Festschrift-Artikel der Brückenbauer von Rolf Appel wie folgt zitiert:

»Ich habe versucht, die ethischen Gedanken der Freimaurerei ins politische Leben einzubringen. So ist etwas von dem, was ich bei den ›Brückenbauern‹ erfahren habe, in die Politik übertragen worden.«

Das scheint Sänger tatsächlich gelungen:

Mit dem Godesberger Programm bekannte sich die SPD von 1959 bis 1989 lt. Wikipedia u. a. zum »Grundgesetz« der jungen Bundesrepublik, zu »Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität« zur »christlichen Ethik, dem Humanismus und der klassischen Philosophie« als »ideengeschichtlichen Wurzeln«. Und weiter: »Krieg wird als Mittel der Politik abgelehnt. Eine ›internationale Rechtsordnung‹ solle das Zusammenleben der Völker regeln. (…) Jede Macht, auch wirtschaftliche Macht, müsse öffentlich kontrolliert werden, geschehe dies nicht, sei Demokratie ebenfalls gefährdet.«

Sätze, die sicherlich auch Axel Springer gutgeheißen hätte.

Inwiefern aber auch er sich bei seiner Arbeit von freimaurerischen Idealen leiten ließ, ist nicht offensichtlich dokumentiert.

Auffällig ist allerdings, dass der Kampf für Freiheit und die Suche nach allgemeingültigen Werten das zentrale Lebens-Thema des Verlegers wurde. Dabei ging er jedoch spätestens nach einer erschütternden Moskau-Reise im Januar ’58 (»Das zentrale politische Ereignis meines Lebens«) ziemlich ›verbissen‹ vor: Er stellte fortan seine gesamte Medienmacht in den Dienst seines ›Freiheits-Kampfes‹, was ihm mehr und mehr Kritiker einbrachte. Einer der schärfsten war anfangs noch sein Mistreiter: Der konservative Publizist Paul Sethe.

Springer hatte ihn 1955 zum Politik-Ressortchef seiner Tageszeitung »Die Welt« ernannt. Doch als sich der Verleger nach seiner Moskau-Reise mit seiner gesamten Presse-Armada auf ›Gegner‹ einschoss, zum Hardliner und »Kalten Krieger« wurde, probte Paul Sethe den Aufstand. Stereotypes schwarz-weiß Denken war dem renommierten Intellektuellen zuwider. Er wollte in der Phase des ›Tauwetters‹ lieber auf Dialog statt Konfrontation setzen. »Ich muss mich von Sethe trennen, er macht mir die Wiedervereinigung kaputt«, soll sich Springer damals laut einem Spiegel-Artikel notiert haben.

Sethe ging 1960 freiwillig von Bord, kam noch mal zurück, verließ Springers Polit-Flagschiff 1962 aber endgültig. Begründung: Das Gefühl für schriftstellerische Qualität, für die Individualität von Journalisten sei Axel Springer damals gänzlich abgegangen, er sei zum Propheten geworden, der Gehorsam fordert.

Zur Berühmtheit hat es aber vor allem dieser Satz gebracht: »Pressefreiheit ist die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten« – am 5. Mai 1965 in einem Spiegel-Leserbrief Sethes zu lesen! Und weiter: »Da die Herstellung von Zeitungen und Zeitschriften immer größeres Kapital erfordert, wird der Kreis der Personen, die Presseorgane herausgeben, immer kleiner. Damit wird unsere Abhängigkeit immer größer und immer gefährlicher.« Was Sethe wohl zu Berlusconi und Murdoch gesagt hätte? Jedenfalls sind es heute sicherlich weitaus weniger als »200 reiche Leute« – aber inzwischen gibt’s ja wenigstens das Internet mit seinen Bloggern!

Besonders interessant ist aber, dass Paul Sethe ausgerechnet Anfang der 60er ebenfalls bei den »Brückenbauern« aufgenommen wurde. Also just in dem Jahr, in dem er das erste mal Springers »Welt« verließ. Der Verleger hätte die Aufnahme mit einem »Nein« durchaus verhindern können: Über Interessenten wird traditionell anonym abgestimmt – es müssen eigentlich immer ALLE Brüder mit einer Aufnahme einverstanden sein.

›Bruder Paul‹ soll jedenfalls laut Brückenbauer-Festschrift einer der »anregendsten und belebendsten Teilnehmer der Colloquien« geworden sein – jenen institutionalisierten Logen-Gesprächsrunden, die auf Bitten Springers in sein Privathaus verlegt worden waren. Ob nun mit »anregend« und »belebend« vor allem Diskussionen zwischen Springer und Sethe gemeint waren, ist leider nicht überliefert – auch nicht, welche Auswirkungen der berufliche ›Bruder-Zwist‹ auf das Logenleben der Brückenbauer hatte, wohl aber, wie es mit der Loge weiterging:

»Das Schwergewicht der Logenveranstaltungen wandelte sich mehr und mehr auf die Colloquien, die Tempelarbeiten blieben zurück (…) Es fehlte die maurerische Substanz. Das einst so hochgesteckte Ziel, eine Brücke zu bauen, um die freimaurerischen Ideale in unserer Gesellschaft zu verankern, konnte nicht mehr verfolgt werden«, berichtete Rolf Appel 2002 als letzter Zeitzeuge in der 50er-Festschrift der Brückenbauer.

Und damit kommen wir auch zur Moral von der G’schicht:

1.) Man kann über Axel Springer (der als »Journalist, Freiheitskämpfer, Patriot und Gottsucher« in die Geschichte eingehen wollte) denken, was man will: Gerade weil er bis heute so umstritten ist, ist er auf jeden Fall eine der interessantesten Persönlichkeiten des letzten Jahrhunderts. Und genau das zeigt m. E. auch das obige ZDF Interview von 1982. Ob Axel Springer unterm Strich am Ende wirklich etwas bewegen konnte, ist schwer zu sagen: Manchmal scheint’s, als habe er einige der ›Geister‹, die er bekämpft hat, zum Teil selbst ›gerufen‹. Br. Paul Sethe würde vermutlich genau in diesem Punkt zustimmen. Aber es war nunmal eine unvorstellbar andere Zeit, weshalb ich mir kein Urteil erlaube.

2.) Wer Logen schon immer für Kungel-Clubs und Verschwörer-Zirkel gehalten hat, dürfte sich natürlich gerade durch die Gründungsjahre der ›Brückenbauer‹ bestätigt sehen – der mächtigste deutsche Verleger, der Chef der DPA, ein Bundesjustizminister und viele Politiker im selben Verein? Nasiehstewohl! Wohlwollendere Geister finden dagegen im beruflichen Bruder-Zwist Springer/Sethe nur eine weitere Bestätigung dafür, dass Freimaurerei tatsächlich erfolgreich »Einheit in Vielfalt« probt, unterschiedliche Menschen an einen Tisch und in gedanklichen Austausch bringt, ohne Gleichmacherei zu betreiben. Jedenfalls konnten sich der Publizist und der Verleger offenbar zumindest noch am Logen-Tisch auf Augenhöhe begegnen, obwohl sie es bereits ablehnten, ›Schreibtische‹ miteinander zu teilen.

Fazit: Es ist also auch heute wie damals: Jeder kann auch in Zukunft über Freimaurerei glauben was er will.

Ach ja, und apropos »glauben«:

Die den berühmt-berüchtigten Brüdern nachfolgenden ›Brückenbauer‹ glaubten offenbar zum 50jährigen, dass die Konzeption ihrer Loge als ›Think Tank‹ wohl doch kein Segen war. Noch einmal aus der offiziellen Festschrift der damals schon über 80jährige Zeitzeuge Rolf Appel:

»Wir haben daraus zu lernen. Für Freimaurerei darf nicht geworben werden. Freimaurerei ist auch keine Sache der Euphorie, wie begeistert wir auch sein mögen. Freimaurerei ist eine Sache der ständigen Pflege der Bruderschaft und eines beharrlichen Wachstums. Die Brüder Beamten [Anm.: die gewählten Ehrenamtsinhaber der Loge], denen das Vertrauen der Bruderschaft gegeben wurde, haben der Bruderschaft zu dienen, nicht, in dem sie lediglich das Ritual beherrschen, sondern indem sie es so vortragen, dass der einzelne Bruder (…) gerne wiederkommt. Je tiefer dabei in die Gründe des Rituals hinabgestiegen wird, desto gesünder ist die Loge. Aber zugleich dürfen gerade wir ein uns anvertrautes Erbe nicht vernachlässigen, das der Aufklärung, der Anwendung der Vernunft, und dass sich jede Behauptung der kritischen Vernunft stellen muss. (…) Aber auch das habe ich gelernt: Es gibt noch eine tiefere Wirklichkeit als die der Realität, eine höhere Weisheit, als Instruktionen zu vermitteln vermögen. Man kann sie gewinnen durch recht geübte und erlebte Freimaurerei. Die »Brückenbauer« bemühen sich hierum.«

Siehe auch