Carl von Ossietzky

Aus Freimaurer-Wiki
Die Erinnerung an Carl von Ossietzky, 1936 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, droht zu verblassen. Seine Kritik an einer deutschen Außenpolitik, die sich auf gewaltorientierte Maßnahmen stützt, ist unerwünscht. Sie gehört inzwischen zu dem Tabu einer neuen deutschen Europa- und Weltpolitik, die auf gewaltgestützte Methoden zurückgreift. Auch in innenpolitischer Hinsicht dürfte es sich als schwerer Fehler erweisen, Ossietzky erneut beiseite zu schieben oder gar als „Störenfried“ abzutun. Von einer sozial gerechten Republik sind wir weit entfernt – es herrscht Lehrer- und Wohnungsmangel, die Mieten steigen ins Unermessliche, die Alters- und Krankenpflege liegen im Argen, Kindergartenplätze fehlen en masse, Schulen verrotten, viele Schwimmbäder werden geschlossen. Ossietzky hat einst vor den für eine Demokratie verheerenden politischen Folgen einer solchen Misere gewarnt. Die neue Biographie von Werner Boldt macht deutlich, in welchem Maße sich die Weimarer Republik immer mehr von dem Anspruch entfernte, den vielen verarmten, deklassierten, arbeitslosen, ins Abseits gestellten Menschen zu helfen – und statt dessen mehr Geld für die Rüstung, für eine trügerische und gefährliche Wehrhaftmachung und -bereitschaft ausgab, ehemals regierenden Fürsten, darunter den Hohenzollern, staatlichen Besitz als privates Eigentum zusprach, die ostelbischen Großgrundbesitzer mit einem grandiosen Subventionsprogramm sanierte und überhaupt die Reichen bevorteilte. Ebenso früh warnte Ossietzky vor einer „Genesis der deutschen Reaktion“, ihrer deutschtümelnden Primitivität, Dreistigkeit, Vitalität und ihrem Anspruch, sich „ihr“ Land zurückzuholen und ihm ihren Stempel aufzudrücken. Den Demokraten hielt er vor, keine Größe und kein Temperament zu haben, ohne Schwung und Selbstvertrauen zu sein, Der Autor Werner Boldt, Jg. 1935, Dr. phil. und Professor i.R. für Geschichte und ihre Didaktik an der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg, Mitbegründer der Zeitschrift „Geschichtsdidaktik“ sowie Mitarbeiter an der Gedenkstätte „Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager“ in Papenburg, Mitherausgeber der Gesamtausgabe „Carl von Ossietzky – Sämtliche Schriften“ (1994) sowie Autor zahlreicher Publikationen zu Ossietzky. vom Kompromiss und von Konzessionen an nationale Gepflogenheiten und militärische Mentalitäten zu zehren, zu wenig zur Verteidigung republikanischer Errungenschaften zu tun. Auch empfand er ihre Haltung, Grenzen revidieren oder schützen zu wollen, statt sie zu überwinden und unsichtbar zu machen, als antieuropäisch. Wie kommt es, dass sich viele politische Meinungsträger, die politische Bildung sowie die Traditionspflege nicht an Ossietzky, sondern mehr an den widerständigen Offizieren des 20. Juli 1944 orientieren, die nicht aus demokratischer Überzeugung handelten und sich sogar für antisemitische Einflüsse offen zeigten? Offenbar verfügt die Demokratie in Deutschland trotz vielfach vorgeführten, aber fassadenhaft wirkenden Selbstbewusstseins noch über keine wirklich erprobte Moralität und Wurzelkraft. Es ist Zeit, sich nicht weiter mit allzu glatten Formeln über das Scheitern der ersten deutschen Republik zufrieden zu geben und statt dessen nach Antworten zu suchen, wie die gegenwärtige Bedrohung unserer Demokratie abzuwehren ist – und Ossietzky zu Rate ziehen. Die Biographie Werner Boldts lässt ihn dazu profund zu Wort kommen. Donat


»Der Krieg ist ein besseres Geschäft als der Friede. Ich habe noch niemanden gekannt, der sich zur Stillung seiner Geldgier auf Erhaltung und Förderung des Friedens geworfen hätte. Die beutegierige Canaille hat von eh und je auf Krieg spekuliert.«

Carl von Ossietzky in der Weltbühne vom 8. Dezember 1931

Carl von Ossietzky

(Publizist; aus einer seiner Logenreden)

"Wir wollen alle Vorurteile, allen Hass, Hader und Habgier, alle kriegerischen Instinkte, alle törichten Rassen – und Nationaldünkel aus unseren Herzen und Hirnen reißen, denn sie sind Reste vergangener Kulturstufen und für die Gegenwart und Zukunft schädlich. Wir wollen die Gemeinschaft der Menschen freudig als die Grundlage unserer Sittlichkeit anerkennen, denn wir sind alle Menschen, gleicher Art und gleichen Wesens. Wir wissen, woher wir kamen; wir ahnen, wohin wir gehen und wir sind Mittler zum Leben, meine Brüder. Wir wollen Mitkämpfer, Förderer und Führer all’ jener Bewegungen sein, in denen ein freies Menschentum nach sinnvoller Gestaltung des Daseins strebt, sei es in bewährten alten, sei es in unseren neuen Formen. Werden Menschen neuer Lebensanschauung ihrer Überzeugung Willen verfolgt, so muss der Bund seine Streiter auf den Plan senden, um zu schützen oder nach Kräften zu stützen"

Eine Einordnung dieser Rede von (wahrscheinlich) Carl von Ossietzky erfolgt in Teil 2 der Biografie auf www.carl-ossietzky.de.

Freimaurerbund zur aufgehenden Sonne

Verurteilung und KZ-Haft

Quelle: Wikipedia, Artikel dort: „Carl von Ossietzky“

In den Blickpunkt der internationalen Öffentlichkeit geriet Ossietzky schließlich durch seine Anklage im so genannten Weltbühne-Prozess. Der Artikel, der zu der Anklage geführt hatte, war bereits im März 1929 erschienen und hatte die verbotene Aufrüstung der Reichswehr aufgedeckt. Ende 1931 wurden Ossietzky und der Flugzeugexperte Walter Kreiser schließlich wegen Verrats militärischer Geheimnisse zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt.

...Ossietzky wurde im Frühjahr 1934 mit weiteren bekannten Häftlingen vom Konzentrationslager Sonnenburg bei Küstrin in das KZ Esterwegen im nördlichen Emsland verlegt. Dort mussten die Gefangenen unter unerträglichen Bedingungen die dortigen Moore umgraben. Ende 1934 wurde der völlig abgemagerte Ossietzky in das Krankenrevier verlegt. Dem Bericht eines Mithäftlings zufolge sollte Ossietzky im Krankenlager durch Spritzen getötet werden. Ob Ossietzky aber, wie der Häftling behauptet, tatsächlich Tuberkulose-Bazillen injiziert wurden, ist nicht zweifelsfrei erwiesen. Im Herbst 1935 besuchte der Schweizer Diplomat Carl Jacob Burckhardt das KZ Esterwegen. Dabei gelang es ihm, auch Ossietzky zu treffen, den er anschließend als ein „zitterndes, totenblasses Etwas, ein Wesen, das gefühllos zu sein schien, ein Auge verschwollen, die Zähne anscheinend eingeschlagen“ beschrieb. Ossietzky sagte zu Burckhardt:

„Danke, sagen Sie den Freunden, ich sei am Ende, es ist bald vorüber, bald aus, das ist gut. […] Danke, ich habe einmal Nachricht erhalten, meine Frau war einmal hier; ich wollte den Frieden.“
– Carl von Ossietzky

Aufgrund der ... öffentlichen Aufrufe wurde Ossietzky schließlich im Mai 1936 in das Berliner Staatskrankenhaus der Polizei überführt, wo eine schwere offene Lungentuberkulose im fortgeschrittenen Zustand diagnostiziert wurde.

Mahnmal im ehem. KZ Esterwegen

Am 4. Mai 1938 starb Ossietzky im Krankenhaus Nordend (Berlin-Niederschönhausen) an den Folgen der Tuberkulose. Er hinterließ seine Frau Maud und seine Tochter Rosalinde, die über England nach Schweden hatte emigrieren können.

Carl von Ossietzky

Carl von Ossietzky, am 3. Oktober 1889 in Hamburg geboren, war Bruder der Hamburger Loge „Menschentum", der er im April 1919 beigetreten war. Bruder von Ossietzky war Journalist und Schriftsteller, er war Mitherausgeber und späterer Chefredakteur der unabhängigen Wochenschrift für Politik, Kunst und Wissenschaft „Die Weltbühne". Er war ein unerschrockener Kämpfer für Frieden und Freiheit. Wegen der unter seiner verantwortlichen Redaktion veröffentlichten Artikel, die der Aufdeckung der geheimen Aufrüstung der Wehrmacht galten („Windiges aus der Luftfahrt", März 1929, Autor Walter Kreiser), wurde er im Herbst 1931 vom Reichsgericht wegen Verrats militärischer Geheimnisse angeklagt und zu einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Das rief helle Empörung in der ganzen zivilisierten Welt hervor.

Thomas Mann schrieb dazu: „Dieses Urteil war kein Rechtsspruch, sondern ein politischer Akt." Am 10. Mai 1932 trat Bruder von Ossietzky seine Strafe an und wurde am 23. Dezember amnestiert. Aber schon im Morgengrauen des 28. Februar 1933, in der Nacht des Reichstagsbrandes, wurde er von den Nationalsozialisten erneut verhaftet und in die Konzentrationslager Sonnenburg und Papenburg gebracht. Die Nachrichten, die über seinen Gesundheitszustand nur schwer nach außen drangen, waren beunruhigend, ja alarmierend. Sie ließen keinen Zweifel darüber zu, daß Bruder Ossietzky Folterungen ausgesetzt war. Alle Versuche internationaler humanitärer und pazifistischer Organisationen, seine Überführung in ein reguläres Krankenhaus zu erreichen, blieben erfolglos. Erst im Oktober 1935 verschaffte sich der Schweizer Historiker und Diplomat Carl Jacob Burckhardt, als Mitglied und im Auftrage des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes, Zugang zu dem Lager und verlangte Herrn Ossietzky zu sehen und ohne Zeugen zu sprechen. Er schreibt über seinen Besuch: „Nach zehn Minuten kamen zwei SS-Leute, die einen kleinen Mann mehr schleppten und trugen als heranführten.

Ein zitterndes, totenblasses Etwas, ein Wesen, das gefühllos zu sein schien, ein Auge geschwollen, die Zähne anscheinend eingeschlagen, er schleppte ein gebrochenes, schlecht ausgeheiltes Bein. Vor mir, gerade noch lebend, stand ein Mensch, der an der äußersten Grenze des Tragbaren angelangt war."

Als Bruder Ossietzky im Jahre 1936 den Friedensnobelpreis für 1935 erhielt, wurde ihm nicht erlaubt, diesen Preis anzunehmen, und die nationalsozialistische Regierung verbot daraufhin allen Reichsdeutschen die Annahme eines Nobelpreises.

Die immer wiederholten und besonders nach der Verleihung des Friedensnobelpreises stärker werdenden Interventionen internationaler Organisationen und namhafter Politiker, Gelehrter und Künstler, zwangen die nationalsozialistische Regierung, Bruder Ossietzky in ein Krankenhaus zu überführen. Von dort wurde er am 17. Mai 1936 in ein Privatsanatorium entlassen, wo er noch anderthalb Jahre lebte. Am 4. Mai 1938 ist Bruder Ossietzky dann an den Folgen seiner Mißhandlungen gestorben.

Aus Anlaß seines Todes schrieb Thomas Mann: „Die Nachricht vom Tode Ossietzkys hat auch mich tief berührt und das Gefühl der Ehrerbietung vertiert und für immer befestigt, das sein Schicksal mir einflößte. Seine Person ist in den Augen der Welt zu einem Symbol für das Leiden des freien und freiwilligen Geistes geworden — mit Recht, denn er hat gelitten für das, was ihm gut und menschlich erschien."


Das freut uns: In der Juni-Ausgabe übernimmt das Hanseatische Logenblatt unsere Beiträge über Carl von Ossietzky.


Ein altes Foto vom Herbst 1933 mit Ossietzky im KZ: dritter von rechts (stehend).
Ganz links Leo Müffelmann und rechts der Nazi-Bewacher.

Siehe auch


Weitere inhaltliche Bezüge


Links