Juden

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→ Der nachstehende Artikel von Lennhoff, Posner, Binder entstand 1932 und bedarf einer Überarbeitung und ggf. einer Kommentierung.--Jens Rusch 08:47, 2. Nov. 2010 (CET)
Am Beispiel des Umgangs mit Juden erfahren wir Wesentliches über die geistige Verfasstheit der deutschen Freimaurer vor allem am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Guntram B. Seidler ist in seinem Werk der Frage nachgegangen, wie sich Antisemitismus, aber auch Weltoffenheit, in deutschen Freimaurerlogen seit Jahrhunderten artikuliert. Im Stile einer Quellensammlung zeichnet er im ersten Teil des Buches diese Entwicklung anhand der einzelnen deutschen Großlogen nach. Dabei wird deutlich, dass die Bindung der Freimaurerei an die christliche Konfession eine Komplizenschaft mit dem Nationalsozialismus zur Ausgrenzung und Verfolgung von Juden begünstigte. Im zweiten Teil beschreibt der Autor das Wirken des Unabhängigen Ordens B’nai B’rith (U.O.B.B.) in Deutschland. Viele Gerüchte ranken sich um diese wichtige Einrichtung, die oft fälschlich auch als „jüdische Freimaurerei“ bezeichnet wird. *Teil I – Die Juden in den Freimaurerlogen *Teil II – Der Unabhängige Orden B'nai B'rith
Bezugsmöglichkeit: [https://salierverlag.de/Buecher/Freimaurer-Gesamt/Die-Juden-in-den-deutschen-Logen.html Salier Verlag

]

Juden

Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)

Daß die ältesten freimaurerischen Urkunden deutlich einen christlichen Charakter zeigen, ist an anderer Stelle (s. Christliche Freimaurerei) dargelegt. Eine Änderung trat ein, als Anderson in seiner Konstitution vom Jahre 1723 diesen christlichen Charakter zugunsten einer "Religion, in der alle Menschen übereinstimmen", veränderte. Wohl hat er in der zweiten Auflage 1738 den christlichen Charakter der Freimaurerei wieder festzulegen versucht, aber die Großloge von England kehrte doch wieder zu der ersten, alle religiösen Anschauungen überbrückenden Fassung zurück.

In England spielte die Frage der Zulassung von Juden praktisch niemals eine Rolle. Die Juden waren aus England unter König Edward I. (1290) ausgewiesen worden. Erst unter Cromwell wurde von Holland aus wieder der Versuch gemacht, ihnen ein Siedlungsrecht in England zu verschaffen. Die Begründung, die Cromwell aus religiösen Gründen sehr beschäftigte, war, daß nach den Worten der Bibel die Juden über alle Lande zerstreut sein müßten ehe das Tausendjährige Reich sich erfüllen könne. Cromwell stand der Zulassung der Juden nicht ablehnend gegenüber. Unter Karl II., den jüdische Geldleute in Holland unterstützten, kamen auch wieder Juden nach England, die zumeist den gebildeten spaniolischen Judenfamilien Hollands angehörten und eine sozial geachtete Stellung einnahmen. Wir finden daher schon 1723 und 1725 jüdische Namen in den Logenlisten. 1732 wurde sogar am Sonntag, um Juden die Teilnahme zu ermöglichen, in Cheapside, im Wirtshaus "Zur Rose", eine Loge abgehalten, wobei ein Schnupftabakhändler namens Daniel Delvalle als Meister fungierte.

(Die "Daily Post" vom 22. September 1732 schreibt dazu: Der Abend wurde in einer Weise verbracht, die dem christlichen Sabbat keinerlei Abbruch tat.) Trotzdem scheinen einige Christen daran Anstoß genommen zu haben, denn wir lesen in "Fog's Journal", 7. Oktober 1732, dass ein berüchtigter Strassenredner namens Benley eine öffentliche Rede gegen die "Judenmaurer" ankündigte. Unter den Juden scheint damals der Tabakhandel sehr verbreitet gewesen zu sein, denn auch die Namen zweier anderer Tabakhändler, die Freimaurer waren, Bett und Stainer, klingen jüdisch. Bereits aus dem Jahre 1650 wird aus Rhode Island in Amerika von einer Loge anscheinend spaniolischer Juden berichtet.

Die Echtheit des Manuskripts wird aber mit Recht bestritten. 1732 ist ein Salomon Mendez Großschaffner beim Großlogenfeste. Die Antients ließen nicht nur Juden zu, sie hatten auch ein eigenes Gebet für jüdische Logen, das im Ahiman Rezon 1756 abgedruckt ist. ("A Prayer said at the opening of the Lodge as used by Jewish Freemasons." Ähnlich auch noch in der Ausgabe von 1850.)

Das allgemeine Prinzip der Zulassung von Juden wurde allerdings an einzelnen Orten durchbrochen. So hat die "Tranquillity Lodge Nr. 18" im Jahre 1791 die Aufnahme von Juden ausdrücklich "für ewige Zeiten" abgelehnt, was allerdings nicht hinderte, daß die gleiche Loge im Jahre 1849, nachdem sie lange Jahre geruht hatte, durch jüdische Brr. wiedererweckt wurde. Die Loge besteht heute fast ausschließlich aus solchen. Die in England übliche Schichtung der Logen hat dort auch zur Gründung reiner Judenlogen geführt. Maßgebend war auch dabei, daß orthodoxe Juden, die ihre Speisegesetze auch beim Brudermahle zu achten genötigt sind, in einem engeren Verband beisammen blieben, was in England keinerlei Anstoß erregen konnte, da ja auch Berufsgruppen, wie Chemiker, Ärzte, Lederhändler u. a. m., sich zu eigenen Logen zusammenschließen.

Der Lord Mayor von London, Sir Henry Isaacs, war Mitglied einer derartigen Judenloge. Ebenso bestehen heute noch in England neben mehreren anderen "Samson 1668", "Barnato 2265" u. a. fast ausschließlich aus Juden. Rein jüdische Logen sind ferner die Logen in Palästina, "Joppa Nr. 188", gegründet 1789, "Israel Nr. 205", gegründet 1793, "Montefiore Nr. 1017", "Amieus Nr. 3772" u. a. Eine jüdische Loge "Israel" besteht seit 1873 in Birmingham, 1925 wurde eine jüdische Loge "Carmel" in Cardiff eingesetzt.

Auch in Amerika gibt es, besonders in New York und Chicago, ausschließlich jüdische Logen, ebenso wie es in Amerika Logen gibt, die nur Christen aufnehmen, z. B. die "Palestine Lodge" in Detroit u. a. m. Solche übrigens nicht gerade häufige Sonderung nach Konfessionen hat in den angelsächsischen Ländern keine tiefere Bedeutung da alle Logen gleichberechtigt derselben Großloge angehören, ihre Mitglieder in dieser Ämter bekleiden und die Großloge selbst an der striktesten Einhaltung der Alten Pflichten festhält. Das sehr frühzeitige Erscheinen von Juden in den angelsächsischen Logen, ihre volle Gleichberechtigung zu einer Zeit, da noch kein christliches System festen Fuß gefaßt hatte, erklärt sich aus der ganzen Stellung, die sie dort einnahmen.

Nonkonformisten

Ihrer Religion nach waren sie "Nonkonformisten", d.h. sie gehörten nicht zur Staatskirche. Aber auch der Reverend Anderson war als Dissenter geistlicher Nonkonformist. Andere Unterschiede bestanden nicht. Sie waren freizügig, durften Handel treiben, nur bezüglich des Wahlrechtes waren alle Dissenter, also auch die Juden, zurück gesetzt. Aber England kannte weder ein Ghetto noch Ehebeschränkungen, noch diffamierende allgemeine Bestimmungen gegen die Juden. In Amerika genossen sie die gleichen Rechte wie im englischen Stammland, daher finden wir auch unter den Gefährten Washingtons eine ganze Reihe von Juden, die auf hervorragenden Posten im Staatsdienste und in der Armee dienten.

Von 46 prominenten Juden, die aus dieser Zeit als Freimaurer bekannt sind, waren 24 Offiziere, darunter Washingtons Adjutant Oberst Isaac Frank, Major Nones, Hauptmann de la Motta und Hauptmann Le Leon, die den tödlich verwundeten Baron von Kalb vom Schlachtfeld trugen. Die Freimaurer Hyam Salomon und Robert Morris aus Philadelphia u. a. brachten die Geldmittel für die Kriegsführung auf, Moses Michael Mayer war Großmeister von Massachusetts.

Deutschland

Anders lagen die Verhältnisse in Deutschland. Hier muß in Betracht gezogen werden, daß die soziale Stellung des Juden bis weit ins 19. Jahrhundert hinein eine sehr gedrückte war. (Moses Mendelssohn, dem Freund Lessings, wurde, wenn er auf Reisen ging, von der Torwache der Judenzoll nach dem Tarife für einen polnischen Stier abgenommen!) Juden als gleichberechtigte Mitglieder waren demnach eine ganz unmögliche Vorstellung. Aber die deutschen Logen wurden durch Juden, die in England oder auch in Frankreich aufgenommen worden waren und die sich zum Besuch meldeten, zur Stellungnahme grundsätzlicher Art gezwungen. In Hamburg erschienen 1749 drei portugiesische Juden zu Besuch der Loge.

Da, wie Schröder schreibt, darüber im Protokolle sonst keinerlei Bemerkung vorfindlich ist, nahm man es als etwas Selbstverständliches hin. 1787 sprach sich die Provinzialloge unter v. Exter ausdrücklich für die Zulassung jüdischer Besuchender aus. Hans Heinrich von Ecker und Eckhoffen, der auch im Orden der Asiatischen Brüder Juden zuließ, trat 1788 mit einer aufsehenerregenden Broschüre hervor: "Werden, können Israeliten zur Freimaurerei aufgenommen werden?" 1811 wurde auf eine Beschwerde des Grand Orient de France wegen Nichtzulassung seiner Mitglieder jüdischen Glaubens von Hamburg aus ausdrücklich versichert, daß "die Logen unseres engeren Bundes die vorerwähnten maurerischen Grundsätze immer treulich befolgt hätten und auch weiterhin befolgen würden".

Toleranzlogen

1815 wurde berichtet, daß die drei Berliner Großlogen Juden die Zulassung verweigerten und Logen, die Juden aufnehmen, als "Toleranzlogen" bezeichnen. Schröder meinte hierzu, daß gegen diese Bezeichnung, die ehrenvoll sei, nichts eingewendet werden könne. 1816 wurde unter dem Großmeister v. Bessler der Provinzial-Großloge von Hannover mitgeteilt, dass gegen die Aufnahme des Fähnrichs Meyer vom Landbataillon nichts einzuwenden sei. 1837 wird neun "Judenfreimaurern" in Wesel mitgeteilt, daß "wir Israeliten, die sich bei uns zur Aufnahme melden würden, keiner anderen Verpflichtung unterwerfen zu können glauben als den allgemeinen Gesetzen der Ballotage". 1841 wurde über einen Makler Harry Lipschütz ballotiert.

Dabei fielen 20 schwarze Kugeln, von denen scheinbar 17 nachher mit konfessionellen Gründen belegt wurden. Die Großloge entschied: Gegen den Aspiranten liegt nichts vor. Die Zulassung eines Br. mosaischen Glaubens enthält nichts gegen die Prinzipien und Gesetze. Die Ballotage wurde aufgehoben und Lipschütz zugelassen. Damit hatte Hamburg die maurerische Gleichstellung der Juden vollzogen, der erst 1848, also sieben Jahre später, die bürgerliche folgte.

In den anderen Systemen vollzog sich die Lösung der Judenfrage langsamer. Der Meister der "Drei Weltkugeln" sprach 1763 aus, daß nur ein Christ Mitglied des Ordens werden könne. 1766 wies die Frankfurter Loge "Zur Einigkeit" ein Gesuch um eine Logengründung in Kassel zurück, weil sich unter den Gesuchstellern auch "ein Kind Israels" befand. Feßler wurde es von seinen Brr. sehr verübelt, als er einen wegen seines Judentums in Berlin Abgelehnten in Hamburg aufnehmen ließ. Ende des 18. Jahrhunderts bildete sich in Berlin eine sogenannte Toleranzloge, die sich jedoch nicht halten konnte.

In Frankfurt am Main, wo wegen der bürgerlichen Gleichstellung der Juden lange und erbitterte Kämpfe ausgefochten wurden, lehnte die Eklektische Großloge die Aufnahme von Juden zunächst entschieden ab. Frankfurter Juden, die in Frankreich aufgenommen worden waren, gründeten daher unter Patronanz des Grand Orient de France 1808 die noch heute bestehende Loge "L' Aurore naissante", "Zur aufgehenden Morgenröte", der Ludwig Börne, Gabriel Riesser, Berthold Auerbach (s. alle diese) u. a. angehörten.

Diese Loge erhielt auch, als sie nach dem Zusammenbruche des Napoleonischen Reiches ihren Zusammenhang mit Frankreich aufgeben mußte, gegen die Weigerung des Eklektischen Bundes vom englischen Großmeister Herzog von Sussex, ein Patent. Der Londoner Repräsentant der Loge, Kaufmann Anton Wolf, sprach in einer Audienz dem Herzog den Dank seiner Frankfurter Brr. aus und berichtete als des Herzogs wörtliche Äußerung: "Ich will nicht allein in Frankfurt, sondern in ganz Deutschland Epoche mit dieser Konstitution machen, denn ich bemerke, das man dort mit der Aufklärung zurückgeht, statt Fortschritte zu machen. Ich frage nicht danach, ob diese Konstitution den anderen Logen sehr behagt... Was die Großloge von England, als die erste aller Mutterlogen, anerkennt, dessen brauchen sich andere Logen wahrhaft nicht zu schämen ! "

Die G.-L. von Hannover stellte sich auf den Boden der unbedingten Toleranz und hatte deswegen nach 1866 bei der Übernahme in die altpreußischen Großlogen Schwierigkeiten. Noch vor 1848 wurden Juden auch in der Großloge von Sachsen zugelassen, ebenso in der Großloge von Bayreuth.

Zu schweren Auseinandersetzungen kam es in Frankfurt. 1844 siegte hier das Humanitätsprinzip in seiner reinen Form. In "ausführlichen Erläuterungen" an die Logen wurde vorgeschrieben: "Der Maurer muß Bekenner und Verehrer des alleinigen Gottes sein, weil dieses Religionsbekenntnis das einzige ist, in dem alle Menschen übereinstimmen können. Jedem Maurer soll seine besondere Meinung und Glaubensansicht überlassen bleiben." Zu dieser Sinnesänderung trug in hervorragender Weise der "Praeceptor Latomorum Germaniae", Kloß (s. d.) bei, seit 1836 Großmeister des Eklektischen Bundes. Seine Schrift "Über die Unstatthaftigkeit des Versuchs, ein positives Christentum in die Freimaurerei hineinzuziehen", die scharf die Grenze zwischen dem christlichen und dem Humanitätestandpunkt zog, erregte nachhaltiges Aufsehen.

Mehrere der Aufnahme von Juden abholde Logen traten aus und gründeten die Großloge "Zur Eintracht" in Darmstadt (1846), die sich dann bis 1870 zum christlichen Prinzip bekannte. 1854 gestattete die Großloge Royal York, genannt "Zur Freundschaft", den Besuch jüdischer Brr., 1872 auch deren Aufnahme in die Johannisgrade. Auch die Darmstädter Großloge ließ seit 1873 Juden zu. Ein 1899 in der Großloge Royal York gestellter Antrag auf Wiedereinführung des christlichen Prinzips wurde mit 67 gegen zwei Stimmen abgelehnt. Kaiser Friedrich III., auf den das vielzitierte Wort zurückgeht, "der Judenhaß ist die Schmach des Jahrhunderts", hatte bereits als Prinz Gelegenheit, in den Konflikt einzugreifen.

Als er sich 1857 mit der englischen Prinzessin Victoria verlobte, wurde in den englischen Freimaurerlogen bekannt, daß jüdische Brr. mit Ausweispapieren der englischen Großloge nicht einmal als Besucher zu den meisten preußischen Freimaurerlogen zugelassen wurden. Die englische Großloge erhob Widerspruch, drohte mit Abbruch der brüderlichen Beziehungen vergebens. Als nun Prinz Friedrich Wilhelm bei seinem Brautbesuch in London auch einer Sitzung der Großen Loge von England beiwohnen wollte, empfing ihn der Großmeister im Logenhause mit allen einem Fürsten gebührenden Ehren, bedeutete ihm aber, daß die Teilnahme an den Sitzungen englischer Logen den preußischen Brr. so lange untersagt bleibe, bis diese die englischen Brr. israelitischen Glaubens als gleichberechtigt aufnehmen würden! Der Prinz versprach, er werde nach der Rückkehr in die Heimat für die Aufhebung jenes veralteten Großlogenbeschlusses wirken.

Besuchsrecht

1874 genehmigte auch die Große National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“ das Besuchsrecht, lehnte aber die Aufnahme (1874) ab. (Die Zweidrittelmajorität zur Annahme wurde nicht erreicht; 64 für, 45 gegen.) 1876 war das Verhältnis 88:57. Der National-Großmeister der "Drei Weltkugeln", General von Etzel (s. d.), schied daraufhin aus dem Bunde aus, weil er seine fortschrittliche Anschauung gegenüber der Mehrheit seiner Großloge nicht durchsetzen konnte. Dagegen gelang es seinem Amtsbruder, dem Großmeister der Großloge "Royal York", Herrig (s. d.), die Verfassungsänderung zu erreichen, daß die Religion keinen Hinderungsgrund bei der Aufnahme bilden dürfe.

In einem Brief der "Drei Weltkugeln" an den holländischen Großosten vom Jahre 1881 wurde ausgesprochen: "Wir erkennen mit Ihnen im Prinzip, daß die Ausschließung der Israeliten von der Aufnahme in unseren Logen nicht vereinbar mit dem Grundwesen der Freimaurerei ist, und geben uns der sicheren Hoffnung hin, daß diese Schranken in nicht allzu ferner Zeit in unserem Bunde fallen werden." Auch die Große Landesloge der Freimaurer von Deutschland ließ Juden als Besuchende zu. 1889 trat der Großmeister der Großloge Royal York, Hermann Settegast (s. d.), von seinem Amte zurück, weil er wahrzunehmen glaubte, daß jüdischen Suchenden unsachliche Schwierigkeiten bereitet würden und gründete die Großloge "Kaiser Friedrich zur Bundestreue", die dann 1900 in der Großloge von Hamburg aufging. Vor dem Weltkrieg war die Lage der Judenfrage somit folgende: Von den altpreußischen Großlogen ließen die Große Landesloge und die "Drei Weltkugeln" Juden zum Besuche zu, nahmen sie aber als christliche Systeme nicht als Mitglieder auf. Die Großloge "Royal York Zur Freundschaft" ließ sie zu den Johannisgraden zu. Die übrigen deutschen (humanitären) Großlogen hatten jüdische Mitglieder.

Die Haltung der deutschen Großlogen

nur innerhalb dieser, aber nicht in den übrigen gegeben! - ist immer von Zeitströmungen beeinflußt gewesen. Zur Zeit der Hochflut des Vorkriegsantisemitismus unter Stöcker, Alhlwardt u. a., und schon früher war auch die deutsche Freimaurerei nicht frei von diesen Strömungen. In den gesammelten Schriften von Johann Gabriel Findel (s. d.), einem Humanitätsfreimaurer von großem Format und entschiedenem Gegner der christlichen Systeme, finden sich sogar Aufsätze, die von den jüdischen Suchenden einen eigenen Eid wie im tiefsten Mittelalter verlangten.

Die stark rassenantisemitische völkische Bewegung seit dem Ersten Weltkrieg hat selbstverständlich auch die deutsche Freimaurerei nicht unberührt gelassen (s.d. Antisemitismus). Da alle gegnerischen Angriffe die Freimaurer als Werkzeuge Alljudas charakterisieren, glaubten und glauben manche Großlogen und Logen, teilweise wohl weniger aus Überzeugung als aus Opportunismus, dem Zeitgeiste Rechnung tragen zu müssen. Die Großloge von Preußen, genannt "Zur Freundschaft" (vormals Royal York), kehrte wieder zur christlichen Einstellung zurück.

In zahlreichen Logen wurden Satzungsänderungen vorgenommen, die sich bis zu rassischen Grundsatzerklärungen steigerten. Auch beim Zerfalle des Deutschen Großlogenbundes (1923) war solche Rücksichtnahme auf profane Stimmungen, wenn vielleicht auch nicht ausschlaggebend, so doch mitbestimmend. Aus gleichen Gründen wanderte auch eine ganze Anzahl von Logen der humanitären Systeme zu den christlichen Lehrarten ab. Die Judenfrage wurde wenn auch nicht laut ausgesprochen in der deutschen Freimaurerei der Nachkriegszeit (Anmerkung: des 1. Weltkrieges) mit ihren besonders schwierigen Verhältnissen wieder ein akuter Zustand.

Der Anteil der Juden in der Freimaurerei

Wenn man den Gegnern glauben wollte, so waren alle Juden Freimaurer und umgekehrt. Besonders heiter wirken hier die Veröffentlichungen von Mitgliederlisten jüdischer Freimaurerlogen Amerikas, die selbstverständlich nur aus Juden bestehen. Da solche Bauhütten aber nicht zahlreich sind, ließe sich mit derselben Beweiskraft die Behauptung aufstellen alle Freimaurer seien Kohlenhändler, nur weil es in London eine Loge gibt, die nur aus solchen besteht. In den drei altpreußischen Großlogen mit gegen 60.000 Mitgliedern gibt es heute (1932) überhaupt fast keine Juden, in den Großlogen von Darmstadt, Sachsen, Deutsche Bruderkette mit etwa 10.000 Mitgliedern nur wenige, in den drei anderen deutschen Großlogen steht ihr Prozentsatz unter dem Bevölkerungsschlüssel; lediglich eine Reihe von Logen in Großstädten sind stark mit Juden durchsetzt.

Das ist ansich vollkommen verständlich. Da in den deutschen Großstädten vorzugsweise Logen der christlichen Systeme arbeiten, schließen sich die Juden solchen Logen an, die ihnen zugänglich sind. Daher ist ihr Prozentsatz in einzelnen Logen Deutschlands ein verhältnismäßig hoher, der Gesamtzahl der deutschen Freimaurer gegenüber aber ein geringer. In den anderen Ländern ist das gleiche Verhältnis zu konstatieren - In den großen amerikanischen Städten ist in einzelnen Logen das Judentum sogar überwiegend. Dagegen hat die weit über 1000 Mitglieder zählende Loge in Detroit, "Palestine Lodge", nicht einen einzigen Juden als Mitglied.

B'nai B'rith

Von gegnerischer Seite wird immer wieder der B'nai B'rith - 0rden (s. d.) der Freimaurerei zugerechnet. Dabei wird aber übersehen, daß die Einführung des B'nai B'rith in Deutschland und anschließend daran in den anderen kontinentalen europäischen Staaten gerade dem in einzelnen deutschen Freimaurerlogen hochgekommenen Antisemitismus zu danken war, der jüdische Mitglieder aus den Freimaurerlogen vertrieb und sie zur Entlehnung einer bereits in Amerika ausgebildeten Bundesform veranlaßte. Auch zur "Alliance Israélite" steht die Freimaurerei in keinerlei Beziehung, trotzdem der Jude Crémieux Freimauer und Präsident dieser dem Schutz des Judentums dienenden Gesellschaft war. Allerdings bleibt es ziemlich hoffnungslos, diese jederzeit nachweisbaren Tatsachen der Voreingenommenheit der Massenseele gegenüber mit Erfolg zu behaupten, weil das Entlastungsbedürfnis der Masse gefühlsmäßige, nicht aber kritische Wege geht.

Ludendorff

Und so ist durch die Tätigkeit des Generals Ludendorff, des Franzosen de Poncins, des Russen Schwartz-Bostunitsch u. a. die Vorstellung einer Weltverschwörung der "getarnten" Weltmächte, der Juden, Freimaurer und Jesuiten geschaffen worden, deren Zweck es sein soll, durch Entrassung, Proletarisierung und Entvölkerung die Herrschaft des Bösen aufzurichten.

Auch der italienische Faschismus der den Antisemitismus ablehnt, schließt sich dem (1931) insofern an, als er von einer Verschwörung des Vatikans mit den Freimaurern gegen den Faschismus orakelt. Die Kette: Juden, Freimaurer, Jesuiten gestattet zahlreiche Permutationen. Und so ist es in der französischen nationalistischen Presse die Judéo-Maconnerie, bei den Faschisten und Engländern sind es die Freimaurer und Jesuiten, bei Ludendorff sind es schließlich alle drei. Warum? Weil es so schön und bequem ist, über den Kurzschluß eines Schlagwortes die seelische Entladung ohne Kontrolle des Denkens zu suchen und dem "Großen Unbekannten" der Weltgeschichte zumindest einen Namen geben zu können (s. auch Antisemitismus).

Das "jüdische Ritual"

Besonders durch Ludendorff (s. d.) wird die Ansicht verbreitet, das Ritual der Freimaurerei sei rein jüdische Kulthandlung (Abstempelung zum "Künstlichen" Juden). Das Ritual der Freimaurer hat biblische Bestandteile, die nach der Bundeslegende an den Bau des Salomonischen Tempels anknüpfen. Die Säulen haben biblische Namen.

Was sonst an hebräischen Worten im Ritual vorkommt, ist entweder der Herkunft nach altes Bauhüttengut oder im 18. Jahrhundert von christlichen Geistlichen und Gelehrten, zumal bei Schaffung der von Christen begründeten, damals meist christlichen Hochgradsysteme hineingetragen worden. Die Hamburger Großloge hat z. B. in ihrem Siegel das hebräische Wort "Chochmo", die Weisheit. Wie es mit der Beteiligung von Juden bei Gründung dieser Großloge stand, ist oben nachzulesen (s. Bibel, Hebräische Sprache, Alttestamentarische Zeremonien).

Freimaurerei und Judentum bei Wikipedia

Quelle: Wikipedia, Artikel dort: http://de.wikipedia.org/wiki/Freimaurerei#Judentum

Jüdisches Leben wurde in Deutschland bis weit in das 19. Jahrhundert hinein erheblich erschwert. Bereits die bayerische Provinzialsynode 1267 befahl zur gesellschaftlichen Trennung jüdischen Männern das Tragen eines spitzen Judenhutes. 1841 wurde der jüdische Makler Harry Lipschütz zunächst bei einer Ballotage, einem Wahlverfahren, aus konfessionellen Gründen zur Aufnahme in einer Hamburger Freimaurerloge abgelehnt. Kurz darauf wurde er jedoch nach Entscheid der Großen Loge von Hamburg, da eine Ablehnung aus konfessionellen Gründen satzungsgemäß nicht erlaubt war, akzeptiert. [Lennhoff 6]

Das Allgemeine Handbuch der Freimaurerei aus dem Jahr 1900 [Lenning 1] schreibt: „J. und Mohammedaner sind von vornherein für fähig erklärt worden, zu der Verbindung zu gehören. […] Unbestritten aber ist wohl, dass schon 1723 »J., wie Christen« in einer Londoner Loge waren, die im Wirtshaus »Zur Rose« in Cheapside am 22. Sept. abgehalten wurde, und dass an diesem Tage ein J. Aufnahme fand, dass schon 1725 jüdische Namen in den Mitgliedslisten vorkommen, die sich bald darauf (1730–32) immer mehr zeigen, dass die Aufnahme von J. nie von der Grossloge von London als eine Unregelmässigkeit gerügt worden ist, dass es überhaupt bei ihr eine Judenfrage nie gegeben hat, weil eine Beschränkung der Glaubenszugehörigkeit nie bestanden hat. Ebenso sagt man, der Zweck sei gewesen, die innerhalb der Christenheit herrschenden Gegensätze zu mildern und den Gedanken des Comenius […] auszuführen.“

Dennoch bekamen erst weit in das 19. Jahrhundert hinein Juden nur auf Druck von Frankreich und England ein Besuchsrecht in deutschen Freimaurerlogen. „Erleuchtete Geister, die anders dachten, wie Lessing, bildeten die Ausnahme.[Lenning 1]“ „Am Ende der achtziger Jahre des 18. Jahrh. trat in Berlin eine sogenannte Toleranzloge zusammen, die den Schutz der Regierung genoss, aber bald wieder einschlief[Lenning 2]“ Die „Anfrage der Loge Asträa in Ulm [wurde] bei der Provinzialloge 1810, ob sie J. aufnehmen dürfe, mit Nein beantwortet. In Frankreich aber hatten einzelne würdige Männer des jüdischen Glaubens nicht solche Abweisung erfahren, und als diese im Verein mit einer Anzahl Christen bei dem Grossorient um Genehmigung zur Errichtung einer Loge in Frankfurt a. M. einkamen, erhielten sie eine solche bereitwillig 1808 unter dem Namen L’Aurore naissante. Dies ist die erste in Thätigkeit gebliebne sogenannte Judenloge, die manche der anerkanntesten und tüchtigsten Männer zu ihren Mitgliedern zählte und zählt (z. B. Ludwig Börne, Berthold Auerbach, Gabriel Riesser in Hamburg, Jost, Creizenach u. s. w.).[Lenning 1]“

jüdisches maurerisches Leben heute

In Israel gibt es heute etwa 60 Freimaurerlogen mit mehr als 3.000 Mitgliedern

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Abkehr von antijüdischen Tendenzen

Text: H. Thorandt

Bei der Freimaurerei in Europa und weltweit heute, zeigen sich solche antisemitischen Auswüchse und Ablehnungen zum Glück nicht mehr. In unseren Logen trifft man Christen, Muslime, genauso wie Juden oder Buddisten und Angehörige anderer Glaubensformen. Dies ist nur konsequent, wenn man erkannt hat, dass "Humanität" und "Weltbruderkette" zwei unserer größten Schlagworte darstellen. Dieser Kontext verbindet Freimaurer aller Länder und Religionen miteinander.

Siehe auch