Geheimnis und Verrat

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Geheimnis und Verrat

Ein ewiges, ehernes Gesetz gebietet,
daß geistige Wirklichkeit nicht verraten,
sondern erkannt werde.
Martin Beheim-Schwarzbach

Geheimnis und Verrat in der Freimaurerei

Quelle: Internetloge


Gibt es ein Geheimnis der Freimaurerei? Die Gegner behaupten es.

Sie müssen es ja wissen, da sie nicht eingeweiht sind. Stets wissen die Nichteingeweihten am meisten. Es gibt aber doch Geheimnisse der Freimaurerei!

Gewiß, es gibt solche. Es gibt Geheimnisse und ein Geheimnis. Die Geheimnisse betreffen Ritual und Erkennungsmerkmale. Früher waren sie notwendig. Heute haben sie in Kulturländern nur mehr traditionellen Wert. Aber den haben sie auch. Eine gewisse Form ist bei gemeinschaftlicher Verrichtung ernster Dinge nützlich, wertvoll und sogar notwendig. Ein modernes Volk wie die Engländer erhält sorgfältig die Tradition der Form allen möglichen Gelegenheiten.

Formlosigkeit ist kein Symptom der Freiheit, aber sehr oft ein Zeichen mangelnder Erziehung.

Schmeckt Dir der edelste Wein aus einer alten, schmutzigen Kaffeetasse? Du trinkst ihn gerne aus edlem Kristall? Warum? Aus einem Formgefühl heraus, das zu erhalten, ja zu pflegen, wertvoll ist.

Die kleinen Geheimnisse der Freimaurerei sind nichts anderes als liebevoll bewahrte Form aus jenen Zeiten, da es noch Mannesmut bedurfte, Freimaurer zu sein. Sie sollen gepflegt und gehegt und nicht verraten werden. Der Mensch liebt irgendein Arkanum, ein ihm Heiliges, das nicht Eigentum der Allgemeinheit ist. In dieser Zeit der Käuflichkeit ist es ein Genuß, sich im Besitze eines Nicht-Käuflichen zu wissen. Es ist auch erzieherisch für Männer (die meist ebenso geschwätzig sind wie die Frauen, über die sie sich so erhaben dünken), ein Geheimnis bewahren zu müssen.

Ein durchaus harmloses, in keinerlei Konflikte mit Staat oder Gesellschaft führendes Geheimnis.

Auch der Freimaurer soll hinter den kleinen Geheimnissen nicht mehr suchen, als sie sind. Er soll nicht in diese Geheimnisse noch hineingeheimnissen. Er soll sich nicht wichtig machen mit ihnen ganz und dadurch die Gegner womöglich auf den Gedanken bringen, daß diese kleinen Geheimnisse der Form eine für die Allgemeinheit in Frage kommende Bedeutung hätten.

Es gibt Kinder unter den Freimaurern, die im Geheimniskram das Wesen der Freimaurerei sehen. Das kommt daher, daß sie vom eigentlichen Wesen der Königlichen Kunst keine Ahnung haben. Dieses Wesen läßt sich nicht "erlernen", sondern nur "erleben". Und wer es nicht erlebt, wird es nie kennen. Seht, es gibt Nichtfreimaurer, die das Wesen der Königlichen Kunst erleben, und es gibt Freimaurer, die es nicht erleben!"

Mit diesen Sätzen werden wir in dem Buch "Das Geheimnis des Freimaurers" von dem Freimaurer Franz Carl Endres mitten in unser Thema geführt. Josef Schauberg ergänzt in "Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei", Band II, 1861 - Vorwort:

"Unsere Gebräuche sind durch den Druck der Welt bekannt geworden: ihre Geheimhaltung kann also durch keinen Eid mehr versprochen werden. Das einzige Geheimniss, was noch in der Bruderschaft liegt, ist das Wesen und die Tendenz der Freimaurerei, und die Geschichte ihres Ursprungs und ihrer Fortschritte. Wer das Wesen und die Tendenz der Freimaurerei unter Leitung unserer Symbole in seinem Innersten gefunden hat, der kann es durch Aussprechung nicht entheiligen; denn er wird von Denen, die es noch suchen, nicht verstanden."

Alles schon verraten?

In Band II. Kapitel XLVII S. 315 erweitert dann Schauberg und spricht die Verräterschriften sowie den antiquarischen Vertrieb von internen freimaurerischen Schriften an:

"Wen die Rituale der französischen Maurerei und ihrer vielen Grade interessiren, kann das grosse Geheimniss zu Paris öffentlich in fast jeder Buchhandlung beziehen, wie dieses auch schon Heldmann bemerkt hat: aber dessenungeachtet wollen und sollen die deutschen Maurer das Geheimniss noch bewahren oder klagen gar den Bruder als Verräther an, welcher eine öffentliche Sache zu besprechen sich erkühnt. Die neuenglische Grossloge hatte ihr durch Anderson bearbeitetes Constitutionenbuch vom ersten Anfange an durch den Buchhandel veröffentlicht. Bei den Berliner Antiquaren z. B. W. Adolph & Comp. Nr. 59 unter den Linden, sind neben den maurerischen französischen und deutschen Werken auch alle Bücher zu haben, welche nur als Manuscript für die deutschen Brüder gedruckt zu werden pflegen, d. h. dem Titel nach für brüderliche Leser, bestimmt; sogar Mitgliederverzeichnisse einzelner Logen können dort gekauft werden."

Schon 1730 veröffentlichte Samuel Prichard in England die erste sogenannte Verräterschrift "Masonry Dissected" (Zergliederte Freimaurerei), die den ganzen Wortlaut der verschiedenen freimaurerischen Rituale abdruckt und bald ins Deutsche übersetzt wurde. Ein wesentliches Problem für die Öffentlichkeitsdarstellung der Freimaurerei wurden die Verräterschriften nur, wenn sie sich als "unreine Quellen" erwiesen. Wahrheiten, Halbwahrheiten und Unwahrheiten sowie sinnverändernden Auslassungen von Fakten und zusätzlich verzerrenden Kommentaren bzw. Interpretationen wurden dabei miteinander ausgiebig vermischt. In seiner "Maurerischen Bücherkunde, ein Wegweiser durch die Literatur der Freimaurerei" (1886) spricht Reinhold Taute die Verräterschrift "Les Francs-Maçons écrasés, suite du livre intitulé l'ordre des Francs-Maçons trahi. Traduit du latin. Amsterdam (Anton Chareau)" von Abbé Larudan aus dem Jahre 1746 an, welche in vielen Auflagen und Übersetzungen erschien, und stellt fest:

"Dieses Buch brachte zuerst die Sage in die Welt, dass Cromwell die Freimaurerei zu politischen Zwecken erfunden habe und versuchte den Bund bei den Machthabern als eine äusserst gefährliche Gesellschaft zu verdächtigen. Hier findet sich auch zuerst das Ritual des Schottengrades unter der Bezeichnung "les Architectes", das mit geringen Abänderungen dem Schottengrade der stricten Observanz zu Grunde gelegt wurde. Dieses Werk besitzt die unläugbare Auszeichnung, dass es bis in die Neuzeit die trübe Quelle war, aus welcher die Dunkelmänner schöpften."

Dem interessierten Leser sei an dieser Stelle als ein Beispiel die Verräterschrift "Geheime Unternehmungen der Freymaurer, darinne ihr Ursprung und Fortgang, ihr Aufdingen, Loßsprechen, die dabey vorkommenden Ceremonien enthalten sind, und alle bey ihnen gebräuchlichen Allegorien erklärt werden" von Abbé Larudan angeboten, die eine Untermenge an Informationen der angesprochenen französischen Ausgabe enthält.

Wichtige Begriffsabgrenzungen

Um das "Geheimnis" der Freimaurerei weiter untersuchen zu können, müssen wir jetzt erst einmal den Begriffsbereich um das "Geheimnis" näher beleuchten:

  • Geheimnis, allgemein: das mit den Mitteln der menschlichen Vernunft (Ratio) allein nicht Erklärbare; im Neuen Testament der Ratschluss und Heilsplan Gottes, durch Jesus Christus das Heil zu wirken (Mysterium). (Brockhaus 2002)
  • Geheimnis, Recht: Kenntnis, die auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt ist. Die Bewahrung von Geheimnissen im Sinne eines Sachverhalts, dessen Geheimhaltung durch Gesetz, dienstliche Anordnung oder aus der Natur der Sache geboten ist (z.B. Amts-, Bank-, Beicht-, Berufs-, Betriebs-, Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis, Staatsgeheimnis), ist in vielen Fällen Rechtspflicht. Ihre Verletzung (Geheimnisverrat) kann straf-, disziplinar- oder haftungsrechtliche Folgen haben. (Brockhaus 2002)
  • Geheimnis, jede Kenntnis, die man als irgendeinem Grund verborgen halten will, besonders diejenige, die auf einen bestimmten Kreis von Wissenden beschränkt bleiben soll, so daß eine Mitteilung an einen anderen nur durch eine Pflichtverletzung möglich ist. Esoterisch unterscheidet man das Geheimnis vom Mysterium dadurch, daß das erstere gewollt geheimgehalten wird, während das letztere nicht erklärt werden kann. Es ist deshalb unsinnig, wenn in der freimaurerischen Literatur behauptet wird "die Freimaurerei sei an sich ein Geheimnis"; die Freimaurerei ist vielmehr ein Mysterium, zu dessen wirklicher Kenntnis man nur durch die eigene Erfahrung kommen kann. (Miers, Lexikon des Geheimwissens)
  • Mysterium, [lateinisch-griechisch] das, allgemein: Geheimnis, unergründbares Geschehen. (Brockhaus 2002)
  • Mysterium, das Geheimnisvolle im religiösen Sinn, das rein verstandesmäßig nicht analysierbar ist und vor Profanen verborgen bleibt. Die Wortwurzel ist wie bei Mystik das griechische "myo" - ich schließe die Augen. Nicht jedes Mysterium muß im Ritus ausagiert werden. Die Allgemeinbedeutung "Geheimnis" ergibt sich aus der Unmöglichkeit, Geheimnisvolles nachvollziehbar zu formulieren, weshalb die Inhaltsfülle meist nur angedeutet werden kann. Versuche dieser Art in Form eines Kultes führen zu Mysterienfeiern (Mysterienkult). (Nevill Drury, Lexikon esoterischen Wissens)
  • Mysterien (griech.) = Geheimnisse; bei den Griechen gewisse Kultbräuche, an denen nur solche Personen teilnehmen durften, die nach bestimmten Vorbereitungen, ja bei einzelnen erst nach Bestehen vorgeschriebener Prüfungen und nach Ablegung eine Gelübdes der Verschwiegenheit in den Kreis der Eingeweihten aufgenommen wurden. Der besondere Inhalt dieser Mysterien war, soweit die nur mangelhafte Kunde davon reicht, ein doppelter: teils eigentümliche Legenden über Taten und Schicksale der Götter, denen die Mysterien geweiht waren, teils symbolische Gebräuche, indem bei den Festversammlungen der Teilnehmer unter Leitung priesterlichen Personals der Inhalt jener Legenden durch sinnbildliche Aufführungen dargestellt wurde. Ihre Bedeutung beruhte wesenlich ohne Zweifel z. T. sehr mächtigen Eindrücken, die jene Schaustellungen, deren Wirkung besonders durch Beleuchtungseffekte noch gesteigert wurde, auf die Phantasie und das Gemüt der "Schauenden" (=Epopten) ausübten, indem sie in diesen das Gefühl der Reinigung und Heiligung und die tröstliche Hoffnung auf ein Fortleben nach dem Tode in einem seligen Jenseits erweckten. Entgegen einem weitverbreiteten Irrtum hat es noch im Mittelalter Mysterien gegeben und zwar namentlich in Frankreich und Deutschland. (Miers, Lexikon des Geheimwissens)
  • Mysterienkult, im alten Griechenland und Rom Initiationsriten und Zeremonien, deren Inhalt und Praxis geheim war. Berühmt waren die Mysterienkulte von Eleusis und der Insel Samothrake, wo Gottheiten wie Demeter und Persephone, Attis und Kybele sowie Dionysos, die Kabiren, Isis, Serapis und Mithras verehrt wurden. (Nevill Drury, Lexikon esoterischen Wissens)
  • Geheimhaltung, eine der Voraussetzungen esoterischer Schulung. Die erwünschte oder erforderliche Steigerung der psychischen Kräfte verlangt die Tugend der Verschwiegenheit (im Gegensatz der Geschwätzigkeit). Die letzten Geheimnisse können nur diejenigen voll erfassen, die den Reifegrad erreicht haben, weshalb solche Kenntnisse vor der allgemeinen Öffentlichkeit geheimgehalten werden. Eine rein materialistische Burteilung dieses Komplexes scheidet aus. In den vergangenen Jahrhunderten kam noch hinzu, daß sich die Mitglieder esoterischer Gemeinschaften nur durch die strikte Geheimhaltung vor der Verfolgung durch die dogmatischen (und eifersüchtigen) Kirchen bewahren konnten. (Miers, Lexikon des Geheimwissens)
  • Verschwiegenheit: Tatsächlich gilt die Verschwiegenheit für die Freimaurerbrüder als eine der erstrebenswerten Tugenden, die sie üben sollen. Der neu Aufgenommene gelobt Verschwiegenheit über die inneren Angelegenheiten der Loge und des Bundes. Es geht nicht darum, etwas zu verheimlichen. Aber die Einzelheiten des internen Brauchtums, über die der Maurer Verschwiegenheit gelobt, haben vor allem Traditionswert und symbolische Bedeutung. Sie sollen auch deshalb der Öffentlichkeit nicht mitgeteilt werden, weil sie - aus dem Zusammenhang gerissen - mißverständlich oder lächerlich wirken können. Dagegen empfindet der Außenstehende die Verschwiegenheit des Freimaurers über Erkennungszeichen und den Wortlaut des Rituals als Geheimnis und vermutet oft wirtschaftliche, politische und Weltmachtprobleme dahinter. Für den Freirnaurer ist es selbstverständlich, daß er das, was ein Bruder ihm (vielleicht sogar in seelischer Not) anvertraut, ganz allein für sich behält und darüber schweigt. Die gleiche Verschwiegenheit beobachtet der Maurer gegenüber den Dingen, die ihm in der Loge im Vertrauen mitgeteilt werden. (Dosch, Deutsches Freimaurerlexikon)
  • Das Unaussprechliche: Das tatsächliche Geheimnis der Freimaurerei ist ganz anderer Art. Jeder weiß um die Schwierigkeit, das anrührende Erlebnis eines Musikvortrages in Worte zu kleiden. Oder kann man das Aufkeimen und Bewahren einer Liebesbeziehung durch äußerliches Beschreiben ersetzen? Bestimmt nicht! Etwas, was sich in unserem Innern abspielt, was Gemüt und Gefühl bewegt, ist rational nicht zu erfassen. Der Freimaurer versteht unter dem "Geheimnis" die persönliche innere Erfahrung, die er während einer Tempelarbeit subjektiv erlebt. Dieses Erlebnis einer gemeinsamen weihevollen Handlung, dieses innere Angerührtwerden, kann man nicht in Worte bringen. Dieses "Geheimnis" ist nicht aussprechbar und kann darum auch nie verraten" werden. Eine Voraussetzung muß allerdings gegeben sein: Der Freimaurer muß empfänglich für intuitive Eindrücke sein und muß bereit sein, sein Inneres zu öffnen. Schon Goethe sagte hierzu:
Niemand soll und wird es schauen,
Was einander wir vertraut.
Denn auf Schweigen und Vertrauen
Ist der Tempel aufgebaut.

Das Wissen kann sich jeder aneignen, das Erleben und Empfinden sind den Eingeweihten vorbehalten. (Dosch, Deutsches Freimaurerlexikon)

  • Ein offenes Geheimnis: Als "offenes Geheimnis" bezeichnet man etwas, was bereits allgemein bekannt ist, offiziell aber noch geheim gehalten wird: Es ist doch ein offenes Geheimnis, wer neuer Finanzminister wird. Das Ergebnis der Verhandlung ist doch schon lange ein offenes Geheimnis. (Brockhaus 2002)
  • Geheimniskrämerei, es ist eine Tatsache, daß vor 100 Jahren von manchen Brüdern um viele Dinge der Freimaurerei Geheimniskrämerei gemacht wurde. So wußte mitunter noch nicht einmal die Ehefrau (oder Familie), wohin ihr Mann an einem Abend der Woche ging. Diese völlig ungerechtfertigte Einstellung hat dem Bund manchen Schaden zugefügt. Eine solche Haltung ist im heutigen Kommunikativen Zeitalter undenkbar. (Dosch, Deutsches Freimaurerlexikon)
  • Staatsgeheimnisse, Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, die nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und vor einer fremden Macht geheim gehalten werden müssen, um die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit des Staates abzuwenden (§93 Absatz1 StGB). Der Verrat von Staatsgeheimnissen wird als Landesverrat bestraft. Keine Staatsgeheimnisse sind Tatsachen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder, unter Geheimhaltung gegenüber den Vertragspartnern Deutschlands, gegen zwischenstaatlich vereinbarte Rüstungsbeschränkungen verstoßen (so genannte illegale Geheimnisse). Die einfache Offenbarung illegaler Geheimnisse ist straflos; doch macht sich unter Umständen strafbar, wer illegale Geheimnisse einer fremden Macht mitteilt (§97a StGB). Ähnliche Regelungen enthalten das österreichische (§252folgende) und das schweizerische StGB (Artikel 267). (Brockhaus 2002)
  • Geheimbünde, Vereinigungen, deren Struktur, Absichten und Ziele der sozialen Umwelt geheim bleiben sollen. Allen Geheimbünden gemeinsam ist der Besitz eines geheimen Wissens (Geheimlehre), Glaubens und einer geheimen Zwecksetzung, einer oft geheimen hierarchischen Gliederung, bestimmter Aufnahmerituale und einer zumeist symbolischen Geheimsprache (Arkandisziplin). Die Mitglieder sind zur absoluten Verschwiegenheit über Zweck, Rituale, Symbole und Lehraussagen ihres Geheimbundes verpflichtet. Als soziologisch-religiöses Phänomen sind Geheimbünde in allen Epochen der Zivilisationsgeschichte nachweisbar (zum Beispiel antike Mysterien, Rosenkreuzer). Es handelt sich in der Regel um Männerbünde, doch sind auch geheime Frauenvereinigungen besonders in Westafrika (Senegal, Gabun, Nigeria) bekannt. Politische Geheimbünde verschiedenster Zielrichtung mit bis zu Terror und Mord reichenden Methoden und Formen (Untergrund- und Partisanenbewegungen) entstanden seit dem 19.Jahrhundert: u.a. die Carboneria, Camorra, Mafia (in Italien), Comuneros (in Spanien), Fenier, IRA (in Irland), Boxer (in China), Ku-Klux-Klan (in den USA). (Brockhaus 2002)
  • Geheimbündelei, Teilnahme an einer vor der Regierung geheim zu haltenden Verbindung, bis 1968 nach §128 StGB alter Fassung strafbar. (Brockhaus 2002)
  • Geheimkulte, Sammelbezeichnung für rituell tätige esoterische Systeme, deren Arbeitsweise der profanen Öffentlichkeit aus rein esoterischen Gründen unbekannt bleiben soll. (Miers, Lexikon des Geheimwissens)
  • Geheimschrift ist ein System von Buchstaben, Zahlen oder Zeichen, mit deren Hilfe ein Text so verschlüsselt werden kann, daß ihn nur der Kenner des Schlüssels lesen kann. Schon von den alten Juden, Griechen und Römern sind Geheimschriften bekannt. Im Mittelalter kamen Geheimschriften besonders in Mode. Die Chiffre der Illuminaten benutzte einen Zahlencode. Bei den Rosenkreuzern hatte sogar jeder Grad eine besondere Geheimschrift. Die Freimaurerei benutzte vor allem ein magisches Quadrat mit 9 Feldern, woraus die Quadratschrift entstand, "der Schrift durch das Winkelmaß": Wenn man die äußeren Umgrenzungslinien des Quadrats fortläßt, entstehen 9 unterschiedliche rechtwinklige Figuren, in die die Buchstaben des Alphabets eingeschrieben werden. Im einfachsten Fall werden die Buchstaben auf die 9 Felder verteilt und bei doppelter (dreifacher) Belegung ein (zwei) Punkt(e) hineingesetzt. Ältere freimaurerische Schriftstücke, besonders aus der Zeit der Strikten Obersvanz liegen noch in Geheimschrift (Quadratschrift) vor. Seit 100 Jahren hat die Geheimschrift in der Freimaurerei keine Bedeutung mehr. (Dosch, Deutsches Freimaurerlexikon)

Vernichtung der Freimaurerei durch die Enthüllung ihrer Geheimnisse?

Mit dem vorstehenden Wissen ausgerüstet, lassen wir jetzt den ehemaligen General Erich Ludendorff mit seiner Hetzschrift "Vernichtung der Freimaurerei durch die Enthüllung ihrer Geheimnisse" aus dem Jahre 1927, die heute aufgrund ihrer hohen Auflagezahl noch häufig in Antiquariaten und auf Flohmärkten zu finden ist, zu Worte kommen:

Die Veröffentlichung der freimaurerischen "Geheimnisse" ist mir möglich geworden, weil recht viele sogenannte "verräterische Schriften" im Buchhandel und in Bibliotheken zu erhalten sind und sehr vieles enthüllen. Sie sind zum Theil in gleicher Absicht geschrieben, wie diese Schrift, und erschütternd zu lesen. Vor allem aber ist mir - anscheinend von einer Geheimorganisation innerhalb der Freimaurerei - wertvolles Schriftwerk zur Verfügung gestellt. Da es sich in dieser Schrift nicht um Erörterungen persönlicher oder sonstiger privatger Angelegenheiten, sondern um das Wegziehen des Schleiers von Dingen höchster politischer Bedeutung handelt, die der Deutsche erkennen muß, um sich zu retten, gebe ich die "Geheimnisse" der Freimaurerei in einem Umfange wieder, als es die Erreichung meines Zieles erfordert. Weitere Veröffentlichungen sind vorbereitet und liegen an verschiedenen Stellen Deutschlands und des Auslands gesichert bereit. Ich warne die Freimaurer, gegen meine freimaurerischen Gewährsmänner, die das Wohl des Deutschen Volkes höher achten als das Halten eines in Unkenntnis gegebenen unmoralischen Eides oder eidestattlichen Gelübdes, in "freimaurerischer Gerichtsbarkeit" wegen Eidbruchs strafend vorzugehen, oder sie und meine sonstigen Mitarbeiter irgendwie, zum Beispiel wirtschaftlich, gesellschaftlich oder in ihrem rufe zu schädigen, wie sie es in freimaurerischer Bruderliebe eidlich übernommen haben und es freimaurerischer Uebung entspricht.

Fragt man sich nun, warum trotz aller früheren Enthüllungen die Bräuche der Freimaurerei immer wieder Verschwiegenheit verfallen sind, so kann man als "Profaner", d. h. Nichtmaurer (hierzu Fußnote: profanus bedeutet "unheilig", "nicht eingeweiht" (in einen Gottesdienst), "ruchlos", "unheilkündend". Ich überlasse dem nichtfreimaurerischen Leser, eine dieser Bezeichnungen für sich zu wählen.) nur folgende Erklärung dafür finden:

1.Das Ritual ist auch heute noch in seinen Formen eine Burleske und zum Theil so entwürdigend, daß kein Deutscher Mann vor seiner Deutschen Frau, vor seinen Deutschen Kindern und Volksgenossen, aber erst recht nicht eine deutsche Frau vor ihren Angehörigen und Freunden bestehen könnte, zum mindesten wohl kaum vor Spott und Mitleid geschützt wäre, wenn das Ritual bekannt würde. Diese Scheu vor Mitleid, Spott und Schlimmerem ist das erste wirksame "Salomosiegel der Verschwiegenheit" auf der Zunge des Freimaurers.

2.Das Ritual hat aber noch eine andere furchtbare Absicht und Wirkung. Es soll vor allem den Freimaurer, in jedem Grade von neuem, einschüchtern, erschrecken und verblöden. Es offenbart dem Freimaurer erst nach vielen von ihm geforderten Eiden die von ihm übernommenen Pflichten, womit keineswegs gesagt sein soll. daß jeder Freimaurer die Ziele und Wege so klar übersieht, wie der eingeweihte. Das Ritual ist eine fortgesetzte Verängstigung unglaublichster Art aufs Ungewisse hin. Gelübde und feierliche Versicherungen - es wird hierüber noch später eingehend gesprochen werden - sind nur deshalb äußerlich an die Stelle der selbstgesprochenen Droheide getreten, weil sogar der moderne, völlig verfreimauerte Staat sonst wohl nicht in der Lage wäre, solche Feme mit frommen Augenaufschlag zu dulden. Gelübde wie Eide unterwerfen den Freimaurer furchtbaren Strafen, selbst Mordandrohungen, wenn das Gelöbnis der Verschwiegenheit und des Gehorsams gebrochen wird. Ihre Ausführung wird wiederum Freimaurern durch Gelübde auferlegt. So tritt zur Verängstigung, ja zum frevelhaften Spiel mit der Todesfurcht und der Furcht vor anderen grauenhaften Strafen, namenlich in den höheren Graden und in stets steigendem Maße, eine Verschuldung gegenüber den Hoheitsrechten des Staates hinzu. Todesangst und Verstrickung in Schuld sind das zweite und dritte wirksame "Salomosiegel der Verschwiegenheit" auf der Zunge des Freimaurers.

Das eigentliche Anliegen Ludendorffs ist für den aufmerksamen Leser leicht heraus zu arbeiten:

  • "Vernichtung der Freimaurerei durch die Enthüllung ihrer Geheimnisse" kann es nicht gewesen, denn Ludendorff sagt selbst: "Die Veröffentlichung der freimaurerischen "Geheimnisse" ist mir möglich geworden, weil recht viele sogenannte "verräterische Schriften" im Buchhandel und in Bibliotheken zu erhalten sind und sehr vieles enthüllen." Aufgrund der vielen Verräterschriften gab es also führ ihn eigentlich nur "offene Geheimnisse" zu berichten, die sich zur Vernichtung der Freimaurerei als unwirksam erwiesen hatten.
  • Ludendorff erkennt, das trotz "Enthüllungen die Bräuche der Freimaurerei immer wieder Verschwiegenheit verfallen" sind. Es zeigt ihm, daß ein Berichten über diesen Themenkreis die Freimaurerei auf Dauer niemals im eigentlichen Kern getroffen hat.
  • Auch seine Bewertung: "Das Ritual ist eine fortgesetzte Verängstigung unglaublichster Art aufs Ungewisse hin", ist in sich schon unglaubwürdig, denn das "Ungewisse" ist durch die Veröffentlichung der Rituale nicht mehr gegeben.
  • Eigentliches Anliegen kann es daher für Ludendorff nur gewesen sein, sich mit dieser Schrift eine Plattform zur Verunglimpfung der Freimaurerei und für antisemitische Äußerungen zu schaffen. Damit war er dann im politischen Bereich recht erfolgreich.

Zusammenfassung

  • Kennzeichnend für einen Mysterienbund sind Rituale, die über das Erleben von symbolischen Handlungsabläufen, untermauert mit Weisheitsaussagen, Bewußtseinserweiterung vermitteln.
  • Geheimhaltung ist eine der Voraussetzungen esoterischer Schulung. Im Mysterienbund gibt es zwei Arten von Geheimnissen:
    1. Geheimnisse, die sich durch Wort und Schrift ausdrücken lassen, und meistens schriftlich in Ritualen niedergelegt sind, und
    2. Geheimnisse, die sich nur durch das persönliche Erlebnis vermitteln lassen. Diese bilden den eigentlichen Kern des Mysteriums und lassen sich aufgrund ihrer Eigenart nicht verraten.
    Daher können in den Verräterschriften nur Geheimnisse der ersten Art wiedergegeben werden, so daß sie als offene Geheimnisse zu bezeichnen sind. Rituale, Gebräuche sowie Zeichen, Wort und Griff der Freimaurer gehören ebenfalls hier eingeordnet. Ihr Verrat kann die Freimaurerei nicht direkt schädigen. Um die Geheimnisse 2. Art esoterisch mit großer Intensität erleben zu können, sollte sich aber ein Interessierter, der in den Bund der Freimaurer aufgenommen werden möchte, vor seiner Initiation von diesen Informationen fernhalten.
  • Ein Schweigegelübde kann in der okkulten Tradition zum Initiations-Ritual gehören; "wird ein solches Gelübde gebrochen, so daß geheime Wahrheiten offenbar werden, trifft nach Überzeugung der Ordensmitglieder ein "psychischer Schlag" denjenigen, der den Eid gebrochen hat." (Nevill Drury, Lexikon esoterischen Wissens) Aus gleicher Tradition stammen die freimaurerischen Eide.
  • Verschwiegenheit gilt für die Freimaurer als eine der erstrebenswerten Tugenden, die sie üben sollen. Jede Geheimniskrämerei bzw. vordergründige Pflege von Geheimnissen wirkt sich aber auf Dauer innerhalb des Freimaurerbundes negativ aus. Durch Unverständnis bzw. Übertreibung, wozu früher auch das Verfassen von Schriftstücken in Geheimschrift gehörte, wurde in der Vergangenheit zu Recht viel Mißtrauen ausgelöst, welches dann zu Angriffen gegen den Bund der Freimaurer führte.

Betrachten wir abschließend eine besondere Art von Geheimnissen:

Die Geheimnisse der 3. Art

Hier handelt es sich um Informationen, die ursprünglich einem mehr oder weniger großen Personenkreis bekannt gewesen sind. Sie sind nur inzwischen in Vergessenheit geraten. Geheimnisse dieser Art sind vielfach vorhanden. Wir benutzen z. B. unsere Sprache, ohne uns darüber Gedanken zu machen, warum wir dieses oder jenes so bezeichnen und was damit ursprünglich gemeint war. Ähnlich ist es mit den freimaurerischen Ritualen. Sie enthalten teilweise Handlungen und Aussagen, deren jeweiliger Hintergrund nicht als Geheimnis der 3. Art hinterfragt wird. Wenn z. B. bei der rituellen Aufnahmehandlung alle "Metalle" vom Aufzunehmenden abgelegt werden müssen, wird dieses mit einer Bibelstelle im alten Testament (1. Könige 6.7), innerhalb der Baubeschreibung des Salomonischen Tempels, begründet:

"Und als das Haus gebaut wurde, wurde es aus Steinen erbaut, die vom Steinbruch her unbehauen waren. Hammer und Meißel oder irgendein anderes eisernes Werkzeug waren im Haus nicht zu hören, als es erbaut wurde."

Mit der Bibelstelle als Begründung könnte man zufrieden sein. Doch warum wurden keine eisernen Werkzeuge beim Bau des Salomonischen Tempels eingesetzt? Machen wir uns auf die Suche!

Ludwig Blau (1861-1936), Professor an der Landes-Rabbinerschule in Budapest, schreibt 1898 in dem Vorwort seines Buches "Das jüdische Zauberwesen":

"Das altjüdische Zauberwesen bildet an sich einen interessanten Abschnitt in der Geschichte des menschlichen Glaubens und Denkens, bietet aber zugleich den besten Beleg für die Zähigkeit magischer Vorstellungen. Diese wurzeln so tief in der menschlichen Natur, dass sie der jüdische Monotheismus trotz seiner weltgeschichtlichen Triumphe aus dem eigenen Volke nicht gänzlich auszurotten vermochte. Bei dem engen Zusammenhange zwischen Glauben und Zauberei liegt nichts Auffallendes in der Thatsache, dass der Gott Israels, namentlich der vierbuchstabige Gottesname und seine Variationen, in den Zauberpapyri und auf den Abraxasgemmen einen so hervorragenden Platz einnehmen. Mit dem wachsenden Einfluss der jüdischen Religion auf die Welt wuchs auch das Ansehen des fremden Gottes bei den heidnischen Völkern und ihren Zauberern. Den weisen Salomo verehren die Zauberer bis auf den heutigen Tag als ihren König und Urahn."

Die Zauberei war allerdings dem jüdischen Volk verboten, was Ludwig Blau in dem Abschnitt "Die Verbreitung der Zauberei im talmudischen Zeitalter" herausarbeitet:

"Wie wenig das geschriebene Wort gegen die herrschenden Anschauungen der Zeit auszurichten vermag kann nichts so gut beweisen, wie die Geschichte des Zauberwesens bei den Juden. Der Pentateuch (Ex. 22, 18; Lev. 20, 27; Deut. 18, 10 - 13) verbietet bei Todesstrafe jede Art von Wahrsagerei, Orakel, Beschwörung, Zauberei etc."

In dem Kapitel "Zauberdinge und Schutzmittel" führt Ludwig Blau dann aus:

"'Unter den Metallen tritt am meisten das E i s e n hervor. Es bricht in hervorragendem Masse Zauber. Gespenster fürchten sich vor ihm.' Eine ähnliche Bedeutung hatte das Eisen auch bei den alten Juden, wie aus den nachstehenden Beispielen erhellt. 'Wenn man die bösen Geister sehen will, nehme man die Nachgeburt einer erstgeborenen schwarzen Katze, die die Tochter einer erstgeborenen schwarzen Katze ist, verbrenne diese und zerreibe sie und gebe aus der Asche in's Auge, dann sieht man die bösen Geister. Die Asche gebe man in ein eisernes Rohr, versiegele es mit einem ehernen Siegel, sonst könnten die Dämonen es stehlen. Man verschliesse den Mund, damit man nicht beschädigt werde. R. Bibi bar Abaji that so und wurde beschädigt, die Rabbinen beteten für ihn, da wurde er geheilt.' Siegel und Rohr müssen also aus Eisen sein, weil dies Metall die Dämonen abwehrt. ... Die Mücke, welche Titus, wie ein Dämon, durch die Nase in's Gehirn eindrang, stellte das Bohren ein, als sie die Stimme des Hammers hörte. In diese Sage scheinen magische Anschauungen hineinzuspielen. Erz bricht nämlich ebenfalls den Zauber und sein Klang vertreibt die Dämonen."

Aus den vorstehenden Zitaten können wir nun ableiten, daß beim Bau des Salomonischen Tempels bewußt auf das Eisen als Hilfsmittel verzichtet wurde, um jede Verknüpfung zur Magie von vornherein auszuschließen!

Nachsatz:

Freimaurer-Rituale sind u. a. im Internet veröffentlicht.