Maria Theresia und die Freimaurer

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Vierzig Jahre lang regierte die 1717 geborene Maria Theresia das Habsburgerimperium: von 1740 bis 1780. Nicht als Kaiserin, auch wenn sie umgangssprachlich immer so bezeichnet wird, sondern als Erzherzogin von Österreich, Königin von Ungarn und Böhmen, und so fort noch eine ganze Reihe. Kaiserin war sie nur als Ehefrau ihres Gemahls Franz Stephan von Lothringen, seines Zeichens viertletzter Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, bis dieses 1806 unter seinem Enkel Franz II. endgültig aufgelöst wurde. Aber das ficht die kollektive Erinnerung nicht an: Maria Theresia ist vor allem in Österreich im Bewusstsein der Menschen bis heute eine Kaiserin und die populärste Habsburgerpersönlichkeit.
Zum Bild: Das lesenswerte Buch kam 2004 heraus.

Maria Theresia und die Freimaurer

Maria Theresias Beziehung zur Freimaurerei war anfangs schlecht und entwickelte sich dann langsam in Richtung Besserung. Einerseits: Zwei Jahre nachdem die junge Erzherzogin die Regierungsgeschäfte übernommen hatte, wurde in Wien zum ersten Mal eine Loge gegründet aber ein Dreivierteljahr später von Maria Theresia gewaltsam wieder aufgelöst; Logen wurden jetzt verboten. Andererseits: Im Lauf der Zeit begann sich die Situation zu entspannen. Freimaurer wurden sogar führende Mitarbeiter der Herrscherin. Sie erkannte deren Qualität. Von Rudi Rabe.

Es begann mit einem Fehlstart

17. September 1742: Brüder der Breslauer Loge ‚Aux trois Squelettes’ (Zu den drei Totengerippen) und anderer Logen gründeten in Wien die ‚Aux Trois Canons’: die erste Freimaurerloge in der Hauptstadt der Habsburger.

Breslau hatte wie ganz Schlesien bis wenige Monate vorher zu Habsburg gehört. Aber Friedrich II. von Preußen war im österreichischen Erbfolgekrieg in Schlesien und in dessen Hauptstadt Breslau einmarschiert. Dieser Krieg wurde geführt, weil im Habsburgerreich erstmals eine Frau an die Spitze rückte. Das wollten einige Fürsten ausnützen und sich ein Stück heraus reißen. Der einzige, dem das schlussendlich gelang, war der Preußenkönig.

Obwohl sich die Loge in Wien sehr gut entwickelte, existierte sie nur ein halbes Jahr: Am 7. März 1743 wurde sie im Auftrag Maria Theresias von hundert Grenadieren gestürmt. Achtundzwanzig Brüder wurden verhaftet; Regalien wurden beschlagnahmt. Der Vorfall erregte über die Grenzen hinaus Aufsehen.

Warum befahl Maria Theresia diesen Überfall?

Das ist nicht recht klar. Immerhin war ihr Ehemann Franz Stephan von Lothringen Freimaurer. Zwar nicht in der neuen Wiener Loge, aber er war schon 1731 noch als Prinz bei einer ausgedehnten Studienreise durch Westeuropa von führenden englischen Freimaurern aufgenommen worden. Allerdings scheint er in Wien als Freimaurer nicht aktiv gewesen zu sein.

Der wichtigste Grund für Maria Theresias Befehl könnte gewesen sein, dass die Logengründung von Breslau ausgegangen war, also vom Machtbereich Friedrich II. und zugleich von einer Region, die eigentlich ihr zustand. Und sie wusste wohl, dass ihr Kriegsgegner ein aktiver Freimaurer war. Vielleicht nahm sie an, dass die Wiener Logengründung eine Art personeller Brückenkopf des Feindes in der eigenen Residenzstadt sein sollte. Kein Wunder: Der Gründungsmeister der neuen Loge in Wien war mit Albrecht Joseph von Hoditz ein Freund Friedrichs. Und der Erbfolgekrieg mit wechselnden Koalitionen dauerte weiter an.

Möglicherweise spielte bei der Entscheidung Maria Theresias darüber hinaus ihre katholische Frömmigkeit eine gewisse Rolle: Vier Jahre vor der Logengründung hatte ja Papst Clemens XII einen Bannfluch gegen die Freimaurerei erlassen.

Und vielleicht war sie auch irritiert, weil ganz private Treffen von Männern so unterschiedlicher Herkunft in der damaligen Welt der voneinander klar getrennten Stände ja wirklich unerhört waren. Ganz abgesehen davon, dass sie als Frau dazu keinen Zutritt hatte.

Genug Gründe für die junge Kaiserin.

Die Folgen für die Brüder waren glimpflich

Dies wohl auch weil die meisten von ihnen von – wie es damals hieß – hohem Stand waren. Eine Intervention Franz Stephans für seine Brüder kann auch vermutet werden; wir wissen es nicht. Sie liebte ihren Franzl sehr.

Trotz der Androhung empfindlicher Strafen – die Folter war noch nicht abgeschafft – haben sich manche der Brüder danach nicht davon abhalten lassen, im Geheimen weiter zu arbeiten. Dies scheint bis 1749 immer wieder einmal vorgekommen zu sein. Die Aufnahme eines Bruders ist aus dieser Zeit überliefert.

Maria Theresias feindselige Aktion war für die Entwicklung der Freimaurerei in den habsburgischen Erblanden ein schwerer Schlag. Erst ab der zweiten Hälfte der 1760iger Jahre erholte sie sich langsam wieder, einfach weil das die Zeit verlangte und das Verbot daher immer schwächer wirkte. Schließlich erreichte die österreichische Freimaurerei in den 1780igern eine kurze Hochblüte. Maria Theresia war da gerade gestorben.

Ein paar Jahre später war aber alles wieder zu Ende: Es kam die Metternichzeit: Vor dem Hintergrund der Französischen Revolution verbot Franz II., ein Enkel der Kaiserin, aus Furcht vor politischen Veränderungen alle unabhängigen Vereine und so auch die Freimaurer. Das dauerte mehr als ein Jahrhundert: bis zum Ende der Monarchie 1918.

Maria Theresia blieb ambivalent

Einerseits pflegte sie ein gewisses Misstrauen gegen die Freimaurerbewegung, wie aus einem Brief an ihre Tochter, die Königin Marie Antoinette von Frankreich, hervorgeht. Andererseits duldete sie trotz mehrerer Verfügungen, die sie gegen die Freimaurer erlassen hatte, dass diese langsam wieder an Boden gewannen. Ein freimaurerisches Waisenhaus in Prag unterstützte sie mit großzügigen Geldspenden. Und in manchen Gesprächen bedauerte sie ihr Vorgehen gegen die Loge ‚Aux Trois Canons’.

Maria Theresia war zwar konservativ aber dennoch eine Reformerin. Vielleicht erkannte sie, dass die Freimaurer eine Modernisierungsbewegung waren. Also war es nicht unlogisch, dass einige der 1743 Verhafteten hohe Staatsämter erreichten. Und manche ihrer späteren Berater waren Freimaurer. Etwa Joseph von Sonnenfels; er konnte die Kaiserin davon überzeugen, die Folter abzuschaffen. Oder Wenzel Fürst von Kaunitz, Maria Theresias Hof- und Staatskanzler; er machte die Außenpolitik des Reichs.

Auch einer ihrer Schwiegersöhne war ein Logenbruder: Albert Kasimir August Herzog von Sachsen Teschen; er gründete gemeinsam mit seiner Frau, Maria Theresias Lieblingstochter Marie Christine, die Wiener Albertina, heute ein Kunstmuseum von Weltruf.

Und 1783 wurde in Klagenfurt die Loge ‚Zur wohltätigen Marianna’ gegründet. Der Name bezieht sich auf die älteste Tochter Maria Theresias, die Erzherzogin Maria Anna. Diese lebte damals in Klagenfurt. Sie war den Freimaurern wohlgesonnen und stimmte dem Logennamen zu. Aber da war ihre Mutter schon drei Jahre tot.

Heute in Wien: Zu Füßen Maria Theresias sieben Freimaurer

Vielleicht eine kleine List der Geschichte: Ein Jahrhundert nach der Zeit Maria Theresias ließ ihr Nachfahre Kaiser Franz Joseph für die populäre Herrscherin ein großes Denkmal errichten. Es zeigt ganz oben die Kaiserin und darunter vierundzwanzig wichtige Männer ihrer Zeit, davon waren sage und schreibe sieben Freimaurer. Als das Denkmal 1888 eingeweiht wurde, war die Freimaurerei im habsburgischen Österreich aber wieder einmal verboten. Das änderte sich erst 1918 mit dem Ende der Monarchie und der Ausrufung der Republik. -- Für die Bilder danken wir der Wiener Kunsthistorikerin Hedwig Abraham: http://www.viennatouristguide.at/Ring/Denkmal_Bild/z_mt.htm


Bemerkenswert: Von den acht dargestellten Feldherren und Militärs (erstere an den Ecken des Denkmals hoch zu Ross, die anderen vier als Gruppe auf einer der vier Seiten des Denkmals) war keiner ein Freimaurer. Damit soll nicht insinuiert werden, dass das Kriegshandwerk und die Freimaurerei inkompatibel wären. Vielleicht ist es nur dem Zufall geschuldet; bei der Errichtung des Denkmals spielten Logenmitgliedschaften ja absolut keine Rolle. Und in anderen Ländern war und ist es durchaus anders, ganz abgesehen von den Militärlogen, die es in verschiedenen Staaten gab und da und dort geben mag.


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