Hebräische Sprache
Hebräische Sprache
Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)
In den Ritualen aller Freimaurergrade, besonders der Hochgradsysteme, befinden sich zahlreiche, zum Teil in ihrer heute gebräuchlichen Form abgeschliffene hebräische Worte und Wortverbindungen. Diese sprachlichen Fremdkörper haben wiederholt, zuletzt in Deutschland, zu der parteimäßig billigen Behauptung geführt, in diesen Sprachrelikten sei der Beweis der Abhängigkeit der Freimaurerei von einem, die Weltherrschaft anstrebenden All-Juda gegeben. Besonders die Phantasie Ludendorffs lebt sich in dieser Richtung aus. Die Herkunft der hebräischen Worte ist aber anders zu erklären: die Baulegende lehnt sich an biblische Inhalte (Bau des Salomonischen Tempels) an. Dadurch sind Beziehungen zur Bibel gegeben, die in der alten Steinmetzensymbolik eine große Rolle spielten. Man denke an die beiden Säulen Jachin und Boas des Würzburger Doms. Hebräische Worte finden sich bereits zu einer Zeit in Freimaurerritualen, wo von einer Zugehörigkeit von Juden überhaupt noch keine Rede sein konnte. Sie sind meist von Geistlichen dem Gebrauchtum eingefügt worden. Besonders häufig findet sich der Gottesname Jehovah, Beziehungen auf die Stiftshütte, die Bundeslade u. v. a. m.
Mit dem Auftauchen der Hochgrade wurde der Verbrauch an hebräischen Bezeichnungen ins Ungemessene gesteigert, da jeder Hochgrad seine eigenen Erkennungszeichen, Symbole und Paßworte schuf, wobei in Anlehnung an die Erkennungsworte der ursprünglichen Grade wiederum aus dem Hebräischen geschöpft wurde. Der Kompilator der Hochgradrituale Amerikas, Albert Pike, war aus Liebhaberei Hebräist.
Er hat die von ihm verfaßten Hochgradrituale derart mit hebräischen Worten gestopft, daß beispielsweise die von uns viel verwendeten Wörterbücher von 0liver und Mackey ganze Seiten hebräischer, der Johannismaurerei vollkommen fremder Worte und Wortverbindungen anführen. Auch hier hat der genius loci, die besondere Vorliebe des Amerikaners für die Bibel, den hebräischen Wortschatz vermehrt. Eine andere Quelle sind die verschiedenen hermetischen, mystischen und rosenkreuzerischen Verbindungen, die mit dem Freimaurertum des 18. Jahrhunderts in Verbindung traten. Die Bereicherung erfolgte hier aus kabbalistischen Schriften. Der unaussprechliche Name Gottes, die 72 Buchstaben als Zeichen der 72 Gottesnamen sind wiederholt nachweisbar. Das Hebräische verdankt seine Verwendung somit nicht nur dem Umstande, daß es die heilige Sprache der Schrift ist, sondern auch dem Bedürfnis nach dem Geheimnisvollen, das gegen Ende des 18. Jahrhunderts besonders rege war (s. Magie). Viele dieser Hebräischen Worte haben auch in der modernen Maurerei Traditionswert. Sie sind außerdem üblich und haben daher etwas Verbindendes.
In deutschen Logen hat man unter dem Einflusse gegnerischer Strömungen versucht, das Ritual von den hebräischen Bestandteilen zu befreien. Der Versuch muß als misslungen betrachtet werden. Die mehr oder weniger demonstrative "Entjudung" der Freimaurerei scheitert vor allem daran, daß die Baulegende auf dem Alten Testamente fußt. Viel mehr als die acht oder zehn hebräischen Erkennungsworte sind in der modernen deutschen Freimaurerei ohnehin nicht übrig geblieben. Werden auch diese beseitigt, dann hört der Zusammenhang mit der Freimaurerei überhaupt auf, weil diese Erkennungsworte in der gesamten Freimaurerei üblich sind.
Daneben muß es die moderne Freimaurerei begrüßen, wenn der Bestand an meist vollkommen unverständlichen, falsch wiedergegebenen und als nachträgliche Fehlleistungen in die Ritualistik eingewucherten hebräischen Worten möglichst eingeschränkt wird. Nicht weil sie hebräisch, wohl aber weil sie überflüssig und verwirrend sind. Das vorliegende Lexikon hat daher aus dem reichen hebräischen Vokabular der Freimaurerei, besonders der Hochgrade, nur das unumgänglich Notwendige übernommen und muß im übrigen auf das "Allgemeine Handbuch" oder Mackey verweisen. Neuhebräisch, als lebende Sprache benutzt von mehreren Logen Palästinas, Syriens und der Levante.